Ich muss schon sagen, es ist eine ziemliche Frechheit und ein Angriff auf jeden gebildeten Menschen in diesem Land, wenn Sie sagen, die SPD begrüßt, dass das Bundesverfassungsgericht uns einmal erklärt hat, wie es geht.
Da wäre auch beim Kollegen Frehe doch etwas mehr Demut angezeigt gewesen; in Ihren Äußerungen habe ich das leider vermisst. Sie haben ein System geschaffen, das viele Menschen tatsächlich um die Früchte und die Möglichkeiten bringt, die ihnen zustehen würden, und es geht nicht nur um das Thema Regelsätze, das ist eine Facette dessen. Dieses ganze Hartz-IV-System muss auf den Prüfstand gestellt werden, und ich bin nachhaltig der Meinung und unterstütze unseren Parteivorsitzenden Guido Westerwelle bei seiner Auffassung, dass wir dieses Thema noch nicht zu Ende diskutiert haben, sondern dass dieses Thema auch auf die Agenda dieses Hauses gehört.
Wir werden nachher auch einen Vorschlag dazu machen, wie wir dieses Gespräch – liebe Frau Busch, es ist ja meistens ein Gespräch mit Ihnen – weiterführen können.
Zum einen, glaube ich, ist es doch einigermaßen merkwürdig und kann eigentlich doch auch nicht im Sinne von vernünftigen Menschen sein, wie diese Debatte geführt wurde. Wir hören nämlich bereits am Tage der Verkündung des Gerichtsurteils über die ganzen üblichen Verdächtigen von dieser ganzen Phalanx, die sich dann bei solchen Fragen quasi pflichtschuldig zu Wort meldet, sofort den Ruf nach einer Erhöhung des Regelsatzes, und zwar pauschal, was ja wohl dem Geist dieses Urteils fundamental widerspricht. Darin wird gerade nicht gesagt, erhöht
pauschal die Leistungen, sondern, der Kollege Frehe hat das richtigerweise hier auch ausgeführt in seinem Beitrag, berechnet genau, wie die Bedarfe sind, und stellt es dann fest! Genau das soll jetzt auch passieren!
Übrigens auch von den Grünen, lieber Herr Frehe! Ihre Partei sagt doch auch, wir wollen pauschal 420 Euro. Das haben Sie auch gleich am Tag der Verkündung hier gesagt. Ich frage mich, woher wissen Sie denn das, wenn Sie uns hier auf der anderen Seite weismachen wollen, man müsse das doch wirklich erst einmal ganz aufwendig berechnen! Ich bin ja bei Ihnen, aber ich halte die Forderung gleichwohl für falsch, von den Kosten einmal ganz abgesehen!
Von der LINKEN, über den VdK, die SPD, die Grünen, alle waren sofort der Meinung, jetzt müsse man da dringend massiv Geld in die Hand nehmen. Wir haben es heute auch schon wieder gehört. Ich glaube, es ist richtigerweise so, dass man diese Frage nicht einfach so beantworten kann, weil es eben durchaus Zusammenhänge in der Sozialpolitik gibt, und das hat dann in der Tat etwas damit zu tun, ob man da mit Sachverstand und mit Ahnung herangeht, liebe Frau Garling, so wie es der Parteivorsitzende der FDP richtigerweise auch getan hat,
und dann nämlich auch einmal den Hinweis gibt, dass es in diesem Land auch Menschen gibt, die dieses System finanzieren müssen, die den sozialen Ausgleich finanzieren müssen. Ich will Ihnen auch sehr deutlich sagen, die FDP steht im Land Bremen an der Seite aller leistungsbereiten Bürgerinnen und Bürger, egal ob es ein Student ist, ein Schüler ist, ob es ein Leistungsbezieher ist oder ob es ein Unternehmer ist, alle gleichermaßen.
Ich habe Ihnen eben aufgezählt, welche Personen dazu zu zählen sind! Diese Liste ist nach unten hin weiterhin offen.
(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Das ist uns klar! Was machen Sie denn mit den Arbeitslosen, wenn sie ihren Job verlieren?)
Es ist eine wirkliche Zumutung, wie diese Debatte hier seitens der üblichen Verdächtigen, die ich Ihnen eben benannt habe, geführt worden ist. Ich glaube, eine Tageszeitung, die im Verdacht steht, den Grünen nahezustehen, hat wirklich den Vogel abgeschossen, indem sich nämlich jemand – weil er richtigerweise darauf hinweist, dass der, der in diesem Land
arbeitet, doch mehr haben muss, als jemand, der nicht arbeitet – am nächsten Tag auf der Titelseite wiederfindet mit der Bezeichnung „der Depp der Nation“. Meine Damen und Herren, das kann doch nicht Ihre Vorstellung davon sein, wie man eine kompetente sozialpolitische Diskussion führt!
Ich finde, das ist eine Unverschämtheit, und es gehört sich auch, dass man dies an dieser Stelle einmal deutlich sagt.
Ich finde in der Tat, lieber Herr Frehe, wir sollten einmal darüber sprechen, welche Grundlagen sich für unseren Sozialstaat stellen, und ich will Ihnen dazu nachher auch einen Vorschlag machen. Aber vorher würde ich gern noch einmal zwei, drei Dinge aus der Debatte hier gerade rücken!
Sie haben den CDU-Politiker Herrn Geißler zitiert, über den – er ist ja eine schillernde Persönlichkeit – man jetzt vieles sagen könnte. Ich würde ihm aber zumindest eines entgegnen: Es ist nicht diese Debatte, die den Menschen die Würde nimmt. Es ist das HartzIV-System, das SPD und Grüne eingeführt haben, und dies ist von der FDP richtigerweise völlig zu Recht kritisiert worden.
Lassen Sie mich Ihnen vielleicht einmal einige Grundlagen nahebringen! Allein die Forderung, die die Grünen erhoben haben, nämlich den Regelsatz auf 420 Euro zu erhöhen, würde rund 20 Milliarden Euro kosten, das ist so!
Das ist etwas, das aus unserer Sicht wirklich zu weit geht, und im gleichen Atemzug hier zu behaupten, über Steuersenkungen oder so etwas könnte man nicht einmal nachdenken, ist doch geradezu grotesk. Jetzt habe ich aber, glaube ich, die Ehre, eine Frage von Herrn Rupp anzunehmen.
Sie haben gerade ausgeführt, Herr Dr. Möllenstädt, dass die FDP fest an der Seite der Leistungsbereiten steht. Können Sie mir kurz den Unterschied zwischen Leistungsbereiten und Spendenbereiten erklären?
Auf die Frage aus berufenem Munde habe ich natürlich geradezu gewartet! Es ist hoch willkommen, wenn Menschen sich am Gemeinwesen beteiligen,
und die Kollegin Frau Garling hat ja auch das Angebot gemacht, sich im Rahmen ihres Einkommens hier stärker beteiligen zu wollen.
Leistungsbereit ist derjenige, der bereit ist, sich tatsächlich zu beteiligen. Das kann sogar eine ehrenamtliche Tätigkeit sein, das kann eine Berufstätigkeit sein, und ich begrüße es ausdrücklich, wenn sich Menschen zum Beispiel für karitative Zwecke mit Spenden beteiligen. Das ist auch ein wichtiger solidarischer Beitrag, um in Ihrer Diktion zu bleiben, dagegen kann auch die Fraktion DIE LINKE meines Erachtens nicht sein.
Lassen Sie mich vielleicht zu dem, was wir als Staat tun können und tun sollten, etwas mehr sagen! Ich will einmal ein wenig zurechtrücken, auch um in der Debatte zu bleiben, was tatsächlich gesagt worden ist und was von Ihnen, meine Damen und Herren Vorredner, vornehmlich aus der linken Seite des Hauses hier an Hinzudichtungen unternommen worden ist. Ich will Ihnen einfach einmal sagen, worum es uns Liberale bei dieser Debatte geht, eine Aussage habe ich Ihnen eben schon entgegen geworfen: Wer arbeitet, muss mehr haben als derjenige, der nicht arbeitet.
Ich würde gern einmal wissen, was Sie daran zu beanstanden haben! Wir wollen Bürokratie verringern, damit tatsächlich mehr Hilfe bei den Menschen ankommt. Ich würde gern einmal wissen, was Sie dagegen zu sagen haben. Wir wollen die Aufnahme
von Arbeit fördern, statt die Arbeitslosigkeit zu verwalten. Frau Garling, ich habe es noch im Ohr, das waren eigentlich einmal genau Ihre programmatischen Botschaften in der Frage der Reformen der sozialen Sicherungssysteme.
Ich wüsste gern einmal – Sie können das nachher ja noch erwidern, so dringend ist es ja nicht! –, was Sie dagegen haben. Wir haben gesagt, es darf keine Leistung ohne die Bereitschaft zur Gegenleistung geben, und selbstverständlich, das füge ich hinzu, muss es dann, wenn es nicht so ist, auch sanktioniert werden. Wenn Sie heute die Zeitung lesen – ich glaube, im „Tagesspiegel“ gibt es dazu einen relativ netten Artikel –, werden Sie sehen, Bremen ist Schlusslicht bei der Sanktionierung, und das, glaube ich, nicht ohne Grund, sondern auch aufgrund politischer Einflussnahmen, so wie man das vermuten darf, und wir haben das Thema hier auch schon zu Recht diskutiert.
Der fünfte Punkt: Ältere dürfen nicht durch den Rost fallen. Wir haben gestern zum Beispiel auch hier miteinander gesprochen, wie die Situation älterer Menschen in dieser Gesellschaft ist, in der Stadtbürgerschaft.
Punkt sechs: Wir wollen den Renteneintritt flexibler gestalten, als es bisher möglich ist. Ich würde gern einmal wissen, was Sie denn dagegen haben!
Siebtens: Die beste Sozialpolitik ist eine gute Bildungspolitik. Diesen Ansatz habe ich in dieser Debatte übrigens ziemlich vermisst.