Protocol of the Session on September 29, 2010

An dieser Stelle werbe ich auch noch einmal dafür, dass Sie unserem Änderungsantrag zu Ihrem Antrag zustimmen. Wir werden dem Antrag, den Sie gestellt haben, ansonsten auf jeden Fall auch zustimmen! – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dennhardt.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Röwekamp hat soeben davon gesprochen, dass es sich bei dem Atomdeal um nichts anderes gehandelt habe als um ein Weihnachtsgeschenk, das man den Kindern doch angekündigt habe. Stellen Sie sich einmal vor, Sie hätten solche Eltern! Sie würden doch sehr auf das Jugendamt hoffen, oder?

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. (A) (C)

Den Atomdeal von heute mit dem Atomkonsens von Rot-Grün zu vergleichen, ist eine bodenlose Frechheit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Der Atomkonsens hat dazu gedient, ein jahrzehntelang in der Bundesrepublik kontrovers diskutiertes Thema zu befrieden. Die Motivation des Atomdeals war nichts anderes als Gewinnaufteilung. Mir schaudert davor, wie sich dieses Politikfeld unter der Kanzlerschaft Merkel weiterentwickeln wird, wenn diese Motivation erhalten bleibt.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich kenne keinen gesellschaftlichen Bereich, in dem man damit durchginge, dass man sagt, wir haben zwar das Endlagerungsproblem – also das Problem – noch nicht gelöst, wir verlängern es jetzt 14 Jahre lang, bevor Sie überhaupt beginnen, es zu lösen. Es ist einfach unfassbar, dass Sie solche Risiken in der Weise unverantwortlich vergrößern! Ich kann nur sehr hoffen, dass Sie die Quittung dafür bekommen, dass Sie hiermit wirtschaftliche Planungen, die in der ganzen Energiewirtschaft für die nächsten Jahre gemacht worden sind, in Gefahr bringen, dass Sie damit – gerade im Nordwesten – jede Menge Arbeitsplätze in Gefahr bringen und dass Sie unser aller Sicherheit gefährden. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Röwekamp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zum weiteren Gang der Beratungen vielleicht noch kurz darauf hinweisen, dass die in dem Energiekonzept der Bundesregierung vereinbarten Maßnahmen sehr konkret sind. Sie stehen im Übrigen in keinem Punkt in Widerspruch zu dem damals noch von Rot-Grün miteinander beschlossenen Erneuerbare-Energien-Gesetz. Wir haben es gar nicht modifiziert.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Ich dachte, wir haben keine Kon- zepte!)

Ich sage ja nur, dieses Konzept hätte nach Meinung der führenden Experten eben nicht dazu geführt, dass wir bis zum Jahr 2020 – dem von Rot-Grün politisch vorgegebenen Endpunkt der Atomenergieerzeugung in Deutschland – tatsächlich unseren Strombedarf voll

ständig hätten aus regenerativen Energien decken können,

(Abg. Frau D r. S c h a e f e r [Bündnis 90/ Die Grünen]: Es sagt doch keiner, dass es zu 100 Prozent erneuerbare Energien sein müssen!)

sondern es wäre nämlich auch dann noch erforderlich gewesen, entweder durch Import oder durch den Bau zahlreicher neuer Kohlekraftwerke oder ähnlicher Maßnahmen in diesem Bereich nachzusteuern. Deswegen sage ich, ist das, was wir als Bundesregierung vereinbart haben, die logische Fortsetzung dessen, was die rot-grüne Bundesregierung damals mit den vier Energieerzeugungskonzernen verabredet hat.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist Orwell’sche Tatsachenver- drehung!)

Es ist im Übrigen auch noch an vielen Punkten sehr konkret, ich möchte das ruhig sagen. Wir alle wissen doch – Sie vielleicht nicht, Herr Dr. Güldner –, dass wir dringend, und wenn Sie mit den Unternehmen der Windenergiebranche reden, investieren und den Netzausbau beschleunigen müssen, und zwar insbesondere für die in unserer Region so wichtige Offshore-Energie. Was hat eigentlich die rot-grüne Bundesregierung getan, um diesen Netzausbau in ihrer eigenen Regierungszeit voranzubringen? Ich kann Ihnen sagen, was diese Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel tun wird: Sie wird die Mittel, die aus der Laufzeitverlängerung entstehen, in ganz erheblichem Umfang dafür nutzen, um in diese zwingend notwendige Netzinfrastruktur zu investieren. Wir brauchen das Geld, um auf regenerative Energien umzusteuern, Herr Dr. Güldner,

(Beifall bei der CDU – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Abenteu- erlich!)

weil Sie in Ihrer Regierungszeit nichts dafür getan haben, dass die technischen Voraussetzungen dafür bereitgestellt werden. Was machen wir noch, Herr Dr. Güldner? 60 konkrete Maßnahmen stehen in diesem Papier. Was machen wir noch? Wir stellen über die Kreditanstalt für Wiederaufbau für die Errichtung der ersten zehn deutschen Offshore-Windparks Kredite in Höhe von fünf Milliarden Euro zur Verfügung. Wenn Sie mit den Unternehmen der Offshore-Windenergie reden, wissen Sie, dass die ein riesiges Finanzierungs- und Liquiditätsproblem haben, weil wir über eine Technologie reden, die es eben außer in der Erprobung noch gar nicht gibt.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das Problem ist, dass Sie den Strom nicht loswerden, wenn Sie die Kraftwerke noch 30 Jahre weiter betreiben!)

Nicht zuletzt deswegen müssen einzelne Firmen auch schon nachrüsten. Tun Sie doch nicht so, als ob wir in der Offshore-Windenergie schon den Stein der Weisen gefunden hätten! Wir sind noch in der Erprobung, wir müssen noch nachbessern, und wir müssen noch entwickeln. Auch das haben Sie in Ihrer Regierung nicht gefördert! Diese Regierung nimmt fünf Milliarden Euro in die Hand, um Energiesicherheit aus Offshore-Windenergie zu ermöglichen, um Investitionen in diesem Bereich zu ermöglichen und um die Umsteuerung in der Energieversorgung auch tatsächlich zu gewährleisten. Eine sehr konkrete und aus meiner Sicht und aus Sicht der Kollegen der CDUFraktion hundertprozentig richtige Sicht und Entscheidung in diesem notwendigen Energiekonzept!

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. D e n n h a r d t [SPD])

Sie hätten ja auf Sachargumente eingehen können, Herr Dennhardt, das haben Sie nicht getan!

Die Verwendung aus den Zusatzerlösen aus dem CO2-Zertifikatehandel – es tut mir leid, dass ich Sie mit Fakten quälen muss, es ist viel schöner, Stimmungen zu verbreiten –:

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Sie lenken ab!)

Hiervon werden 2,5 Milliarden Euro ebenfalls ausschließlich in die Entwicklung und Förderung regenerativer Energien investiert. Es ist also nicht so, als ob wir willkürlich nur die Laufzeit von Atomkraftwerken verlängern, sondern wir nutzen diese Zeit, und wir nutzen dieses dadurch erwirtschaftete Geld zu einem ganz überwiegenden Teil dazu, die von uns allen gewünschte Energiewende auch tatsächlich zu ermöglichen.

(Beifall bei der CDU)

Das ist der wesentliche Unterschied, und das bedauere ich übrigens sehr, weil ich Sie sonst als Diskussionspartner in solchen Debatten sehr schätze, ich bedauere sehr, dass Sie der Versuchung erliegen, mit billigem Populismus eine notwendige Justierung und die realistische Gestaltung des Ausstiegs zu verhindern. Das ist in der Tat unverantwortliche Politik.

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Schaefer.

Herr Präsident, meine Damen undHerren! Herr Röwekamp, es gibt ja ein realistisches Ausstiegsszenario, und das habe ich heute auch schon zweimal gesagt.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Nein, gibt es nicht!)

Doch, gibt es! Sie negieren alles, was das Umweltbundesamt vorlegt. Kein Mensch hat gesagt, dass wir bis zum Jahr 2020 zu 100 Prozent aus den erneuerbaren Energien speisen wollen. Wir wollen Gaskraftwerke,

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Neue Kohle- kraftwerke!)

wir wollen genauso Kraft-Wärme-Kopplung, natürlich den Mix aus erneuerbaren Energien. Zu suggerieren, wir können nicht auf die Laufzeitverlängerung verzichten, weil wir bis zum Jahr 2020 nicht den Energiebedarf zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien speisen können, ist absurd, und dagegen wehre ich mich!

Ich frage Sie jetzt einfach einmal: Warum wird die Brennelementesteuer eigentlich nur für sechs Jahre erhoben, warum denn nicht für die gesamte Laufzeit, warum denn dann nicht noch für 24 Jahre? Wenn Sie sagen, wir werden fünf Milliarden Euro für die Windenergie einsetzen, erinnere ich noch einmal an Folgendes, gestern war es auch in den Nachrichten: Für die Bayern LB hat der Bund mit einem Handschlag einmal eben zehn Milliarden Euro lockergemacht. Da frage ich mich auch wieder: Was sind dann die fünf Milliarden Euro, gerade bei dem riesigen Gewinn, den die Atomkraftwerke durch diese Laufzeitverlängerung machen sollen? Das ist ein Witz.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wenn Sie sagen, da wird jetzt in die erneuerbaren Energien investiert, frage ich mich, warum es zum einen gerade vor kurzem zu einer Reduzierung der Solarförderung gekommen ist.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Weil die mit Staatsknete Gewinne gemacht haben!)

Dann frage ich mich, warum in diesem Energiekonzept, von dem Sie gerade Hohelieder singen, gerade im Bereich der Gebäudesanierung auf Druck von Hauseigentümern mit dem Bauministerium und der FDP die Vorgaben komplett gestrichen wurden, nämlich dass die Gebäude bis zum Jahr 2050 klimaneutral werden sollen. Auch da wurden also Abstriche gemacht. Sie verkaufen es hier als eine Revolution, aber im Prinzip sind sehr viele Abschwächungen dabei, wenn man sich das im Detail ansieht.

Wir reden aber eigentlich heute noch einmal über die Frage Atomkraftwerke, Laufzeitverlängerung. Was ist mit Esenshamm? Ich bleibe dabei: Wir nehmen die Ängste der Menschen ernst! Das ist kein billiger Populismus, wie Sie sagen, sondern das sind reale Ängste, denen man sich stellen muss, und die dürfen nicht für vier Konzerne verkauft werden, die auf Dauer und für die nächsten Jahrzehnte auch im

Bereich der erneuerbaren Energien damit ihre Monopolstellung ausbauen und den freien Wettbewerb in der Energiebranche damit auch ein Stück weit unterbinden. – Herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Dr. Loske.

Herr Präsident, verehrte Abgeordnete! Ich möchte zunächst auf einige Argumente eingehen, die Herr Röwekamp hier eingeführt hat. Herr Röwekamp, es ist richtig, es hat in den Siebziger- und Achtzigerjahren jede Menge Energiekonzepte gegeben, auch im Jahr 1991 hat es noch eines gegeben. Das Wesen und der Charakter dieser Energiekonzepte war, dass sie alle grandios danebengelegen haben, weil sie alle angenommen haben, der Energieverbrauch würde gewaltig ansteigen, in Wahrheit ist er aber konstant geblieben. Das heißt, die bloße Tatsache, ein Konzept zu haben, sagt noch nichts darüber aus, was tatsächlich geschieht.

Jetzt kommen wir zu dem Energiekonzept, das Sie angeblich monieren während der Zeit von Rot-Grün zwischen 1998 und 2000. Ich rekapituliere einmal: Wir haben das Erneuerbare-Energien-Gesetz eingeführt, das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz, das Ökosteuergesetz, das Emissionshandelsgesetz, wir haben den Atomkonsens abgeschlossen. Gegen all diese Gesetze, die natürlich Teil einer Gesamtstrategie waren, die auch sehr gut erklärt war, haben Sie im Deutschen Bundestag gestimmt. Insofern klingt manche Kritik aus Ihrem Munde wirklich sehr seltsam, muss ich sagen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Vor allen Dingen, dass Sie sich heute so positiv auf die erneuerbaren Energien beziehen! Wissen Sie, als wir, damals Rot-Grün, 1998 an die Regierung kamen, lag der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung bei vier Prozent. Heute, im Jahr 2010, liegt er bei 18 Prozent. Das ist eine gute Vervierfachung. Im Jahr 2020 soll er, wenn es nach der normalen Entwicklung geht, irgendwo zwischen 35 und 40 Prozent liegen. Das heißt also, dieses Gesetz, das nicht nur von der Technologie her einen wahnsinnigen Schub gegeben hat, sondern mittlerweile auch in 50 Länder exportiert worden ist, ist von Ihnen aufs Schärfste bekämpft worden. Wenn Sie heute den grandiosen Fortschritt der erneuerbaren Energien feiern, sollten Sie wenigsten noch einmal kurz den Blick zurück richten. Das würde ich Ihnen doch gern anraten.