Protocol of the Session on April 25, 2007

(Beifall)

Bevor ich jetzt dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich mitteilen, dass inzwischen interfraktionell vereinbart wurde, dass die Tagesordnungspunke 8, Girl’s Day, und die miteinander verbundenen Punkte 9 und 10, In Kinder investieren, in der Reihenfolge der Beratung getauscht werden.

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Kleen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich wollte eigentlich so reden, dass Herr Herderhorst sich so ärgert, dass er noch einmal hierher kommt. Jetzt hat er sich aber so nett verabschiedet, das streiche ich jetzt alles heraus!

(Beifall bei der SPD)

Die Antwort des Senats auf unsere Große Anfrage zur Polizeistrukturreform ist sehr umfassend, ist ganz detailliert und gibt einen guten Zwischenstand über ein nach meiner Überzeugung insgesamt erfolgreiches Projekt. Aus verschiedenen Richtungen gibt es Kritik, Sie haben es in den Zeitungen lesen können. Meines Erachtens kommt das auch gar nicht unerwartet angesichts der Dimension dieser Reform. Jetzt kommt es darauf an, konstruktive Kritik ernst und anzunehmen. Auch bei der Aufnahme dieser Kritik rumpelt es an manchen Stellen – Herr Herderhorst ist darauf eingegangen –, aber man kann, glaube ich, hier sehr deutlich sagen, dass im Großen und Ganzen die Polizei bei schwierigen Rahmenbedingungen auf der Erfolgsspur ist, und dabei verdient sie politischen Rückenwind.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, da sind wir auch ganz eigennützig, denn nach meiner festen Überzeugung ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

gibt es zur Polizeistrukturreform überhaupt keine vernünftige Alternative.

Herr Herderhorst hat noch einmal die Debatte von gestern angesprochen. Natürlich ist die Polizeistrukturreform auch eine Antwort auf sinkende Ressourcen. Die Polizei soll schlanker und effektiver arbeiten, wir wollen mehr Polizisten auf die Straße bringen, wie es so schön heißt. Deshalb ist es richtig, und auch die Sozialdemokraten stehen voll dahinter, Polizei bedarfsgerecht auszubilden, dass wir die Polizei nicht verkleinern. Die gestrige Debatte ging aber auch nicht darum, dass die einen die Polizei verkleinern wollen und die anderen die Polizei vergrößern wollen, sondern die gestrige Debatte hatte etwas damit zu tun, dass wir eine Gesamtverantwortung haben und dass eigentlich auch Sie diese Gesamtverantwortung annehmen müssten, denn Sie wissen ganz genau, dass viele der Herausforderungen, die auch in diesem Bericht zur Polizeistrukturreform stehen, von der Polizei allein überhaupt nicht gelöst werden können.

(Beifall bei der SPD)

Dazu brauchen wir Bildung, dazu brauchen wir Soziales, dazu brauchen wir auch Justiz. Frank Imhoff nickt so schön, wahrscheinlich brauchen wir dazu auch Umwelt.

(Abg. I m h o f f [CDU]: Nachhaltigkeit!)

Deshalb trifft es uns als Innenpolitiker auch, wenn wir keine ordentliche Jugendpolitik betreiben können, wenn wir keine präventive Sozialpolitik betreiben können und wenn wir nicht genug Staatsanwälte und Richter haben, und deshalb müssen wir uns um alle Bereiche kümmern und nicht nur um die Polizei.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, immer wieder wird der öffentliche Dienst angegriffen und mit Vorurteilen konfrontiert. Häufig bekommen in Haushaltsdebatten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes den Eindruck, sie seien nur Kostenstellen, eigentlich Ballast bei der Modernisierung und Verschlankung der Verwaltung. Beliebte Stichworte in Debatten sind eher Personalabbau und Beschneidung von Mitbestimmungsrechten. Wie falsch diese Vorurteile und Verunglimpfungen sein können, sehen wir auch in der Antwort des Senats zur Polizeistrukturreform. Rund 1550 Beamtinnen und Beamte, das sind etwa 60 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sind von dieser Reform betroffen. Nicht allen gefällt, was da passiert, im Gegenteil, einigen gefällt das überhaupt nicht, aber alle ziehen im Wesentlichen mit. Innovation ist das Stichwort, auch wenn nicht in allen Fällen von Innovationsfreude geredet werden darf.

Dass alle so mitziehen, ist bestimmt kein Selbstläufer, Herr Herderhorst hat es angesprochen. Bei der bremischen Polizei ist in den Neunzigerjahren ordentlich herumgedoktert worden, beginnend mit der Trennung des Stadt- und Polizeiamtes, also der Verwaltungspolizei und der Vollzugspolizei als Ausfluss des Gladbecker Geiseldramas. Danach gab es immer wieder Reformprozesse, von denen die Untersuchung durch Roland Berger sicher nicht die billigste, aber die bekannteste war.

Die Polizeistrukturreform, über die wir heute reden, hat den dramatischen Vorteil, dass sie von Anfang an von der Polizei selbst ausgegangen ist. Ich bin sehr dafür, dass wir als Politik die Erfolge der Polizeistrukturreform auf unsere Fahnen heften, aber wir sollten auch ehrlich sein: Verdient hat sie die Polizei selbst!

(Beifall bei der SPD)

An manchen Stellen geschieht diese Reform aus Einsicht in Notwendigkeiten. Das betrifft und betraf insbesondere die Öffnungszeiten in den Polizeirevieren. Noch immer haben Bürgerinnen und Bürger in den Stadtteilen das Gefühl, dass wir eigentlich zurück müssten. Jeder von uns weiß aber, dass das nicht geht. Polizisten, die nachts ein Polizeirevier bewachen, stehen für Polizeiarbeit für die Bürgerinnen und Bürger nicht zur Verfügung. Das müsste auch die Partei wissen, die sich anschickt, mit mindestens 18 Prozent in dieses Haus zu kommen, und wir wissen alle, es wäre schön, wenn sie fast 3 Prozent bekommen würde. Es ist aber einfach so, dass wir nicht dahin zurückkommen können, dass wir alle Reviere geöffnet haben. Wir müssen bei den Öffnungszeiten so bleiben, aber sie möglicherweise flexibler machen.

(Glocke)

Frau Präsidentin, Sie haben das Licht jetzt ausgemacht, dass meine Redezeit zu Ende ist. Heißt das, ich kann jetzt weiterreden?

Nein, das geht automatisch aus, Herr Abgeordneter!

(Abg. F o c k e [CDU]: Das hast du in den 12 Jahren immer noch nicht kapiert!)

In dem Moment klingele ich dann.

Ich muss unbedingt noch einmal wiederkommen, damit ich solche technischen Sachen auch irgendwann begreife!

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Ich höre jetzt auf, Ober sticht Unter! – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Tittmann.

(Abg. F o c k e [CDU]: Ich bin dafür, wir geben Herrn Kleen noch 5 Minuten!)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Komisch, dass sich die FDP, die sich das ja auf das Wahlplakat geschrieben hat, zu diesem wichtigen Thema Polizeireform nicht zu Wort meldet. Das finde ich schon sehr bemerkenswert. Meine Damen und Herren, vor circa 2 Jahren wurde im Bundesland Bremen Ihre ach so hochgelobte Polizeireform auf Kosten der inneren Sicherheit mit unsozialen Einschnitten bei unseren Polizeibeamtinnen und -beamten rücksichtslos durchgepeitscht. Nun fragen ausgerechnet Sie von der SPD und CDU, die dieses Chaos einer Reform zu verantworten haben, nach messbaren Erfolgen durch die Polizeireform. Da kann ich namens der Deutschen Volksunion nur sagen, es gibt keine messbaren Erfolge durch Ihre Polizeireform. Ganz im Gegenteil! Die ohnehin schon sehr schlechte, dramatische innere Sicherheitslage und das Sicherheitsgefühl unserer Bevölkerung im Land Bremen haben sich dadurch noch verschlimmert.

Tatsache ist doch, die Geschäftsleute, zum Beispiel im Roland-Center, müssen täglich in Angst und Schrecken leben. Fast jede Nacht wird dort eingebrochen, zerstört, geklaut und randaliert, und das nicht nur im Roland-Center. Nun fragen Sie doch einmal, Herr Senator Röwekamp, die mutige Polizeibeamtin, die von Ihren ach so lieben, angeblich friedlichen ausländischen jugendlichen Erzengelchen in Kattenturm so brutal zusammengeschlagen worden ist, nach Ihren messbaren Erfolgen der Polizeireform! Laut Aussage des Centermanagers, Herrn Giesa, haben solche meist ausländischen Jugendbanden sage und schreibe in 14 Tagen achtmal eingebrochen, randaliert und ungestört zerstört, Tendenz steigend. Dadurch fügen Sie auch mit Ihrer Polizeireform den Geschäftsleuten einen unermesslichen finanziellen Schaden zu, sodass sehr viele Geschäftsleute, nicht nur im RolandCenter, dadurch vor dem finanziellen Ruin stehen, weil sie nicht wissen, ob die Versicherung morgen oder übermorgen den entstandenen Schaden überhaupt noch bezahlt.

Laut einer Studie des Senats ist die Gewaltkriminalität im Bundesland Bremen sogar noch höher als in der Großstadt Berlin. So sehen Ihre messbaren Erfolge Ihrer Polizeireform in der Realität aus. Geschäftsleute werden auch durch Ihre Polizeireform ruiniert, und ihre Existenz wird vernichtet. Polizeibeamtinnen und -beamte werden von den meist ausländischen Jugendlichen sogar mit Waffen körperlich angegriffen, schwer verletzt, verlacht, verhöhnt, getreten und bespuckt. Das ist ein Skandal sondergleichen und wäre unter einer größeren politischen Verantwortung der DVU unmöglich. Merken Sie sich

eines, das habe ich Ihnen schon einmal gesagt: Unsere Polizeibeamtinnen und -beamten sind nicht die Prügelknaben der Nation. Sie sind auch kein billiger Fußabtreter der politischen Altparteien und ihrer verfehlten Politik.

Dass Sie es bei den eben genannten Tatsachen überhaupt noch wagen, eine solch scheinheilige Anfrage einzubringen, ist an Hohn und Unehrlichkeit nicht mehr zu überbieten. Die wirklich Einzigen, die über messbare Erfolge Ihrer Polizeireform sprechen können und dürfen, wären die zahlreichen in der Mehrzahl ausländischen Jugendbanden. Das sind nämlich die Einzigen, die wirklich großartige, messbare Erfolge zu verzeichnen haben, Sie aber nicht, Herr Senator!

Ich habe damals schon deutlich namens der DVU ausgesagt, dass zum Beispiel eine Nachtschließung von Polizeirevieren unverantwortlich ist, dass die Streifenwagen viel zu viel Zeit brauchen, um an den nächsten Einsatzort zu kommen, weil die Wege zu lang sind, dass die Personaldecke insgesamt viel zu dünn ist, dass unsere Beamten unseriös und unsozial durch diese sogenannte Sparliste abgezockt worden sind. Ich habe wieder einmal recht behalten. Ihre sogenannte Polizeireform ist erbärmlich gescheitert. Sie sehen, von messbaren Erfolgen Ihrer Polizeireform kann überhaupt nicht die Rede sein, ganz im Gegenteil! Ihre ach so großartige Polizeireform ist kein Fortschritt, sondern ein Rückschritt in die Steinzeit, denn trotz oder gerade wegen Ihrer Polizeireform stiegen die Gewalttaten dramatisch an und werden auch weiterhin ansteigen. Die jugendlichen Gewalttäter werden immer brutaler, die Täter immer jünger und rücksichtsloser. Eine sogenannte Hemmschwelle gibt es nicht mehr.

Darum ist es dringend erforderlich, dass Sie endlich eine Polizeireform umsetzen, die den Namen Polizeireform auch wirklich verdient, die nicht unsozial auf Kosten der Gesundheit unserer unterbezahlten Beamtinnen und Beamten rücksichtslos umgesetzt wird und die die innere Sicherheit unserer Bevölkerung uneingeschränkt garantiert. Dazu sind Sie aber nicht in der Lage.

Herr Senator Röwekamp, bevor Sie gleich wieder jammernd nach vorn kommen und mich mit Ihren Hasstiraden bewusst fälschlicherweise in die rechtsradikale Ecke stellen wollen,

(Glocke)

sage ich Ihnen gleich: Lassen Sie das! – Ja, bitte?

Ihre Redezeit ist abgelaufen!

Einen kleinen Moment noch! Das glaubt Ihnen gerade in Bremerhaven sowieso kein

Mensch mehr. Gerade da kennen mich die Leute, auch Ausländer, als toleranten, bürgernahen Menschen.

(Lachen – Glocke)

Stattdessen erklären Sie der Öffentlichkeit lieber einmal den Widerspruch: Hier faseln Sie gegen den sogenannten Rechtsradikalismus, und in Berlin gehen Ihre CDU-Genossen meines Wissens Hand in Hand mit den Kameradschaften auf die Straße und demonstrieren gegen Moscheenbau.

(Glocke)

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen!

(Zurufe von der SPD – Abg. T i t t m a n n [DVU]: Den Unterschied können Sie mir gleich einmal erklären! Erklären Sie es mir einmal! – Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Jetzt reicht es! – Abg. T i t t m a n n [DVU]: Das haben Sie nicht zu bestimmen! Lesen Sie lieber in der Zeitung weiter! Das ist ge- scheiter!)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Dr. Güldner.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Problem, warum die DVU keinen sinnvollen Beitrag zur inneren Sicherheit leisten kann, ist, dass sie – das hat man gerade eben wieder gemerkt – denjenigen, die wir an dieser Stelle bekämpfen, sehr viel näher steht als denjenigen, die jeden Tag auf der Straße als Polizei in Bremen und Bremerhaven für Recht und Ordnung sorgen, meine Damen und Herren.