In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch einmal das Thema Patentanmeldungen ansprechen. Diese sind als Indikator für eine erfolgreiche Innovationsstrategie auch im Bericht des Technologiebe
auftragten genannt. Gern werden die schlechten Bremer Zahlen ja mit dem Verweis auf die Problematik der Anmeldung solcher Patente am Sitz eines Unternehmens abgetan. Schauen Sie aber einmal nach Erlangen, meine Damen und Herren! Die Stadt liegt bei Patentanmeldungen ganz weit vorn in Deutschland, was vor allem mit der Siemens-Forschung vor Ort zusammenhängt, und Siemens hat seinen Sitz bekanntlich in München. Der vermeintliche Zusammenhang zwischen Sitz eines Unternehmens und Patentanmeldungen kann auch einfach eine Ausrede für verfehlte Politik sein.
Abschließend, da es dieser Tage in den Medien kursierte, möchte ich für die FDP-Fraktion dem Senat aber noch viel Erfolg für einen schnellen Umzug des Instituts für Fischereiökologie aus Hamburg wünschen! Diese Forschungseinrichtung des Bundes nach Bremerhaven zu holen ist, da stimmen wir dem Senat zu, ein wichtiger Baustein für die Stadt und das Land. Daher unterstützen wir Sie dabei, hier weitere Verzögerungen zu vermeiden. – Herzlichen Dank, meine Damen und Herren!
Sehr verehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe nun Gelegenheit, an die Antwort anzuknüpfen, die doch ganz am Rande vorkam bei den Ausführungen der Kollegin Frau Busch. Sie hat das ja am Anfang vermieden, indem sie lieber die Person angegriffen hat. Das sollten wir uns übrigens nicht verstärkt angewöhnen, ja? Anstatt Sachargumente anzugehen, die Person angehen, das schafft – –.
Sie sind dann ja doch noch auf zwei – -! Ich werde gleich darauf antworten, haben Sie ja immerhin auch gemacht! Aber wenn wir dieses gegenseitige Angreifen von Personen hier kultivieren, das können wir machen, bloß das politische Vertrauen wird dadurch wahrscheinlich nicht größer, und zwar dann mit Recht nicht größer.
Es ging um zwei Aspekte, die Sie angesprochen haben. Zum einen sei die Rüstung nur ein margina––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
ler Bereich, und zum anderen sei die Raumfahrt auch für den Alltag tauglich. Mit der Rüstung, das ist uns nicht egal. Wir sind wohl nicht die Einzigen hier im Raum, die es merkwürdig finden – ich hoffe es jedenfalls –, dass in einem Verbundprojekt Flugakrobatik dann die Förderung an eine Firma namens Rheinmetall Defence Electronics geht. Hier sind dann auch die Verbindungen zu wirklich massiver Rüstungsproduktion, und ich weiß nicht, ob dort auch heute noch Minen hergestellt werden. Vor ein paar Jahren ist es mir von Beteiligten, die dort tätig sind, direkt gesagt worden. Da haben wir schon öfter gesagt: Passen Sie auf! Es ist nicht egal, was mit der Technologie gemacht wird! Es ist nicht egal, womit Geld verdient wird! Wir sind nicht mehr in den Neunzigerjahren, wo alles, was Geld bringt, gut ist, und der Rest ist egal, nicht mehr!
Wir haben es bei der Technologieförderung mit großen Steuerungen, mit großen Geldmitteln zu tun, und da lassen Sie dann auch bitte die Dinge einfließen, die Sie bei der UN-Dekade für nachhaltige Bildung hier in den Raum gestellt haben! Wir haben es bei der Technologieförderung nötig, dass hier ein Geist, der ökologisch und sozial ist, dahinter stehen muss und nicht, wie beim Technologiebeauftragten – ich habe das auch im Wissenschaftsausschuss direkt gesagt, als der Bericht vorgetragen wurde –, einen Geist, der nur die Technologie in den Vordergrund rückt. Meine Damen und Herren, um es einmal ganz deutlich zu sagen: Wer so agiert, ist nicht in der Verantwortung, sondern wer so agiert, setzt auf Impulse, die eher frühkindlich sind, nämlich die Technikbegeisterung, ich drücke auf einen Knopf und es passiert ganz viel. Ich will das Fachwort in der Kleinkindpsychologie dafür nicht sagen.
Ich will den nächsten Aspekt sagen: die Gier! Man kann mit Technologie Verdrängungswettbewerb machen, und wenn man da Fördergelder bekommt und dann ganz vorn ist – woanders fallen Arbeitsplätze weg – und mein Laden brummt, habe ich natürlich einen hohen Gewinn. Diese Art von Wirtschaftsförderung bringt uns auch nicht viel, per Saldo keine Arbeitsplätze: Die, die hierher kommen, fallen woanders weg, und wir haben es gefördert, und es wird dann ein hoher Gewinn eingestrichen.
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Was ist denn das für ein Quatsch? Das ist ja Steinzeit-Technologie!)
Das ist ja alles schön und gut, man kann es alles machen, aber diese Dinge dürfen doch nicht im Vordergrund stehen, dürfen nicht das Einzige sein! Sie sind menschlich, sie gehören zu unserem Wirtschaftssystem, sie tragen dazu bei, dass es funktioniert, und
ich sage auch: Sie gehören auch dazu, dass es Spaß macht, aber diese Dinge dürfen doch nicht wie so ein Götzendienst das Einzige sein, hinter dem wir her sind, meine Damen und Herren! Das heißt, wir brauchen eine geistige Führung. In diesem Fall nehme ich die Expo 2000 als Beispiel. Da war es die Kollegin Breuel von der CDU, die das hier meines Erachtens noch repräsentiert hat. So etwas vermisse ich hier, vermisse ich übrigens auch beim Universum Science Center in Bremen, diese Ausrichtung auf das Ökologische. Sie wurde dafür angegangen, sie wurde von der Wirtschaft kritisiert, das sei zu viel Dienstbarmachung für humanpolitische Ziele der Technik. Nein, genau das wollen wir! Wir haben es bei der Expo 2000 noch durchgehalten, und hier in Bremen hört man davon gar nichts mehr, sondern was Geld bringt, ist gut. So können wir die Technologieförderung nicht befürworten, meine Damen und Herren!
Wir hatten früher auch sozialpolitische Aspekte bei der Technologieförderung. Es gab zum Beispiel so etwas wie mittlere Technologie, die man gefördert hat, die man in die Dritte Welt exportiert hat, KraftWärme-Kopplung und so weiter, man hat die Technik den sozialen Bedarfen untergeordnet. Auch davon höre ich nichts. Bei der Ökologie nimmt man es mit, wenn es Geld bringt, beim Sozialen bringt es kein Geld, jedenfalls bis jetzt nicht, und man wartet darauf, bis es auch da Geld bringt, sonst ist das nichts. Dies ist Kapitalismus, den man einfach so laufen lässt, und dafür sind Sie nicht hier, meine Damen und Herren, sondern für die verantwortungsvolle Steuerung! Dann funktioniert das System mit einer gewissen Chance. Daran müssen wir jedenfalls arbeiten, dieses massiv zu steuern und eben sozial und ökologisch zu steuern. Das ist auch bei der Technologieförderung nötig.
Man kann dann natürlich überlegen, wohin das gesteuert wird. Zum Beispiel könnte man Altautos mit einer genial einfachen technischen Möglichkeit nachrüsten, Filter nachrüsten, aber damit ist nicht so viel Geld zu verdienen, weil es nicht genügend gefördert wird, oder aber, dass man den ÖPNV genial vereinfacht, und dann müsste man auch in die Richtung investieren.
Aber diese Dinge zu überlegen, Ziele zu setzen, den Studiengang Gesellschaft und Informatik, wo diese Dinge verbunden werden. Sie schließen Listenstudiengänge, wie zum Beispiel Integrationspädagogik, die wir bitter brauchen, wie wir wissen, wo wir auch in Bremen führend waren. Das geht den Bach hinunter. Sportpädagogik, wo wir in Bremen eine kritische Wissenschaft hatten, die für Breitensport, für Gesundheitssport und auch für Persönlichkeitsentwicklung durch Sport gesorgt hat, alle diese Dinge gehen den Bach hinunter, und es gibt nur Technologie, Technologie, Technologie, und womit Geld verdient werden kann, das wird gefördert. Das ist keine besonders kluge und verantwortliche Politik, das ist bestenfalls eine Hälfte.
Wir brauchen eine Balance, dass die Dinge, die etwas mit den Zielen, mit sozialen und ökologischen Entwicklungen und mit der Verbindung dieser Entwicklungen zu tun haben. Wenn Sie es nicht verbinden, geht es gar nicht,
rein ökologisch nur, wenn es Geld bringt, das reicht nicht! Sie müssen es verbinden, und dann wird ein Schuh daraus. Das gilt weltweit, das gilt auch für Bremen, und das gilt auch für die Technologieförderung. – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eigentlich dachte ich, dass die Debatte so weit gut gelaufen ist, man streitet sich in den Detailfragen, ist sich aber einig darüber, dass in einer globalisierten Welt Innovation dasjenige Mittel ist, um überhaupt bestehen zu können. Das, dachte ich zumindest, sei im Hause Konsens. Jetzt habe ich von Herrn Müller gehört, Innovation ist gar nicht so wichtig, muss in Wirklichkeit auch gar nicht sein, und eben höre ich dann noch, dass wir im Grunde genommen eine Art Staatslenkung der Wirtschaft brauchen. Ehrlich gesagt, mich macht das irgendwie einigermaßen fassungslos, weil die Modelle von staatslenkender Ökonomie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN, hinlänglich gescheitert sind!
Im Übrigen, um Ihnen das auch zu sagen, sie sind nicht nur gescheitert, sondern es ist auch hinlänglich untersucht worden, woran sie gescheitert sind. Kommen Sie nicht mit diesen Ladenhütern hierher und meinen, das sei moderne Ökonomie!
Mein Kollege Dr. Güldner hat gestern die Frage gestellt, in welchen Steinzeithöhlen Sie eigentlich sitzen. Die Frage könnte ich an dieser Stelle mit Fug und Recht wiederholen. Moderne Ökonomie auf den Punkt herunterzureduzieren, wie Sie das gemacht haben, heißt im Grunde genommen, jede freiheitliche Entwicklung in der Wirtschaft zu blockieren.
(Abg. B e i l k e n [DIE LINKE]: Wem dienen Sie eigentlich?) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. Ich behaupte, und das sagen wir Grünen mit ganz großer Überzeugung, dass Politik nicht Wirtschaft ersetzen kann und auch nicht ersetzen soll, (Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)
sondern lediglich dazu da ist, um zu helfen, wo man helfen kann, und Strukturen zu schaffen, dass sich das wirtschaftlich positiv entwickelt, und zu erkennen – das hat Frau Busch vorhin auch schon gesagt, das hat aber auch Herr Kastendiek gesagt –: Wo sind eigentlich die Trends?
Kunden von Produkten sind heute auch nicht mehr so dumm, dass sie jeden Mist kaufen, um es ganz deutlich zu sagen. Moderne Produkte müssen sich auch dem Geschmack der Kunden anpassen, auch das ist ein Teil Innovation. Fehlerhafte, schlechte Produkte werden sich am Markt langfristig auch nicht durchsetzen können. So gesehen bin ich da ganz zuversichtlich, dass unsere Bevölkerung schlau genug ist, auch kluge und intelligente Produkte anzunehmen.
Um das an diesem Punkt auch noch einmal abzuschließen: Ich freue mich in Wirklichkeit, ehrlich gesagt, das sage ich hier noch einmal im Hinblick auf die Strukturdebatte beim nächstes Mal, weil wir da eine viel umfangreichere Diskussion führen, aber ich habe es einfach satt, irgendwelche wirtschaftspolitischen Konzepte aus der Steinzeit hier vorzutragen. Im Übrigen war selbst Karl Marx in seiner Analyse „Das Kapital“ deutlich fortschrittlicher, weil er immer von der Innovation geredet hat, und die Entwicklung der Produktivkräfte an der Stelle ist eigentlich nichts anderes als Innovation.
Da lesen Sie dann bitte schön auch noch einmal bei Ihren Ursprüngen nach, und dann werden Sie merken, dass Sie selbst das nicht begriffen haben, was ich außerordentlich tragisch finde. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Beilken, manche Dinge kann man einfach nicht stehen lassen, wie Sie sie hier gesagt haben. Ich möchte es einmal so sagen: Der Technologiebeauftragte agiert nicht, das möchte ich entschieden zurückweisen! Der Technologiebeauf––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
tragte Professor Timm ist ein international hoch anerkannter Mann, nicht nur in Bremen, sondern auch außerhalb Bremens, und er ist einer, der aus seiner langjährigen Erfahrung, die er als Rektor der Universität Bremen hat, dafür bekannt ist, dass er eben nicht nur technologiefreundlich ist, sondern dass er immer an die Spitze der Bewegung stellt, dass die Geisteswissenschaften gleichwertig behandelt werden müssen und Technologie ohne Förderung der Geisteswissenschaften gar nicht möglich ist.
Sie haben hier Beispiele aufgezeigt, haben hier etwas aufgebaut in Sachen Rüstung. Sie sind jetzt ein Jahr Mitglied im Wissenschaftsausschuss. Machen Sie sich doch einmal die Mühe und schauen sich einmal an, was wir an Instituten hier in Bremen haben! Gehen Sie die Institute besuchen, schauen Sie sich einmal an, was im Deutschen Forschungsinstitut für künstliche Intelligenz gemacht wird. Dort wird Robotik zur Beseitigung von Landminen entwickelt. Ist das ein Projekt, das gut ist? Das, finde ich, kann man nur befürworten!
Wir haben gehört, das hatte ich schon gesagt, Bremen ist ein exzellenter Raumfahrtstandort. Das ist er deswegen, weil wir in Bremerhaven das AWI haben, weil Raumfahrtforschung und Erforschung der Meere – 70 Prozent der Erde bestehen aus Wasser – eine wichtige Symbiose zur Erforschung vom Klima und zum Küstenschutz ergeben. Das ist für Bremerhaven außerordentlich wichtig. Das sind Projekte, die einer zivilen Nutzung dienen, und die sind nicht unwichtig, sondern die sind wichtig.
Da jammern Sie zu Beginn Ihrer Rede herum, erzählen uns etwas vom parlamentarischen Umgang und stellen hier Herrn Möhle die Frage: Wem dienen Sie eigentlich? Finden Sie das parlamentarisch korrekt? Ich kann Ihnen sagen, wem ich diene: Ich diene den jungen Menschen in diesem Land, die eine ordentliche Ausbildung und Qualifikation brauchen, die einen Arbeitsplatz haben wollen, der den Anforderungen entspricht, die notwendig sind. Schauen Sie sich die OECD-Studie an, dann wissen Sie, was ich meine, wenn Sie das einmal ein bisschen darauf haben, dann wäre uns allen geholfen! – Danke!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Möhle, irgendwie habe ich das Gefühl, Sie waren gar nicht im Raum, als ich hier gesprochen habe. Ich habe nicht gesagt, Innovationen sind schlecht. Ich habe gesagt, die Produktinnovationen müssen aus der Wirtschaft kommen und sind nicht die Pflicht der Verbraucher. Wenn Sie das andersherum sehen, Herr Möhle, dann tut es mir leid.
(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Das kann doch gar kein Gegensatz sein! Was für ein Schwachsinn!)