Das interessiert die Betroffenen da draußen auch nicht. Lassen Sie sich von den positiven Beispielen aus den Kommunen inspirieren, in denen ein Sozialticket bereits erfolgreich eingeführt worden ist! Lassen Sie mich auch auf Dortmund verweisen, wo im Februar dieses Jahres ein Ticket eingeführt worden ist, das nur 15 Euro im Monat kostet! Das ist eine Zielmarke, an der wir uns orientieren sollten. Es ist nämlich im Rahmen dessen, was der Hartz-IV-Regelsatz einem Erwachsenen für dessen gesamte Mobilität zubilligt.
Verehrte Mitglieder des Bremer Senats, Frau Bürgermeisterin Linnert, wenn Sie tatsächlich nach wie vor den festen Willen haben, ein Sozialticket einzuführen, dann machen Sie es endlich und zwar noch in diesem Jahr! Legen Sie endlich Ihre Konzepte auf den Tisch, sodass wir hier über etwas Konkretes sprechen können und nicht weiter im Nebel herumstochern müssen! – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In relativ kurzer Zeit beschäftigen wir uns nun zum zweiten Mal anlässlich der Großen Anfrage der LINKEN mit der Einführung des Sozialtickets. Ob dadurch die Prüfung und Aushandlung eines solchen Tickets leichter oder schneller geht, kann getrost bezweifelt werden. Ich glaube nicht, dass man es einmal eben so übers Knie brechen kann. Auch verstehe ich nicht, dass diese Große Anfrage im Landtag gelandet ist, obwohl klar ist, dass es um ein Bremer Sozialticket geht.
Die rot-grüne Koalition hat jedenfalls vor, es hier zunächst in Bremen einzuführen und das mit den Bremer Verkehrsbetrieben auszuhandeln.
Wie aus der Antwort des Senats hervorgeht, wurden an circa 48 000 Studenten Semestertickets und an circa 93 000 Beschäftigte Jobtickets verkauft. Während die Zahl der Jobtickets beständig zunahm, nahm die Zahl der Semestertickets leicht ab. Mit den Semestertickets konnten aber 4,2 Millionen Euro Einnahmen für die BSAG generiert werden, bei den Jobtickets hingegen nur 2,6 Millionen Euro. Diese Unterschiede werden dadurch zustande kommen, dass die Jobtickets nicht über das ganze Jahr gebucht werden und unter anderem in Urlaubszeiten, im Sommer oder bei der Benutzung anderer Verkehrsmittel kein Ticket gekauft wird. Bei der Gestaltung des Sozialtickets wird es daher darauf ankommen, ein relativ einfaches Verfahren mit einer kontinuierlichen Abnahme des Tickets zu verbinden. Nur über eine hohe Zahl von Nutzerinnen und Nutzern kann sichergestellt werden, dass kein Zuschussbedarf für die BSAG entsteht.
Dabei müssen wir diese Erfahrungen in der Tat – Sie haben das einzig wirklich vernünftige Beispiel Dortmund erwähnt – würdigen.
(Abg. Frau C a k i c i [DIE LINKE.]: Dann müssen wir gemeinsam nach Dortmund fah- ren! Mal sehen, wie es dort funktioniert, Herr Frehe!)
Schauen wir einmal! Wir werden uns Dortmund anschauen. Diese Erfahrungen sind relativ kurz, weil erst im Februar – das hatten Sie schon gesagt – dort das Sozialticket eingeführt worden ist. Außerdem hat der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr nicht nur Straßenbahnen und Busse auf seinen Strecken, sondern auch noch DB-Strecken, also Deutsche-Bahn-AG-Strecken im Ruhrgebiet. Daher kann auch von einer relativ hohen Zahl von Arbeitslosengeld-II-Empfängern ausgegangen werden, die sich dort trotz ihres geringen Einkommens ein Monatsticket leisten oder leisten müssen.
Diese Erfahrung aus Dortmund ist nicht ohne Weiteres auf Bremen übertragbar, aber wir müssen natürlich schon berücksichtigen: Wenn 27 Prozent der Abonnenten aus dem Bereich der teureren Monatstickets auf ein Sozialticket umgestiegen sind, dann könnte sich das zu einem Problem ausweiten, das wir hier in Bremen sehr genau einschätzen müssen. Bewusst haben wir darauf verzichtet, das Sozialticket für den gesamten VBN-Raum vorzusehen. Einerseits geht es uns um die Mobilität hier in Bremen. Andererseits wäre eine Verhandlung mit allen anderen Umlandgemeinden und den dortigen Verkehrsträgern ausgesprochen schwierig, langwierig und würde wahrscheinlich zu einem nicht tragbaren Zuschussbedarf führen. Wir wollen ja schnell zu einem Ergebnis
kommen. Das haben Sie ja auch gefordert, deswegen wollen wir es hier in Bremen installieren. Wir haben in Bremen eine andere Infrastruktur als in Dortmund, das habe ich schon gesagt. Wenn wir die Umsatzrückgänge einschätzen wollen und die anderen zusätzlichen Fahrkartenverkäufe dagegen setzen, bei einem Sozialticket, dann müssen wir einigen Gehirnschmalz darauf verwenden, wie zum Beispiel der Nachweis oder der Verkauf des Tickets gestaltet werden kann. Das muss man sehr sorgfältig planen, um eine möglichst große Zahl von Nutzern zu berücksichtigen und anzusprechen. Je unbürokratischer und einfacher die Ausgabe des Sozialtickets erfolgt, desto größer wird die Inanspruchnahme und desto niedriger werden die Verwaltungskosten sein. Wenn man davon ausgeht, dass die durchschnittlichen Vertriebskosten circa 30 Prozent des Ticketverkaufs ausmachen, und diese bei Jahrestickets und bei einfacher Ausgabe, wie beim Semesterticket, um mindestens 50 Prozent gesenkt werden können, könnte eine erhebliche Ertragsverbesserung erzielt und das Risiko minimiert werden. Aus diesen Überlegungen wird deutlich, dass für eine Bremer Sozialpolitik genau geschaut werden muss, wie das ausgestaltet werden soll. Entsteht eventuell ein Subventionsbedarf? Wie kann er vermieden werden, und wie kann die Inanspruchnahme möglichst optimal gestaltet werden? Hierzu muss der Senat eine ausführliche und gründliche Verhandlung mit der BSAG führen, um in Bremen eine gute Lösung zu finden. Sorgfältig zu verhandeln mit einem guten Ergebnis ist besser, als schnell zu einem Resultat zu kommen oder das Scheitern des Projektes in Kauf zu nehmen.
Auch weitere Anträge und Anfragen der LINKEN werden uns nicht von einer sorgfältigen Konzeption abbringen lassen. Zu oft sind Versuche, ein Sozialticket einzuführen – und das konnten Sie ja in der Antwort nachlesen – daran gescheitert, dass der Subventionsbedarf sich nicht im Haushalt darstellen ließ. Unser Konzept, über eine deutliche Erhöhung der Fahrgastzahlen eine Selbstfinanzierung zu erreichen, bedarf daher der sorgfältigen Planung und Abwägung. Es ist völlig klar, dass die rot-grüne Koalition das Ticket will, es muss aber auch finanzierbar sein, die weitgehende Selbstfinanzierung muss sorgfältig geprüft und erreicht werden. – Danke!
LINKEN haben also die Einführung eines Sozialtickets für den öffentlichen Nahverkehr gefordert. Das ist an sich sehr lobenswert und hört sich auch sehr sozial an. Heute bringen Sie dazu eine Große Anfrage ein. Dann werden Sie uns auch sicherlich gleich erklären können, woher Sie diese finanzielle Mehrbelastung in anderen Bereichen, weil Sie es da ja kürzen müssen, kürzen wollen! Das hätten unsere Bürgerinnen und Bürger auch sehr gern gewusst!
Darüber hinaus werde ich unseren Bürgerinnen und Bürgern einmal den Unterschied von Anspruch und großartigen Forderungen und der reellen politischen Wirklichkeit der LINKEN erklären. In Berlin, wo die LINKEN landespolitisch als blutrote Koalition mitregieren, dort, wo DIE LINKE politische Verantwortung trägt, hat sich seit Amtsantritt der LINKEN der Preis für ein sogenanntes Sozialticket um sage und schreibe 63 Prozent erhöht, von den 60 Milliarden Euro Verschuldung dieser blutroten Landesregierung ganz zu schweigen! So sieht eine grausame und unsoziale Politik der LINKEN in der Realität aus. So sieht die wirkliche Politik von populistischen LINKEN, Sprücheklopfern und Märchenerzählern in der Realität aus. Überall dort, ob in Berlin oder Mecklenburg-Vorpommern, wo DIE LINKE politische Verantwortung trägt und sie Entscheidungsträger sind, wo sie die politische Macht haben, klafft ein sehr dunkles, tiefes und unendliches Loch zwischen Anspruch und Wirklichkeit.
Meine Damen und Herren von der LINKEN: Wahrscheinlich haben Sie in einem Anfall von nostalgischem DDR-Erinnerungswahn die Sozialpolitik nicht begriffen, und Sie werden sie auch niemals begreifen! Sie haben Politik insgesamt nicht begriffen, und Sie werden sie auch niemals begreifen! Sie haben keine Ahnung von politischer Verantwortung! Überall dort, wo Sie mitregieren, wird eine unsoziale, ungerechte, rote Politik auf dem Rücken von Familien und Kindern betrieben, nach dem Motto: Wenn Du Geld brauchst, gehe zu den Armen, sie haben zwar nicht viel, aber es gibt viele von ihnen. Und sie geben dir meistens auch gern noch etwas ab!
Meine Damen und Herren, das ist im höchsten Maße unsozial, unmoralisch und unehrlich! Sie können deshalb noch so viele große Scheinanfragen einbringen und Sachstandsberichte anfordern: Unsere Bürgerinnen und Bürger glauben Ihren großmündigen und geäugelten Sprüchen nicht mehr, und das ist auch gut so! Denn – und das sage ich in aller Deutlichkeit – eine kommunistische Politik, ein kommunistischer, politischer Realismus besteht nur aus Propaganda, Populismus und Unterdrückung von Menschen und ihrer Menschenrechte. – Ich danke Ihnen!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wollen wir uns einmal wieder mit der Großen Anfrage auseinandersetzen!
Es geht dabei um ein Herzensanliegen von Rot-RotGrün, das kann ich verstehen, mit dem wollen wir uns auch auseinandersetzen, nämlich mit der Frage:
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das stimmt sogar, dass es uns ein Herzensanliegen ist!)
Wie schaffen wir es, dass die Menschen Mobilität haben, die wenig Geld in der Tasche haben? Wie können wir das erreichen? Da ist die Frage: Was ist der Lösungsansatz? Denn die Frage, Herr Frehe hat sie auch zu Recht thematisiert, ist: Wie schaffen wir es, dass der Haushalt unserer Kommunen nicht belastet wird? In Bremerhaven hat DIE LINKE den Antrag zurückgezogen. Ich bin gespannt, ob es in der Stadt Bremerhaven weiterhin debattiert wird. Wie schaffen wir es, dass der Haushalt der Stadt Bremen und der Haushalt der Stadt Bremerhaven nicht belastet werden? Die Frage ist doch: Gelingt das aufkommensneutral? Das Beispiel Dortmund zeigt doch: Es gelingt nicht aufkommensneutral. Denn dort steht in der Antwort des Senats, es wird quersubventioniert aus dem Gewinn der Stadtwerke mit 2 bis 4 Millionen Euro. Das würde in Bremen bedeuten, da die Stadtwerke privatisiert sind: Der Zuschussbedarf würde bei dem Modell Dortmund steigen. Eine Sache, die wir angesichts der Haushaltslage nicht richtig finden!
Also muss die Frage gestellt werden: Wie kann es anders gelingen? Wenn es aufkommensneutral gelingt, fänden wir das gut. Ob es aufkommensneutral gelingt, können wir anhand einer Anfrage überhaupt nicht beurteilen. Deswegen muss die Frage nach wie vor berechtigt sein, und sie ist auch berechtigt: Reicht es aus, was im ALG-II-Satz für Mobilitätssachen berücksichtigt ist? Ich denke, dass reicht nicht aus. Wir wissen, 15 Euro reichen dafür nicht aus. Wenn das so ist, ist doch die Frage: Gelingt es nicht, den ALGII-Satz entsprechend zu erhöhen und darüber eine Grundsicherung zu realisieren? Wir als Liberale sind dafür, umzuverteilen. Nicht über Sozialtickets, nicht über Kindergartenbeiträge, sondern einmal über Steuern. Unser Konzept dazu heißt Bürgergeld, das heißt, eine Grundsicherung für jeden, die auch auskömm
Wir sind nicht dabei, wenn es darum geht, Sozialtickets einzuführen und dann am Ende wie in Dortmund Zuschüsse zu haben und teurere Jahreskarten für die Menschen, die normal bezahlen können und es auch tun sollen. Das ist der falsche Weg, deswegen sind wir sehr gespannt auf das, was hier vorgelegt wird. Das, was DIE LINKE intendiert, teilen wir auf jeden Fall nicht. So ein Sozialticket würden wir ablehnen. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass die Große Anfrage der LINKEN dazu beiträgt, uns in der Abarbeitung unserer Koalitionsvereinbarung zu unterstützen. Die Antwort des Senats gibt einen guten Überblick über den jetzigen Stand. Sie zeigt darüber hinaus, dass die Koalition nicht nur redet, sondern gezielt daran arbeitet, das Sozialticket zu realisieren.
Wie man dem Bericht entnehmen kann, ist der Vergleich insbesondere mit Dortmund hilfreich und informativ. Dortmund ist ähnlich groß, hat eine ähnliche Einwohnerzahl, die Verkehrsbetriebe sind ähnlich organisiert. Nachdem sie dort das Sozialticket im Januar oder Februar eingeführt haben, das muss man einmal zur Kenntnis nehmen, haben sie inzwischen 20 000 Benutzer. Das ist wirklich eine Anzahl, die sich sehen lassen kann!
Der Bericht zeigt aber auch, wo es schwierig wird. Als Haushaltsnotlageland gibt es nun einmal begrenzte Spielräume. Meine Damen und Herren, Leitmotiv unseres Koalitionsvertrags ist die Stärkung des sozialen Zusammenhalts in unseren beiden Städten. Ein für große Städte wichtiger Aspekt für die soziale Teilhabe ist die Frage der Mobilität. Diese ist die Grundvoraussetzung für die Teilnahme an den in einer städtischen Gesellschaft als normal angesehenen Aktivitäten. Dazu zählt die Erreichbarkeit von sozialen Aktivitäten und Netzwerken sowie von Bildungsund Gesundheitseinrichtungen insgesamt. Sehr geehrte Damen und Herren, wer nicht hinkommen kann, kann in der städtischen Gesellschaft auch nicht mitmachen. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Wer von uns die Große Anfrage der LINKEN aufmerksam gelesen hat, dem ist sicher auch aufgefallen, dass es sich bei der Einführung eines Mobilitätstickets um den vierten Anlauf handelt. Vor diesem Hintergrund kommt es jetzt darauf an, sorgsam und solide den Weg zu bereiten. Mein Eindruck ist, dass alle Beteiligten großes Interesse an der Realisierung des Projekts haben. Aktuell ist die Aufgabe auszuloten und spitz zu berechnen, welches finanzielle Risiko wir möglicherweise tragen müssen. Wir haben Verständnis für jene Menschen in der Stadt, die das Sozialticket lieber heute als morgen hätten. Wir sind jedoch verpflichtet, die finanziellen Möglichkeiten Bremens im Blick zu behalten.
Die Realisierung muss sich finanziell so seriös wie möglich abbilden. Aber es ist auch klar: Ganz ohne Risiko geht es nicht! Es ist nicht vorhersehbar, in welchem Ausmaß die Kostenneutralität herzustellen ist. Dieses ist abhängig von der Anzahl der realen Benutzerinnen und Benutzer. Bevor ein Produkt auf dem Markt ist, ist so etwas schwer abzuschätzen, das dürfte allen klar sein. Wir werden koalitionär alles dafür tun, damit dieses Vorhaben realisiert werden kann.
Eines muss aber auch klar sein: Der Preis muss sich an den finanziellen Möglichkeiten der Nutzergruppe orientieren.
Dieses Ticket muss seinen Namen verdienen. Gerade deshalb werden wir uns bei der Realisierung nicht zu Schnellschüssen hinreißen lassen, sondern im vierten Anlauf eine Punktlandung machen. – Vielen Dank!
Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Insgesamt glauben wir auch, dass es sehr schwierig sein wird, eine konkrete Prognose zu machen, wie sich die Verkehrsströme bei solch einem Verkehrsticket verhalten werden. Es gibt, und das ist schon bei der Debatte hier angeklungen, einige Städte, die ein Sozialticket eingeführt haben. Zum Beispiel müssen wir bei dem ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.