Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die beiden Kollegen haben eine recht unbequeme Wahrheit vorgetragen, denn die Existenz von Radio Bremen ist gefährdet, und das ist keine Fiktion, keine Medienerfindung, sondern es handelt sich um eine ganz bittere Wahrheit. Der gegenwärtige Finanzausgleich ist nicht in der Lage, die Lebens- und Funktionsfähigkeit der kleinen Anstalten sicherzustellen, das haben die Finanzexperten der KEF jetzt auch noch einmal schwarz auf weiß in ihrem Bericht geschrieben. Die finanzielle Lage der kleinen Anstalten Radio Bremen und Saarländischer Rundfunk, hat sich zudem verschärft.
Erschwerend kommt eine steigende Anzahl von Gebührenbefreiungen hinzu, nicht nur beim RBB – das hat Herr Kollege Schildt angesprochen –, sondern auch im Land Bremen, weil wir viele Menschen haben, die sich die Rundfunkgebühren nicht leisten können, die Hartz-IV-Empfänger sind und von der Zahlung dieser Gebühren auch befreit werden. Es gibt auch Leute, die immer noch schwarz sehen, obwohl wir hartnäckig dafür werben, dass es gute Gründe gibt, seine Rundfunkgebühren zu entrichten.
Radio Bremen hat die Zahl seiner Planstellen zwischen 1999 und 2005 von 621 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf 485 reduziert. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es sind 136 Stellen, 136 gute, qualifizierte Jobs bei Radio Bremen abgebaut worden, das ist eine enorme Leistung für diesen kleinen Sender, aber zugleich auch eine riesige Belastung für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Hier gebührt auch noch einmal der Respekt an Radio Bremen, dass diese Einsparung erbracht worden ist. Auch die Finanzexperten der KEF honorieren, dass Radio Bremen im Wesentlichen die Sparanstrengungen innerhalb der ARD erbracht hat.
Unerfreulich ist für uns, dass es sich auf Radio Bremen und den Saarländischen Rundfunk beschränkt, aber wir müssen das auch als Argument mit einbringen, dass Radio Bremen nicht allein die Sparanstrengungen innerhalb der ARD schultern kann.
Außerdem halte ich es auch für völlig inakzeptabel, weiter am Programm zu sparen, das ist in den ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
letzten Jahren passiert. Herr Kollege Strohmann hat darauf hingewiesen, es sind nicht nur Sachkosten gespart worden, sondern es hat auch massive Einschnitte im Programm gegeben. Es mehren sich auch die Stimmen, die sagen: Wo bleibt die Qualität beim Programm von Radio Bremen? Dies ist ein berechtigter Anspruch, den Gebührenzahler haben müssen. Das, was man an Gebühren zahlt, muss man auch als Qualität empfangen können. Wir sind als Landesparlament in der Pflicht darauf zu achten, dass unser Landessender, ein Wunschkind des Föderalismus, wie wir eben gelernt haben, auch in der Lage ist, ein gutes Programm anzubieten und dafür das nötige Geld hat.
Die Rundfunkgebühren sollen ab Januar 2009 auf 17,98 Euro im Monat steigen, und die kleinen Anstalten wie Radio Bremen und der Saarländische Rundfunk sollen langfristig überlebensfähig gemacht werden. Dies steht im eben zitierten Bericht der Kommission zur Ermittlung der Finanzbedarfe der Rundfunkanstalten. Mit der nun vorgeschlagenen Erhöhung und der folgenden Verteilung auf die Sender müsste Radio Bremen nach eigenen Berechnungen in den kommenden vier Jahren mit rund 12 Millionen Euro weniger auskommen. Diese Finanzlage, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist für Radio Bremen bedrohlich.
Es ist aus meiner Sicht auch nicht mehr leistbar, diese Summe ist überhaupt nicht mehr zu erbringen, und deswegen sind wir hier auch zum Handeln gezwungen.
Die kleinen Rundfunkanstalten haben bei den finanziellen Einsparmöglichkeiten ihre Grenzen mittlerweile erreicht. Die Verteilung der Rundfunkgebühren ist ungerecht und benachteiligt die kleinen Sendeanstalten. Das muss aus Sicht der Grünen, auch aus Sicht der SPD, und so habe ich auch die CDU verstanden, geändert werden, denn Rundfunkgebühren sind keine Almosen, und Radio Bremen hat Anspruch auf dieses Geld. Die Menschen, die Rundfunkgebühren zahlen, haben auch Anspruch, dass ihr Geld im Land Bremen bei Radio Bremen ankommt.
Die KEF sagt nun, dass die kleinen Sender derart finanziert werden sollen, dass sie überleben können. Wir setzen uns dafür ein, dass die Länder dieser Empfehlung folgen werden. Von den zusätzlichen 95 Cent jedes Gebührenzahlers würden 39 Cent an das ZDF und das Deutschland-Radio gehen, die restlichen 56 Cent würden die ARD-Sender unter sich aufteilen. Einerseits liegt diese Empfehlung unterhalb des Bedarfs, den einige Sender bei der KEF angemeldet hatten. Ich möchte sagen, dass Radio Bremen beispielsweise 1,08 Euro bräuchte, um alle Programme im gleichen Umfang weiter betreiben zu können. Diese komplizierte Verteilung der Gebühren rechnet sich nämlich nicht und richtet sich eben nicht nach den Gebührenvorschlägen, die die KEF für jeden Sender einzeln ermittelt hat, sondern nach der Zahl der Gebührenzahler in den Heimatländern der Sender.
natürlich auch Bremerhaven, danke für den Einwurf –, gleichzeitig aber überproportional viele Bremer wenig Geld zur Verfügung haben, sodass sie von den Gebühren befreit sind, ist Radio Bremen bei diesem Verteilungsschlüssel ziemlich benachteiligt.
Vor einigen Monaten, im Rahmen der ARD-Hauptversammlung im neuen Haus des Bremer Senders bewies Radio Bremen den anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, dass mit deren maßgeblicher finanzieller Hilfe, nämlich 64,4 Millionen Euro, an der Weser etwas sehr Bedeutendes, etwas sehr Großes entstanden ist, nämlich das modernste Funkhaus in Europa. Der Intendant sagte an dem Abend des Festaktes, ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten: „Allen Kolleginnen und Kollegen in der ARD, die tatkräftig mitgeholfen haben, Radio Bremen durch diesen Neubau eine Zukunft zu ermöglichen, möchte ich heute Abend dieses Haus vorstellen, dieses neue Domizil des Bremer Landessenders, das nicht nur ein modernes Funkhaus ist, sondern vor allem auch ein Zeichen gelebter ARD-Solidarität.“
Diese Solidarität, liebe Kolleginnen und Kollegen, und auch das ist an die anderen Länder gerichtet, wollen wir gewiss nicht überstrapazieren, aber wir wollen auf unser gutes Recht für eine gerechte Verteilung der gezahlten Rundfunkgebühren bestehen, damit Radio Bremen auch weiterhin eine öffentlichrechtliche Zukunft hat, denn, so haben wir vorhin vom Ministerpräsidenten gehört, auch Radio Bremen ist ein Wunschkind des Föderalismus. Wir, die rot-grüne Koalition, legen deshalb heute einen Antrag vor, für den wir um Zustimmung bitten.
Herr Strohmann, ich finde es nicht richtig, mit Ihrem Antrag schlagen Sie eine Variante vor, dass jetzt schon das gesamte Pulver, das wir vielleicht im Schrank oder im Magazin haben, verschossen wird.
Ich glaube, wir müssen erst einmal die Chance für Gespräche nutzen. Es gibt Signale, dass es zu Änderungen kommen soll. Ich werde mich gern auch noch einmal in einem zweiten Redebeitrag zu einer Bemerkung der KEF melden, da geht es nämlich um die Finanzausstattung der Sender und um die Verfassungsmäßigkeit der Ausstattung. Darüber sollten wir gleich noch einmal in einer zweiten Runde reden. – Danke schön!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Es ist zur prekären Lage von Radio Bremen hier im Haus schon öfter etwas gesagt worden, und die Kollegin Frau Stahmann hat es gerade noch einmal in aller Ausführlichkeit gesagt. Wir haben mit Radio Bremen eine der kleineren Sendeanstalten, ihr Finanzierungsbedarf ist nicht gesichert, und wir sind der Meinung, dass wir in dieser Rundfunklandschaft, in diesem Land die kleineren Sendeanstalten und auch Radio Bremen brauchen, dass wir dadurch eine inhaltliche, aber auch eine regionale Vielfalt besser gewährleisten können, dass sie auch gut für Bremen und Bremerhaven ist, die auch ein Stück weit Medienstandorte sind. Deswegen wollen wir Radio Bremen auf jeden Fall erhalten, und wir sehen überhaupt nicht ein, wieso es hier nicht eine vernünftige Finanzierung geben kann. Es drängen sich Parallelen zu allerlei anderen Fragen auf. Da ist eben wieder die Frage, wie agiert man: Stellt man klare Forderungen? Stellt man Bedingungen? Setzt man Grenzen? Oder fährt man eher die diplomatische Variante und sagt, wir setzen uns dafür ein, wir wollen darauf hinwirken, wir wollen Sorge tragen? Das ist alles sicherlich gut gemeint, allerdings sind wir diejenigen, „die schon immer etwas mehr Rückenwind hier vom Parlament aus abgeben wollen“, um den Kollegen Schildt zu zitieren. Den Rückenwind kann er gern auch von uns haben und zwar, indem wir allerdings den Antrag, wie er von einer der anderen Oppositionsparteien – der CDU – formuliert worden ist – –. Sie hat sich sonst gelegentlich dadurch bekannt gemacht, dass sie sich für Privatsender und durch die Schrumpfung des öffentlichen Rundfunks hier und da einmal, meines Erachtens als Beteiligte, in den letzten Jahren schuldig gemacht hat. Aber dieser Antrag ist in Ordnung. Er ist schärfer, er gibt etwas kräftigeren Rückenwind, weil er nämlich ausdrücklich – auch von uns aus hätten wir es so formuliert und Radio Bremen fordert es selbst auch – bedarfsgerechte Finanzierung einfordert. Diese Wortkombination findet man, sie wird dort gefordert, es wird auch eine Sofortmaßnahme gefordert, die naheliegend ist: nämlich eine Verschlechterung, die beschlossen und hier zitiert worden ist, nämlich die Absenkung des Ausgleichsbetrags, wieder zurückzunehmen. Das sind typische, konkrete Forderungen und Sofortmaßnahmen, die man fordern muss. Es steht auch darin, dass man sonst anderenfalls, wenn Radio Bremen nicht hinreichend abgesichert wird, diesem Rundfunkstaatsvertrag nicht zustimmen soll. Das ist die Sprache, die etwas mehr Rückenwind gibt, deswegen werden wir diesen Antrag bevorzugen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die FDP bekennt sich mit Nachdruck zum dualen Rundfunksystem in Deutschland. Die FDP erkennt den hohen Stellenwert und die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und damit auch Radio Bremens in unserer Gesellschaft an.
Wir sind allerdings der Überzeugung, dass das geltende Finanzierungssystem die Anforderungen an eine gerechte, transparente und zukunftsfähige Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht mehr erfüllt. Die Rundfunkgebühr muss nach unserer Überzeugung durch eine allgemeine Medienabgabe ersetzt werden.
Eine solche Medienabgabe ist gerecht, niemand wird mehrfach belastet. Jeder erwachsene Bürger mit eigenem Einkommen wird zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks herangezogen. Grundsatz muss dabei sein, dass jede Person nur einmal mit einer Abgabe belastet wird.
Heute ist trotz diverser Befreiungstatbestände nach geltender Rechtsgrundlage grundsätzlich, zum Beispiel bei Firmenempfangsgeräten, jedes Gerät gebührenpflichtig. Das führt dazu, dass Personen häufig mehrfach mit der Rundfunkgebühr belastet werden können. Hinzu kommt aus unserer Sicht auch die derzeit soziale Unausgewogenheit der Rundfunkgebühren.
Bei der von uns vorgeschlagenen Medienabgabe werden Einkommen bis zum steuerlichen Existenzminimum befreit. Das Problem der Schwarzseher und Trittbrettfahrer und der hierdurch entstehenden enormen Gebührenausfälle entfällt. Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk entgehen keine Einnahmen mehr. Eine Medienabgabe ist transparent, unklare Befreiungstatbestände entfallen. Die Klassifizierung zwischen Rundfunkteilnehmer und Nichtrundfunkteilnehmer wird überflüssig.
Damit entfällt dann auch die Notwendigkeit, mit teilweise zweifelhaften Methoden auch noch nach den letzten Schwarzsehern zu fahnden.
Die GEZ könnte abgeschafft werden, Bürokratieabbau nennt man das. Die Medienabgabe kann einfach über das Finanzamt, das ohnehin über die Daten der Steuerpflichtigen verfügt, mit eingezogen wer––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
den. Hochschulen und Wirtschaft werden durch die Medienabgabe nicht belastet, wie es momentan der Fall ist.
Die Medienabgabe ist legitim. Niemand muss mehr sein Unverständnis darüber äußern, dass er Gebühren für etwas zahlt, das er nicht in Anspruch nimmt oder mit bestimmten Geräten gar nicht empfangen kann. Es wird das Bewusstsein geschaffen, dass unsere Gesellschaft über den öffentlich-rechtlich Rundfunk als einen Garanten für qualitativ hochwertige, ausgewogene und unabhängige Informations-, Bildungs-, Kultur- und Unterhaltungseinrichtung verfügen will und deshalb auch die gesamte Gesellschaft für die Finanzierung herangezogen wird.
Die Landesregierungen und Landesparlamente sind zur dauerhaften Sicherung und zukunftsfähigen Gestaltung des Bestands und der Finanzierung des dualen Rundfunksystems in Deutschland aufgefordert sowie dazu, nicht weiter an derzeitigen Finanzmodellen herumzudoktern, sondern kurzfristig entsprechende Änderungen an dem Rundfunkstaatsvertrag vorzunehmen. Es genügt einfach nicht, dass sich die KEF regelmäßig mit der Frage von Gebührenerhöhungen auf Basis des jetzigen Systems beschäftigt und dann selbst feststellen muss, dass mit den Einnahmen aus den Rundfunkgebühren und dem gegenwärtigen Finanzausgleich die Lebens- und Funktionsfähigkeiten der kleinen Anstalten, wie Radio Bremen oder der Saarländische Rundfunk, nicht mehr sicherzustellen ist.
Jetzt ist wieder eine heftige Diskussion über einen internen Finanzausgleich innerhalb der ARD zu führen. Nach der Senkung der Finanzausgleichsmasse zum 1. Januar 2006 von 1,9 auf 1,0 Prozent muss nun zum 1. Januar 2009 wieder über eine Erhöhung nachgedacht werden, sonst gehen für Radio Bremen trotz enormer Sparleistungen bald die Lichter aus, die ja heute schon ein paarmal zur Sprache gekommen sind.
Noch einmal, die FDP spricht sich ausdrücklich für den Erhalt von Radio Bremen aus. Es wäre allerdings schön, wenn wir uns in diesem Hause darüber einig wären, dass in der nächsten Fassung des Rundfunkänderungstaatsvertrags mit dem derzeitigen Gebührensystem Schluss sein muss.
Erst der Dringlichkeitsantrag der CDU, dann der nicht minder wichtige Dringlichkeitsantrag der Regierungs
koalition, im Grunde genommen wollen wir alle das Gleiche: Die Existenz Radio Bremens über den 31. Dezember 2008 hinaus sichern!
Ein letzter Zwischenschritt ist die finanzielle Absicherung auf Basis des bisherigen Rundfunkgebührensystems durch Anpassung der Finanzausgleichsmasse. Mit Magengrummeln der FDP: Ja! Wir springen über unseren Schatten und werden dem Antrag der Regierungskoalition zustimmen.
Dann aber bitte gemeinsame Arbeit an einem neuen und gerechten Finanzierungssystem! Wie dieses aus der Sicht der FDP aussehen könnte, habe ich hier erläutert. – Vielen Dank!