Protocol of the Session on February 20, 2008

Natürlich zeigen die Bundesländer auf den Bund, und der Bund zeigt auf die Länder, das ist völlig klar in dieser Diskussion, aber ich glaube, am Ende wird man die Wahrheit in den Mund nehmen müssen zu sagen, es werden auf die Menschen in Bremen und Bremerhaven weitere Anstrengungen zukommen müs

sen, egal wie die Lösung aussieht. Selbst der Vorschlag des Ministerpräsidenten Oettinger besagt: Ich bin dafür, Ländern wie Bremen zu helfen durch Zinshilfen und Teilentschuldungen, aber für jeden Euro, den wir Zinshilfe geben, erwarten wir einen Euro Eigenanstrengung des Landes, dem wir helfen, und das bedeutet, dass wir selbstverständlich Flexibilisierungsmöglichkeiten auf der Einnahmen –, aber eben auch auf der Ausgabenseite brauchen.

Ich will das an dieser Stelle nur schon deutlich sagen: Es wird eine Hilfe an unser Bundesland zur Sanierung unserer Finanzen nur geben, wenn wir uns an strenge Voraussetzungen halten. Deswegen wird das Verhandlungsgeschick der Regierung auch maßgeblich darauf beschränkt sein, ein gutes Geschäft zu machen. Es ist doch völlig klar, wir Bremer waren immer gut darin, Geschäfte zu machen, weil wir Kaufleute sind, und deswegen muss es eine Beweglichkeit geben bei der Frage der Neuverschuldung beispielsweise, es muss eine Beweglichkeit geben bei der Frage von Zu- und Abschlägen bei Landessteuern, es muss eine Beweglichkeit geben bei der Frage Absenkung von sozialen Transferleistungen. Nur wenn wir uns diese Position offenhalten, werden wir in der Lage sein, mit dem Bund und den anderen Ländern zu einer gemeinsamen gesamtstaatlichen Lösung zu kommen.

Deswegen bin ich dagegen, dass wir uns in diesem Punkt schon kategorisch festlegen und sagen, zum Beispiel bei der Frage der Länderautonomie und von möglichen Zu- und Abschlägen auf bestimmte soziale Standards, aber eben auch bezogen auf bestimmte staatliche Einnahmen, das darf es nicht geben. Ich finde, wir müssen uns diese Flexibilität bewahren, um am Ende für Bremen zu einem insgesamt erfolgreichen Verhandlungsergebnis zu kommen.

(Beifall bei der CDU)

Ich spüre die Bereitschaft der FDP, diesen Weg in weiten Teilen zu gehen, und, sehr geehrter Herr Woltemath, ich möchte an dieser Stelle noch einmal appellieren: Das, was in dem Antrag der SPD-Fraktion, vom Bündnis 90/Die Grünen und der CDU steht, ist weder reine sozialdemokratische Ansicht noch reine Ansicht vom Bündnis 90/Die Grünen noch reine Ansicht der CDU-Bürgerschaftsfraktion. Auch hier haben wir schon versucht, einen Kompromiss zu finden, weil wir unterschiedliche Auffassungen haben.

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Und gefunden!)

Natürlich sähe ein eigenständiger Mehrheitsantrag der CDU-Bürgerschaftsfraktion anders aus als das, was hier heute zur Beschlussfassung vorliegt. Die Frage ist eben nur, ob wir den Mut und die Kraft haben, auch einmal einen FDP- und einen CDU-Parteitagsbeschluss einfach am Rande liegen zu lassen und zu

sagen, wir wollen einen gemeinsamen bremischen Konsens in dieser Frage finden, fernab jeder parteipolitischen Identität.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Deswegen ist mein Appell an die Mitantragsteller von SPD und Bündnis 90/Die Grünen: In der Ziffer 4 beschreibt die FDP im Wesentlichen die Position, die in unserem gemeinsamen Antrag enthalten ist, und die Ziffer 5, in der wir sagen, wir halten ein Sanktionensystem mit Zu- und Abschlägen bei der Einkommensteuer und mit der Absenkungen von sozialen Leistungen für nicht vertretbar, soll bleiben. Die Ziffer 7 in dem letzten Absatz sagt nur, wenn das Ergebnis dieser Verhandlung in der FöderalismusreformII-Kommission ist, dass wir Länder auf solche Zu- und Abschlagsrechte bei staatlichen Leistungen auch stärkeren Einfluss nehmen können, dann bin ich der Auffassung, dass wir mit beiden Positionen miteinander leben können.

Wenn das die Hürde ist, über die die FDP-Fraktion zu springen bereit ist, und wenn Sie erklären, Herr Woltemath, wenn unsere Ziffer 4 an dieser Stelle mitgetragen wird, wenn die Ziffer 5 darin bleibt, dann sind wir auch bereit, bei der Frage des Neuverschuldungsverbots, was gesamtstaatlich vielleicht aus Ihrer parteipolitischen Sicht richtig ist, aber was für Bremen eben einfach völlig aussichtslos und ausgeschlossen ist, dass wir hier null Neuverschuldung haben, nachdem uns der Bund und die anderen Länder vielleicht Teilentschuldung und Sanierungshilfen gegeben haben – –. Dass man das perspektivisch irgendwann gesamtstaatlich für den richtigen Weg hält, diese Auffassung kann man haben. Ich habe persönlich eine andere, aber wenn Sie sagen, jawohl, im Sinne einer Lösung für Bremen bin ich bereit, mich zu bewegen, dann ist mein Appell an Rot und Grün, sich auch ein Stück zu bewegen!

Wir als CDU-Fraktion haben ein Interesse daran, dass drei Viertel dieses Hauses den Senat in einer gemeinsamen Position gegenüber dem Bund und den anderen Ländern unterstützen, und dafür muss man Kompromisse machen. Wir als CDU-Fraktion sind bereit, auf beide Seiten zuzugehen und diesen Kompromiss zu machen zum Wohle eines guten Verhandlungsergebnisses für die Menschen in den beiden Städten unseres Landes. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Dr. Kuhn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will doch noch einmal auf die Anträge und auf den Beitrag des Kollegen Röwekamp soeben eingehen. Sie haben völ

lig recht, und das kann man auch unserem gemeinsamen Antrag ablesen, dass wir uns darüber klar sind, am Ende ist es ein Geben und Nehmen. Die Frage ist, inwieweit es klug ist, dass wir hier heute schon die Schleusen so weit aufmachen in einer Situation, in der es noch gar nicht absehbar ist. Die Abschlagsrechte bei den Steuern, Herr Röwekamp, sind nicht mehr auf dem Tisch.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Ab- schlagsrechte!)

Ich sage ja, die Abschlagsrechte! Deswegen haben wir ja in unserem Antrag nur von den Zuschlagsrechten gesprochen. Wir haben das nicht kategorisch ausgeschlossen, die Zuschlagsrechte, so weit sind wir gegangen, aber die Abschlagsrechte, warum sollen wir das denn auf den Tisch legen, wenn das selbst gar keiner will? Das steht aber in dem FDP-Antrag, deswegen macht es keinen Sinn, das zu übernehmen.

(Zuruf des Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Nein, das steht nicht darin!)

Na ja, es steht faktisch darin!

(Zuruf des Abg. R ö w e k a m p [CDU])

Herr Röwekamp und meine Kollegen von der FDP, wenn es einen Unterschied machen soll zu dem, was wir drei gemeinsam formuliert haben, dann kann es nur das bedeuten, was ich jetzt sage.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Man muss sich jetzt entscheiden, will man etwas Neues hinzufügen, dann kann es das nur bedeuten. Das finde ich nicht richtig, das wäre nicht klug, wenn wir das machen, oder es ist genau dasselbe. Da sage ich Ihnen ganz offen: Warum sollen wir eine zweideutige, schwammige Formulierung hineinnehmen, wenn Sie dann sagen, wir meinen aber genau das Gleiche? Dann, finde ich, nehmen wir die eindeutige und klare Formulierung, die wir drei genommen haben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ich verstehe schon, dass Sie bereit sind, einen Preis dafür zu bezahlen, damit wir gemeinsam abstimmen, das wäre ich auch, aber in dieser Frage ist mir der Preis zu hoch und die Unsicherheit und das Signal einfach verkehrt, genauso wie umgekehrt das Signal natürlich völlig unannehmbar und außerhalb jeder Diskussion ist, wenn wir die Versicherung herausnehmen würden, dass wir wissen, dass wir auch in Zukunft einen Eigenbeitrag zu leisten haben, dass

wir das bisher getan haben und dass wir das auch in Zukunft werden machen müssen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wer glaubt denn, dass wir auch nur den kleinsten Hauch einer Chance haben bei den Verhandlungen im Bund und in Karlsruhe, wenn wir nicht klarmachen, dass wir das wissen, dass wir das weiterhin machen wollen. Das ist doch völlig klar, und wir würden doch wirklich jegliche Chance aus der Hand geben, wenn wir das jetzt herausnehmen und sogar sagen würden, mit Eigenbeitrag ist Schluss, wir sind am Ende angekommen. Das kann niemand gegenüber den Verhandlungspartnern im Bund und in anderen Ländern sagen, das wäre die größte Torheit, die man nur begehen könnte.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Deswegen gibt es an dieser Stelle auch gar keinen Kompromiss, und ich will eines noch hinzufügen: Das sind ja vorgezogene Haushaltsdiskussionen, und das ist ja auch richtig! Ich bin überhaupt nicht der Meinung, dass der Haushalt, in dem wir die zusätzlichen Steuermehreinnahmen nicht ausgeben, sondern in die verminderte Schuldenaufnahme stecken, dazu führt, dass die Armut in der Stadt wächst. Das ist nicht der Fall, das weise ich auch zurück! Das ist auch barer Nonsens.

Wir werden das anhand des Haushaltsentwurfs noch diskutieren. Aber mit diesem Argument zu sagen, wir müssten das Geld, diese 150 oder 200 Millionen Euro jetzt ausgeben, nein, das werden wir nicht tun! Das wäre unverantwortlich! Deswegen ist es schade, dass wir diese Differenz haben. Vielleicht springen Sie aber noch über Ihren Schatten, aber wir werden jedenfalls an dieser klaren Position festhalten.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Rupp.

Ein letztes Wort! Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Röwekamp, ich war nicht Mitglied des Zentralkomitees der SED und auch noch niemals Minister in der DDR, von daher fühle ich mich nur sehr begrenzt verantwortlich für bestimmte Formen, die dort stattgefunden haben.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Aber die Programmatik ist die Gleiche!) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. Das stimmt nicht! (Zurufe von der CDU)

Ja, wir stehen zur Geschichte der Partei, darüber können wir an anderer Stelle gern eine Debatte führen, und wir können auch gern eine Debatte darüber führen, was wir daraus gelernt haben. Sie können sicher sein, dass wir mehr daraus gelernt haben als möglicherweise die CDU aus zwölf Jahren Großer Koalition, weil in dieser Zeit nämlich ein Schuldenstand angehäuft worden ist, den Sie heute so beklagen!

(Beifall bei der Linken)

Ich bin ziemlich sicher, dass die Pro-Kopf-Verschuldung der bremischen Bevölkerung deutlich höher ist als – –.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Aber bei uns gab es keinen Schießbefehl!)

Ich gestatte mir, es darauf zu reduzieren: Ich bin der Meinung, dass die Pro-Kopf-Verschuldung der bremischen Bevölkerung deutlich höher ist als die der damaligen DDR.

(Zurufe von der CDU)

Ich nehme das vollständig ernst! Über alles andere, was wir als Die Linke aus unserer gemeinsamen Geschichte der sozialistischen und kommunistischen Parteien gelernt haben, können wir gern an anderer Stelle diskutieren, inklusive Stasi, inklusive Schießbefehl und allem! Das können wir an anderer Stelle machen. Das ist hier heute nicht Thema.

(Unruhe – Zurufe von der CDU)

Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich darauf jetzt nicht weiter eingehe, denn das würde diesem Thema nicht gerecht! Wir können es gern an anderer Stelle machen, wir können es auch öffentlich machen, inklusive Frau Wegner, kein Problem!

(Beifall bei der Linken)

Kommen wir zurück zu dem eigentlichen Thema! Im Übrigen, Herr Röwekamp, steht an keiner Stelle, und ich habe es auch niemals gesagt, dass wir in diesen Antrag für die Föderalismuskommission hineinschreiben sollen, wir sollen jetzt die Mehreinnahmen verwenden, um bestimmte Dinge hier zu tun. Das steht da nicht!

(Zuruf des Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen])

Nein, das habe ich auch nicht gesagt! Ich habe nur gesagt, dass es unsere Position ist.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: So! Aber die sollen Sie nicht sagen, oder was!)