Protocol of the Session on November 10, 2010

(Abg. D r. M ö l l e n s t ä d t [FDP]: Ach was! Das ist uns gänzlich verborgen geblieben!)

und nachts sind bekanntlich nicht nur alle Katzen grau, sondern die meisten Leute schlafen auch und treffen sie darum nicht. Das heißt, man kann ihrer sehr schwer habhaft werden.

(Abg. D r. M ö l l e n s t ä d t [FDP]: Na so was!)

Herr Kollege, es ist manchmal so, wie es ist! Wenn die Täter ermittelt werden, dann bin ich ja mit Ihnen wieder einer Meinung, dass auch ein Regress erfolgen muss. Wissen Sie denn eigentlich, dass es meistens Jugendliche sind und dass deren finanzielle Verhältnisse gar nicht so sind, dass große Regressansprüche gestellt werden können? Das heißt, es bleibt, wenn es sich um öffentliche Gebäude handelt, sowieso im Rahmen der Sanierung unsere Aufgabe, das wieder in Ordnung zu bringen.

Mein Vorschlag ist, dass man mit dieser ganze Gruppe von Graffiti-Jugendlichen, wenn wir sie denn erwischen, redet – die Polizei nennt das normenverdeutlichende Gespräche – und ihnen klar macht, dass das „Narrenhände beschmieren Tische und Wände“ einfach nicht geht. Wir sollten ihnen Möglichkeiten geben – und dazu müssten wir einmal gemeinsam schauen, wo es Flächen gibt –, vernünftige Graffiti anzubringen, ohne Straßen, Wände und private Hauseingänge beschmieren zu müssen. – Danke!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Hinners.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Reden Sie für die LINKE mit?)

Nein, das wäre das ziemlich Letzte, was ich machen würde! Bevor ich auf den Antrag eingehe, den wir zusammen mit der FDP gestellt haben, möchte ich doch noch einmal auf meine Vorrednerin, Frau Kröhl, eingehen! Sie haben unseren Antrag falsch zitiert. Wir haben in der Titelleiste des Antrags gar nicht von Graffiti gesprochen, sondern ausschließlich von Farbschmierereien. Da sollten Sie also schon stark differenzieren. Im Übrigen, ich will Ihnen ja wirklich nicht zu nahetreten, reicht dieser Beitrag von Ihnen wirklich nur als Humoreinlage.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Illegale Farbschmierereien, Herr Richter hat es angedeutet, an Gebäuden und Verkehrsmitteln sind keine Kavaliersdelikte, Frau Kröhl.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie verursachen in der Regel hohe Schäden, und die Betroffenen dieser hohen Schäden sind nicht begeistert davon. Sie tun so, als wenn das so eine nette Geschichte sei: ein bisschen Kunst, ein bisschen freies Leben und ein bisschen Geschimpfe vielleicht, wenn man sie erwischt, also das passt überhaupt nicht! Frau Kröhl, Sie sind auch noch Mitglied der Innendeputation. Es wundert mich schon sehr, was Sie hier für Ausführungen machen.

(Abg. Ts c h ö p e [SPD]: Herr Hinners, Sie auch! Das wundert mich auch immer!)

) Vom Redner nicht überprüft.

Das ist richtig, deswegen mache ich meine Ausführungen!

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Deshalb stellt er den Antrag!)

Darüber hinaus sind diese Farbschmierereien in den allermeisten Fällen für das Stadtbild unerträglich – ich sage es, wirklich unerträglich –,

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

und sie gefährden die Verkehrssicherheit, nämlich insbesondere dann, wenn wichtige Verkehrsschilder unkenntlich gemacht beziehungsweise verändert werden. Aus den Erfahrungen anderer Städte ist bekannt – und da will ich namentlich Bremerhaven nennen – dass Farbschmierereien häufig dort gemacht werden, wo sich schon andere befinden. Deswegen geht Bremerhaven ganz konsequent gegen Farbschmierereien an öffentlichen Gebäuden vor und veranlasst sofort die Beseitigung. Das macht ganz offensichtlich Sinn. Aus der Antwort des Senats – Herr Richter hat schon darauf hingewiesen – vom 23. März 2010 zur Kleinen Anfrage der CDU geht hervor, dass die Kriminalstatistik für 2008 insgesamt 1 087 Sachbeschädigungen durch Farbvandalismus ausweist. Nur zwei Täter – ich wiederhole, zwei Täter! – kamen vor Gericht. Beide Verfahren wurden nach dem Jugendgerichtsgesetz eingestellt. Das, glaube ich, führt nicht so sehr zur Abschreckung.

(Abg. F r e h e [Bündnis 90/Die Grünen]: Mit oder ohne Auflagen?)

Bitte? Ich habe Sie wirklich nicht verstanden!

(Abg. F r e h e [Bündnis 90/Die Grünen]: Mit oder ohne Auflagen?)

Ohne! Eine In-Regressnahme von Tätern dieser Sachbeschädigungen durch die Stadt hat es zuletzt im Jahr 2006 gegeben. Der damalige Innensenator, Herr Richter hat darauf hingewiesen, war Herr Röwekamp. Aus der Antwort des Senats geht weiter hervor, dass der Senat keine Information über Täter und Tatstrukturen hat. Insofern, Frau Kröhl, wundert es mich sehr, dass Sie hier dauernd von jugendlichen Tätern sprechen. Ich möchte gern wissen: Woher wissen Sie das eigentlich? Ebenso kann der Senat – anders als in Bremerhaven – keine Angaben zur Schadenshöhe machen. Herr Richter hat dort einmal versucht, aus dem Internet Erkenntnisse herauszuziehen. Diese Unkenntnis in Verbindung mit der Untätigkeit des Senats auf dem Gebiet der Bekämpfung des Farbvandalismus ist umso verwunderlicher, als der Senat in seiner Antwort selbst erklärt, dass die

Schwierigkeiten für die Aufklärung dieser Taten bei einem Tatnachweis zu sehen sind. Da Sprayer in den seltensten Fällen auf frischer Tat angetroffen werden, Frau Kröhl, kann diese Täterschaft nur über Indiztatsachen, also zum Beispiel über den Text, wenn er denn bekannt ist, bewiesen werden. Die Polizei Bremen hat bis vor wenigen Jahren sehr erfolgreich mit einer kleinen Ermittlungsgruppe den Farbvandalismus in der Stadt aufgeklärt

(Beifall bei der FDP – Vizepräsident R a - v e n s übernimmt den Vorsitz.)

und tiefe Einblicke sowohl in die Tätergruppen als auch in die individuellen verwendeten Texte gehabt. Dieses Wissen ist gänzlich verloren gegangen. Wir fordern in unserem Antrag deshalb den Senat auf, den Farbvandalismus von stadteigenen Gebäuden unverzüglich zu beseitigen, um Nachahmungen zu verhindern. Darüber hinaus fordern wir den Senat auf, die Ermittlungsarbeit und Strafverfolgung erheblich zu intensivieren und bei der Beschädigung öffentlicher Gebäude von allen bekannt gewordenen Tätern Schadensersatz zu verlangen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Fecker.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Farbvandalismus ist in der Tat unbestritten ein Problem und ein Ärgernis für die Eigentümer. Sind die Eigentümer nun die öffentliche Hand oder Private, es bleibt dabei: Es ist ein Ärgernis! Es ist ein Ärgernis, das nicht nur in Bremen anzutreffen ist, sondern auch in vielen anderen Großstädten. Was wollen jetzt die CDU und die FDP? Kurz zusammengefasst: im ersten Abschnitt alle Schmierereien sofort entfernen und im zweiten brutalstmögliche Verfolgung und Schadensersatz.

Zu dem, was passiert, hat Frau Kröhl bereits einige Ausführungen gemacht. Ich will das noch einmal intensivieren! Wir haben selbstverständlich im Rahmen von Instandsetzungen und im Rahmen von Sanierungen an öffentlichen Gebäuden die Entfernung dieser Farbvandalismusspuren veranlasst. Wir haben selbstverständlich an Schulen häufig die Situation, dass, wenn Hausmeister Entsprechendes entdecken und sie es sofort entfernen können, sie es auch sofort entfernen, wenn es möglich ist. Meine Kenntnis ist – da kommt mir vielleicht die Erfahrung aus einem Stadtteilbeirat zugute –, wenn Verkehrsschilder nicht mehr lesbar sind, gibt es sehr viele aufmerksame Bürgerinnen und Bürger, die sich in der Regel ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

immer an die Ortsämter wenden, die das dann über die örtlichen Polizeireviere weitergeben, sodass das Problem auch behoben wird. Insgesamt glaube ich, dass das Problem, so, wie Sie es schildern, und die Handlungsnotwendigkeit, so, wie Sie sie schildern, nicht gegeben ist, zumal, Herr Hinners, Sie haben es eben angedeutet, es tatsächlich auch gar nicht so einfach ist, diejenigen dingfest zu machen, die da am werkeln sind.

Wir haben uns zwei Tagesordnungspunkte vorher gerade darüber unterhalten, was wir von der Polizei Bremen erwarten. Ich finde, da gehört es auch zur Ehrlichkeit von Politik dazu, dass wir um die Rahmenbedingungen unserer Polizei wissen, dass wir sagen, wir unterstützen euch bei eurer Schwerpunktbildung. Ich sage das ausdrücklich auch für die grüne Bürgerschaftsfraktion: Für uns ist wichtig, dass die Probleme im Bereich der organisierten Kriminalität und auch die Anwohnerinteressen bei den Rockern in erster Linie verfolgt werden, neben vielen anderen Schwerpunkten, über die wir schon gesprochen haben. Dies ist ein Bereich, der dann zu erledigen ist, wenn es die Kapazitäten bei der Polizei erlauben. Wir können uns jetzt gern politisch darüber streiten, ob diese Schwerpunkte gerechtfertigt sind. Aus Sicht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen kommen wir in der Abwägung dazu, dass das in dieser Form in Ordnung ist.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die Grünen legen Wert darauf, dass verfassungsfeindliche Symbole, Diffamierungen und Aufrufe zu Straftaten oder Ähnlichem umgehend entfernt werden. Sollte dies nicht der Fall sein, Herr Kollege Richter, dann würde ich Sie doch dringend bitten, das an die entsprechenden Stellen weiterzugeben und nicht einfach so pauschal ins Parlament zu stellen, weil wir da in der Tat auch als Zivilgesellschaft gefordert sind. In der Abwägung aller Interessen, der Finanzlage unseres Gemeinwesens und der personellen Situation der Polizei lehnen wir Ihren Antrag am heutigen Tag ab. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächste Rednerin erhält das Wort Frau Bürgermeisterin Linnert.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für den Senat ist völlig klar, dass wir in der Öffentlichkeit sagen und uns auch versuchen, so zu verhalten, dass wir der Tatsache Rechnung tragen, dass es sich bei Farbschmierereien um ein teures und ärgerliches Problem in der Stadt handelt, das man hier auch nicht verniedlichen oder verharmlosen sollte. Es hat eine hohe Bedeutung für die Bevölkerung. Es gibt viele

Menschen, die sich darüber ärgern, wenn an ihren eigenen Häusern Texte angebracht werden oder in ihrer Straße Farbschmierereien sind. Die Menschen finden, dass es hässlich ist und die Atmosphäre im Stadtteil beeinträchtigt. Deshalb ist es wichtig, sich dem regelmäßig zu widmen und zu sagen, ja, wir nehmen das ernst. Ich glaube nicht, dass sich die Leute wirklich bedroht fühlen. Sie finden es aber einfach hässlich und ärgerlich, was da passiert.

Ich finde auch, dass man offen darauf hinweisen muss, aus welcher Geisteshaltung die Texte eigentlich erfolgen. Es geht nämlich schon auch um eine mangelnde Achtung vor dem Eigentum anderer. In vielen Fällen geht es auch um eine mangelnde Achtung vor Staatsbesitz, wenn es sich um öffentliche Gebäude handelt, das Haus des Reichs wurde hier von Herrn Richter ja schon genannt. Es ist schon ein etwas skurriles menschliches Bedürfnis, an allen möglichen Gebäuden Texte in Form einer Duftmarke zu hinterlassen und sich dann hinterher daran zu erfreuen, dass man sich da verewigt hat.

Zum Glück wird es dann doch häufig schnell entfernt. All das, finde ich, sollte hier auch klar die gemeinsame Haltung sein. Wie kann der Staat dann praktisch damit umgehen? Da wird es dann schwieriger.

Bei Immobilien Bremen – Herr Richter hatte es kritisiert – findet keine zentrale Erfassung der Farbschmierereien, der Graffiti und der Tags statt, weil nämlich die Hausmeister vor Ort in aller Regel, wenn sie Dinge sehen, diese auch entfernen, natürlich mit dem Schwerpunkt, der hier auch genannt wurde, nämlich immer dann, wenn es sich um Nazisymbole oder diffamierende, sexistische oder diskriminierende Inhalte handelt. Wenn sie das sehen, wissen sie auch, dass sie das sofort entfernen sollen.

Es ist in der Tat so – auch da wurde das Haus des Reichs schon genannt, da sind mir selbst auch Sachen aufgefallen, die sich zum Teil aus dem rauen Stein ganz schlecht entfernen lassen –, dass man bei einigen anderen Dingen wartet, bis sich eine Säuberungsaktion lohnt oder eine größere Renovierung ansteht. So gibt es öffentliche Gebäude, das ist unbestreitbar, bei denen sich über Jahre hinweg doch so manches angesammelt hat. Wichtig ist vielleicht auch noch zu betonen, dass es sich um ein Großstadtproblem handelt und nicht irgendwie um eine Bremensie. Es gibt auch Debatten in den Kommunalparlamenten vieler Großstädte, wie man damit umgehen könnte.

Mir geht es so – neben allen berechtigten Ansprüchen an den Staat auf eine verlässliche Polizeiarbeit oder einen klaren Umgang mit den eigenen Immobilien –, ich will einmal sagen, wenn jemand ein Verkehrsschild sieht, das beklebt ist, sodass man nicht mehr erkennen kann, ob man nun Vorfahrt hat oder nicht: Greifen Sie doch einfach einmal zum Telefon! Da muss man nicht gleich das Parlament oder den Senat fragen. Da kann man als Bürgerin und Bürger

tätig werden, indem man das ASV anruft und sagt, Mensch, da gibt es ein Problem.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Die Polizei ist aus meiner Sicht in der Tat ausreichend ausgestattet, aber nicht so, dass sie regelmäßig alle Verkehrsschilder überprüfen kann. Greifen Sie also zum Telefon oder vielleicht sogar einmal zum Lappen! Neulich habe ich eine ältere Dame gesehen, die hat sich darüber geärgert, dass an der Ampel, wo man drücken muss, so viel beklebt war. Sie ist mit einer Bürste angerückt und hat das entfernt. Das finde ich total toll. Eigentlich geht es auch darum zu sagen, wer in dieser Stadt lebt und will, dass es gut ist, kann auch ab und zu einmal Verantwortung übernehmen. Ich finde, dass wir das auch fördern und wertschätzen sollten.

Es ist völlig klar, es handelt sich um eine Sachbeschädigung. Wie gesagt, das darf man auf keinen Fall verharmlosen. Ich finde es auch eine nicht zutreffende Beschreibung, wenn man das nur als legitimen Teil einer Jugendkultur bezeichnet. So einfach ist es nicht. Die Klage hier, dass nicht genug Verurteilungen stattfinden, kann ich so nicht teilen. Von den 1 000 Fällen, die wir ungefähr pro Jahr haben, haben wir im letzten Jahr immerhin eine Aufklärungsquote von 33 Prozent gehabt. In der Tat sind die allermeisten Verfahren eingestellt worden, in aller Regel aber mit der Auflage, das wieder zu entfernen. Das ist gerade, weil es sich in aller Regel um Jugendliche handelt, besser, als da jetzt weiter Hürden aufzubauen und ihnen Steine in den Weg zu legen. Ich finde es gerade richtig, dass das Jugendstrafrecht einen engen Zusammenhang zwischen der Tat und den Folgen herstellen hilft und dass die Leute das dann wieder entfernen mussten.

Wenn Sie jetzt hier fordern, dass der Staat vermehrt Schadenersatz einklagen soll, bin ich darüber nicht so begeistert, weil das dann heißt, dass man sich in einem zivilrechtlichen Verfahren – das Strafverfahren ist vorgeschaltet, das kostet auch Geld und Einsatz – dann daran noch einmal zu schaffen machen muss. Allerdings, wenn der Schaden hoch ist, sollten wir das tun. Ich gehe davon aus – ich werde aber noch einmal bei Immobilien Bremen nachfragen –, dass wir das auch bei höheren Schäden tun. Da stehen dann das Gerichtsverfahren und die Anwaltskosten in einem ausgewogenen Verhältnis zur Schadenshöhe, in vielen Fällen natürlich auch nicht.

Ich nehme das hier einmal als Anregung mit, dass wir uns der Vorbildfunktion, die der öffentliche Bereich in diesem Zusammenhang hat, auch stellen müssen und noch einmal bei Immobilien Bremen klarstellen, dass da eine erhöhte Sensibilität sein soll. Allerdings werde ich auf keinen Fall einen bürokratischen zentralistischen Weg gehen, sondern wir werden den Kontakt zu den Hausmeistern noch einmal suchen. Wir werden sie bitten, darauf doch sensibel zu reagieren, um vielleicht auch unter Beteiligung