Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben Ihnen heute den Antrag vorgelegt, leider ist es ein Dringlichkeitsantrag geworden, das hing aber damit zusammen, dass die Koalition sich nicht entscheiden konnte, ob sie dem beitreten wollte oder nicht, „Datenschutz bei der Erhebung von Geodaten sicherstellen!“
Der Hintergrund ist Folgender: Es wurde ja auch in den Presseberichterstattungen dargestellt, dass Google in dem Verfahren Google Street View mit dem Kamerawagen durch viele Städte der Welt, auch in Deutschland und somit auch in Bremen, gefahren ist und die Häuser und Straßen fotografiert hat, um sie dann im 3D-Format auf ihrer Plattform darzustellen. Bei diesen Kamerafahrten sind auch gleichzeitig Informationen von Funknetzen, von WLAN-Netzen erfasst worden und auf die Festplatten der jeweiligen aufnehmenden Fahrzeuge gebracht worden. Unter anderem sind dabei nicht nur die Namen und die eindeutigen Kennungen – es sind Kennungen, die weltweit benutzbar sind – der WLAN-Netzwerke gespeichert worden, sondern auch Daten aus unverschlüsselten Funknetzwerken. Nun muss dazu gesagt werden, dass es das heutzutage weniger gibt. Die meisten neueren WLAN-Netzwerke sind automatisch bereits vom Hersteller verschlüsselt, aber es gibt nach wie vor noch ein paar, und dort sind dann Fragmente.
Diese Daten sind nach Angaben von Google aus Versehen gespeichert und gesammelt worden. Trotzdem ist es nach wie vor auch nach der jetzigen Regelung schon rechtswidrig, dass man persönliche Daten speichert und aufzeichnet. Mittlerweile hat Google diese Kamerafahrten eingestellt, und man weiß jetzt auch noch nicht, inwieweit das kommt. Trotzdem, glaube ich, dass es wichtig ist. Manchmal nerven uns Datenschützer ja so ein bisschen bei der Arbeit, das gebe ich gern auch einmal zu. In diesem Fall muss ich aber wirklich sagen, war es gut einmal nachzufragen. Denn nur durch die Nachfrage der Datenschützer ist eigentlich herausgekommen, was Google dort noch alles an Daten gesammelt hat und was sie eigentlich damit wollen.
Unseren Antrag möchte ich einmal in zwei Bereiche einteilen: Einerseits haben wir in der Öffentlichkeit und in der Bevölkerung nach wie vor wirklich
ein zu schwaches Bewusstsein für die Gefahren solcher Dinge. Ich will das nicht verteufeln. In Gottes Namen! Es besteht aber die Gefahr, dass diese ganzen Aufzeichnungen, diese Daten, die gesammelt werden, in vernünftigen oder neuen Datenbänken verarbeitet werden, irgendwann einmal gegen uns verwendet werden können. Deswegen ist es auch wichtig, aufmerksam darauf einzugehen und ein Bewusstsein zu schaffen. Andererseits ist es wohl notwendig, und darauf bezieht sich dann auch die Bundesratsinitiative der beiden Bundesländer Hamburg und Saarland, das Bundesdatenschutzgesetz dahingehend zu erweitern. Der Gesetzentwurf sieht im Einzelnen vor, die Paragrafen 28 und 29 um eine Konkretisierung des Begriffs der allgemeinen Zugänglichkeit von Daten für den Fall der digitalen Abbildung von Straßenpanoramen zu ergänzen. Zugleich werden den verantwortlichen Stellen die Verpflichtung zur Anonymisierung von Gesichtern und Fahrzeugkennzeichen auferlegt, sodass, wenn das Kamerafahrzeug dort gerade durchgefahren ist, Gesichter oder Autokennzeichen gepixelt werden. Das in Paragraf 28 neu aufgenommene Widerspruchsrecht ermöglicht dann Hauseigentümern und Mietern, der Abbildung ihrer Gebäude im Internet uneingeschränkt zu widersprechen. Gleichermaßen können natürlich auch aufgenommene Personen eine vollständige Unkenntlichkeit ihres Abbilds verlangen. Ich glaube, das ist ein Schritt, es ist auch nicht zu viel, deshalb begrüßen wir es. Jetzt wird vielleicht von dem einen oder anderen das Argument kommen, das ist doch bereits gelaufen. Ja, diese Bundesratsinitiative war bereits im Bundesrat, ich glaube, Ende April, sie ist dann in den Fachausschuss überwiesen worden, und jetzt wird sie irgendwann im August noch einmal auf die Tagesordnung im Bundesrat kommen. Ich würde mich freuen, wenn auch die Koalition unseren Antrag unterstützen würde, dass wir den Senat auffordern, diese Bundesratsinitiative der Freien und Hansestadt Hamburg und des Saarlandes zu unterstützen und gleichzeitig auch weiterhin darauf hinzuwirken, dass die Regelungen im Bundesdatenschutzgesetz noch einmal konkretisiert werden. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Hintergrund unseres heutigen gemeinsamen Antrags mit der CDU: Der große Bruder Google will wieder zuschlagen! Bevor das geschieht, müssen wir uns sehr zügig über Grenzen des ungezügelten Einstellens von Geodaten in das Internet Gedanken machen.
Dem großen Bruder und seinen Verwandten müssen wir Fesseln anlegen, um uns in unseren Persönlichkeitsrechten zu schützen, anders wird es leider nicht gehen. Zugegeben, es ist schon eine sehr bequeme Sache, wenn man im Internet unter „Stadtplan Bremen“ eine Straße und eine Hausnummer eingibt, und schon steht auf dem Bildschirm nicht nur der alte Stadtplan zur Verfügung, sondern eine schöne Luftbildaufnahme, die man auch gut heranzoomen kann. Klare Bilder von Haus und Hof, man sieht relativ viel, und dazu findet man dann häufig auch noch die Namen der Personen, die in diesen Häusern wohnen. Da fängt es dann natürlich schon an, dass man sich die Frage stellen muss, ob das nicht schon die Grenzen überschreitet.
Ich nutze diese Stadtplanfunktion von Google bei der Erstellung von Gutachten, um mir schon, bereits bevor ich ein Haus anschaue, ein Bild davon zu verschaffen, wie eigentlich dessen Lage aussieht, wie das Objekt zu beurteilen ist. Frage ich dann die Bewohner, ob die überhaupt wissen, was sie alles im Internet sehen können und dass sogar ihr Name auf dem Bildschirm aufleuchtet, dann bekommt man meistens ein starkes Kopfschütteln zu sehen: Oh, das ist ja spannend, das müssen wir gleich einmal ausprobieren. Ja, wenn es denn so ist, dass man das gern möchte, dass seine persönlichen Daten im Internet stehen, ist es ja in Ordnung. Aber nicht alle wollen es, und das ist, glaube ich, das Problem.
Nun soll voraussichtlich im Herbst auch bei uns das schon lang in der Kritik stehende Portal Google Street View als Ergänzung zu Google maps an den Start gehen, dann können wir Internetnutzer weltweit von der Vogel- auf die Froschperspektive umschalten. Ganze Häuserzeilen können dann im Zusammenhang abgefahren und angeschaut werden. Auf den ersten Blick sicherlich eine faszinierende Vorstellung und eigentlich gar nichts Schlimmes, wenn ich mir zukünftig bei Regen auf dem Bildschirm bequem zu Hause das anschaue, was ich mir möglicherweise bei einem Spaziergang im Sonnenschein auch gern in der freien Natur angesehen hätte. Doch so einfach ist es nicht! Durch unsere Bremer Straßen sind bereits Kamerawagen gefahren, mit denen die erforderlichen Bilder in einer Höhe von drei Metern aufgenommen wurden. Erfasst wurden und werden eben nicht nur die Fassadenansichten, sondern auch Autos, Personen und persönliche Rückzugsgebiete hinter dem Gartenzaun oder der Gartenmauer.
Nicht ganz die Froschperspektive also, sondern eher Frosch auf hohen Stelzen! Dass neben den Fotos gleich noch weitere Daten gespeichert werden, haben wir in den letzten Wochen aus den Medien erfahren können. Reicht es da aus, dass Google zu
nächst als Selbstverpflichtung die Autokennzeichen und die Gesichter der Personen vor der Veröffentlichung verpixeln will? Ich meine nein, hier müssen schon engere Fesseln angelegt werden.
Im Ausland, wo das Portal bereits in das Netz gestellt ist, hat dies jedenfalls nicht immer geklappt. So verlangte ein Finne Schadensersatz von Google, da er im entscheidenden Moment ohne Hosen in seinem Garten abgelichtet und dann im Internet der Lächerlichkeit preisgegeben wurde. Wenn digitale Gebäudeund Grundstücksansichten eindeutig lokalisiert und damit Bewohnern zugeordnet werden können, dann liegen personenbezogene Daten vor. Nach einem von der Landesregierung in Rheinland-Pfalz in Auftrag gegebenen Gutachten verstoßen die Fotoaufnahmen zumindest zum Teil gegen das Bundesdatenschutzgesetz. Zu meinen, dem Ganzen wäre in der Form zu begegnen, indem generell jeder die Fotos vor ihrer Einstellung in das weltweite Netz freigeben muss, ist sicherlich sehr naiv. Das geht auch an der Wirklichkeit vorbei, ist also wirklichkeitsfremd. Genau da setzt aber die von den Ländern Hamburg und Saarland getragene Bundesratsdrucksache 259/10 vom 28. April an. Sie hat das Ziel, die zweifelsohne bestehenden Regelungslücken zu schließen. So ist vorgesehen, dass die verarbeitende Stelle verpflichtet wird, einen Monat vor der beabsichtigten Datenerhebung die nach Bundesdatenschutz zuständige Aufsichtsbehörde über das Vorhaben zu unterrichten und die Öffentlichkeit über Ort und Zeit sowie das bestehende Widerspruchsrecht nach Paragraf 28, auf das soeben mein Vorredner Herr Strohmann auch schon eingegangen ist, zu informieren. In Paragraf 28 Absatz 4 werden die Widerspruchsrechte geregelt, sowohl für Mieter als auch für Eigentümer und für jede Person, die nicht möchte, dass das Bild – auch gepixelt – im Internet erscheint. Ob diese ergänzenden Regelungen letztendlich ausreichen, um den notwendigen Datenschutz bei der Erhebung von Geodaten wirklich sicherzustellen, bleibt abzuwarten. Die Hände in den Schoß zu legen, reicht auf jeden Fall nicht aus. Der gläserne Mensch ist leider in vielen Lebensbereichen bereits Realität. Wer denkt etwa an den Datenschatten, den er hinterlässt, wenn er einmal seine Kreditkarte nutzt oder sich an Gewinnspielen beteiligt? Über jede gesetzliche Regelung hinaus ist jeder von uns gut beraten, sein persönliches Verhalten in Bezug auf die Weitergabe persönlicher Daten immer wieder selbst zu reflektieren. Google Street View ist hier nur ein kleiner von vielen Bausteinen, der aus meiner Sicht unsere Persönlichkeitsrechte weiter einschränkt. In diesem Sinn würde ich mich freuen, heute eine große und breite Zustimmung zu unserem gemeinsamen Antrag hier zu erfahren. – Danke!
Herr Präsident, meine verehrten Damen und Herren! Die elektronische Datenverarbeitung und der Umfang der personenbezogenen Daten haben sich radikal gewandelt, gerade in den vergangenen Jahren. Durch die Nutzung der modernen Informations- und Kommunikationstechnologien werden in einem erheblichen Umfang personenbezogene Daten erhoben und entsprechend, wie auch von meinen Vorrednern erwähnt, nahezu unbegrenzt gespeichert. Sie können weltweit übermittelt und abgerufen werden. Datenschutz ist wichtiger denn je und ein hoch aktuelles Thema. Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder am 18. März 2010 hat deshalb entsprechende Eckpunkte für ein modernes Datenschutzrecht des 21. Jahrhunderts verabschiedet. Die Novellierung der Datenschutzgesetze ist ein sehr dringliches Anliegen, dabei arbeiten die Bundesländer in dem aktuellen Gesetzgebungsvorhaben, bei der Regelung der Erhebung von Geodaten eng zusammen. Die Behandlung des von der Freien und Hansestadt Hamburg eingebrachten und vom Saarland auch entsprechend unterstützten Gesetzentwurfs ist in der letzten Sitzung des Innenausschusses des Bundesrates – am 20. Mai war das, Herr Strohmann – zunächst vertagt worden, da beabsichtigt ist, einen zwischen den Bundesländern abgestimmten Entwurf gemeinsam einzubringen. Hierfür hat Rheinland-Pfalz einen ergänzenden Gesetzentwurf erarbeitet, der derzeit zwischen den Datenschutzreferenten der Bundesländer abgestimmt wird. Einer Verlautbarung zufolge ist das Ziel, den Entwurf aus Hamburg und Rheinland-Pfalz in irgendeiner Form zusammenzufassen und gemeinsam zu behandeln. Nicht nur Google Street View, sondern auch weitere Anbieter, die sich im Gegensatz zu Google bisher keiner Selbstverpflichtungsvereinbarung mit den zuständigen Landesbeauftragten für Datenschutz unterworfen haben, erheben sogenannte Georeferenzdaten oder georeferenzierte Daten, beispielsweise wenn Häuser- und Straßenansichten entsprechend fotografiert und bereitgestellt werden. Diese stellen sie auch für jedermann sichtbar ins Internet. Eine klare gesetzliche Regelung ist aus grüner Sicht deshalb natürlich dringend erforderlich. Erst gestern fand ein Treffen der Datenschutzreferenten in Mainz statt, um sich auf einen gemeinsamen Entwurf zu einigen. Es liegt auf der Hand, wenn sie in Mainz tagen, dass die Ergebnisse vermutlich erst morgen, übermorgen oder vielleicht kommende Woche zu uns gelangen. Bisher liegen keine Ergebnisse vor. Wenn sich die Beteiligten einig geworden sind und entsprechend Ergebnisse vorliegen, dann kann ich mir durchaus vorstellen, dass wir dort auf der einen Seite erst einmal abwarten müssen, was denn dort unter den Landesreferenten jetzt verabredet wurde. Wenn solch ein Text entsprechend abge
stimmt vorliegt, dann kann ich mir durchaus vorstellen, dass Bremen ihn im Bundesrat auch unterstützen kann.
Ihren Antrag werden wir daher aus formalen Gründen ablehnen, Herr Strohmann und Herr Richter, da es aus den genannten Gründen hinterher keines weiteren Antrags mehr bedarf. Wenn die Länder sich entsprechend auf einen Text geeinigt haben, dieser Text so oder so rein formal automatisch wieder in den Bundesrat kommt, auf der Tagesordnung ist und aufgerufen wird, wird er ja auch entsprechend abgestimmt. Sie haben in der Sache natürlich nicht Unrecht, aber rein formal ist der Antrag überflüssig. Daher lehnen wir ihn an dieser Stelle ab.
Wir müssen abwarten, worauf sich die Landesreferenten für Datenschutz einigen, und am Freitag werden wir auch im Medienausschuss dieses Thema noch einmal ausführlich behandeln. Vielleicht liegen dann ja – ich schaue einmal hinüber zu der Datenschutzbeauftragten – erste Ergebnisse vor, sodass man auf dieser Basis noch einmal abstimmen kann, wie der Bremer Senat sich im Bundesrat verhalten kann und verhalten soll. Es ist wichtig, dass es nicht angehen kann, dass Google Street View, wie auch von meinen Vorrednern erwähnt, die ganzen Daten so ins Internet stellt. Es kann auch nicht sein, dass Google Street View, wenn man sie dann ermahnt, weil sie einmal wieder etwas falsch gemacht haben, sich so heftig beschwert, sowohl den Abgeordneten als auch insbesondere der jeweiligen Landesregierung gegenüber, und Drohgebärden von sich gibt. Das darf man sich an dieser Stelle nicht gefallen lassen. Insofern, denke ich, sind wir hier erst einmal auf dem richtigen Weg. – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Kollege Öztürk hat eben schon das Ergebnis vorweggenommen: Wir als SPD werden den Antrag auch ablehnen, Kollege Strohmann! Ich möchte drei Gründe dafür ausführen. Davor aber eine Vorbemerkung: Ich finde es gut, Kollege Strohmann, dass das Thema Datenschutz so intensiv diskutiert wird. Ich finde es gut, dass das Thema Datenschutz auch bei Google thematisiert wird, sodass wir das hier in das Parlament tragen und ausführlich darüber reden. Das kann nur nützlich sein.
Erstens: Warum lehnen wir den Antrag ab? Einen Ablehnungsgrund haben Sie gerade selbst genannt. Das Thema wird schon jetzt im Bundesrat behandelt. Am 7. Mai gab es dazu eine Sitzung des Bundesrates und am 22. Juni, wenn die Informationen richtig sind, die ich mir vorhin noch eingeholt habe, gibt es eine Sitzung des Rechtsausschusses, in dem noch ein
mal über das Thema diskutiert wird. Daher sehen wir keinerlei Notwendigkeit, jetzt noch einmal dort mitzumachen.
Zum Zweiten ist das Thema etwas komplexer, als Sie es hier darstellen. Es gibt zum Beispiel eine Stellungnahme des Eigentümerverbandes „Haus und Grund“, dieser möchte so etwas haben, seine „Lex Google“. Es gibt aber auch andere Stellungnahmen, zum Beispiel vom Deutschen Journalistenverband, dieser möchte so etwas nicht haben und warnt ausdrücklich davor: Stichwort Panoramafreiheit! Daher ist das Schiff etwas tiefergehend als das, was Sie jetzt hier aufgeschrieben haben. Das muss näher behandelt werden, das gibt Ihr Antrag nicht her. Aus diesen Gründen können wir Ihrem Antrag nicht zustimmen.
Der dritte Grund ist – Herr Schildt hat es gerade schon hineingerufen –, am Freitag diskutieren wir genau dieses Thema im Medienausschuss. Herr Schildt hat das in der letzten Sitzung noch auf die Tagesordnung gebracht. Daher ist es jetzt nicht sinnvoll, dass wir dem Antrag an dieser Stelle so zustimmen.