Protocol of the Session on September 30, 2009

Das hilft uns so lange nicht weiter, wie wir die Bedingungen hier nicht dahingehend gestalten, dass diese Begeisterung auch durchgehalten werden kann. Sonst haben wir nämlich das, was man Burn-OutSyndrom nennt, und das produzieren Sie ja mit den Bedingungen, die hier leider überwiegend herrschen.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Sie leben in einer Welt!)

So werden wir den Lehrerberuf nicht attraktiv halten. Da kann man nicht sinngemäß appellieren, dass wir hier vielleicht die falschen Lehrer haben, weil sie nicht genug begeistert sind, so geht es nicht! Dafür dann vielleicht noch Ehrenamtliche in die Schule zu holen, die dann begeistert sind, das kann nicht das Konzept sein! Wir müssen schon unsere Arbeit machen und die Bedingungen so gestalten, dass die Begeisterung auch erhalten werden kann.

(Beifall bei der LINKEN)

Das fängt natürlich beim Studium an, wo die Begeisterung schon verloren geht, und geht dann im Referendariat und in der Schule auch weiter. Wir machen die konkreten Vorschläge, und wir beteiligen uns daran, wie wir die Möglichkeit schaffen, diese Begeisterung auch zu erhalten. Da geht es in erster Linie darum, dass wir in Zukunft – das ist ja nun bekannt geworden – ein Mangelproblem in dem Sinne haben, dass wir Nachwuchsmangel haben. Das hat sich herumgesprochen, das wird für Bremen auch die Perspektive sein, und der Flaschenhals, die Engstelle, ist hier nach unserer Meinung die Ausbildung.

Wir haben auf 143 Ausbildungsplätze über 1 000 Bewerbungen, und wir finden, die Ausbildungskapazität für das Referendariat sollte erhöht werden, und zwar nicht nur als Prüfauftrag, sondern ziemlich bald, denn lange dürfen wir an der Frage jetzt nicht mehr zögern, die Befunde sind eigentlich eindeutig. Wir wollen also – die Erhöhung läuft jetzt schon zum 1. November 2009 mit 25 weiteren Plätzen, wir haben dann das, was jetzt aufgrund des Doppeljahrgangs auch geleistet worden ist, – dass dann ab dem 1. Mai 2010 200 Plätze pro Semester mehr ausgebildet werden. Das kann Bremen schon einmal gewaltig hel––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

fen, dann auch genügend Lehrer zu haben, das liegt auf der Hand. Hier muss einfach entsprechend auch Geld in die Hand genommen werden und Ressourcen bereitgestellt werden. Darum kommen Sie an der Stelle, wenn es darum geht, Bildung auch in Bremen nur zu erhalten, nicht herum, und Bildung erhalten reicht ja nicht. Wir müssen Bildung ausbauen, das ist bekannt. Wir haben dann insgesamt statt 450 Ausbildungsplätze 600. Ich räume ein, dass wir hier auf das Expertenwissen der GEW gern zurückgreifen, die sich am 29. September entsprechend geäußert hat.

(Zuruf des Abg. R o h m e y e r [CDU])

Dieses Gemurmel muss ich, glaube ich, nicht interpretieren! Wenn Sie die Expertenqualität der GEW anzweifeln, ist das, glaube ich, Ihr Problem, verehrter Kollege!

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben hier den Umfang der Referendariatsausbildung; das geht aber nicht, wenn wir nicht auch die Qualität verbessern. Es ist bekannt, wer hier die Betroffenen fragt. Das ist ein Problem, das auch von Eltern und Schülern wahrgenommen wird. Wenn die Referendare so viel bedarfsdeckenden Unterricht leisten müssen, leidet die Ausbildung, dann sind sie nämlich Lückenbüßer. Entsprechend wird von der sachkundigen Seite, die ich schon zitiert habe, zu Recht gefordert, dass von den zwölf Stunden den Lehrern eben die Hälfte als bedarfsdeckender Unterricht erlassen wird, sodass sie eben mehr lernen und weniger Lückenfüller in dieser Funktion sind. Wir haben dann eben nur sechs Stunden bedarfsdeckenden Unterricht.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch die Mentoren brauchen mehr Zeit, sie müssen ja selbst noch unterrichten. Sie müssen auch Zeit haben, sich um die auszubildenden Lehrer zu kümmern. Dies alles ist denjenigen, die mit den Betroffenen sprechen, nur allzu gut bekannt. Das muss umgesetzt werden, auch wenn es etwas kostet, denn das sind die besten Investitionen, die wir machen können, das sagen alle immer am Sonntag.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben die Lehrerfortbildung, die angesprochen worden ist, um bei Mangelfächern gezielt zusätzliche Qualifikation zu erwerben, das ist eine naheliegende, gute Idee und sollte zu guten Bedingungen passieren. Wir wissen, dass überall in den betrieblichen und behördlichen Fortbildungen gute Bedingungen dazu führen, dass dies auch tatsächlich angenommen wird. Das hängt damit zusammen, dass das eben in der Arbeitszeit passieren kann und dass man nicht noch zusätzlich Ressourcen für diese Bereitschaft mit

bringen muss, sich fortzubilden. Das muss berücksichtigt werden.

Wir schlagen auch vor, diese Fortbildung auch für ehemalige Referendare anzubieten, die nicht im Schuldienst sind, die aber die zweite Staatsexamensprüfung haben, damit sie sich so qualifizieren, dass sie noch genauer in die Mangelfächer hineinpassen, für sie also diese Fortbildungen zu öffnen. Das ist ein unterstützenswerter Ansatz, den ich auch in Ihrem Antrag von der SPD und den Grünen zum Thema „Sicherstellung ausreichender und guter Versorgung“ gefunden habe.

Wir haben zu den Quereinsteigern allerdings die Meinung, dass wir hier nicht versäumen sollten, aus den Erfahrungen zu lernen. Es ist bekannt, dass hier nichts gewonnen wird, wenn man etwas überstürzt und dann diejenigen die Arbeit sehr schnell wieder sein lassen. Eine pädagogische Ausbildung ist nach unserer Überzeugung dringend nötig. Bevor diejenigen vor die Klasse gestellt werden und unterrichten, sollte diese Ausbildung in einer soliden Form zusätzlich durchgeführt werden. So viel zum Thema Quereinsteiger! Wir sollten das betreiben, aber das kann nicht die große Rettung sein, darauf komme ich gleich noch einmal im Zusammenhang mit den Vorstellungen der FDP zurück.

Diese konkreten Forderungen fehlen allesamt in dem schon zitierten Antrag, den wir deswegen ablehnen. Auf die weiteren Aspekte der gestellten Anträge komme ich noch später zu sprechen. – Danke schön! (Beifall bei der LINKEN)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Stahmann.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Rohmeyer gab mir eben mit auf dem Weg: Fasse dich kurz! Ich werde mich jetzt auch ganz redlich bemühen, weil vieles von meinen Vorrednern und Vorrednerinnen auch angesprochen worden ist, aber Herr Beilken lässt mich hier immer ein bisschen ratlos am Rednerpult zurück.

(Abg. F e c k e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das geht uns auch so! – Abg. D r. B u h - l e r t [FDP]: Wir sind bei Ihnen!)

Herr Beilken, was wollten Sie jetzt mit Ihrem Redebeitrag sagen? Auf der einen Seite loben Sie die Koalition, und auf der anderen Seite sagen Sie, es reicht wieder nicht. Was denn nun? Da müssten Sie sich hier vorn schon einmal richtig positionieren und festlegen. Das war ein bisschen Wischiwaschi an der Stelle. Einen besseren Lehrentwicklungsbericht kann ich Ihnen an dieser Stelle nicht ausstellen. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

„Rentnerlücke im Lehrerzimmer“ titelte vor mehr als zwei Jahren die „Nordsee-Zeitung“ und beschrieb damit ganz treffend ein Szenario für die Lehrerversorgung. Über 60 Prozent der Lehrkräfte gehen in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand. Das macht deutlich, dass das Thema Lehrernachwuchs für Bremen und Bremerhaven sehr wichtig ist. Im Bürgerschaftswahlkampf war das ein Topthema, da haben wir sehr viel gesprochen über die Lehrerversorgung, über die Arbeitsbedingungen von Lehrerinnen und Lehrern und auch über die Arbeitsbelastung, es gab eine Vielzahl von Überlastanzeigen. Ich möchte Sie daran erinnern, die erste Debatte, die wir bei Amtsantritt der neuen Regierung hier im Hause geführt haben, war eine Schuldebatte, und da ging es auch um die Einstellung von jungen Lehrerinnen und Lehrern, und man muss sagen, die Koalition hat gehandelt. Die Lehrerversorgung funktioniert, und es gibt überhaupt keinen Grund, hier herumzumeckern und zu mäkeln und den Finger in irgendwelche Wunden zu legen. Hier gibt es keine Wunde, die Koalition hat gearbeitet!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Das muss man auch manchmal einfach als Opposition haben, und da muss man auch einmal die Größe haben zu sagen, das hat die Regierung auch gut gemacht, und das müssten Sie auch können! 18 Seiten Senatsantwort machen deutlich, dass die Koalition Ihre Hausaufgaben macht und dass der Senat arbeitet. Deshalb –

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Qualitativ oder quantitativ?)

qualitativ und quantitativ natürlich, Herr Röwekamp! – nimmt das Thema auch einen wichtigen Platz in der Koalitionsvereinbarung ein, und auch deshalb legt die rot-grüne Koalition zwei wichtige Anträge zur Lehrerausbildung und zur Versorgung mit Lehrern heute hier vor. Den ersten kann man auch zusammenfassen mit „Die Ausbildung von Lehrkräften muss gleich lang und gleichwertig sein“, das ist die zentrale Aussage, und das ist der Koalition wichtig. Der zweite Punkt ist, dass der Senat aufgefordert wird, „Butter bei die Fische zu tun“ und der Bürgerschaft ein handfestes Konzept für Ausbildung und Weiterbildung und für die Versorgung mit Lehrkräften vorzulegen. Das erachtet die Koalition für wichtig, aber die Senatsantwort zeigt auch, dass der Senat längst an dem Thema dran ist und die Opposition sich darüber auch nicht beschweren kann.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Man kann sich hier also nicht beschweren, dass eine Regierung nicht arbeitet. Man kann sich auch nicht

darüber beschweren, dass das Ressort sich keine Gedanken über Quereinsteiger gemacht hat. Das finde ich sehr gut, Herr Dr. Buhlert, dass Sie dieses Thema hier noch einmal so prominent auf die Tagesordnung geholt haben, und ich bin Ihnen auch dankbar, dass Sie diese Anfrage gestellt haben.

(Glocke)

Frau Kollegin, ich möchte für ein bisschen Ruhe für Sie sorgen! Die Aufmerksamkeit lässt so langsam nach. Ich bitte, der Kollegin Gehör zu leihen! – Bitte, Frau Stahmann!

Das ist also ein sehr wichtiges Thema, wenn auch zu später Stunde! Ich denke, die Anträge der Koalition sind eine gute Grundlage, die das Haus hier heute auch mit den Stimmen der Opposition beschließen kann.

Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass in den letzten zwei Jahren sehr viel erreicht worden ist im Land Bremen. Wir haben die PEP-Quote für die Schulen ausgesetzt, wir besetzen jede frei werdende Lehrerstelle, und wir haben das Instrument der Altersteilzeit für Lehrerinnen und Lehrer wieder zur Verfügung, und das sind sehr wichtige und zentrale Bausteine, und darauf ist diese Koalition auch zu Recht stolz, weil wir dafür viel Geld in die Hand genommen haben, lieber Kollege Beilken, sehr viel Geld!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wir haben den Stellenabbau der letzten Jahre gestoppt. Die Große Koalition hatte zehn Jahre Lehrerstellen abgebaut, obwohl die Schülerzahlen gleich waren, 800 Stellen sind abgebaut worden. Am Ende fehlte der Großen Koalition die Kraft, die PEP-Quote auszusetzen. Ich bin froh, dass die rot-grüne Koalition das geschafft hat. Ich bin auch froh, dass wir es schaffen, obwohl es schwierig ist, Lehrer und Lehrerinnen für Mangelfächer zu finden, aber ich bin auch froh, dass das LIS versucht, kreativ Werbung an den Universitäten zu machen, dass man sich nicht ausruht, sondern offensiv auch richtig an die Universitäten geht und versucht, Studenten und Studentinnen anzuwerben. Das ist wichtig.

Herr Dr. Buhlert hat richtigerweise darauf hingewiesen, der Lehrerberuf ist ein Beruf mit vielfältigen Anforderungen, das ist also nichts für Weicheier, salopp gesagt, wir suchen Menschen, die Tausendsassa sind, die viele Sachen können: Sie müssen moderieren können, sie müssen Schüler bei Lernprozessen begleiten können, sie müssen Elternarbeit können, sie müssen vielfältige Kompetenzen haben. Manche hier im Raum sind ja Lehrer, und heute bin ich von der neunten Klasse an der Hamburger Straße gefragt worden: Hat es denn noch Sinn, jetzt auf Lehramt zu studieren? Ist das denn ein Beruf mit Zukunftsaus

sichten? Man muss sagen, das ist wieder ein Beruf mit guten Zukunftsaussichten, und diese Botschaft muss man auch ins Land tragen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wir brauchen gut qualifizierte und gut ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer. Die Bremer Universität bildet auch für andere Bundesländer mit aus und bildet auch auf einem guten Standard aus. Ich finde nicht, dass wir dort jetzt weiter die Plätze ganz stark reduzieren sollten. Den Einschnitt beim Fachbereich Sport hat Frau Böschen angesprochen, das haben wir als Grüne kritisch begleitet, das muss man beobachten. Der Bereich der Behindertenpädagogik wurde ja in das Masterstudium mit integriert. Auch da schauen wir uns an, wie sich das auf die Qualität der Lehrerbildung auswirkt, da wir ja hohe Anforderung an inklusiven Unterricht stellen. Wir brauchen diese Qualifikation der Lehrerinnen und Lehrer.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben hier gute Anträge der Koalition vorliegen, wir haben auch Anträge der Opposition. Da die Anträge der Koalition weitreichender sind, bitte ich um Zustimmung zu diesen Anträgen! – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rohmeyer.

(Abg. Frau B ö s c h e n [SPD]: Er fasst sich jetzt auch kurz!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Böschen, wenn ich auf Sie eingehen würde, würde es länger dauern. Bei Ihnen spricht ja eine jahrzehntelange falsche ideologische Politik, die Sie uns hier freundlicherweise noch einmal vorgetragen haben, und unsere Meinung dazu kennen Sie ja zur Genüge.

Ich will aber erst einmal zu den formellen Dingen kommen. Wir haben Ihnen im August einen Antrag vorgelegt, und Sie kommen gestern Abend mit einem Antrag, weil Sie unserem Antrag nicht zustimmen wollen. Das zeigt, wie ernst Sie dieses Thema nehmen. Wir beantragen, Ihren Antrag dann auch an die Deputation für Bildung und den Wissenschaftsausschuss zu überweisen, damit wir uns dort mit Ihrem Antrag auch noch einmal beschäftigen können. Ich bin gespannt, ob Sie die inhaltliche Beratung dieser Punkte ernst meinen oder ob Sie hier meinen, Ihr Ding durchziehen zu müssen.

Wir haben in zwei Großen Anfragen, einmal FDP, einmal CDU, verschiedene Bereiche der Lehreraus––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

bildung und der Versorgung mit Lehrern abgefragt. Es liegen sehr umfangreiche Antworten vor, und zumindest für unsere Fraktion kann ich sagen, dass wir uns erst einmal beim Senat für die umfangreiche Beantwortung, die ein bisschen länger gedauert hat, aber dafür durchaus wirklich umfangreich war, bedanken, Frau Senatorin!

Wir haben ein Problem, wenn wir gleich bei der Beantwortung der Frage eins der Großen Anfrage der CDU vom Senat erfahren, dass in den nächsten zehn Jahren – also zufällig auch der Zeitraum des Konsenses – in der Stadtgemeinde Bremen 56 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer und in der Stadt Bremerhaven 53 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer, das sind in Bremen 2 832 und in Bremerhaven 720 Personen, Stellen sind es ein paar weniger, in den Ruhestand gehen werden. Es kann ja noch durch krankheitsbedingte Abgänge etwas hinzukommen. Das ist ein enormes Volumen. Es ist richtig – da werden Sie auch nicht widersprechen können –, seit Mitte der Siebzigerjahre wurde bis 1997 von der SPD kein einziger neuer Lehrer eingestellt. Dass wir jetzt ein solches Dilemma haben, ist Fehler Ihrer falschen Personalpolitik der vergangenen Jahrzehnte, meine Damen und Herren von der SPD.

(Beifall bei der CDU – Widerspruch bei der SPD)