Was noch viel schlimmer daran ist: Die Betroffenen müssen länger warten, und das haben Sie dann zu verantworten!
(Beifall bei der CDU – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Die Armen müssen auf null Euro Erhöhung warten!)
Mein Schlussappell: Gehen Sie pragmatisch heran, stimmen Sie im Bundesrat zu! Wenn Sie diesen pragmatischen Weg mitgehen, werde nicht nur ich sagen, gerade im Hinblick auf die SPD, dass Sie eine Partei des Sozialpopulismus sind, dann werde auch ich sagen, sogar Sie sind einmal wieder an guten so
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Herr Bensch, Sie sprachen davon, dass hier nur auf Frau von der Leyen und Herrn Dr. Rösler eingeschlagen wird. Ich frage Sie: Womit? Mit Recht wird hier auf diese beiden eingeschlagen.
Genau diese Art von Reformpolitik, die von CDU und FDP im Bundestag, in der Regierung gemacht wird, schwächt das Vertrauen der Menschen in die Politik. Reform ist mittlerweile zu einem Unwort verkommen. Diese Reformen sind es nicht wert, den Namen Reform zu tragen.
(Beifall bei der LINKEN – Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen]: Reform bedeutet eine Art der Veränderung, Frau Kollegin!)
Sie haben diverse Sparpakete, sparpolitische Vorschläge im Bund unterbreitet. Warum überhaupt? Warum muss überhaupt gespart werden? Weil sowohl die Regierung Merkel/Westerwelle, aber auch die vorherige Regierung unter Rot-Grün Steuergeschenke an Reiche und Konzerne vorgenommen, sie damit den Staatshaushalt ruiniert haben und nun auch noch Hunderte von Milliarden Euro zur Bankenrettung ausgegeben werden mussten! Irgendwoher muss das Geld kommen, und jetzt holt man es sich von den Armen zurück.
Allein die bisherigen Beschlüsse – die aktuellsten Beschlüsse nicht einbezogen – führen schon zu einer jährlichen Belastung bei den Menschen in Bremen und Bremerhaven. In Oberneuland ist die jährliche Belastung mit 17,24 Euro vielleicht nicht so hoch, aber sie steigt. In Schwachhausen liegt die jährliche Belastung schon bei 23,13 Euro, in Bremen-Nord liegt sie durchschnittlich bei 50 bis 60 Euro, in der Neustadt bei 65 Euro. In Huchting ist die jährliche Belastung der Menschen mittlerweile bei 90 Euro angekommen, im Bremer Westen liegt sie noch weitaus höher. Das ist keine solidarische Politik, das ist eine unsoziale Politik, und sie ist noch unsolidarisch dazu.
aufregen, die im Bund gemacht wird. Ich hoffe nur, dass Sie vor lauter Aufregung nicht noch einen Herzinfarkt bekommen, denn das Gesundheitssystem steht jetzt auch noch auf der Kippe. Bleiben Sie aber in Ihrer Argumentation ehrlich! Werfen Sie uns nicht vor, dass wir einen Regelsatz von 500 Euro fordern, wenn Sie selbst einen Regelsatz von 435 Euro befürworten. Was soll dann das Gerede über die 500 Euro, wenn wir doch hier nur mehr Gerechtigkeit schaffen wollen?
Der Zusammenhang mit dem 10 Euro Mindestlohn ist ja wohl gegeben, um dem Gerede von dem Lohnabstandsgebot endlich einmal Einhalt zu gebieten.
(Beifall bei der LINKEN – Abg. R ö w e - k a m p [CDU]: Wir heben alles nach oben an, einschließlich der Verschuldung!)
Sie haben natürlich recht, dass hier Lobbyinteressen durchgesetzt werden sollen. Es werden aber nicht nur die Interessen von Lobbyisten durchgesetzt, sondern mittlerweile ist Schwarz-Gelb im Bund so weit, dass sie ihre Gesetze von Lobbyisten schreiben lassen. Das kann so nicht gehen! Oder sollen wir jetzt etwa aufatmen, sollen wir sagen, super, dass Sie endlich die Erhöhung des Regelsatzes von 5 Euro eingeführt haben? Das sind immerhin 16 Cent am Tag! Da müssen wir uns fast fürchten, dass jetzt Hamsterkäufe anfangen, da die Hartz-IV-Empfänger demnächst ihren erhöhten Regelsatz ausgeben wollen.
Immerhin haben wir auch Manager der Hypo Real Estate, die aufatmen können. Sie bekommen trotz der Krise 25 Millionen Euro Boni zugesichert.
Ich rechne das jetzt einmal nicht auf einen Monat um, sondern wenn ich das allein auf ein Jahr umrechne, bedeutet es 68 500 Euro pro Tag, die diese Manager zusätzlich bekommen können.
Ich bin es leid, dass wir hier eine Debatte um soziale Gerechtigkeit führen müssen und auch immer wieder begründen müssen, dass es in diesem Land sozial ungerecht zugeht. Ich habe, ehrlich gesagt, nichts gegen Tierschutz. Wenn ich aber weiß, dass Polizeihunde pro Tag mit einem Satz von 6,80 Euro verköstigt werden, Hartz-IV-Empfängerinnen und Hartz-IV-Empfängern für Essen und Trinken aber pro Tag lediglich 4,32 Euro zur Verfügung stehen, kann ich dann wirklich noch frohen Mutes sagen: Welcome to Germany? Herzlich willkommen in Bremen? Das ist ein Skandal!
Es ist ja nicht so, dass die FDP und der Gesundheitsminister Rösler jetzt nicht versucht hätten, vielleicht auch noch einmal ein paar andere Wege zu gehen, bevor sie die Gesundheitsreform in der Art auf den Weg gebracht haben. Natürlich hat Herr Rösler auch erst einmal bei der Pharmaindustrie geklingelt, die aber gleich damit gedroht hat, auch ihre Parteispenden einzustellen. Da kann man natürlich nicht weitere Forderungen stellen. In den Krankenkassen versinkt viel Geld in schwarzen Löchern, ist ihre Argumentation. Da kann man kein Geld holen. Vielleicht von den Ärzten, die eine Honorarerhöhung bekommen haben? Das ist auch nicht der richtige Weg. Von den Bürgerinnen und Bürgern – beim Mob – aber kann man einfach das Geld nehmen, mit den Bürgerinnen und Bürgern kann man es ja machen! Da schreibt man einfach einmal ein Gesetz, und man kann ihnen das Geld einfach aus der Tasche ziehen. Das ist nicht sozial.
Wir werden uns auch zukünftig mit den Auswirkungen der Bundesregierung und ihren Beschlüssen hier in Bremen zu beschäftigen haben. Wir müssen nach wie vor, immer wieder, dazu ermahnen, dass hier ein sozialer und solidarischer Umgang nicht nur gefordert und versprochen werden muss, sondern wir müssen ihn selbst leben. Wir haben nachher noch einmal eine Debatte zum Lebenslagenbericht. Da werden wir auch sehen, welche Maßnahmen der Senat hier in Bremen ergreift beziehungsweise nicht ergreifen wird. An dieser Politik, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, müssen auch Sie sich messen lassen,
(Beifall bei der LINKEN – Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Daran lassen wir uns gern messen!)
welche soziale Politik Sie hier machen beziehungsweise welche soziale Politik Sie hier unterlassen. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Herr Kollege Bensch, natürlich ist es so gewesen, dass Rot, Grün und die CDU die Hartz-IV-Gesetze gemeinsam verabschiedet haben. Selbstverständlich hat es in allen Parteien zur angemessenen Höhe Diskussionen gegeben, und natürlich hat der letztlich festgesetzte Regelsatz nicht die Billigung des Bundesverfassungsgerichts erfahren. Jetzt geht es aber darum, diesen Richterspruch des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen. Dieser Richterspruch des Bundesverfassungsgerichts sagt, es gibt ein unveräußerliches Existenz
minimum, und dieses unveräußerliche Existenzminimum muss transparent und nachvollziehbar berechnet werden.
Wir haben festgestellt, dass Sie schon in Ihrem eigenen Gesetzentwurf nicht transparent gerechnet haben. Es gibt diverse Kritik darüber, warum die Referenzgruppen einmal 20 Prozent, dann wieder 15 Prozent betragen. Dann ist die Frage: Wer ist eigentlich in der Referenzgruppe? Sind die Hartz-IVEmpfänger in der Referenzgruppe, und gibt es dann einen Zirkelschluss nach unten, dass insgesamt das Niveau weiter hinuntergeht? Es wäre ja so einfach gewesen, wenn Sie im gestrigen Ausschuss für Arbeit und Soziales des Bundestages einfach einmal gesagt hätten, ja, wir legen die Rechnungen offen, wir legen die Rohdaten offen, dann hätten sich aber auch alle davon überzeugen können, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt wird. Das wollen Sie nicht. Da fragt man sich, warum! Wer Transparenz scheut, hat etwas zu verbergen, Herr Bensch.
Wenn man etwas zu verbergen hat, gibt es eine Motivationslage dafür. Ich unterstelle, dass diese Motivationslage eine ganz einfache ist, dass es nämlich nicht darum geht, Menschen das unveräußerliche Existenzminimum zu gewähren, sondern dass es darum geht, den Bundeshaushalt möglichst wenig zu belasten.
Hören Sie auf, Herr Bensch, mit der Geschichte Lohnabstandsgebot! Wir sprechen in Deutschland darüber, dass wir einen ausufernden Niedriglohnsektor haben. Sie wollen mit der Hinzuverdienstmöglichkeit von Hartz-IV-Empfängern ja nichts anderes, als dass in Zukunft die Situation so ist, dass der gut zahlende Unternehmer in Gröpelingen seine Konkurrenz nicht mehr halten kann gegen den schlechter zahlenden Unternehmer, der sagt, ich beschäftige meine Leute für weniger Geld, den Rest holt ihr einmal durch Hartz IV. Das wollen Sie! Sie wollen, dass die Löhne in Deutschland dauernd sinken. Das ist eher das Ergebnis mit Ihrer Politik.
Wenn Sie dann hier sagen, die SPD ist schuld an Hartz IV, dann bekenne ich: Ja, wir sind, genauso wie Sie und genauso wie die Grünen, schuld daran, dass wir dieses System Hartz IV eingeführt haben. Jetzt ist doch aber die Frage, wie die Bundesregierung damit umgeht. Sie geht damit um, indem sie täuscht, tarnt und keine Transparenz herstellt. Das hat für mich zur Folge, dass ich den Verdacht habe, dass das, was Sie da berechnet haben, in keiner Weise der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entspricht.
Dann geht es darum, nicht nur zu kritisieren, was die anderen in Berlin machen, sondern dann geht es einmal darum, sich auch darüber zu unterhalten, was wir denn hier eigentlich in Bremen machen. Da erinnere ich mich sehr wohl an die Sitzung der Stadtbürgerschaft vom letzten Dienstag.
Da ging es darum, ob wir das einzige kommunale Armutsbekämpfungsprogramm, das wir hier in Bremen haben, fortführen wollen oder nicht. Hier hat die Koalition gesagt, jawohl, wir wollen WiN fortführen. Da stellt sich Ihr haushaltspolitischer Sprecher hier hin und sagt: Für kommunale Armutsbekämpfung? Das ist eine freiwillige Leistung, das machen wir nicht mit, das soll gestrichen werden. Vorgestern!
Lassen Sie mich vielleicht zum Abschluss eine Sache sagen, weil die Geschichte immer ist, hier in Bremen regiert seit 65 Jahren die SPD! Ich bitte Sie einmal, auch ein bisschen auf den Boden der Verfassung zurückzukommen und zu sagen: Wie läuft denn eigentlich eine 65-jährige Periode? Solch eine 65-jährige Periode läuft dergestalt, dass man für vier Jahre engagiert wird, dann tritt man an für die Wähler, und die Wähler entscheiden, ob sie die SPD oder eine Alternative wählen wollen. 65 Jahre lang haben die Wähler entschieden, sie wollen die SPD weiterhin haben. Ich glaube, dass Sie nichts dafür getan haben, dass der Wähler sich am 22. Mai 2011 anders entscheiden und Sie wählen wird. – Ich danke Ihnen!