Protocol of the Session on June 4, 2008

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Mit der Beantwortung dieser Anfrage ist die Fragestunde beendet.

Aktuelle Stunde

Für die Aktuelle Stunde ist von den Fraktionen kein Thema beantragt worden.

Zwischenbilanz des Bürokratieabbaus im Land Bremen

Große Anfrage der Fraktion der FDP vom 5. März 2008 (Drucksache 17/311)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 13. Mai 2008

(Drucksache 17/396)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Schulte.

Herr Staatsrat, ich gehe davon aus, dass Sie die Antwort auf die Große Anfrage nicht mündlich wiederholen möchten.

Ich frage, ob wir in eine Aussprache eintreten wollen. – Das ist der Fall.

Die Aussprache ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Ella.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gestern fanden wir alle in unserem Fach im Foyer der Bürgerschaft diesen leeren Ordner „Bremische Gesetze“.

(Zuruf von der SPD: Wir haben auch so einen! – Heiterkeit)

Im ersten Moment dachte ich, wir hätten unsere Anfrage zu spät eingereicht, alle unsere Forderungen nach Bürokratieabbau seien umgesetzt.

(Zuruf von der SPD: Das ist nur für die FDP gemacht worden! Das ist ein besonderer Service! – Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Wir haben das nicht bekom- men!)

Doch ein ganz leerer Ordner Gesetze wäre auch für die FDP zu viel des Guten, die vom großen Liberalen Theodor Spitta geschriebene Landesverfassung gilt noch immer, und das ist auch gut so!

(Beifall bei der FDP)

Eingangs aber erst einmal ein Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, die unsere Anfrage ausführlich, weitgehend prägnant und sachlich nüchtern beantwortet haben. Herzlichen Dank dafür!

(Beifall bei der FDP)

Doch einige Kritikpunkte bleiben natürlich. Ich möchte zunächst einmal auf die Broschüre eingehen, die der Senat vor einiger Zeit zusammen mit den Kammern veröffentlicht hat. Hätten Sie einmal mit der Veröffentlichung ein wenig gewartet, so manche Unregelmäßigkeit wäre ihnen erspart geblieben!

(Beifall bei der FDP)

Aus Gründen der Aktualität nenne ich einen Aspekt aus der genannten Broschüre vorab. Schauen wir dazu auf Seite acht, ich zitiere: „Ein Schild kommt selten allein. Bremen entrümpelt seinen Schilderwald!“ Am Samstag haben wir dann im „Weser-Kurier“ gelesen, ich zitiere wieder: „Schilderwald vorerst nicht weiter ausgedünnt! Projekt zur Demontage überflüssiger Verkehrszeichen wegen knapper Kassen auf Eis gelegt!“ Schon etwas bedauerlich, geht es hier doch um ein Ärgernis, welches die Bürgerinnen und Bürger direkt betrifft! Dieses Beispiel, meine Damen und Herren, steht symptomatisch für den Umgang des Senats mit dem Thema Bürokratieabbau.

(Beifall bei der FDP)

Noch schwerer, wie wir es finden, wiegt die Aussage zum Standardkostenmodell auf Seite 16 der Broschüre. Das Standardkostenmodell ist anerkanntermaßen sehr gut geeignet, um Bürokratiekosten zu messen. Was genau das Standardkostenmodell aber in einer Broschüre zu suchen hat, die der Senat herausgegeben hat, um die eigenen Anstrengungen Bremens zu dokumentieren, frage ich mich dann aber doch, denn, ich zitiere aus der Antwort des Senats: „Eine umfassende Standardkostenmodellmessung des

Landesrechts, wie es andere Bundesländer durchgeführt haben, ist in Bremen nicht geplant“. Wie entstehen denn solche Widersprüche, liebe Kolleginnen und Kollegen?

(Beifall bei der FDP – Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Und das in solch einer dünnen Bro- schüre!)

Das in solch einer dünnen Broschüre! Inhaltlich hätten wir uns zumindest gewünscht, dass die erwähnten 18 Anfragen des Statistischen Bundesamtes näher erläutert worden wären, genauso wäre es schön gewesen zu wissen, wieso die sektorale Anwendung des Standardkostenmodells auf die Hafenwirtschaft von eben dieser nicht für sinnvoll erachtet wurde.

Weiterhin heißt es, Bremen werde sich darum bemühen, verallgemeinerbare Ergebnisse der Standardkostenmodellprojekte anderer Länder anzuwenden. Die ersten Ergebnisse liegen vor. Hier hätte also durchaus schon gehandelt werden können, oder es hätte zumindest skizziert werden können, wo sich Perspektiven auftun.

(Beifall bei der FDP)

Auf einen weiteren Punkt aus der vom Senat veröffentlichten Broschüre möchte ich auch noch eingehen: die Entrümpelungsaktion, die Überprüfung des alten Rechts! In der Antwort auf Frage 2 unserer Anfrage geht der Senat auch auf die vor der jetzigen Legislaturperiode außer Kraft gesetzten Vorschriften ein. Dazu lesen wir dann in der Broschüre, dass unter anderem die Verordnung über die wissenschaftliche Vogelberingung aus dem Jahr 1937 abgeschafft wurde. Haben wir eigentlich eine relevante Zahl von Vogelforschern bei uns im Land? Wie viele Bürgerinnen und Bürger oder Unternehmen sind von den dort gestrichenen Vorschriften betroffen gewesen? Sicher, formal ist das natürlich Bürokratieabbau, aber wen entlastet man damit? Wo ist der Mehrwert, wo die Entlastung für die Verwaltung?

(Beifall bei der FDP)

In diesem Zusammenhang möchte ich auch die Aussage kritisieren, es gäbe bislang keine vollständige und zentrale Liste aller Verwaltungsvorschriften. Gerade diese bedeuten aber einen erheblichen Aufwand für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, gleichzeitig werden hier Hemmnisse geschaffen, die Bürgerinnen und Bürger wie Unternehmen belasten.

(Beifall bei der FDP)

Dazu verweise ich beispielhaft auf das Interview mit dem LBS-Chef Manfred Meister im „Weser Report“ vom 17. Februar dieses Jahres, ich zitiere mit Erlaubnis

des Präsidenten: „Meine Erfahrung zeigt mir, dass Umlandgemeinden in Fragen der Baubewilligung sich eher mit den Bauherren verständigen, als sich wie zuweilen in Bremen hinter einer Vorschrift verschanzen.“

Das Bundesland Sachsen hat bereits Ende 2005 mit berechtigtem Stolz die Streichung von mehr als der Hälfte der vormals fast 4500 Verwaltungsvorschriften verkündet. Wieso ist dem Senat nicht bekannt, wie viele Verwaltungsvorschriften es in Bremen gibt? Wie will der Senat effektiv den Wust an Regelungen eindämmen, wenn er nicht einmal weiß, wie viele es gibt? Wenn wir in Bremen von der gleichen Anzahl von Verwaltungsvorschriften ausgehen, wie sie Sachsen hat, dann sind dies immer noch drei- bis viermal so viele, wie es Gesetze gibt. Hier ist die Bürokratie versteckt, nicht in einem Gesetz zur Beringung von Tauben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP – Glocke)

Ich drücke an dieser Stelle auch noch die Hoffnung aus, dass die dieser Tage vorgestellte OnlineSammlung Bremischen Rechts um die Verwaltungsvorschriften ergänzt wird, bisher sind die Inhalte diesbezüglich noch etwas dünn. Ein positives Beispiel gibt unserer Ansicht nach dabei der Bund mit seiner Internetpräsenz. Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger verlangt auch die Offenlegung dieser Vorschriften.

Bin ich schon soweit mit meiner Zeit?

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Das ist Bürokratieabbau!)

Meine Damen und Herren, Ostwestfalen-Lippe, neben Bremen eine der Modellregionen in Bürokratieabbau, hat eine sehr hohe Zufriedenheit der Unternehmen.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist beendet.

Meine Damen und Herren, abschließend noch ein Wort: Die FDP-Fraktion wird das Thema Bürokratieabbau weiter verfolgen. Mit dieser Anfrage haben wir den Grundstock gelegt, und ich darf schon jetzt ankündigen, dass wir weitere parlamentarische Initiativen folgen lassen. – Ich bedanke mich für Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tittmann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie schreiben in Ihrer Großen Anfrage Folgendes richtig: „Bürokratieabbau zählt zu

den zentralen Reformerfordernissen der öffentlichen Verwaltung in unserer Zeit.“ Das ist unwidersprochen völlig richtig. Das große Problem dabei ist nur die Tatsache, dass von dem von der Bundesregierung so großmundig angekündigten, großartigen Bürokratieabbau kein Bürger und besonders kein kleines und mittelständisches Unternehmen etwas spürt, ganz im Gegenteil. Fragen Sie doch einmal zum Beispiel nur Ihren Steuerberater oder andere Berufsgruppen und kleinere Unternehmen, wie sie mit einer unerträglichen, verstärkten Zunahme von Bürokratie zu kämpfen haben. Es sind zwar einige vielfältige Maßnahmen zum angeblichen Abbau bürokratischer Hemmnisse hier auf den Weg gebracht worden, die sich im Nachhinein aber als reine uneffektive Mogelpackung herausgestellt haben. Im Bundesland Bremen wurden zwar einige Gesetze und Vorschriften regelmäßig überprüft, aber, das sage ich in aller Deutlichkeit, am Ende wurden viel zu wenige überflüssige und unnötige Gesetze und Vorschriften entrümpelt. Das ist doch das Problem!

Tatsache ist, dass gerade kleine und mittlere Unternehmen immer noch sage und schreibe circa 7 Prozent ihres Umsatzes allein nur für die Bürokratie aufwenden müssen. Das Problem der Verwaltungsvorschriften wurde hier schon benannt, das, meine Damen und Herren, ist immer noch viel zu hoch. Daraus können Sie deutlich erkennen, dass die von Ihnen eingeleiteten Maßnahmen zum angeblich so spürbaren Bürokratieabbau immer noch nicht effektiv genug greifen.