Herr Präsident, die Debatte bringt mich auf eine weitere Zusatzfrage, die ich gar nicht stellen wollte, nämlich auf die Frage, ob es nicht Sache der Unternehmen ist, selbst zu entscheiden, welche Jugendlichen mit welcher Qualifizierung, nach welchen Kriterien sie einstellen. Das will ich mir aber sparen!
Die eigentliche Frage, die mir auf dem Herzen liegt, ist die Frage, ob das eigentliche Problem nicht der Mangel an einer Ausbildungsplatzabgabe ist, sondern der Mangel an genügend qualifizierten Bewerbern. Wir haben hier in Bremen eine Quote von fast 10 Prozent an Jugendlichen, die keinen Schulabschluss oder ungenügende Schulabschlüsse haben. Das ist doch vielleicht das Hauptproblem! Da wollte ich fragen, ob das nicht auch von der Bildungsbehörde entsprechend gesehen wird.
Sie sprechen jetzt eine Entwicklung an, die es mindestens seit Jahrzehnten gibt. Wir bekommen immer höher qualifizierte Arbeits- und damit auch Ausbildungsplätze und haben ein Problem, die Qualifikation unserer jungen Menschen da heranzuführen, allgemein, nicht nur in bestimmten Gruppierungen. Das ist auch ein Problem auf dem Arbeitsmarkt, wir werden es auch nicht verhindern können. Selbstverständlich haben die Unternehmen das Recht, sich diese auszusuchen. Sie haben aber auch eine soziale Verpflichtung, denke ich.
Sie sind in den letzten Jahren, glaube ich, nicht alle klug damit umgegangen. Das muss ich auch noch einmal sagen.
Wir haben nur 30 Prozent der Betriebe, die ausbilden. Die anderen haben nicht ausgebildet. Wir haben demnächst in Deutschland ein Problem, was den Nachwuchs angeht, und da ist auch einiges hausgemacht. Es ist nicht nur eine Frage, dass die Jugendlichen es nicht können, sondern es ist auch eine Frage, wie Unternehmen mit ihrem künftigen Nachwuchs umgehen.
Frau Senatorin, es ist Ihnen sicher auch wie mir bekannt, dass in Regionen mit einem ausreichenden Bildungsangebot merkwürdigerweise auch viel mehr Jugendliche die Voraussetzung erfüllen. Teilen Sie auch meine Auffassung, dass im Zuge der demografischen Entwicklung wir in Zukunft einfach weniger Jugendliche zur Auswahl haben werden und auch die Unternehmen in Bremen sich darauf einstellen müssen, die Jugendlichen ausbilden zu müssen, die wir haben, und nicht die, die sie sich gern wünschen würden?
Ihnen ist sicher auch wie mir bekannt, dass bei den Jugendlichen, die momentan noch ohne Ausbildungsplatz sind, alle Qualifikationsstufen, alle Schulabschlüsse in gleicher Verteilung vorhanden sind und die Anzahl der Jugendlichen ohne Hauptschulabschluss, die unversorgt sind, verschwindend gering ist.
Ich teile Ihre Auffassungen, Frau Kollegin! Ich denke, Sie beschreiben das Problem an dieser Stelle genau richtig. Ich habe eben schon gesagt, die demografische Entwicklung wird so sein, dass wir wirklich froh sind um jeden Jugendlichen in der Bundesrepublik, den wir haben und den wir natürlich dann auch so hoch qualifizieren müssen, wie es geht, um einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Deshalb habe ich vorhin bei den Tests auch gesagt, man weiß manchmal wirklich nicht, was der Test genau abfragt. Wenn wir dann zu wenige haben, das ist so, dann passiert das, was Sie beschrieben haben. Insofern kann ich Ihnen vollständig beipflichten.
Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und den Abgeordneten Schildt, Dr. Sieling und Fraktion der SPD folgendes Thema beantragt worden:
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! In der vergangenen Woche verkündete das Bundesverfassungsgericht ein Grundsatzurteil für den öffentlichrechtlichen Rundfunk. Das macht das Bundesverfassungsgericht nicht alle Tage, nicht jede Woche, nicht jedes Jahr, und auch aus diesem Grund ist es wichtig, dass wir in einer Aktuellen Stunde über dieses vielschichtige Urteil insgesamt hier im Parlament reden und debattieren.
Klare Worte fand das Bundesverfassungsgericht im Gebührenstreit und stärkte ARD, ZDF und dem Deutschlandradio – die sind klein, aber man darf auch das Deutschlandradio hier an dieser Stelle nicht vergessen! – den Rücken. Darüber, das möchte ich hier sagen, bin ich ausgesprochen froh!
Es ging den Sendern bei ihrer Klage nicht nur um einen Streit um Euro und Cent. Es ging auch um die Frage, ob der Einflussnahme einiger Ministerpräsidenten – der südlich gelagerten Ministerpräsidenten, sage ich hier fairerweise – auf die Gebührenfestsetzung ein Riegel vorgeschoben und damit für die nötige Staatsferne gesorgt wird. Das haben die Verfassungsrichter ausdrücklich getan.
Auslöser war die eben genannte Verfassungsbeschwerde der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten gegen die Einmischung der Politik, insbesondere einiger Ministerpräsidenten. Ich erinnere einmal an das Papier, das hier wir als SMS-Papier bezeichnet haben, von den Ministerpräsidenten Stoiber, Milbradt und Steinbrück.
Die Verfassungsrichter bekräftigten, über die Gebührenschraube darf keine Medienpolitik betrieben werden, das ist auch eine der Kernaussagen des Urteils. Gleichzeitig ist das Urteil aber auch ein wichtiges Signal an die EU. Wir erinnern uns alle, dass wir hier über die Klage der privaten Rundfunkbetreiber in Brüssel geredet haben. Die Wettbewerbshüter hatten das deutsche Verfahren als sehr kritisch
gesehen und haben gesagt: Okay, ihr könnt dieses Verfahren beibehalten, wenn es ein staatsfernes, gestuftes Verfahren der Gebührenfestsetzung ist. Solltet ihr euch nicht daran halten, betrachten wir es als Beihilfe, und dann müsst ihr euch etwas anderes überlegen.
Das Eingreifen der Ministerpräsidenten in das bisherige Prozedere hatte also den Verdacht genährt, es handele sich um wettbewerbsverzerrende Beihilfen. Nun ist eine rechtliche Klarstellung erfolgt, und das ist an dieser Stelle auch gut so.
Von diesem Urteil ist auch das Bremer Parlament betroffen. Ich möchte noch einmal daran erinnern: Wir haben hier sehr kontrovers und auch hartnäckig über den betroffenen Staatsvertrag gesprochen, der nun vom Bundesverfassungsgericht kassiert worden ist. Unter Bauchgrimmen – hinterher ist man immer klüger – hatten damals die Fraktionen, die Opposition eingeschlossen, diesem Staatsvertrag zugestimmt. Wir steckten damals, das muss man auch so sagen, in einer ziemlichen medienpolitischen Zwickmühle.
Die Gebührenanhebung war ein Kompromiss zwischen denen, die eine Anhebung wollten wie Jens Böhrnsen, und denen, die keine wollten, Ministerpräsident Stoiber zum Beispiel. Ohne diesen Kompromiss hätte es aber keinen Staatsvertrag und auch keine Gebührenanhebung gegeben. Für Radio Bremen, das war ein Punkt, den wir hier heftig diskutiert haben, wäre dies, mitten im schwierigen Umstrukturierungsprozess, existenzgefährdend gewesen, denn dann wäre kein Staatsvertrag gekommen, es hätte keine Gebührenanhebung gegeben, und Radio Bremen hätte ein Problem im ohnehin schwierigen Prozess gehabt.
Der vom Parlament ratifizierte Staatsvertrag ist nun mit dem Urteil des BVG für hinfällig erklärt worden, Grund genug dafür, auch heute mit Ihnen hier darüber zu debattieren. Das Urteil schafft nun notwendige Rechtssicherheit, und es ist keineswegs eine Niederlage für den Gebührenzahler, wie manche Zeitungen geschrieben haben.
Die Verfassungsrichter nehmen auch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in die Pflicht und sagen, sie haben nicht nur eine Pflicht für die Quote, das sollten die öffentlich-rechtlichen Sender lieber hintanstellen, sondern die Pflicht der öffentlich-rechtlichen Sender besteht darin, Qualität zu liefern, natürlich auch auf die Quote zu schauen, das ist immer gut, wenn es auch klappt, aber den Vorrang geben die Verfassungsrichter hier dem Thema Qualität. Das, finde ich, ist die wichtige Abgrenzung zu den Privaten. Die Privaten können für den Kaviar oder die Petersilie oben darauf sorgen, aber ARD und ZDF sind
Die Karlsruher Richter haben in ihrem Urteil entschieden, dass der Gesetzgeber zwar von der Empfehlung der Kommission zur Ermittlung des Finanzverfahrens – ich nenne sie jetzt immer kurz KEF – abweichen darf, aber die im Jahr 2005 angeführte Begründung nicht fundiert genug war. Das Argument der allgemeinen schlechten wirtschaftlichen Lage reicht zur Begründung, der Empfehlung der KEF nicht zu folgen, allein nicht aus. Die Entscheidung der Ministerpräsidenten, die Gebühr zum 1. April 2005 nur um 88 Cent pro Monat, statt, wie von der KEF berechnet, um 1,09 Euro zu erhöhen, ist nicht mit der Rundfunkfreiheit vereinbar.
Es gibt jetzt aber keine sofortige Gebührenerhöhung, sondern die Verfassungsrichter haben gesagt, die Gebühren müssen auskömmlich sein, sie müssen es den Sendern möglich machen, Personal zu bezahlen. Sie haben festgestellt, das ist derzeit nicht möglich. Natürlich wird jetzt kritisch über die nächste Gebührenerhöhung verhandelt werden. Die KEF hat aber in der Vergangenheit nicht alle Sachen zugelassen, sondern auch gestrichen, was an Bedarfen ermittelt worden ist.
Die Verfassungsrichter pochen auf die notwendige Trennung von Medienpolitik und Gebührenfestsetzung und weisen damit einige Ihrer Kollegen, Herr Böhrnsen, ganz unsanft in die Schranken, hier handele es sich um ihr Hoheitsgebiet, wo sie schalten und walten können, wie sie wollen.
Der Versuch, mittels Gebührenpolitik den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in seiner notwendigen Entwicklung zu beschränken, ist fehlgeschlagen. Das, sage ich noch einmal, ist richtig, es ist gut, dass es fehlgeschlagen ist und dass es hier zu einer rechtlichen Klarstellung gekommen ist.
Ich sage auch ganz deutlich: Das muss auch aus Sicht unseres Parlaments als ein Erfolg gelten, denn die Parlamente ratifizieren die Staatsverträge, nicht die „Kaminrunden“. Das haben wir hier immer kritisiert. Das Rundfunkrecht ist sehr kompliziert, und für die Gebührenfestsetzung ist der Gesetzgeber zuständig, wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, und nicht die Staatskanzleien!
Eine Vorlage für die angemessene Gebührenhöhe liefert die KEF. Sie prüft jetzt die Anträge, die von ARD, ZDF und Deutschlandradio eingehen, und stimmt nicht allen Wünschen und Forderungen zu. Deshalb ist aus Sicht der grünen Fraktion die Politik