Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch die FDP-Fraktion wird dem Haushaltsentwurf von Rot-Grün nicht zustimmen, und zwar deshalb nicht, weil wir davon überzeugt sind, dass Sie sich mit dem, was Sie dort veranschlagt haben, wahrscheinlich gerade einmal über die Wahlen im nächsten Jahr retten wollen und danach das böse Erwachen in Bremen kommen wird.
Die vielen blumigen Ausführungen, die der Kollege Dr. Kuhn hier gemacht hat, sollen genau das verdecken. Lieber Kollege Dr. Kuhn, wenn Sie das wirklich ernst meinen, Sie sagen, Sie nehmen die soziale Verantwortung für die beiden Städte unseres Landes wahr! Zuerst einmal haben Sie die Verantwortung, die Selbstständigkeit dieses Landes aufrechtzuerhalten. Wir sehen die Selbstständigkeit durch diesen Haushalt – würde er denn verabschiedet – massiv gefährdet.
Es ist an den Zahlen ganz eindeutig absehbar, dass Sie für eine zuverlässige Einhaltung der Regelung des Neuverschuldungsverbots überhaupt keine Perspektive bieten können. Sie werden sie nicht einhalten. Das werden die Bürgerinnen und Bürger spätestens im Juni auch von Ihnen präsentiert bekommen.
Ich würde jede Wette eingehen, dass wir nach der Bürgerschaftswahl dort ganz andere Zahlen sehen werden.
Sie haben es immer noch nicht verstanden, Herr Dr. Kuhn! Der richtige Zeitpunkt zum Einstieg in das Sparen lag in der Vergangenheit. Sie haben Jahre nichts dafür getan. Sie haben den Zeitpunkt verschlafen, zu dem man sich hätte anstrengen müssen. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Meine Fraktion hat Ihnen bereits im September – der grünen Fraktion, auch der SPD-Fraktion und den Senatsmitgliedern ist es zugegangen – konkrete Vorschläge gemacht, wo wir der Meinung sind, man müsse sofort einsteigen. Es war Ihnen nicht einmal eine Zeile wert, darauf zu antworten und zu sagen, wir werden darüber diskutieren. Der Einzige, der geantwortet hat, war der Präsident des Senats, der mir eine Zeile geschrieben und gesagt hat, darüber sei ja vielleicht in den nächsten Wochen Gelegenheit zu diskutieren. Sie haben nichts davon umgesetzt, das ist die Wahrheit! Sie gefährden hier die Zukunftschancen künftiger Generationen. So viel zur Verantwortung für die Stadt von morgen.
Ich habe es mir sehr genau angehört, was Sie hier gesagt haben, Sie hätten die Verantwortung. Insofern ist das ja nicht so ganz verkehrt, lieber Herr Rupp, der gerade nicht im Raum ist: In der Tat, die positive Wirtschaftsentwicklung, die Dank der neuen Bundesregierung in Deutschland Raum gegriffen hat, kommt in Bremen nicht an. Das hat aber auch Gründe, Gründe in Ihrer Politik, die Sie mit Rot-Grün hier verfolgen. Sie haben die Beispiele selbst genannt. Eine verkehrsfeindliche Politik betreiben Sie. Es ist ja schön, wenn die Menschen hier die totale Entschleunigung in Bremen erleben können, aber damit werden Sie nicht attraktiv als Wirtschaftsstandort. Die Arbeitsplätze entstehen hier nicht. Das Thema Grunderwerbsteuer ist angesprochen worden. Wir möchten, dass Menschen hier wohnen und eine Zukunftsperspektive für sich und ihre Familien in Bremen erreichen und erhalten können. All das wollen Sie nicht, all das konterkarieren Sie mit den Vorschlägen, die Sie hier gemacht haben.
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Die Grunderwerbsteuer ist ja an- derswo nicht anders!)
Die Bettensteuer ist auch so ein Irrsinn. Das schadet auch der Wirtschaftsentwicklung in diesem Land und der Möglichkeit Bremens, am Wirtschaftsaufschwung zu partizipieren.
Insofern muss man hier wirklich ganz deutlich auch sagen: Dieser Haushaltsentwurf ist ein weiterer Sargnagel für die Selbstständigkeit Bremens. Ich hätte es ehrlich gefunden, wenn Sie heute hier auch ganz klar gesagt hätten, dass Sie keinerlei Anstrengungen zum wirklich ernsthaften Sparen unternehmen wollen.
Ja, Sie hätten sich damit in den letzten Monaten sinnvoll auseinandersetzen können! Ich glaube, da ist viel Wichtiges dabei.
Lieber Herr Dr. Kuhn, ich glaube, demnächst brauchen wir einen Rettungsschirm. Wir brauchen keinen Rettungsschirm für den öffentlichen Dienst,
sondern einen Rettungsschirm für die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land, die nämlich in Zukunft die Suppe auslöffeln müssen, die Sie ihnen eingebrockt haben, weil dieser Haushaltsentwurf, den Sie hier vorgelegt haben, die Solidarität des Bundes und der übrigen Bundesländer mit Bremen in nachhaltiger Weise gefährdet, da ganz klar ist, dass die anderen Bundesländer sich das sehr genau anschauen, was Sie hier machen.
Deshalb werden wir Liberale diesem Entwurf – da können Sie so viel dazwischenrufen, wie Sie wollen – nicht zustimmen, da die Maßstäbe, die Sie selbst, lieber Herr Dr. Kuhn, hier heute angelegt haben – –. Ich will es noch einmal sagen, die Verantwortung für die Stadt von morgen und auch genauso die soziale Verantwortung, nämlich dass Menschen in Arbeit kommen können, hätten Sie gehabt! Stattdessen verteilen Sie weiße Salbe auf Kosten zukünftiger Generationen, das ist doch die Wahrheit! Ich will darauf gar nicht mehr eingehen. Die Streichung der Zuführung zum Versorgungsaufwand bedeutet doch nur, dass Sie Lasten an zukünftige Generationen verschieben. Der einzige Beitrag, den Rot-Grün meines Erachtens in den letzten Jahren zur Bewältigung der Finanzkrise geleistet hat, ist, dass sie die Finanzbehörde von einer Psychologin leiten lassen, wahrscheinlich weil sie davon ausgehen, dass man sonst der Depressionen, die dort richtigerweise um sich greifen, gar nicht mehr Herr werden kann.
(Beifall bei der FDP – Abg. Frau B u s c h [SPD]: Das war aber sachlich! Benehmen haben Sie auch nicht gelernt!)
Ich finde, es ist beschämend, was Sie hier vorgelegt haben. Wir werden das nicht mitmachen. Wir werden Ihnen auch in jeder Einzeldebatte in diesen Beratungen deutlich machen, was wir anders machen wollen. – Vielen herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
(Beifall bei der FDP – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: So ein un- verschämter Blödsinn! Es wird Zeit, dass wir das nicht mehr hören müssen!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich möchte mich dem Dank aller Fraktionen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Hauses und der Häuser der Kolleginnen und Kollegen anschließen. Sie haben die Beratungen gemeinsam möglich gemacht, haben sehr viele Ideen eingebracht, und ich weiß auch – Herr Pörksen sitzt dort, Frau Dr. Saebetzki ist leider krank –, dass sehr viel gearbeitet und erreicht wurde.
Auch ein Dank an den Haushaltsausschuss! Von dieser Stelle möchte ich mich vor allen Dingen auch noch einmal bei der Druckerei in meinem Haus bedanken, dass da keine Funken aus den Geräten geschlagen sind, ist ein Wunder! Dort wurde in einem sehr ehrgeizigen Zeitrahmen sehr viel gearbeitet. Für sie alle ist es gut, dass bald Weihnachten ist. Wir wollen keine weiteren Aufgaben in diesem Jahr mehr annehmen, aber im nächsten Jahr haben wir auch noch sehr viel vor.
Ich bin sehr froh, dass wir Ihnen diesen Haushalt hier noch in diesem Jahr vorlegen können; so schreibt es das Gesetz vor. Trotz widriger Bedingungen schaffen wir das. Die widrigen Bedingungen sind die Finanz- und Wirtschaftskrise. Das ist das Erste, was mir an dieser Debatte auffällt: Es kann doch nicht sein, dass kein Oppositionsredner sich damit auseinandergesetzt hat, dass Deutschland in der größten Wirtschafts- und Finanzkrise seit dem Zweiten Weltkrieg ist!
Dass wir das in allen Gebietskörperschaften nur hinbekommen können, indem der Staat nicht in die Krise hineinspart, sondern das tut, was wir tun müssen, unsere gesetzlichen Aufgaben erfüllen, nicht massenweise Menschen entlassen, versuchen zu investieren und damit zurechtzukommen! Das hat in allen Gebietskörperschaften in Deutschland zu einer erhöhten Kreditaufnahme geführt und – oh Wunder! – sogar in Bremen! Ich meine, man kann sich auch selbst zur Provinz machen, indem man sich einfach abkoppelt und die recycelten Reden der letzten Jahre hier hält, ohne sich anzuschauen, zu welchen Bedingungen man hier gerade wirken muss.
Also: widrige Bedingungen, Wirtschafts- und Finanzkrise, aber auch die Tatsache, dass es bisher nicht gelungen ist, mit dem Bund abschließend über die Sanierungsvereinbarungen zu verhandeln. Ich bin aber optimistisch, dass uns das bald gelingen wird. Es gibt auch keine großen inhaltlichen Kontroversen,
die einen jetzt hier in Angst und Schrecken versetzen müssen. Wir gehen im Gegenteil davon aus, dass der jetzt von Ihnen zu beschließende Haushalt sicherstellen wird, dass wir die Anforderungen der Schuldenbremse erfüllen. Schauen Sie sich einmal an, welche Debatten in den anderen Sanierungsländern – zum Teil regiert dort die CDU mit – laufen! Ich finde, Bremen kann sich wirklich sehen lassen und muss sich nicht verstecken!
Wir legen Ihnen auch einen Finanzrahmen bis 2014 vor. Frau Kummer hat schon erwähnt, im Januar wird es einen ordentlichen Finanzplan für das ganze Bundesland geben, dann werden die Ergebnisse von Bremerhaven eingearbeitet sein, und danach sind alle gesetzlichen Vorgaben erfüllt. Jetzt, im Haushaltsjahr 2011, wird die Herausforderung sein, den Haushalt einzuhalten. Ich sage hier sehr deutlich: Das wird auch weiterhin schwer sein. Ein Plan ist das eine, den haben wir so wahr, klar und transparent aufgestellt, wie wir das können und wie die gesetzlichen Vorgaben sind. Wir werden uns aber anstrengen, ihn einzuhalten, wir schaffen das auch. Wir werden das nächste Jahr und die folgenden nutzen, um Konzepte für Kostensenkungen, Einsparungen und Einnahmeerhöhungen für die nächsten Jahre zu erarbeiten. Das wird über einen sehr langen Zeitraum hinweg die Haushaltsrealität werden. Ich finde Jammern nicht gut, es hilft nicht, und es erzeugt den Eindruck, als seien wir in Wirklichkeit arm daran. Das sind wir aber nicht, wir leben in einem der reichsten Länder der Welt unter wunderbaren Bedingungen. Ich kenne Menschen, die Grund haben zu jammern, wir sind es jedenfalls nicht. Ich finde auch, dass wir uns der Herausforderung stellen, mit knappen Ressourcen zurechtzukommen. Je länger ich diese Arbeit ausübe, desto sicherer bin ich, dass es einem guttut, wenn man sich begrenzten Ressourcen stellt, weil man sich anstrengen muss, mit der Normalität zurechtzukommen. Zustände im Kopf, bei denen man suggeriert, dass es sich bei Geld um eine unbegrenzte Ressource handelt, die man einfach einmal so aufnehmen kann, sind nicht gut und führen in den Abgrund. Deswegen bin ich froh, in diesen Zeiten gestalten zu können, wie wir es schaffen können, mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen möglichst gut zurechtzukommen. Dieser Haushalt ist ein Einstieg in neue Zeiten, weil man sich in Zukunft, wenn investives Geld fehlt, etwas wünscht, sagen wir einmal eine Beteiligung des Landes an den Mehrkosten der Cherbourger Straße, dass wir das dann in die Haushalte einstellen müssen und nicht, wie das in der Vergangenheit öfter einmal der Fall gewesen ist, eine Kreditaufnahme außerhalb über die Sondervermögen sucht. Diesen Weg werden wir nicht gehen. Diese Regierung steht weiterhin zu ei
ner maßnahmenbezogenen Investitionspolitik, und selbstverständlich werden wir unseren Landesanteil für die Cherbourger Straße in die Planung der Investitionen mit aufnehmen. Wenn Mehrkosten entstehen, passiert das, was das Normale ist, es gibt nämlich eine Umlage. Diese Umlage wird überhaupt das generelle Instrument werden, wenn irgendwo Geld fehlt. Das gilt auch, wenn es dazu kommen sollte, dass es Mehrkosten in der Sozialhilfe gibt. Das gilt auch, wenn es dazu kommen sollte, dass es höhere Tarifabschlüsse gibt, als wir geplant haben. Auch dann werden wir über 950 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die wir einsparen müssen, hinaus über eine Umlage zu weiteren Personalkürzungen kommen müssen. Der Weg über den Haushalt hinaus ist verstellt. Ich denke, dass das so richtig ist, auch wenn uns das noch viel Pein bereiten wird.
Dieser Haushalt hat auch die großen bisher global veranschlagten Personaltöpfe aufgelöst. Das führt dazu, dass Personalmehrbedarf, sagen wir einmal, wie in der Vergangenheit für Kindeswohl, nicht mehr irgendwo verschwindet, sondern transparent mit allen diskutiert wird und dann geschaut wird, wo Personalmehrbedarfe im einen Bereich über Kürzungen im anderen Bereich erbracht werden können. Mir ist völlig klar, dass das für Ärger sorgen wird, es ist aber die Wirklichkeit, die Normalität, und der werden wir uns stellen, also Auflösung großer globaler Personaltöpfe, das hat für uns etwas mit Verantwortung und Transparenz zu tun.
Wir beenden auch die Kreditaufnahme über die Sondervermögen. Dass ich davon wenig halte, ist, glaube ich, bekannt. Da hat uns der Bund am Ende doch noch den entscheidenden Kick verschafft, dass wir es auch politisch hinbekommen haben, die Kreditaufnahme über Sondervermögen zu beenden. Man kann schon sagen, dass diese Art kreativer Haushaltswirtschaft ein großer Fehler gewesen ist, der Bremen auf Bundesebene schwer geschadet hat. Ich bin froh darüber, dass wir jetzt damit aufhören, in Zukunft gibt es maßnahmenbezogene Investitionsplanungen im Haushalt und Zuweisungen an die Sondervermögen, die wiederum dann ihre Abfinanzierung leisten. Auch das ist, was Transparenz, Wahrheit und Klarheit eines Haushalts betrifft, ein großer Fortschritt.
Der vorgelegte Haushalt 2011 mit seinen Kürzungen hat alle Bereiche mit einbezogen. Der Senat stellt sich der Verpflichtung gegenüber dem Gemeinwohl. Angesprochen wurde hier schon die Rolle der Handelskammer. Diese vertritt Interessen, ob sie das unbedingt so machen sollte, dass die Interessen der Logistikwirtschaft so absolut gesetzt werden, wie das in den letzten Tagen oder heute in der Zeitung herüberkam, darüber kann man sich streiten. Das ist aber nicht meine Sache. Es hat in Bremen einmal eine Zeit gegeben, in der es eine Regierung gegeben hat, die dem, was die Handelskammer gefordert hat, blind gefolgt ist.
Ja, natürlich! Die Investitionspolitik in Zeiten der Großen Koalition war eins zu eins das Wunschkonzert von dort, ohne sich über die Folgen, die das für den Haushalt bedeutet, im Klaren zu sein.
Das machen wir nicht. Diese Regierung hört sich alle Interessen an, die artikuliert werden, und macht dann einen Ausgleich.
Ich habe auch keine Lust, mir hier vonseiten der CDU jetzt etwas anzuhören, das danach klingt, als wären bei Ihnen die haushalts- und finanzpolitischen Saubermänner versammelt! In den Haushalten, die ich als Diplom-Psychologin verantworte, Herr Dr. Möllenstädt, wird keine Milliarde Euro Kanzlerbrief eingebucht, da können Sie ganz sicher sein!
Die Sparmaßnahme des Tages schießt allerdings den Vogel ab, das ist nämlich das Antragsrecycling der CDU. Ich würde es so formulieren: Haushaltsberatungen dienen natürlich auch dazu, hier Generaldebatten zu führen, aber bitte am Ende! Am Ende ist das Schöne an Zahlen, dass es konkret wird. Es gibt nicht einen einzigen konkreten Haushaltsvorschlag von der Opposition, sondern sehr viel heiße Luft.
(Abg. D r. M ö l l e n s t ä d t [FDP]: Ha- ben Sie schon einmal hineingeschaut? Das sollten Sie einmal machen!)