Protocol of the Session on January 23, 2008

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Gleichzeitig mussten wir uns aber auch mit kriminellen oder gewaltbereiten Türstehern in der Diskoszene auseinandersetzen, ferner mit dem Handel und Konsum illegaler Drogen in Diskotheken. Deshalb ist es richtig, den Betreibern auch Auflagen geben zu können, wenn dies dem Schutz vor allem jugendlicher Gäste dient oder wenn erhebliche Belästigun

gen von dieser Gaststätte ausgehen. Dies ist nach dem Gesetzentwurf auch bei erlaubnisfreien Gaststätten möglich. Das halten wir auch weiterhin für erforderlich.

Neu ist in diesem Gesetzentwurf das Verbot, Getränke in einer Weise anzubieten, dass Alkoholexzesse begünstigt werden. Damit werden die Flatrateparties, aber auch Schnaps zu Diskountpreisen unzulässig. Wer dagegen verstößt, kann mit einem Ordnungsgeld bis zu 5000 Euro belegt werden. Auch das scheint uns ein wichtiger Ansatz. War die Erlaubnis bisher an eine Person und die Gaststätte gebunden, wird sie nun nur noch der Person erteilt.

Eine Prüfung zum Beispiel der Barrierefreiheit der konkreten Gaststätte, die betrieben werden soll, findet bei einem Wechsel der Räumlichkeiten nicht mehr statt. Wir werden dazu als Koalition einen Ergänzungsantrag in die Diskussion in den Deputationen einbringen, um die dauerhafte Benutzbarkeit und Erreichbarkeit der Gaststätten zu erreichen. Das haben wir im alten Gaststättengesetz geregelt. Nach Paragraf 3 Absatz 2 a Gaststättengesetz kann eine Lizenz entzogen werden, wenn die Barrierefreiheit nicht sichergestellt wird.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Mit Bierkisten zugestellte Behindertentoiletten sowie ausgeschaltete Aufzüge würden nach dem neuen Recht jetzt nicht zum Entzug der Genehmigung führen, sondern stellen eine Ordnungswidrigkeit dar.

In den Deputationen muss aber auch darüber geredet werden, was passiert, wenn nicht bauliche Anlagen die Benutzbarkeit ausschließen, sondern die innere Ausgestaltung. Das kann zum Beispiel durch Theken passieren, die nicht erreichbar sind, Podeste, die in Gaststätten eingebaut werden. Da handelt es sich im engeren Sinne nicht um die Barrierefreiheit nach dem Baurecht, sondern sie ist durch die innere Ausgestaltung der Gaststätte durch die Einrichtung bedingt. Auch da muss meines Erachtens geprüft werden, ob hier nicht gefordert werden kann, dass man sie eben auch nutzen kann. Das ist jedenfalls die bisherige Intention und auch die Regelung im alten Gaststättengesetz.

Bisher konnten Behindertenverbände gegen die rechtswidrige Erlaubniserteilung wegen fehlender Barrierefreiheit klagen. In dem neuen Recht ist dies nicht vorgesehen. Wir überlegen, ob nicht eine Änderung des Behindertengleichstellungsgesetzes auf bremischer Ebene diese alte Möglichkeit wieder herstellt. Der Behindertenbeauftragte ist zu diesen Fragen vor der Einbringung des Gesetzes nicht gehört worden. Auch das kann dadurch geheilt werden, dass wir jetzt die erste Lesung des Gesetzes unterbrechen, es an die Ausschüsse überweisen und dies dann nachholen.

(Glocke)

Ich komme vielleicht in einer zweiten Runde dann noch zu den beiden Änderungsanträgen, aber damit lasse ich es hier erst einmal bewenden!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Liess.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Vorredner haben schon darauf hingewiesen, dass wir hier auf ein Ergebnis der Föderalismuskommission I zurückkommen und hier nun eine eigene landesgesetzliche Regelung brauchen, die unter anderem dazu führt, dass wir eine Entkopplung zwischen Gewerberecht einerseits und Baurecht andererseits haben. Das macht auch die Qualität beziehungsweise die Schwierigkeit aus, auf die der Kollege Frehe eben hinsichtlich der Rechte von Behinderten, der Barrierefreiheit, der inneren Ausgestaltung von Gaststätten hingewiesen hat.

Ich kann für meine Fraktion erklären: Wir möchten keinesfalls mit neuen gesetzlichen Regelungen hinter die alten gesetzlichen Regelungen zurückfallen, und das bedeutet, wir müssen Wege finden, wie wir die Rechte der Behinderten und die Überwachung der Gaststätten auch in Zukunft in dieser Frage sicherstellen können.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Darüber hinaus denke ich, dass es eine richtige Entscheidung gewesen ist, dass die Verleitung zum übermäßigen Alkoholkonsum ausdrücklich in diesem Gesetz verboten wird. Das ist das, was hier unter dem Begriff der Flatrateparties genannt worden ist, wozu wir im Übrigen, wenn ich mich so recht entsinne, sogar einen einstimmigen Beschluss in diesem Parlament haben.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. D r. G ü l d n e r [Bünd- nis 90/Die Grünen]: So ist es!)

Von daher hat mich der Antrag der FDP, genau dies nun so nicht zu übernehmen, etwas überrascht, und das dann auch mit der Begründung zu sagen, die Formulierung gefiele nicht, würde anderes vielleicht gefährden, und für Jugendliche sei es ohnehin schon geregelt. Meine Damen und Herren, es geht hier nicht nur um Jugendliche! Verleitung zum übermäßigen Alkoholkonsum betrifft nicht nur Jugendliche. Das ist schon ein Stück weit weitergehend.

Da ich aber jetzt hier nicht die Debatte im Inhaltlichen führen möchte, möchte ich noch einmal sagen, ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

dass wir in der Deputation für Wirtschaft und Häfen eine erste Beratung gemacht haben. Zu diesem Zeitpunkt lagen Änderungsanträge nicht vor. Wir haben jetzt Änderungsanträge, wir haben die Situation, dass wir ganz offensichtlich die Rechte Behinderter nicht mehr in dem Umfang wahrgenommen haben, wie wir sie hätten wahrnehmen müssen. Von daher bitte ich, wie die Vorredner auch, die erste Lesung zu unterbrechen und das Gesetz zur Beratung in die Deputation für Wirtschaft und Häfen federführend, aber auch in die Deputation für Bau und Verkehr zu überweisen, weil es sein könnte, dass wir Regelungen in der Landesbauordnung dazu benötigen.

Außerdem bitte ich, nicht nur den Gesetzentwurf, sondern auch die Änderungsanträge zu überweisen. Ich bekenne für mich ganz eindeutig, dass ich den Vorschlag der CDU-Fraktion, von einem Erlaubnisverfahren zur Anzeigepflicht zu gehen, durchaus begrüße, und wenn wir dies rechtlich voreinander bringen können, finde ich, wäre es ein guter Beitrag zum Bürokratieabbau, und ich möchte gern in der Deputation mit Ihnen darüber beraten. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Müller.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe gerade von meinem Vorredner gehört, dass wir über die Föderalismusreform jetzt ein neues Landesgesetz haben müssen.

(Vizepräsident R a v e n s übernimmt den Vorsitz.)

Richtig ist, dass das derzeitige Gesetz immer noch Bestand hat und man ein neues Gesetz machen kann. Das vorab!

Unserer Meinung nach ist der Entwurf des Bremischen Gaststättengesetzes eine Fehlentwicklung des derzeitigen Gaststättengesetzes. Heute sollen in der ersten Lesung – wir hören ja, es wird der Vorschlag gemacht, dass wir die erste Lesung unterbrechen, das unterstützen wir natürlich völlig – gesetzliche Regelungen wie zum Beispiel das Ladenschlussgesetz, das Verbot des Alkoholausschankes, das haben wir auch schon gerade eben angeschnitten, und das Klagerecht des Behindertengleichstellungsgesetzes eingeschränkt oder gar aufgehoben werden. Diese Probleme habe ich schon in der staatlichen Deputation für Wirtschaft und Häfen vorgebracht. Meine Einwände wurden aber aus mir unerfindlichen Gründen überhaupt nicht aufgenommen. Es wurde einfach durchgezogen. Das, was wir hier vorliegen haben, ist praktisch ein Beschluss der Koalition.

Ich werde versuchen, an nur drei Beispielen aufzuzeigen, wo unserer Meinung nach Fehler im Gesetzentwurf vorhanden sind! Mein erstes Beispiel wird in Richtung Ladenschlussgesetz gehen! Wenn ich den Entwurf des Bremischen Gaststättengesetzes genauer lese, kann ich erkennen, dass das Ladenschlussgesetz, mit dem der Einzelhandel seine Öffnungszeiten im Einvernehmen regelt, übergangen werden soll, denn in Paragraf 6 wird der Senator für Wirtschaft und Häfen zusammen mit dem Senator für Inneres und Sport ermächtigt, über Rechtsverordnungen die Öffnungszeiten für das Gastgewerbe und Vergnügungsstätten – was immer das sein soll – im Einzelhandel oder gar allgemein verbindlich zu regeln. Genau das, meine Damen und Herren, ist ein drastischer Eingriff in die Autonomie der Betroffenen und wird von uns abgelehnt.

Nun komme ich zu meinem nächsten Beispiel, der Alkoholabgabe an bereits alkoholisierte Menschen! Das ist auch kurz angeschnitten worden von meinem Vorredner. Laut Paragraf 4 Ziffer 2 des Entwurfs des Bremischen Gaststättengesetzes wird noch darauf hingewiesen, dass es in Ausübung eines Gewerbes verboten ist, alkoholische Getränke an erkennbar Betrunkene zu verabreichen. Gleichzeitig wird aber in Paragraf 11 Ziffern 1 und 2 genau dieser Ausschank für zum Beispiel Betriebskantinen, in Kantinen der Polizei, Bundespolizei und Bundeswehr erlaubt.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: An Betrun- kene?)

Alkoholausschank an erkennbar Betrunkene ist hier nicht ausgenommen!

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: In Betriebs- kantinen?)

Auch soll nach Paragraf 10 Ziffern 1 und 2 weiter erlaubt werden, Alkohol an erkennbar alkoholisierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und an Mitglieder von Vereinen auszuschenken.

(Zuruf des Abg. D r. B u h l e r t [FDP])

Für Gesellschaften, bei denen der Alkoholkonsum anzunehmen ist – es gibt ja die eine oder andere, wo es nun einmal so anzunehmen ist –, greift die gleiche Abschwächung des Gesetzentwurfs. Das, meine Damen und Herren, ist eine auffallende Rückentwicklung von bereits Erreichtem. Wir haben uns hier damit auseinandergesetzt und erreicht, dass das nicht mehr der Fall ist. Hier wird alles Erreichte wieder gelockert und infrage gestellt.

Nun komme ich zu meinem letzten Beispiel, die Nichtbeteiligung des Landesbehindertenbeauftragten! Bei der Entwurfsbearbeitung des Bremischen Gaststättengesetzes wurde die Beteiligung des Lan

desbehindertenbeauftragten überhaupt nicht vorgenommen, das heißt, er wurde überhaupt nicht gehört oder informiert, dass überhaupt so etwas gemacht werden soll. Da frage ich mich: Wie kann überhaupt so etwas passieren, obwohl es eigentlich Usus ist, dass man die Behindertenbeauftragten bei weitreichenden Entscheidungen beteiligt?

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Haben Sie es gefordert?)

Wie bitte?

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Haben Sie es gefordert in der Deputation?)

Wie, ich habe gefordert? Dieses Papier habe ich ja genauso überraschend auf den Tisch bekommen, wie es der Landesbehindertenbeauftragte gehört hat!

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Aber Sie hät- ten es doch auch merken können!)

Genau das, die fehlende Transparenz und Beteiligung, meine liebe Frau Busch, ist Ihr Fehler gewesen! Das ist der Fehler der Koalition gewesen.

In Paragraf 2 des Entwurfs des Bremischen Gaststättengesetzes wird für das Betreiben der Gaststätte lediglich eine Ausschankerlaubnis für alkoholische Getränke und die Zuverlässigkeit des Betreibers verankert. Also, das ist ganz schön schwach! Im derzeit gültigen Gaststättengesetz ist unter anderem eine baurechtliche Genehmigung in Paragraf 74 der Bremischen Landesbauordnung vorgesehen, und eine barrierefreie Bauweise der Gaststätten wird in Paragraf 53 der Bremischen Landesbauordnung verlangt. Diese Pflichten sind im Entwurf des Bremischen Gaststättengesetzes überhaupt nicht mehr vorhanden.

(Zuruf)

Das muss nicht? Dann komme ich jetzt nämlich auf den Punkt! Das hat zur Folge, dass das Verbandsklagerecht, das laut Paragraf 13 Satz 1 des Behindertengleichstellungsgesetzes bei Verstößen genau bei diesen Vorfällen greift, nicht mehr zum Zuge kommt.

(Glocke)

Ich komme zum Schluss! Dies alles ist indiskutabel. Wir freuen uns, dass wir diese erste Lesung heute abbrechen werden – es wird ja gleich zur Abstimmung kommen – und wir den Entwurf des Bremischen Gaststättengesetzes erst einmal rechtlich prüfen und dann in den Deputationen behandeln werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der Linken)