Protocol of the Session on November 11, 2010

Das Schöne an dieser ganzen Ausbildungskampagne ist darüber hinaus, dass endlich alle Ressorts zusammenarbeiten: die Polizei, die Justizverwaltung, der Strafvollzug, die Lehrer, die Kitas und die Verwaltung. Es war früher nicht so einfach, alle zu integrieren. Leitlinie war: Wir werben unsere Auszubildenden selbst! Jetzt haben wir eine gemeinsame Broschüre, die wir auch in russischer, türkischer und polnischer Sprache herausgeben. Damit wollen wir

die Inhalte transportieren und auch den Eltern einen Zugang ermöglichen, weil dort viel determiniert wird.

Das also noch einmal als Überblick über unsere Arbeit. In dem Bericht, den ich Ihnen versprochen habe – wir lösen das schon vorher ein, was Sie von uns gefordert haben –, ist eine ausführliche Darstellung enthalten.

Zum Abschluss noch zwei kurze Anmerkungen zur konkreten Verwaltungs- und Personalarbeit. Wir geben eine Handlungshilfe für Einstellungsverfahren heraus, in der genau beschrieben ist, wie in einzelnen Schritten bei der Personalrekrutierung vorzugehen ist. Das haben wir jetzt noch einmal aktualisiert. Dort sind genau die Themen aufgegriffen worden, auch wie man in einem Einstellungsverfahren interkulturelle Kompetenz konkretisiert. Wenn ich frage, haben Sie interkulturelle Kompetenz oder nicht, werden sie im Zweifel sagen, ja, natürlich habe ich die. Dann sind Sie genauso schlau wie vorher. Wie kann man das also testen, wie stellt man so etwas im Verfahren sicher?

Wir machen zusammen mit der WiSoAk, der Einrichtung der Arbeitnehmerkammer, Fortbildungsveranstaltungen für Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter, die in diesen Verwaltungsbereichen mit Kundenkontakten tätig sind. Wir haben jetzt 27 Veranstaltungen mit über 400 Personen in den letzten zwei Jahren durchgeführt. Daraus hat sich ein Netzwerk ergeben. Die Praxis hat sich verändert! Das ist ja auch unser Ziel: Nicht, dass wir sagen können, wir haben 31 oder 57 Fortbildungsveranstaltungen, sondern dass die Praxis der interkulturellen Öffnung der Verwaltung sich konkret verändert.

Sie sehen, wir stellen uns diesen Herausforderungen, wir nehmen die im Antrag formulierten Herausforderungen an. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Beratung geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 17/1534, Neufassung der Drucksache 17/1397, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

(Einstimmig)

Gesetz über die Festsetzung des Steuersatzes für die Grunderwerbsteuer

Mitteilung des Senats vom 22. Juni 2010 (Drucksache 17/1362) 2. Lesung

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Mützelburg.

Die Bürgerschaft (Landtag) hat den Gesetzentwurf des Senats in ihrer Sitzung in der 73. Sitzung am 29. September 2010 in erster Lesung beschlossen.

Wir kommen zur zweiten Lesung.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Kummer.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Im Zuge der Förderalismusreform I im Jahr 2006 hat der Bundesgesetzgeber uns ermöglicht, dass die Länder die Höhe der bisher einheitlichen Grunderwerbsteuer von 3,5 Prozent selbst bestimmen können. Berlin, Hamburg und Sachsen-Anhalt haben daraufhin diese Steuer auf 4,5 Prozent des Kaufpreises erhöht. Weitere Länder haben zum 1. November 2011 nachgezogen, unter anderem auch Niedersachen. Sie haben es bereits beschlossen, und heute beschließen wir diese Erhöhung für Bremen ebenfalls. Diese Erhöhung wird uns jährlich circa elf Millionen Euro mehr in die Kassen spülen, die wir als Haushaltsnotlageland auch dringend benötigen.

Eigentlich dachte ich, das wäre hier im Haus unstrittig, zumindest, wenn man die wiederholten Sparappelle der Fraktionen der CDU und der FDP an die rot-grüne Regierung in den Haushaltsdebatten hört, auch gerade gestern wieder. Die CDU hat zu diesem Gesetzentwurf Zustimmung signalisiert. Umso erstaunter bin ich allerdings, dass die FDP ihn nun offensichtlich ablehnt. In den Sparvorschlägen der FDP vom September dieses Jahres findet sich die Erhöhung der Grunderwerbsteuer als – wie soll ich sagen? – Nicht-Sparvorschlag – ich weiß auch nicht –, Sie werden das sicherlich nachher auch noch begründen.

Ich zitiere eine Begründung aus der Zeitschrift von Haus und Grund Bremen/Bremerhaven vom September 2010. Inwiefern die Meinungen da einheitlich sind, weiß ich nicht, in dem Artikel wird beklagt: „Doch kein einziges Land ist bereit, die Steuerlast zu senken, stattdessen treten die Länder in einen Steuererhöhungswettbewerb ein.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, was soll ich sagen? Wir werden dort, wo wir die Möglichkeit haben, und wo es machbar ist, die Steuern erhöhen. Das tun wir jetzt, um unser Haushaltsdefizit ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

zu verringern, wozu Sie uns ja auch immer wieder auffordern. Deswegen, um es kurz zu machen, bitte ich um Zustimmung zu der vorgesehenen Gesetzesänderung. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Richter.

Wertes Präsidium, meine sehr geehrten Damen und Herren! Na, wenn das mit dem Einspülen von 11 Millionen Euro ab dem nächsten Jahr denn funktioniert. Natürlich zwingt die Haushaltsnotlage den Senat dazu, nach Einsparpotenzialen zu suchen. Jede Investition, jede Ausgabe gehört auf den Prüfstand. Darüber sind wir uns einig. Jeder Cent muss im Moment mindestens drei Mal umgedreht werden, bevor er ausgegeben wird.

(Beifall bei der FDP)

Natürlich ist es da auch legitim und notwendig, auf die Einnahmeseite zu schauen. Auf den ersten Blick erscheint da die Grunderwerbsteuererhöhung auch verführerisch, zumal Mehreinnahmen aufgrund einer Veränderung des Grunderwerbsteuersatzes im vollen Umfang dem Land zur Verfügung stehen. Ein immer kräftigeres Drehen an der Steuerschraube kann aber auch dazu führen, dass der Schraubenkopf eines Tages abreißt und die Rechnung mit den erwarteten Mehreinnahmen schlicht und ergreifend nicht aufgeht. (Beifall bei der FDP)

Die Vorreiter – das wurde eben schon gesagt – bei der Grunderwerbsteuererhöhung waren Berlin und Hamburg, die den Grunderwerbsteuersatz bereits von 3,5 auf 4,5 Prozent erhöhten. Da war Bremens Finanzsenatorin noch so weise, aus Gründen des Wettbewerbs mit den Umlandgemeinden auf eine Erhöhung zu verzichten. Doch nun wollen auch andere Länder, unter anderem auch unser großer Nachbar Niedersachsen, auf vermeintlich einfache Weise ihre Kassenlage verbessern. Nun traut sich auch Frau Bürgermeisterin Linnert aus der Deckung. Bei einem relativ stabilen Immobilienmarkt – das Umsatzvolumen schwankte in den letzten Jahren immer zwischen 850 Millionen und einer Milliarde Euro in Bremen plus die Umsätze in Bremerhaven – ergibt sich nach der Rechnung von Frau Bürgermeisterin Linnert bei einer einprozentigen Erhöhung ab dem 1. Januar 2011 eine jährliche Mehreinnahme von etwa 10 bis 11 Millionen Euro. Die FDP-Bürgerschaftsfraktion erteilt dieser Erhöhung wie bereits bei der ersten Lesung des Gesetzes eine klare Absage.

(Beifall bei der FDP)

Bei einer Erhöhung um einen Prozentpunkt verteuert sich zum Beispiel der Kauf eines typischen Bre

mer Reihenhauses, Kaufpreis in der Regel um 200 000 Euro, um immerhin 2 000 Euro. Viel Geld für junge Familien, die wir – wie auch unsere Finanzsenatorin – gern als Steuerzahler in Bremen und Bremerhaven behalten möchten.

(Beifall bei der FDP – Abg. Frau B u s c h [SPD]: Da wollen wir doch einmal auf dem Teppich bleiben!)

Die Zu- und Abwanderungszahlen des Statistischen Landesamts sprechen eine klare Sprache: Der Abwanderungsverlust zeigt sich deutlich bei jungen Familien mit kleinen Kindern. Da genügt ein Blick in die Broschüre „Bremen in Zahlen“ und nicht auf die Prognoseberechnung der GEWOS, wie in der letzten Debatte von Herrn Senator Dr. Loske vorgetragen.

(Beifall bei der FDP)

Ein Artikel aus dem „Weser-Kurier“ vom 12. Oktober 2010 macht es schon in der Überschrift deutlich: „Junge Familien wandern aus der Stadt ab“, und das ist auch einmal für Sie ganz interessant zu lesen, an welcher Stelle hier die Begründungen des Soziologen, der hier interviewt wurde, abgeleitet werden. Da würde es sicher nicht schaden, einen Wettbewerbsvorteil – und jetzt komme ich auch zu Niedersachsen – gegenüber den Umlandgemeinden im sogenannten Speckgürtel herauszuarbeiten. Das wäre einfach klug.

Offensichtlich vergessen unsere Finanzsenatorin und unsere Regierungskoalition auch, dass es mit dem Kaufpreis allein meist nicht getan ist. Die meisten Immobilienerwerberinnen und -erwerber investieren doch kräftig weiter in die Modernisierung, in Ausstattung, in den energetischen Standard ihrer Häuser, und das führt zu einer Konjunkturbelebung und auch dazu, dass es möglicherweise eine Klimaverbesserung gibt, dass Energie eingespart wird, und es führt zu Arbeitsplatzsicherungen in Bremen. Gut wenn man hier letztendlich vielleicht einmal ein wenig weiter nachdenken würde!

(Beifall bei der FDP)

Anstatt über derart kontraproduktive Maßnahmen nachzudenken, sollte sich die Landesregierung lieber ernsthaft darüber Gedanken machen, ob nicht vielleicht junge Familien, die in die eigenen vier Wände investieren, sogar endgültig von der Grunderwerbsteuer befreit werden sollten. Das wäre ein echtes Konjunkturprogramm im Sinne Bremens. Das ist übrigens auch keine neue Idee. Manche werden sich vielleicht daran erinnern, in den Siebzigerjahren des nun schon lange vergangenen letzten Jahrhunderts lag der Grunderwerbsteuersatz bei sieben Prozent, aber alle, die selbst ihre Immobilien nutzten, waren schlicht und ergreifend von der Grunderwerbsteuer

befreit. Das wäre vielleicht auch ein Modell, über das man nachdenken könnte.

(Beifall bei der FDP)

Bei höheren Grundstückspreisen und auch höheren Betriebskosten als in den Umlandgemeinden sollten wir nicht einfach dem Beispiel unseres großen Nachbarn folgen, sondern auf diese kontraproduktive Erhöhung der Grunderwerbsteuer verzichten. Ansonsten darf es nicht verwundern, wenn das Ziel, Bürgerinnen und Bürger in unserer Stadt zu halten und Steuereinnahmen zu sichern, verfehlt wird.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Aber ein gleiches Niveau mit Nie- dersachsen sehen Sie als Problem?)

Eine Rechnung – wenn man sie genau bilanziert –, die wahrscheinlich nicht aufgehen wird, so befürchten wir. Daher lehnen wir die Gesetzesänderung ab. – Danke!

(Beifall bei der FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Schrörs.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Richter, ich teile Ihre Auffassung nicht. Wir haben in den letzten Wochen und Monaten immer wieder gesagt, in welch schwieriger Situation sich Bremen bei der Ausgabensituation befindet. Wir mahnen an und erwarten daher von der Regierung, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Wenn man das dann aber auf der anderen Seite immer fordert, muss man, finde ich, auch konsequent sein und sagen, man unterstützt auch die Möglichkeiten, die Einnahmesituation zu verbessern.