Protocol of the Session on February 24, 2010

Die Beteiligung an Bildungsurlauben, wobei ich auch das Wort Bildungsfreistellung nicht so gelungen finde, der Urlaub suggeriert aber vielleicht auch nicht gerade das Richtige, das dort stattfindet, insofern habe ich schon Sympathie dafür, über die Begrifflichkeit nachzudenken, es kommt bloß wesentlich zu spät. Ich verstehe nicht, warum man das erst in der Kürze der Zeit macht.

(Zuruf des Abg. D r. M ö l l e n s t ä d t [FDP])

Wenn man wirklich ernsthaft noch einmal über die Begrifflichkeit nachdenken will, ist das sicherlich auch noch einer weiteren Novelle überlassen.

Die Beteiligung an Bildungsurlauben – das war der Gedanke – hängt letztlich auch von der Qualität der Angebote ab. Wir werden sehen, ob wir die Quote verbessern, wünschenswert ist das allemal, und wir haben uns letztlich da auch eine hohe Hürde selbst gesetzt. Insofern müssen wir das Ganze auch evaluieren und beobachten. Wie wirkt sich das, was wir hier an Veränderungen vornehmen, aus?

Mein letzter Gedanke: Wir haben ja keine Clearingstelle im Gesetz, es ist aber eine Clearingstelle außerhalb des Gesetzes verabredet. Das heißt, in dieser Debatte, die eigentlich schon ein Dauerbrenner ist, was denn nun an Angeboten da ist, die vielleicht nicht so gewünscht sind oder sich qualitativ nicht in dem Rahmen bewegen, den wir uns wünschen, wird sich herausstellen, wie oft diese Clearingstelle eingreifen muss. Daran werden wir dann sehen, und das werden wir auch berichten, ob es wirklich so ist, dass hier die falschen Angebote am Markt sind und die Träger nicht das Richtige anbieten. Manches wird, glaube ich, auch deutlich übertrieben, um manchmal auch zu diskreditieren.

Da haben wir jetzt eine richtige Verabredung getroffen, dass wir dem auch entgegentreten können, wenn wir etwas genauer wissen, was zu beanstanden ist und was Handelskammer, Arbeitnehmerkammer und wir gemeinsam akzeptieren und was nicht akzeptabel ist. Das ist ein guter Weg, da auch noch einmal genau hinzuschauen, wie das Angebot wirklich justiert ist. – Vielen Dank, und ich hoffe, Sie können dem Ganzen zustimmen!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Gemäß Paragraf 51 Absatz 7 unserer Geschäftsordnung lasse ich zuerst über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP, Drucksache 17/1185, abstimmen.

Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der FDP mit der Drucksachen-Nummer 17/1185 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür FDP, Abg. T i m k e [BIW] und Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE)

Stimmenthaltungen?

(CDU)

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Änderungsantrag ab.

Jetzt lasse ich über das Gesetz zur Änderung des Bremischen Bildungsurlaubsgesetzes, Drucksache 17/ 1158, in erster Lesung abstimmen.

Wer das Gesetz zur Änderung des Bremischen Bildungsurlaubsgesetzes, Drucksache 17/1158, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD und Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU, DIE LINKE, FDP, Abg. T i m k e [BIW] und Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt das Gesetz in erster Lesung.

Aktuelle Stunde

Meine Damen und Herren, für die Aktuelle Stunde ist von den Abgeordneten Tschöpe und Fraktion der SPD und dem Abgeordneten Dr. Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen folgendes Thema beantragt worden:

Gesellschaftliche Teilhabe und soziale Gerechtigkeit – Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Grundsicherung.

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Rosenkötter.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin erteile ich das Wort der Abgeordneten Frau Garling.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Vorschriften im SGB II über die Regelsätze für Erwachsene und Kinder verfassungswidrig sind. Sie werden dem Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums und der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nach Artikel 1, Menschenwürde, und Artikel 20, Sozialstaatsgebot, durch den Staat nicht gerecht. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Bis zum 31. Dezember 2010 muss eine gesetzliche Neuregelung erfolgen, die spätestens ab dem 1. Januar 2011 gültig sein muss. Unter anderem muss es folgende Regelungen enthalten: eine transparente, nachvollziehbare und sachgerechte Ermittlung des tatsächlichen Bedarfs. Die Bedarfsermittlung muss realitätsnah und nachvollziehbar begründet werden. Es muss eine Härtefallregelung geben, wenn ein besonderer Bedarf vorhanden ist, um das Existenzminimum zu sichern. Insbesondere muss die Regelleistung für Kinder auf einer nachvollziehbaren Ermittlung des tatsächlichen spezifischen Bedarfs für eine kindgerechte Persönlichkeitsentfaltung beruhen.

Meine Damen und Herren, das ist eine große und längst überfällige Entscheidung, und die SPD begrüßt ausdrücklich, dass das Bundesverfassungsgericht mit diesem Urteil Klarheit für die Bemessung der Regelsätze für die Grundsicherung und die Sozialhilfe geschaffen hat.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Dieses Urteil bestätigt auch die bisher bremischen Positionen, die in Bundesratsinitiativen schon dazu beigetragen haben, dass für sechs- bis dreizehnjährige Kinder ein neuer Regelsatz eingeführt wurde und ein Schulbedarfspaket in Höhe von 100 Euro pro Schuljahr erreicht wurde.

Die Senatorin für Soziales hat sich in der letzten Woche in einem Brief an die Bundesministerin von der Leyen dafür eingesetzt, dass eine unabhängige Expertenkommission gegründet wird, die einen tragfähigen Vorschlag entwickeln soll.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Dieser Kommission sollen ausgewiesene Wissenschaftler, die Sozialpartner, Wohlfahrtsverbände, Kirchen sowie Betroffenenverbände angehören. Die SPD in Bremen begrüßt und unterstützt diesen Vorschlag ausdrücklich, weil es vernünftig ist, alle Akteure einzubeziehen.

Darüber hinaus hat sich eine bundesweite Diskussion ergeben, die einem die Nackenhaare zu Berge stehen lässt, ausgerechnet angeheizt von einem, der Vizekanzler ist und ein seriöser Außenminister sein will. Von Sozialpolitik hat er keine Ahnung!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Er heizt diese Debatte in einer Weise an, die die Gesellschaft spaltet, und diffamiert alle Menschen, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Darüber hinaus nimmt er in Kauf, dass sein Verhältnis in der Koalition schon nach wenigen Monaten zerrüttet ist. Die Kanzlerin distanziert sich über die Medien deutlich von den Verbalattacken des Mannes, der seine eigenen Ansprüche an Seriosität wahrscheinlich nie erreichen wird, und das alles auf Kosten der Menschen, die unsere Unterstützung brauchen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Geringverdiener werden gegen Bezieher von Arbeitslosengeld ausgespielt. Gute Vorschläge für einen lösungsorientierten Ansatz: Fehlanzeige! Seine Parole heißt: Schnee schippen! In der Ausgabe des „Spiegel“ von dieser Woche steht, dass er eine vernünftige Debatte eher verhindert als fördert. Ich zitiere ohne Erlaubnis des Präsidenten: „Um Licht auf sich zu lenken, hat er ein ganzes Haus namens Sozialstaat angezündet.“ Das Problem der FDP ist doch, dass ihre Kernaussagen widersprüchlich und verlogen sind. Sie sagt, Arbeit muss sich lohnen, und ist gleichzeitig gegen Existenz sichernde Mindestlöhne. Außerdem spricht sie sich für eine individuell geförderte Ganztagsbetreuung in der Kindertagesstätte und Ganztagsbeschulung aus und will gleichzeitig Steuern senken. Meine Damen und Herren, die Menschen lassen sich nicht so einfach für dumm verkaufen, sie merken genau, welch falsches Spiel hier gespielt wird.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Herr Dr. Möllenstädt amüsiert sich schon wieder. Ich sage Ihnen einmal etwas, Herr Dr. Möllenstädt: Auch ich bin Steuerzahlerin, genauso wie Sie ja, denke ich, auch Steuern zahlen, oder Herr Röwekamp oder Frau Troedel. Ich zahle auch gern Steuern, ich würde auch gern mehr Steuern zahlen, wenn wir es schaffen würden, schnellstmöglich eine flächendeckende, bedarfsgerechte Ganztagskinderbetreuung und Ganztagsbeschulung entwickeln zu können.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Aber ich möchte nicht, dass meine Steuern dafür verwendet werden, dass Unternehmen ihre Verantwortung an den Staat abgeben und ihre Gewinne auf meine Kosten dadurch maximieren, dass sie keine auskömmlichen Löhne zahlen.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/ Die Grünen und bei der LINKEN)