Vor allen Dingen, dass Sie sich heute so positiv auf die erneuerbaren Energien beziehen! Wissen Sie, als wir, damals Rot-Grün, 1998 an die Regierung kamen, lag der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung bei vier Prozent. Heute, im Jahr 2010, liegt er bei 18 Prozent. Das ist eine gute Vervierfachung. Im Jahr 2020 soll er, wenn es nach der normalen Entwicklung geht, irgendwo zwischen 35 und 40 Prozent liegen. Das heißt also, dieses Gesetz, das nicht nur von der Technologie her einen wahnsinnigen Schub gegeben hat, sondern mittlerweile auch in 50 Länder exportiert worden ist, ist von Ihnen aufs Schärfste bekämpft worden. Wenn Sie heute den grandiosen Fortschritt der erneuerbaren Energien feiern, sollten Sie wenigsten noch einmal kurz den Blick zurück richten. Das würde ich Ihnen doch gern anraten.
Wir wollen aber nicht über den Schnee von gestern reden, wir wollen über das Energiekonzept der Bundesregierung reden. Das Energiekonzept der Bundesregierung ist nicht so, dass nur Falsches darin steht. Das ist vollkommen richtig. Man muss die Bundesregierung doch aber an dem messen, was sie sich vornimmt und was sie tatsächlich tut. Ich will einige Beispiele nennen.
Zum Thema Altbausanierung! Wir wissen – wir haben gestern darüber diskutiert –, da spielt die Musik. Die Bundesregierung hat sich vorgenommen, die Sanierungsrate von jährlich einem Prozent auf zwei Prozent zu erhöhen.
Das ist also eine „gewaltige“ Verdopplung. Was macht sie in der Realität? Sie kürzt das Altbausanierungsprogramm von zwei Milliarden Euro auf 450 Millionen Euro. Sie macht also das Gegenteil von dem, was sie sagt. Das ist nicht glaubwürdig!
(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Es sind 500 Millionen Euro zusätzlich vor- gesehen!)
Beim Thema Energieeffizienz sagt sie, sie möchte gern die jetzige jährliche Steigerung der Energieeffizienz von unter einem Prozent verdoppeln auf über zwei Prozent. Was macht sie tatsächlich? Die Umsetzung der Europäischen Energieeffizienzrichtlinie verschiebt sie jahrelang, lässt sie liegen, und wenn sie sie umsetzt, was jetzt in einer der nächsten Wochen geschieht, ist es eine minimalistische Eins-zu-eins-Umsetzung, die keinerlei Ehrgeiz hat. Auch das ist nicht glaubwürdig!
Oder das Thema sparsamere Autos! Im Verkehr, wird gesagt, müssen wir vor allen Dingen im Bereich der Fahrzeuge Emissionen einsparen, indem wir reduzierte CO2-Werte brauchen. Was hat die Bundesregierung gemacht, als die EU-Kommission wirklich scharfe CO2-Grenzwerte festlegen wollte? Da hat die Bundesregierung mit voller Wucht gegen diese Verschärfung agiert und hat es auch geschafft, das Gesetz zu beseitigen. Ich finde, bei Ihnen klaffen Worte und Taten doch sehr deutlich auseinander.
Jetzt zum Thema Sicherheit! Wissen Sie noch, was Sie vorgelesen haben, Herr Röwekamp? Das war auch nicht ganz unheikel. Jetzt haben wir folgende Situ
ation: Die Bundesregierung sagt, die Konzerne, die ungefähr 100 Milliarden Euro mehr einnehmen – doch, die Zahl ist belastbar –, sollen davon 15 Milliarden Euro für erneuerbare Energien abgeben. Allerdings heißt es, Investitionen, die in Nachrüstung gehen, also zur Erhöhung der Sicherheitsstandards, können von diesen 15 Milliarden Euro abgezogen werden. Das heißt nichts anderes als eine finanzielle Deckelung von Sicherheit, und das ist ganz schlecht!
Jetzt ganz kurz zu den Argumenten von Herrn Dr. Buhlert! Gorleben ist politisch festgelegt worden. Es ist nicht so gewesen, dass man danach gefragt hat, welche geologischen Formationen eigentlich prinzipiell geeignet sind, um unter Inkaufnahme von Risiken Atommüll endzulagern – das sind Ton, Salz und Granit –, sondern man hat gesagt, Gorleben liegt im Zonenrandgebiet, also lass uns das einmal dort machen. Das war damals die politische Festlegung. Man kann das wirklich sehr genau nachlesen, wir haben jetzt einen Untersuchungsausschuss im Deutschen Bundestag, der wird dort noch einiges ans Licht fördern, was die Politik insgesamt in einem unguten Licht erscheinen lässt.
Wenn man sich anschaut, was mit dem Forschungsendlager Asse passiert ist, kann man doch mehr als verstehen, dass hier Zweifel angebracht sind bei dem unabhängigen neutralen Vorgehen in Sachen Findung eines Endlagers. Deshalb plädieren wir dafür, eine ergebnisoffene Endlagersuche durchzuführen. Das wäre richtig und nicht jetzt einfach so zu sagen, in Gorleben wieder anfangen zu bohren, gleichzeitig Sicherheitsstandards abzusenken und sich dann wundern, dass die Bevölkerung dagegen ist. Das ist wirklich keine besonders intelligente Politik!
Jetzt zu der Frage, warum wir eigentlich betroffen sind hier, in Bremen oder im Nordwesten! Das möchte ich begründen. Ich möchte meine Ausführungen in zwei Teile teilen, zum Ersten das Formale und zum Zweiten das Energiepolitische, weil Herr Röwekamp zu Recht darauf hinweist, dass wir die energiepolitische Debatte nicht auf Atomkraft reduzieren sollten. Zu den formalen Dingen! Wir haben – das hat Frau Dr. Schaefer schon gesagt –, wenn wir hier bei uns in Bremen den Zirkel einstechen und den Radius auf 150 Kilometer stellen, sechs Atomkraftwerke vor unserer Tür. Das sind Lingen, Grohnde, Unterweser, Brokdorf, Krümmel und Stade. Das Atomkraftwerk Unterweser sollte eigentlich, wenn es nach dem Atomkonsens geht, im Jahr 2012 abgeschaltet werden. (Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Stade ist aber abgeschaltet!)
Wenn es jetzt, wie geplant, bis über 2020 hinaus laufen soll, dann geht uns das in ganz besonderer Weise an, weil es unsere Sicherheit berührt, denn es ist bekannt, dass dieses Atomkraftwerk eben nicht den hohen Anforderungen genügt, die neuere Anlagen haben. Das ist der erste Punkt.
Der zweite Punkt ist: Wir sind in besonderer Weise betroffen durch die Transporte, das ist vollkommen klar. Diese werden auch über unser Territorium gehen. Mehr Müll heißt mehr Transporte, heißt mehr Betroffenheit. Das Dritte und Letzte, auch das wurde schon angesprochen: Es gibt hier eine Haftungsregelung, die vorsieht, dass die Energieversorgungsunternehmen maximal bis zu einer Höhe von 2,5 Milliarden Euro haften, wenn es denn zu einem Unfall kommt, und wenn es wirklich – was Gott verhüten möge – zu einem Unfall käme, würden die Schäden für den Ballungsraum weit über 2,5 Milliarden Euro hinausgehen. Das heißt, wir haben jenseits dieser Grenze eine faktische Staatshaftung. Das betrifft alle staatlichen Ebenen, sowohl die Bundesebene als auch die Landesebene, insofern sind wir auch hier betroffen. Daraus leiten wir mit vielen anderen Landesregierungen zusammen eine Zustimmungspflicht des Bundesrates ab, und wir finden es unerträglich, dass die Bundesregierung vorhat, hier den Bundesrat zu umgehen.
Die einhellige Meinung fast aller Verfassungsrechtler, Prof. Dr. Papier, Prof. Dr. Wegan und anderer, ist, dass dieses Gesetz zustimmungspflichtig ist. Selbst diejenigen, die sagen, es könnte möglich sein, den Bundesrat bei einer moderaten Laufzeitverlängerung zu umgehen, machen die Einschränkung, dass das mit verfassungsrechtlichen Risiken behaftet ist.
Was sind moderate Laufzeitverlängerungen? Wir haben heute Laufzeiten von 32 Jahren. Wenn die Laufzeiten jetzt um 14 Jahre verlängert werden, dann sind das Laufzeitverlängerungen um mehr als 40 Prozent. Meine Damen und Herren, sind 40 Prozent moderat? Ich glaube, die Frage brauche ich nicht wirklich zu stellen, das ist eine fundamentale Veränderung der Laufzeiten und keine moderate!
Auch deshalb sage ich, wir werden jetzt im Bundesrat alles versuchen, die Bundesregierung noch zur Einsicht zu bewegen, und wenn ich sage wir, sind das sehr viele Länder. Wir, Bremen zusammen mit Rheinland-Pfalz, haben schon vor einigen Monaten einen Antrag im Rechtsausschuss eingebracht, in dem wir die Zustimmungspflicht feststellen. Dieser Antrag hat seinerzeit eine Mehrheit bekommen. Wir hoffen, dass die Bundesregierung es noch einsieht, dass hier, wie auch Bundestagspräsident Lammert meint, eine Zustimmungsnotwendigkeit des Bundesrates gegeben ist. Wenn das nicht der Fall ist, dann kann ich hier für den Senat erklären, dass wir definitiv vor das
Ich möchte die Bundesregierung auch noch einmal daran erinnern, dass die Partnerinnen und Partner in dieser Angelegenheit für die Bundesregierung der Bundestag und der Bundesrat sind und nicht RWE und E.on!
Jetzt abschließend zur Energiepolitik! Ich stimme ausdrücklich zu, dass wir die Energiepolitik nicht darauf reduzieren sollten, wie lange die Atomkraftwerke laufen, wenngleich es eine wichtige Frage ist. Es gibt aber – das ist mein erstes Argument – kein produktives Verhältnis zu den erneuerbaren Energien, sondern es gibt eine Konkurrenz zu den erneuerbaren Energien, wenn die Atomkraftwerke länger laufen.
Es führt zu einer Reduzierung der Ausbaugeschwindigkeit bei den erneuerbaren Energien, das hat die Bundesregierung übrigens sich selbst attestiert. Sie hat ursprünglich nach Brüssel gemeldet, bis zum Jahr 2020 soll der Anteil erneuerbarer Energien bei 38,5 Prozent liegen, im Energiekonzept ist von 35 Prozent die Rede. Nun könnte man das noch als Makroschwund abtun und sagen, okay, das war eine Schätzgröße. Die viel größere Sorge, die aber viele haben, ist die, wenn denn die Netze dereinst mit Atomstrom geflutet sind und gleichzeitig die erneuerbaren Energien immer höher fahren in ihrem Anteil, fast 40 Prozent, dann wird es einen politischen Druck geben auf die Vorrangeinspeiseregelung, und so wie ich diese Regierung einschätze, würde sie diesem Druck auf die Vorrangeinspeisung auch tatsächlich nachgeben.
Das ist das eigentliche Problem, das die ErneuerbareEnergien-Branche auch, finde ich, sehr gut und klar artikuliert hat: Sie reagieren relativ unaufgeregt, das finde ich auch gut, aber sie sagen auch ganz klar, es wird zu einer Verlangsamung führen, und es wird dazu führen, dass der politische Druck auf den Einspeisevorrang zunehmen wird.
Der zweite Punkt, den ich noch einmal nennen möchte, ist folgender: Es gibt nicht nur Konkurrenz zu den erneuerbaren Energien, sondern es gibt ganz allgemein eine Konkurrenz zu dezentralen Energie
erzeugungsstrukturen, Kraft-Wärme-Kopplung und Blockheizkraftwerke, und nach Lage der Dinge sind das überwiegend Dezentralakteure, die Stadtwerke, die solche Anlagen betreiben. Man muss ganz klar sagen, das haben wir der VKU, also dem Dachverband der Stadtwerke, auch gesagt, es zerstört ihre Investitionssicherheit und entwertet ihre Investitionen, wenn sie sich darauf verlassen haben, dass das Gesetz gilt und das Ganze jetzt wieder verändert wird. Es ist ein Schlag gegen die Stadtwerke, den wir so nicht akzeptieren können.
Last, not least möchte ich sagen, es ist auch eine wettbewerbsfeindliche Entscheidung; wir haben heute schon das Problem, dass die großen vier Unternehmen 80 Prozent der Stromerzeugung kontrollieren und 100 Prozent der Hochspannungsnetze im Griff haben. Es geht eher darum, neue Akteure zu unterstützen, die Stadtwerke, neue Akteure am Markt, dezentrale Strukturen zu fördern. Was Sie mit diesem Gesetz machen, ist Folgendes: Sie zementieren die monopolistischen Versorgungsstrukturen. Das ist energiepolitisch nicht gut!
Ich komme zum Schluss! Aus Sicht des Senats ist das, was die Bundesregierung vorhat, schlecht für die Sicherheit, den Klimaschutz, die erneuerbaren Energien, den Wettbewerb und – das ist für uns ganz wichtig – nicht zuletzt schlecht für den Nordwesten, der sich aufgemacht hat, mit der Offshore-Windenergie eine völlig neue Energieerzeugungsstruktur aufzubauen. Wir werden alles tun, dass dieses Gesetz nicht so kommt, wie es sich die Bundesregierung vorgenommen hat. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Probleme, die sich hier darstellen, sind doch die, dass Sie nicht wahrhaben wollen, dass diese Bundesregierung eben auch auf regenerative Energien setzt, dass sie Solarenergieförderung betreibt, aber beispielsweise auch zusätzliche Gewinne dort abschöpft. Das ist doch eine Umverteilung von unten nach oben, wenn Sie es einmal genau anschauen. Wem gehören denn die Solarkraftanlagen? Wer bezahlt den Strom? Jeder bezahlt den Strom, und nur wenige haben diese Anlagen und schöpfen das Geld entsprechend ab. Auch
Diese Bundesregierung setzt auf Effizienzsteigerung, und sie setzt auf die Halbierung des Verbrauchs. In der Tat war das 1991 falsch kalkuliert worden,aber das ist das Wesen eines Plans, dass man ihn nachjustiert, besser macht und dann schaut, was der bessere Weg ist, nämlich die Halbierung des Verbrauchs. Das passiert aber nicht so schnell, und auch 80 Prozent regenerativer Anteil gehen nur, wenn wir den Verbrauch entsprechend reduzieren, übrigens, weil der Kapazitätsausbau eben nicht so auf den heutigen Verbrauch hin ginge.
Man muss aber auch sehen, dass dies zwar Auswirkungen hat, wenn wir aber die Windkraftbranche anschauen, sehen wir, sie hat momentan Finanzierungsprobleme, sie ist in einer Umstrukturierungsphase, in der der Mittelstand von großen Unternehmen aufgekauft wird und in der sie momentan Finanzierungsprobleme und Kapazitätsprobleme hat. All das muss man sehen!
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Aber wenn Sie das Netz verstop- fen, dann kann sie auch nicht wachsen! Das ist das Problem!)
Ich will nicht immer nur das Gas von lupenreinen Demokraten kaufen. Ich will auch sichere Energie hier produziert haben und eine Sicherheit!
Da gibt es keine finanzielle Deckelung, da soll es keine Abstriche geben! Also, was ist das Ergebnis? Das Ergebnis ist, dass man Übergangsenergien noch eine Zeit lang brauchen wird, dass die Ziele Verbrauchshalbierung, Verbrauchsminimierung und eine Steigerung der Effizienz und eine Steigerung des Anteils regenerativer Energien von uns geteilt werden und dass es dabei Probleme gibt. Die Leitungsprobleme habe ich angesprochen. Wissen Sie, wie lange es dauert, eine neue Überlandleitung zu bauen? Das geht doch eher in die Jahrzehnte und nicht in die Jahre. Das müssen Sie dabei doch auch in Betracht ziehen, und wenn Sie sagen, die Netze werden verstopft, dann ist das doch eine Sache des Ausbaus der Netze!
Wenn wir über Monopolstrukturen reden, ist es genau der Punkt; dass wir monopolistische Netze haben, ist ein von mir immer wieder an dieser Stelle kritisierter Punkt, dass dort etwas getan werden muss. Dann müssen Sie aber konstatieren, dass die Kernkraftwerke diejenigen sind, die am schnellsten von