Protocol of the Session on April 30, 2009

Sie kritteln daran herum, weil Sie vermutlich vorher nicht gefragt worden sind oder warum auch immer, anstatt zu sagen, das ist eine Chance, und wenn wir diese Chance, Basishafen zu werden für die Wartung der Anlagen auf hoher See, bekommen können in Bremerhaven, dann müssen wir natürlich alle Fragen seriös prüfen, aber dann ergreifen wir diese Chance und kritteln nicht daran herum. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Tittmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Günthner, irgendwie erinnern Sie mich an Al Bundy umgeben von seinen liebenswürdigen Dumpfbacken.

(Glocke)

Herr Abgeordneter Tittmann, versuchen Sie doch, sich parlamentarisch auszudrücken und die Regeln dieses Hauses, was Anstand angeht, einzuhalten! interjection: (Beifall)

Meine Damen und Herren, jetzt lachen Sie nicht mehr! Wahrscheinlich habe

ich einmal wieder den Nerv getroffen. Wenn Sie sich über meine letzte Rede aufregen, dann weiß ich, dass ich hundertprozentig richtig liege. Ansonsten würden Sie sich nicht so aufregen. Darüber hinaus habe ich es nicht nötig, hier irgendetwas schlecht zu machen. Herr Günthner, die Tatsachen, die nackten Zahlen in Bremerhaven sprechen für sich. Ich brauche Bremerhaven nicht herabzusetzen. Auf der Grundlage einer sozialdemokratischen jahrzehntelang verfehlten Politik ist Bremerhaven tatsächlich auch von den Zahlen her das Armenhaus der Nation. Da können Sie hier noch so Schönwetterreden halten, es stimmt nicht. Wir haben 40 Prozent Kinderarmut, wir haben die höchste Pro-Kopf-Verschuldung, wir haben mit die höchsten Arbeitslosenzahlen. Wir haben Lehrermangel, wir haben einen Bildungsnotstand. Bis morgen früh kann ich die Ergebnisse Ihrer sozialdemokratischen Politik noch aufzählen, bis morgen früh, ein Schreckenschaos. – Danke!

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Bödeker.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zu Herrn Tittmann möchte ich nichts mehr sagen, aber, Herr Günthner, dass Sie andere Parlamentarier in diesem Haus auf die Stufe von Herrn Tittmann stellen, halte ich schon für sehr ärgerlich.

(Beifall bei der CDU)

Das, was Sie hier gerade eben gemacht haben, lieber Herr Günthner, ist das, was mich an Ihr Europawahlplakat mit der heißen Luft erinnert, mit dem Sie die Linken beschimpfen,

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

aber mehr war das hier wirklich nicht.

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Das mit den Dumpinglöhnen ist aber auch richtig!)

Nein, Sie scheinen eines vergessen zu haben: Die Erfolgsgeschichte Windenergie und Offshore-Windenergie ist eine Geschichte, die durch Wirtschaftsund Häfensenatoren der CDU eingeleitet worden ist. Das muss man hier zur Kenntnis nehmen. Insofern, lieber Herr Willmann, ist das natürlich kein Lob für die jetzige Regierung, sondern der eingeleitete Kurs ist ein Lob für die Vorgängerregierung, die politisch vernünftig gearbeitet hat.

(Beifall bei der CDU)

Dass Sie das ärgert, weiß ich.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Ich glaube, Sie ärgern sich mehr!)

Das Problem, das wir hier sehen, ist, dass dieser erfolgreich eingeleitete Kurs eben nicht erfolgreich weitergeführt wird, und wenn Sie, Herr Günthner, im ersten Redebeitrag erklären, wir sollen hier keine Namen nennen, im zweiten erklären, wer sich angesiedelt hat, Sie aber in der Antwort sehen, wer sich eben nicht angesiedelt hat, ist es doch legitim, hier die Frage zu stellen: Wie soll es mit der Windenergie weitergehen? Bleiben wir auf der Erfolgsspur, oder verlassen wir sie, weil wir zögerlich handeln und zaudern? Genau das ist der Appell, den wir hier geben.

(Beifall bei der CDU)

Ich meine, die Offshore-Windenergie und die Wirtschaftskraft Bremens zu fördern, ist eine Aufgabe des gesamten Hauses, wir in Bremerhaven tragen ja auch mit Verantwortung, und auch da haben wir eine Verantwortung. Die Gesamtverantwortlichen dieses Hauses, mit denen wir im Schulterschluss stehen und schauen müssen, dass wir Betriebe ansiedeln, und nicht zusehen, dass Betriebe sich nicht ansiedeln, deswegen diese Anfrage und deshalb die Diskussion und mein Appell, lieber Herr Senator. Es ist ausgesprochen wichtig, dass wir möglichst schnell die Gewerbeflächen zur Verfügung stellen, damit wir eben nicht weitere Betriebe haben, die sich bei uns nicht ansiedeln. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Möhle.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu dem Abgeordneten Tittmann wird hier allzu häufig gesagt, man brauche nicht auf ihn eingehen. Ich will an ein paar Punkten doch einmal nachweisen, welchen wirtschaftspolitischen Unsinn dieser Abgeordnete hier vertritt. Er stellt sich ans Rednerpult und sagt, zur Windenergie könne man stehen, wie man wolle. Es sei aber eine Schlüsselentwicklung in Bremerhaven. Was heißt denn, man kann dazu stehen, wie man will? Entweder sagt man, ja, wir wollen in Bremerhaven genau das Cluster Windenergie fördern und befördern, dann steht man positiv zu dieser Windenergie, oder man sagt, ich will keine Windenergie, dann muss man es sein lassen. Da muss man sich an solch einer Stelle schon einmal klar ausdrücken.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ein zweiter Punkt: Wenn man hier permanent sagt, Bremerhaven sei ein Armenhaus, und jeden wirtschaftspolitischen Fortschritt, der in Bremerhaven deut––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

lich sichtbar ist, ignoriert – ich glaube, da sind sich alle anderen Fraktionen hier im Haus einig, dass Bremerhaven in jedem Fall deutliche Fortschritte in der Windenergie gemacht hat –, wenn man dann auch an dieser Stelle noch glaubt, diese Erfolge müsse man kaputt reden, dann ist man, glaube ich, so gestrickt, dass man glaubt, man könne politisch nur dann gewinnen, wenn es den Menschen im eigenen Ort schlecht geht, und das halte ich für eine ganz gefährliche politische Grundhaltung.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ich glaube, man sollte daran interessiert sein im Interesse des Bundeslands Bremen, aber auch im Interesse der Seestadt Bremerhaven, dass es den Menschen vor Ort gut geht, und dafür sollten alle Abgeordneten hier in diesem Haus kämpfen. Ich habe Herrn Bödeker und auch Herrn Müller so verstanden, dass sie unterschiedliche Sichtweisen haben, wie es denn besser wird, aber das gemeinsame Interesse, dass es unserem Bundesland besser gehen soll, habe ich an dieser Stelle deutlich erkannt, nur bei Herrn Tittmann nichts davon!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN)

Es ist sozusagen ein Kernstück von Demagogie zu glauben, wenn man dann noch in einer Wirtschaftsdebatte sagt, es gibt auch zu wenig Lehrer und dies und das und jenes und alles in einen Topf schüttet, rührt und meint, noch oben darauf eine braune Soße zu gießen, dann könne man damit politisch Erfolg haben. Ich weise das ganz deutlich zurück, jedenfalls für meine Fraktion, ich maße mir hier nicht an, für alle anderen gleich mitzureden. Ich ahne aber, dass es alle anderen Fraktionen deutlich ähnlich sehen, und ich möchte darum bitten, dass mit diesem Spuk in diesem Haus irgendwann auch einmal Schluss ist und man nicht permanent diese Reden ertragen muss. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Anhaltender Beifall)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Nagel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Bödeker, es waren viele Appelle an den Senator und den Senat in Ihren Beiträgen. Einer davon war: „Passen Sie bloß auf, Senator und Senat, dass die Cuxhavener nicht bei der Frage der neuen Grundstücke, die wir von Niedersachsen auf bremisches, Bremerhavener Gebiet holen, irgendwie mitreden können. Die führen da nichts Gutes im Schilde.“ Gleichzeitig stellen Sie eine Anfrage, um, wie Sie sagen, Sachaufklärung zu betreiben – Überschrift „Fehlende Gewerbeflächen für Windkraftun

ternehmen in Bremerhaven“. In der ersten Frage ist die Rede vom Scheitern von Ansiedlungen. Herr Stabbert, der Oberbürgermeister von Cuxhaven, das wissen Sie, ist CDU-Mitglied, und – wahrscheinlich aus seinem Verständnis heraus für die Interessen Cuxhavens – wenn er mit Investoren redet, verwendet er genau dies. Das heißt, aus dieser Anfrage könnte man in Cuxhaven sehr schön eine Broschüre machen, die man Investoren in die Hand drückt und dafür wirbt, warum man besser nach Cuxhaven als nach Bremerhaven geht. Deshalb, Herr Bödeker, wäre es schon schön, wenn Sie Ihrem Parteifreund Stabbert auch die Antwort des Senats auf Ihre Anfrage zuschicken könnten, damit er dies so nicht tun kann.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ein weiterer Punkt, meine Damen und Herren: Das Engagement des Landes Bremen und auch der Stadt Bremerhaven für die Entwicklung der Windenergie ist hier bekannt. Es sind etwa 80 Millionen Euro an öffentlichem Geld gewesen, die Erfolge sind von Herrn Günthner dargestellt worden. Was ist denn die Folge dieser guten Entwicklung? Sie sprechen, Herr Bödeker, von einem Abwanderungsproblem und unterstellen, Unternehmen, die in Bremerhaven sind, würden weggehen. Wir haben kein Abwanderungsproblem in Bremerhaven, wir haben ein positives Zuwanderungsproblem, weil viele nach Bremerhaven kommen wollen

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Zuruf des Abg. F o c k e [CDU])

genau wegen der Entwicklung, die in den letzten Jahren stattgefunden hat, und deshalb findet ein Wettbewerb von Unternehmen um Gewerbeflächen in Bremerhaven statt. Das ist grundsätzlich eine gute Situation, das spricht für die Attraktivität des Standorts und hat im Übrigen auch überhaupt nicht nachgelassen, seit wir die Wirtschaftsförderung umgestellt haben. Das ist ein Märchen, das Sie hier erzählen wollen, denn der Standort hat mittlerweile Qualitäten – ich wiederhole das gern, ich habe das schon häufig gesagt –, die geldwerte Vorteile für Unternehmen bringen: Innovation, Forschung, Entwicklung, die Hochschule Bremerhaven mit Stiftungsprofessuren für Windenergie und vieles anderes mehr, das zu nennen wäre.

Was diese Fläche angeht, die für die Firma AMBAU vorgesehen war, sie wird jetzt aufgesandet. Die Ausschreibungen werden demnächst laufen. Es werden auch in Bremerhaven weiter Gewerbeflächen zur Verfügung stehen, um die Entwicklung weiter zu unterstützen, und es ist richtig, dass wir am Standort Bremerhaven Schwerpunkte im Bereich Forschung und Entwicklung haben. Das Fraunhofer-Institut und viele andere sind genannt worden. Wir werden auch

weiter im Bereich der Infrastruktur mithalten müssen.

Eines möchte ich auch betonen: Wir müssen endlich anfangen, auch in Bremerhaven den regionalen Bezug zu dem, was geschieht, einmal zu sehen. Herr Müller, Sie hatten ihn teilweise angesprochen. In diesen Tagen ist ein Antrag für den Spitzenclusterwettbewerb German Wind an die Bundeswissenschaftsministerin abgeschickt worden. Die Nordwestregion stellt sich mit ihrer umfassenden Kompetenz im Bereich Windenergie vor, und Bremerhaven spielt dabei eine zentrale Rolle. Das wird auch so bleiben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Deshalb halte ich Kirchturmspolitik im Zusammenhang mit der weiteren Entwicklung der Windenergiekompetenz im Nordwesten für den falschen Ansatz.

Der norwegische Botschafter war in diesen Tagen in Bremerhaven. Wir hatten eine norwegisch-deutsche Konferenz zum Thema Windenergie. Die Norweger verfügen über viel Erfahrung, wie man Bohrinseln unterhält, wie man die Unterhaltung, die Versorgung macht, deshalb war es gut, diese Kompetenz einmal abzufragen. Der norwegische Botschafter hat wörtlich gesagt, Bremerhaven gehöre zu den führenden Regionen im Bereich Windenergie in Europa, und wenn der norwegische Botschafter das sagt, dann weiß er, wovon er redet, denn die Norweger haben Erfahrung in dem Bereich.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt komme ich noch einmal zur aktuellen Entwicklung. Wenn Sie einmal schauen, wie denn die Wertschöpfungskette aussieht, also die verschiedenen Elemente, wie man im Bereich Windenergie Geld verdienen kann, dann sind das Standortsuche und -untersuchung, das sind Planung, Projektierung, Finanzierung, die Komponentenfertigung, die Fertigung ganzer Anlagen, und das sind vor allem Logistik, Aufbau und Montage. Wir haben im Moment in der Windenergiebranche, die ja ein aufkommender Markt ist, die Notwendigkeit, zu industriellen Fertigungsstrukturen zu kommen, damit die Kosten des offshoreerzeugten Stroms am Ende auch wettbewerbsfähig bleiben, und zwar dauerhaft und nicht nur für eine Phase, in der er noch unterstützt wird.

Deshalb führen wir – und wir heißt in diesem Fall, der Oberbürgermeister der Stadt Bremerhaven und ich – gemeinsam mit den potenziellen Investoren, die in diesem Spiel mitspielen wollen und auch können, Gespräche darüber, was für diese Entwicklung gebraucht wird, damit sie weiter mithalten können, und was wir in Bremerhaven bieten können. Eben kam das Stichwort, auf Vorrat einmal irgendwelche Ge

werbeflächen auszuschreiben, das wäre genau der falsche Weg, weil wir dann am Ende das Falsche anbieten, sondern wir müssen zusammen mit denen, die in die industrielle Phase der Windenergie gehen, schauen, was wir anbieten können. Deshalb, Herr Bödeker, ist es auch richtig, dass man überlegt, ob der Flughafen in Bremerhaven dabei eine Rolle spielen kann oder muss.