aber, sehr geehrter Herr Erlanson, ich finde, das, was Sie eben hier vorgetragen haben, ist nicht nur in der Sache falsch, sondern auch unverschämt.
Wenn man das dann noch in Relation zu Ihrem Verhalten im Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss stellt, ist das schon an der Grenze der Unglaubwürdigkeit und der Wahrheit. Sehr geehrter Herr Erlanson, wir haben seit dem 10. Dezember 2008 in zahlreichen Sitzungen des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschusses aufgrund eines Auftrages aus diesem Parlament darüber nachgedacht, wie wir das Abgeordnetenrecht für die nächste Legislaturperiode ausgestalten wollen. Sie haben sich in diese Diskussion nicht mit einer einzigen Idee eingebracht. Das hat uns jetzt nicht überrascht. Sie haben zu allen dort aufgeworfenen Sachverhalten nicht eine einzige Frage gestellt, außer zu Ihrer eigenen Vergütung künftig in der Fraktion!
Sie haben am Montagabend, als wir in die Endrunde gegangen sind, das weitere Verfahren zu keiner Zeit kritisiert, Sie haben bei der Abstimmung des Fahrplans der Beratungen zu keiner Zeit gesagt, dass es Ihnen zu schnell geht, und nur weil Sie jetzt als einzige Fraktion bei unserem Sprint die 100-MeterLinie nicht erreicht haben, sondern weit zurückgefallen sind, soll das Parlament morgen nicht die Abschlussrunde drehen dürfen. Ich halte das für infam, was Sie hier vorhaben,
im Übrigen auch im Zusammenhang mit der Kampagne, die Sie gegen das Selbstverständnis des Parlaments führen, indem Sie auf Ihrer Homepage und in Pressemitteilungen den Eindruck vermitteln, hier säßen nur Abzocker. Sehr geehrter Herr Erlanson, hier sitzen Menschen, die ihre Arbeit machen!
Nun zur Sache! Wir haben es Ihnen schon 15 Mal erklärt, ich habe mit meinem Sohn heute für seine Mathematikarbeit gelernt, und ich muss sagen, das war fruchtbarer. Es ist eben einfach so, dass das Wahlgesetz vorschreibt, dass das Wahlaufstellungsverfahren, die Wahlvorbereitung für die nächste Bürgerschaftswahl, 15 Monate vor dem Wahltermin anfangen kann. Es kann ja sein, dass Sie sich vielleicht für die nächste Bürgerschaft nicht bewerben wollen; ich würde es gut finden.
Aber, Herr Erlanson, es gibt Parteien, die nehmen auch den innerparteilichen Diskussions- und Kandidatenfindungsprozess ernst und beginnen mit der Aufstellung der Kandidaten. Allen Ernstes, Ihnen kann es ja vielleicht egal sein, wer bei Ihnen Abgeordneter wird, aber bei uns wird es sich auch danach richten, unter welchen Rahmenbedingungen eigentlich künftige Abgeordnete hier im Parlament arbeiten wollen. Deswegen haben sie einen Anspruch darauf, Sicherheit zu haben, wie das künftige Abgeordnetenrecht in der nächsten Legislaturperiode aussehen wird. Deswegen ist die Dringlichkeit dieses Antrages nicht nur vereinbart, sondern auch in der Sache geboten.
Ich weiß ja nicht, wann Sie als Fraktion der LINKEN damit anfangen, sich mit der Sache zu beschäftigen, aber ich will Sie trösten, Sie haben dazu noch die Gelegenheit. Wir werden morgen nur die erste Le
sung des Gesetzes und die erste Lesung der Änderung der Landesverfassung beschließen. Wir werden es dann an den Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss zurücküberweisen, und vielleicht haben Sie ja einmal die Möglichkeit, auch an den inhaltlichen Beratungen dort teilzunehmen, und können sich mit Ihren Änderungsvorschlägen, die wir bis heute noch nicht gesehen haben, dann vielleicht auch in die weitere Diskussion einbringen. Wir selbst werden auch noch zwischen der ersten und der zweiten Lesung an mehreren Stellen Veränderungen vornehmen müssen, deswegen gibt es ja auch mehrere Lesungen und dazwischen eine fachliche Beratung. Wir werden aber, und das ist der Fahrplan, um die Sicherheit für das Wahlverfahren für die nächste Bürgerschaft sicherzustellen, in der MärzSitzung des Parlaments in zweiter und dritter Lesung diese Rechtssicherheit herstellen. Deswegen mein dringender Appell, weil es auch so durchsichtig ist: Versuchen Sie nicht, auf dem Rücken der Kolleginnen und Kollegen und unter Herabwürdigung des Ansehens dieses Parlaments für sich aus dieser fachlichen Diskussion parteipolitisches Kapital zu schlagen!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Röwekamp, ich möchte mich schon ganz gern in Rage reden, weil es mich hier wirklich aufregt. Es geht nämlich noch einen Schritt weiter. Es ist nicht nur auf dem Rücken der Kollegen, sondern es ist vor allen Dingen auch – kann man das so formulieren, auf dem Rücken der Wahrheit? – einfach wahrheitswidrig, was da behauptet wird. Wir haben das sehr ausführlich debattiert, und Sie waren als LINKE auch in großen Teilen daran beteiligt. Ich kann mich an die Sitzung des Verfassungs- und Geschäftsordnungsauschusses am Montagabend erinnern, in der Sie gesagt haben, wir werden bestimmte Dinge mittragen, und wir werden uns bei bestimmten Dingen enthalten. Das finde ich auch in Ordnung. Dann aber hintenherum diese Nummer aufzumachen und zu sagen, das ist eine Nacht-und-Nebel-Aktion, das weiß keiner, und die versuchen, sich da zu bereichern. Nein! Jeder hat das Recht auf eine freie Meinungsäußerung, das gestehe ich jedem zu, Sie können dieses Recht auch wahrnehmen, aber dann nehmen Sie es bitte so wahr, dass es auch dem Ansehen des Parlamentes und vor allen Dingen der Wahrheit dient! Jetzt diese Abzockersache zu reiten und das so darzustellen, wie es überhaupt nicht stimmt und wie es überhaupt nicht mit der Wahrheit vereinbar ist, finde ich nicht in Ordnung. Wir sind hier vor allem auch
der Wahrheit verpflichtet. Wir werden nachher eventuell einen Senator vereidigen, und der ist auch der Wahrheit verpflichtet, das ist dieses Haus insgesamt. Dies jetzt zu versuchen mit so einer populistisch durchschaubaren Aktion zu diffamieren, finde ich wirklich schändlich.
Deshalb appelliere ich wirklich an Sie, dass Sie auf den Boden der gemeinsamen Beratung zurückkehren. Da können Sie doch alle Punkte einbringen! Der Kollege Röwekamp hat das gerade angesprochen, wir beschließen das heute in erster Lesung und verweisen es zurück. Da können alle Punkte noch einmal diskutiert werden, wenn Sie das gern möchten. Dann können Sie die alle noch einmal auf den Tisch legen. Ich bitte aber darum, die Wahrheit nicht so zu verbiegen, dass es so aussieht, als wenn hier die eine Seite des Parlaments sich etwas in die Tasche stecken wollte und die andere Seite des Parlaments, eine Minderheit auf der linken Seite, hier für die Wahrheit kämpft. Nein, der Fall ist anders herum. Sie beugen hier die Wahrheit, und das werden wir nicht zulassen!
Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen.
(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grü- nen, FDP, Abg. M ö h l e [parteilos], Abg. T i m k e [BIW] und Abg. T i t t m a n n [parteilos])
(Dafür SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grü- nen, FDP, Abg. M ö h l e [parteilos], Abg. T i m k e [BIW] und Abg. T i t t m a n n [parteilos])
Meine Damen und Herren, ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) ist mit den interfraktionellen Absprachen einverstanden.
Meine Damen und Herren, bevor wir nun in die Tagesordnung eintreten, darf ich Sie noch darauf aufmerksam machen, dass Ihnen die am 27. Januar 2010 durch die Bürgerschaft beschlossene Geschäftsordnung als Sonderdruck zur Verfügung gestellt worden ist. Ich lege Ihnen die Lektüre der Geschäftsordnung besonders ans Herz, da sie doch einige entscheidende Änderungen enthält. Hinzuweisen ist zum Beispiel auf die Bestimmungen zu den Redezeiten in Paragraf 45. Einzelabgeordneten steht danach eine Redezeit von fünf Minuten zur Verfügung. Eine weitere Änderung ist, dass beim Präsidenten nicht mehr um Genehmigung nachgesucht werden muss, wenn der Wunsch besteht zu zitieren. Soweit zu der ab dem 27. Januar 2010 geltende Geschäftsordnung!
Für die Wahl eines Mitglieds des Senats hat die Fraktion der SPD Herrn Martin Günthner vorgeschlagen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion schlägt Ihnen heute Martin Günthner zur Wahl als Senator für Wirtschaft und Häfen und als Senator für Justiz und Verfassung vor. Die SPD-Fraktion will keinen Verwalter vorschlagen. Die SPD-Fraktion will keinen Lobbyisten vorschlagen. Wir wollen eine politische Führung des Ressorts.
Experimente der Vergangenheit, die darauf gesetzt haben, auf politische Erfahrung zu verzichten, haben unserem Gemeinwesen nicht gerade gut getan. Ich erinnere hier an das kurze Gastspiel von Senator Gloystein.
Martin Günthner kann Politik. Er ist seit zehn Jahren in der Bürgerschaft. Er ist seit acht Jahren Vorsitzender des Landesausschusses für Häfen. Er ist seit 2007 stellvertretender Fraktionsvorsitzender. Die SPD-Fraktion will eine Repräsentanz beider Landesteile, Bre
men und Bremerhaven, in der Regierung. Mir als geborenem Bremer ist es in der Tat manchmal unverständlich, warum Bremerhavener so empört auf das reagieren, was wir hier in Bremen normal finden. Ich aber glaube, wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in unseren beiden Städten unterschiedlich verläuft, und wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Erfahrungen in beiden Städten auch unterschiedliche sind. Deshalb halten wir es für richtig, dass auch die Sichtweise der Seestadt im Senat vertreten sein muss.
Der von uns vorgeschlagene Kandidat, Martin Günthner, kennt Bremerhaven. Er ist gebürtiger Bremerhavener, er war Stadtverordneter, er ist dort fest in der Hafenwirtschaft verankert. Die SPD-Fraktion will darüber hinaus die bunte Realität unserer Stadtgesellschaft in Parlament und Regierung abbilden. Jedem Entscheidungsgremium tut es gut, wenn Menschen aus unterschiedlichen Lebenslagen, mit unterschiedlichem Alter und mit unterschiedlichem beruflichen Hintergrund ihre Erfahrungen einfließen lassen können. Martin Günthner kann die Perspektive derjenigen einfließen lassen, die langfristig mit den Ergebnissen des heutigen Handelns konfrontiert werden sollen. Martin Günthner ist 34 Jahre alt, er hat für seine Generation einen nicht untypischen Studienverlauf und eine nicht untypische Berufsausbildung hinter sich. Das kann einen Senat nur bereichern.
Wir wollen an der Spitze des Ressorts jemanden, der konkrete Probleme im Dialog löst, jemand, der Mittler zwischen den Interessen der Wirtschaft und den Interessen der Politik ist! Wirtschaftspolitik in Bremen ist nicht immer nur der große Wurf, ist nicht immer nur Shanghai, ist nicht immer nur Champions League, sondern ist vor allen Dingen auch das Wahrnehmen von konkreten Problemen dieser Stadt und unserer Nachbarstadt, ist die Wahrnehmung von ganz konkreten Sachverhalten, ist das Mitteln und das Lösen konkreter Problemlagen. Dafür muss man sich als Wirtschaftssenator in Bremen auf die Socken machen und mit ganz vielen Arbeitnehmern und ganz vielen Arbeitgebern sprechen und im Dialog sein.