Wir müssen doch gerade ein Interesse daran haben, dass Menschen sich qualifiziert mit Politik auseinandersetzen können, darauf sind wir doch in einer Demokratie angewiesen. Da können wir doch nicht sagen, dass wir das nicht wollen!
Dann zu dem Punkt, der Arbeitgeber soll nur noch drei Tage im Jahr bezahlen, das andere sollen die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen selbst bezahlen: Wir sagen ganz klar nein dazu, weil es eine gesellschaftliche Aufgabe ist und weil es auch eine Aufgabe der Arbeitgeber ist, sich daran zu beteiligen, weil sie am Ende ja auch den Benefit davon ha––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
ben. Sie haben doch einen Benefit davon, wenn ihre Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen Gesundheitsförderung machen, das beugt doch dem vor, dass sie krank werden. Wenn sie Sprachen lernen, ist das im Interesse des Betriebes.
An dem Punkt möchte ich noch eines erwähnen, Herr Dr. Buhlert: Wenn man sich anschaut, wie denn betriebliche Weiterbildung in Deutschland organisiert ist, stellt man fest, dass wir auch da im internationalen Vergleich einen erheblichen Nachholbedarf haben, gerade wenn man auf die skandinavischen Länder blickt. Da gibt es nämlich richtige Strukturen, wie betriebliche Weiterbildung funktioniert, während Sie in Deutschland genau ablesen können, dass da, wo Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen schon eine hohe formale Bildung haben, die Weiterbildung im Betrieb halbwegs funktioniert. Da, wo die formale Bildung eher gering ist, funktioniert sie auch im Betrieb nicht. Es ist deshalb richtig, dass wir ein solches Bildungsurlaubsgesetz haben und es so weiterentwickeln, wie wir das im Sinne dieser Menschen jetzt vorhaben, damit auch sie am Zusammenhalt der Gesellschaft partizipieren können.
Ich möchte noch auf einen weiteren Punkt eingehen: Ein Tag, das hat doch nichts mit Bildung zu tun, sagt Herr Beilken,
und auch Herr Nestler ging ja in eine ähnliche Richtung. Dazu kann ich nur sagen, wenn wir uns hier jetzt alle einmal anschauen, an welchen auch zweistündigen Seminaren wir teilgenommen haben, haben wir dabei meistens etwas gelernt, meistens sind wir schlauer herausgekommen. Wenn wir einen Tag ein Seminar gemacht haben, in der Regel sind wir schlauer herausgekommen, da soll man auch nicht die Menschen unterschätzen und ihre Intelligenz, in welcher Zeit sie etwas lernen können, und so tun, als ob man an einem Tag nichts lernen kann, das halte ich einfach für Mumpitz.
Frau Böschen hat auch schon darauf hingewiesen, es geht nicht darum, dass wir zehn einzelne Tage haben, sondern es geht um die Flexibilisierung, es geht um die Möglichkeit, dass man das machen kann, und nicht, dass zukünftig alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen einen Tag Bildungsurlaub nehmen sollen. Es kann auch im Sinne eines Bildungsurlaubs durchaus sinnvoll sein, dass ein Englischkurs nicht
fünf Tage hintereinander läuft, sondern dass er vielleicht über fünf Wochen an einem Tag in der Woche läuft. Was soll daran im Bildungssinne schlecht sein, frage ich Sie, Herr Beilken! Ich halte das für eine gute Lösung.
Ich möchte noch auf einen letzten Punkt eingehen, weil Herr Nestler gefragt hat, was denn mit den Zuschüssen und angeblich touristischen Angeboten oder Sportangeboten ist. Das ist nicht Gegenstand des Gesetzes! Wir reden hier über ein Gesetz und nicht über die Verordnung, wir reden hier über Rahmenbedingungen. Daher ist es gut, dass wir das hier auf den Weg bringen. Es ist klar, die Verordnung wird am Ende angepasst werden, und wenn es die Clearingstelle gibt, wird man sich darüber unterhalten, welche Bildungsangebote gut sind. Wir sind auch der Auffassung, wir gehen eher von einem weiten als von einem engen Bildungsbegriff aus. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Frau Schön, ich habe mich hier noch einmal gemeldet, weil ich wieder die Chance ergreifen wollte klarzustellen, was wir meinen, weil Ihre Interpretation dessen, was wir meinen, nicht mit dem übereinstimmt, was wir meinen, aber das tun Sie öfter.
Sie stellen in den Raum, behaupten und unterstellen, weil Sie ein Vorurteil gegenüber der FDP haben, dieses pflegen, und Sie führen dabei alle Indizien an, die vermeintlich dafür sprechen, dass Ihr Bild stimmt.
Der Bildungsbegriff bei uns ist ähnlich weit. Die Frage ist aber doch nur, wer jeweils den Nutzen davon hat. Wir verwechseln betriebliche und berufliche Bildung nicht, wir sagen nur, wir wollen es auf die berufliche Bildung beschränken, weil die berufliche Bildung etwas ist, was dem Betrieb, dem Arbeitgeber und der Arbeitgeberin, einleuchtet, dass sie das unterstützen. Sie haben davon einen Nutzen, und der Arbeitnehmer hat davon einen Nutzen. Bei betrieblicher Bildung sind wir uns ziemlich einig, dass das der Betrieb zu tragen hat und das auch tut, weil er ein Eigeninteresse daran hat. Dass einige Betriebe das weniger tun, als sie vielleicht müssten, werden diese sicherlich auf lange Zeit erleben, weil das dann Auswirkungen auf ihre Leistungsfähigkeit hat.
Bei der beruflichen Weiterbildung geht es aber eben darum, dass der Arbeitnehmer und die Arbeitnehmerin auch einen Nutzen davon haben, und wir sagen, dass dieser Nutzen zur Folge haben sollte, dass sie sich selbst auch mit Zeit einbringen, wie einige das übrigens so oder so schon tun. Man darf auch nicht vergessen, dass einige Menschen unabhängig davon, ob sie Bildungsurlaub nehmen oder nicht, Sprachkurse und so weiter besuchen.
Sprachkurse ist übrigens das Stichwort: Wir haben mit keinem Wort ausgesprochen, dass Sprachkurse in den Kontext dessen, was nutzt, nicht mit einzubeziehen sind. Wir wissen, dass wir ein Logistikstandort sind, und wir wissen, dass es hier viele internationale Kontakte gibt, dass es ganz viele Unternehmen gibt, die international leben, und dass es auch hier große Bedarfe gibt. Wir haben es deswegen mit keinem Wort ausgeschlossen.
Herr Beilken, zum Schluss noch zu Ihnen: Sie lehnen es ab, weil auch private Angebote dort gemacht werden sollen. Private machen keine schlechten Angebote, sie sollen eine entsprechende Qualität nachweisen, und dann sollen sie den anderen gleichgestellt werden.
Das ist doch der richtige Weg: Gleichbehandlung! Alles andere ist weder wettbewerbs- noch europarechtskonform, da sind Sie meiner Meinung nach auf dem falschen Weg. Es ist insofern ein Problem, das Sie damit haben, aber ich glaube, das werden Sie vielleicht noch begreifen, wenn Sie sich tiefer in die Rechtsmaterie hineinbegeben.
Guter Hinweis: Vielleicht kann er ja einmal einen Bildungsurlaub oder eine Fortbildung zu der Frage machen. Es ist in der Tat eine Sache, die anders gehandhabt werden muss.
Die letzte Sache: Auch da haben Sie recht, dass die Menschen, die derzeit keine Arbeit haben, Arbeit suchen, arbeitslos sind, Fort- und Weiterbildung machen und dazu auch Möglichkeiten haben sollen. Darüber reden wir aber momentan eher nicht. Sie sollen natürlich auch Kurse und so weiter besuchen können, aber es sind auch andere in der Pflicht. Es ist eine Aufgabe des Bundes, da ist der Bund in der Pflicht, entsprechende Qualifizierungen anzubieten und dafür auch die Mittel bereitzustellen. Da will ich ihn auch nicht herauslassen, denn das ist eine große Aufgabe, der er nachkommen muss, damit die Chancen auch mehr und gerechter verteilt werden. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Insgesamt glaube ich, dass wir trotz aller Schärfe eine produktive Debatte haben, in der wir ein Stück weit aufeinander eingehen.
Herr Dr. Buhlert, ich kann Ihnen sagen, ein Beispiel für oberflächliche Bildung ist, wenn man nur europäische Gesetzesregulierungen zur Kenntnis nimmt und sich ganz schlau fühlt, wenn man die dann auch einhält. Wenn man aber politische Bildung betreibt, ist man in der Lage, diese Gesetze und Regulierungen zu hinterfragen, und weiß, wie sie entstehen, welche Funktion sie haben, und man versucht auch, manche dann entsprechend als eine neoliberale Konstruktion zu erkennen, wie zum Beispiel bei der Dienstleistungsrichtlinie. Wir haben es zusammen mit der Handwerkerschaft in diesem Land geschafft, diese Richtlinie zu kippen, dass alles liberalisiert werden sollte. Da ist man nicht gesetzeshörig, da ist man ein kritischer Bürger!
Das ist politische Bildung, Frau Busch, wenn man diese Dinge durchblickt! Dafür nimmt man sich ein bisschen Zeit. Nur Gesetze auswendig zu lernen, anzuwenden, das ist oberflächliche Bildung, das geht in einem Tag. Es gehen auch manche andere Dinge in einem Tag, aber das kritische Hinterfragen, Sie kennen es nicht, weil Sie Lehrerin sind, denn Sie haben die Schülerinnen und Schüler über einen längeren Zeitraum, wie wir alle wissen. Aber Sie wissen nicht, was in der Erwachsenenbildung passiert, wenn eine Gruppe zusammenkommt. Die muss sich erst einmal finden, bis da ein richtig intensiver Lernprozess zustande kommt, ich habe das über viele Jahre in der Praxis beobachtet. Ich weiß, es geht auch manches an einem Tag, das habe ich hier von Anfang an gesagt, ich befürchte aber, dass für diese intensiven Lernprozesse ein Tag nicht ausreicht, wenn es um Vorurteile geht oder um den Umgang mit psychosozialem Stress oder Mobbing. Da muss man erst einmal eine Begriffsklärung und einen Erfahrungsaustausch betreiben, und dann ist der Tag schon herum. Das wissen Sie möglicherweise nicht.
Wenn es um grundsätzliche Fragen geht, Streit der Kulturen oder Vorurteile, habe ich die Erfahrung, dass das seine Zeit dauert, und ich bin froh, dass dieses Gesetz das nicht unmöglich macht. So wollen wir ja auch nicht reden. Es bleibt weiterhin die Chance zu einer solchen Bildung. Ich habe auch gesagt, wie man das mit E-Learning und erneutem Treffen oder erneuter Fortsetzung schon jetzt machen kann. Wenn Sie ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Das intensive Lernen fehlt hier in diesem Haus, das muss ich leider zurückgeben. Wenn man zum Beispiel ökonomische Bildung nimmt, das ist nicht so einfach, wenn man lernt, in der Krise hilft sparen nicht, dann muss man sich das schon einmal ein bisschen gründlicher anschauen. Selbst ein Minister Schäuble hat Schwierigkeiten, der Bevölkerung zu erklären, dass er in der Krise Geld ausgeben muss, weil man jahrelang den Mythos gepflegt hat, sparen ist immer gut, weil der Unterschied zwischen eigenen Erfahrungen, betrieblichen Erfahrungen und der volkswirtschaftlichen Ebene gelernt werden muss, das ist ein intensiver Lernprozess. Das ist nur ein Beispiel. Dafür hoffe ich, dass wir auch weiterhin Möglichkeiten finden werden und das auch sogar noch steigern werden im Bereich der Weiterbildung. – Danke!
Bevor ich Herrn Nestler das Wort erteile, begrüße ich auf der Besuchertribüne ganz herzlich eine Gruppe Neumitglieder der Partei DIE LINKE. Herzlich willkommen im Hause!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Schön, ich weiß nicht, ob Sie mir richtig zugehört haben. Auch wir sind mittlerweile nicht mehr gegen Tagesveranstaltungen. Ich habe das sehr deutlich gesagt, ich habe aber gesagt, man möge diese Tagesveranstaltung für die einzelne Person begrenzen. Das heißt nicht zehn Stück in zwei Jahren, sondern vielleicht zwei oder drei Veranstaltungen in zwei Jahren. Ansonsten muss Bildungsurlaub zusammenhängend genommen werden, so wie das Gesetz ihn vorschreibt. Da sind wir eigentlich auf einer Linie, wenn es nicht wirklich um zehn Tage in zwei Jahren geht.
Zur allgemeinen Bildung! Ich habe kein Wort gegen allgemeine Bildung hier gesagt, ich habe kein Wort dagegen gesprochen, auch nicht gegen politische Bildung. Aber natürlich gibt es im Bereich der allgemeinen Bildung Bildungsurlaubsveranstaltungen, von denen wir sagen, sie gehören dort nicht hin. Ohne dass ich große Namen nennen muss, gebe ich einfach einmal ein Beispiel. Digitale Fotografie wird über ein bestimmtes Programm in der EDV eingestellt. Das dauert fünf Tage, das sind 30 Stunden, es kostet 193 Euro, und ich weiß nicht, ob das überhaupt noch etwas mit Bildungsurlaub zu tun hat. Das ist Privathobby, da hat einer fotografiert und will das auf seinen Computer bringen. Dafür muss er schon selbst Sorge tragen. Das muss ich nicht unbedingt über
Bildungsurlaub veranstalten, und ich frage mich auch, ob solche Lehrgänge bei den Preisen überhaupt noch von vielen genutzt werden. Das ist das, was ich meine! Aber Allgemeinbildung ist für mich eine Selbstverständlichkeit, dass das über Bildungsurlaub gemacht wird, und jede andere Aussage ist da falsch.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich der doch recht ausführlichen Debatte nur einige Gedanken hinzufügen! Zunächst einmal setzen wir mit dem Bildungsurlaubsgesetz gleich zwei wichtige Zeichen. Erstens: Das Bildungsurlaubsgesetz ermöglicht allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern fünf Tage Weiterbildung im Jahr bei vollem Lohnausgleich. Damit bekommen alle – und das ist, glaube ich, wichtig hervorzuheben – unabhängig vom Einkommen die Chance, sich weiterzubilden.
Ich glaube, es ist ein ganz wichtiges Signal, dass die Weiterbildung nicht abhängig ist vom Einkommen.
Zweitens: Weiterbildung umfasst alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens, ermöglicht so auch allen eine aktive Teilhabe an der Gesellschaft. Das ist hier eben auch schon ausführlich diskutiert worden. Ich glaube, es ist ein wichtiges Signal, dass wir gesagt haben, selbstverständlich ist es wichtig, sich auch im beruflichen Bereich weiterzubilden, aber wir wollen mehr an dieser Stelle. Vielfältige fachliche und persönliche Anforderungen erfordern in dieser entstehenden Wissensgesellschaft auch mehr als ausschließlich die berufliche Qualifikation.
Lassen Sie mich deutlich machen, dass es letztlich auf die Qualität des Angebots ankommt, wie gut Weiterbildung angenommen wird! Daran wird sich entscheiden, ob private Anbieter das genauso gut machen. Wenn diese Angebote gut angenommen sind, dann haben wir einen wichtigen Schritt an dieser Stelle getan.
Die Beteiligung an Bildungsurlauben, wobei ich auch das Wort Bildungsfreistellung nicht so gelungen finde, der Urlaub suggeriert aber vielleicht auch nicht gerade das Richtige, das dort stattfindet, insofern habe ich schon Sympathie dafür, über die Begrifflichkeit nachzudenken, es kommt bloß wesentlich zu spät. Ich verstehe nicht, warum man das erst in der Kürze der Zeit macht.