Herr Kollege Schmidtmann, Sie haben ganz oft die Bundespolitik erwähnt und die Bemühungen, die finanzielle Lage im Bereich der Pflege zu verbessern. Darin stimmen wir alle überein, aber ich habe einmal eine Frage an Sie: Hat die über mehrere Jahre von Rot-Grün gestellte Bundesregierung denn jemals versucht, die Pflegesätze zu erhöhen? Ich meine, Sie waren 7 Jahre in der Verantwortung als Bündnis 90/Die Grünen mit der SPD. Meine Frage ist: Haben Sie jemals ernsthaft versucht, gab es gesetzgeberische Initiativen, die Pflegesätze bedarfsdeckend zu erhöhen? Da kann es nur Ja oder Nein geben!
Wir hatten in unserer Regierungszeit die Pflegeversicherung auf dem Schirm und wollten die Reform durchführen. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Gestern habe ich vom Senat auch keine Antwort bekommen! Also, wir haben das auf dem Schirm gehabt, wir wollten die Pflegeversicherung auf feste Beine stellen. So viel kann ich dazu sagen!
Noch einmal ganz einfach: Hat die knapp über 7 oder 8 Jahre regierende Bundesregierung von SPD und Bündnis 90/Die Grünen jemals ernsthaft gesetzgeberisch Initiativen ergriffen, um die
finanzielle Lage zu verbessern und ganz konkret die Pflegesätze auch bedarfsgerecht dann anzupassen?
Herr Bensch, Sie wissen doch ganz genau, wir haben am Ende der rot-grünen Regierungszeit die Hartz-Reformen auf den Weg gebracht. Wir konnten genauso wie Ihre Regierung nicht alle Reformen auf einmal machen. Wir waren im Begriff, die Pflegeversicherung auf feste Beine zu stellen. So, das ist meine Antwort darauf!
Ich bin auch am Ende. Wir wollen eine Pflegeversicherung, die den Pflegebedürftigen in den Mittelpunkt aller Überlegungen stellt. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Leider habe ich zu diesem sehr wichtigen Thema „Ambulante Pflege im Land Bremen“ wohlweislich nur 5 Minuten Redezeit, sodass ich mich zu diesem sehr wichtigen Thema leider nur 5 Minuten äußern darf.
Nachdem Sie ja nun alle durch eine rosarote Brille gesehen haben, wollen wir nun auch einmal die andere Seite durchleuchten. Tatsache ist doch, dass auch im Land Bremen die ambulante Pflege zu einem sehr lukrativen Geschäft geworden ist, welches sehr oft auf Kosten der Pflege von hilfsbedürftigen älteren Menschen geht und wo eine optimale Gewinnmaximierung in sehr vielen Fällen an erster Stelle steht und die menschenwürdige Pflege der hilflosen älteren Menschen leider erst an letzter Stelle.
Meine Damen und Herren, 2007 werden circa 1,4 Millionen alte und kranke Menschen zu Hause gepflegt. Laut einer Studie wird aber jeder fünfte Patient misshandelt, schwer vernachlässigt oder brutal abgezockt. Der Pflegeexperte Ralf Hirsch, Vorsitzender des Vereins „Handeln statt misshandeln“, hat in unzähligen Aussagen sehr klar deutlich gemacht, wie schlimm in einigen Pflegefällen der Zustand in der ambulanten Pflege wirklich ist. Frau Präsidentin, ich darf zitieren: „Viel seltener werden die Fälle bekannt, in denen verwirrten älteren Menschen im häuslichen Umfeld durch überforderte Angehörige und ambulante Pflegekräfte Gewalt angetan wird. Vernachläs
Die Vorsitzende von der Beratungsstelle „Pflege in Not“, Frau Tammen-Parr, ist davon überzeugt, dass sich die größten Dramen nicht in den Heimen, sondern in der häuslichen Pflege abspielen. Solche schrecklichen Untaten werden leider nur in seltenen Fällen und oft genug viel zu spät durch aufmerksame Bürger aufgedeckt und angezeigt, die vielleicht die schmerzvollen Hilfeschreie dieser misshandelten, hilfsbedürftigen Menschen nicht mehr länger ertragen können. Wie schon erwähnt ist es dann oft genug schon zu spät. Das ist ein unhaltbarer, menschenunwürdiger, skandalöser Zustand.
Zwar sind die Haushalte derjenigen, die Pflegegeld erhalten, verpflichtet, einmal im Jahr ein lapidares Beratungsgespräch mit einem ambulanten Pflegedienst zu führen, aber am Ende bringt ein solches Pro-forma-Alibigespräch überhaupt nichts, denn die Informationen dürfen ohne Zustimmung des oft verwirrten und hilflosen Patienten aus Datenschutzgründen nicht weitergegeben werden. Diese erschreckende Lücke einer fehlenden Kontrolle und mangelnder Vernetzung der zuständigen Ämter ist praktisch eine Einladung zum Missbrauch. Zum Beispiel ist es oft genug vorgekommen, dass eine nahe Verwandte oder ein naher Verwandter einen älteren Menschen nur deshalb zu Hause pflegt, um sich das Pflegegeld, die Rente und am Ende das Erbe zu sichern.
In einer neuen, noch nicht veröffentlichten Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachen – nun sollten Sie genau zuhören, es ist nicht irgendjemand, der das veröffentlicht oder noch nicht veröffentlicht hat, aber bald! – hat jeder zehnte von nur 450 befragten Pflegern zugegeben – von nur 450, meine Damen und Herren! –, dass ihm schon einmal die Hand ausgerutscht sei. Jeder fünfte Pfleger räumte gravierende pflegerische Vernachlässigung ein, und sage und schreibe weit über die Hälfte ist sogar Zeuge von psychischer oder physischer Gewalt durch Angehörige geworden.
Meine Damen und Herren, laut „Spiegel“ ging das Bundesfamilienministerium schon 2001 davon aus, dass jährlich circa 60 000 Senioren Opfer von familiärer Misshandlung geworden sind. Das ist auch ein Ergebnis Ihrer skandalösen Pflege- und Altenpolitik! Darum fordert die Deutsche Volksunion schon seit Langem eine verstärkte und effektivere Kontrolle durch die Einführung von sogenannten Altenämtern, dass Mitarbeiter nach dem Vorbild von Jugendämtern regelmäßig nach dem Rechten schauen müssen. Das ist angesichts der von mir ausgeführten erschreckenden Zahlen dringend erforderlich, zumal die Zahl der ambulant pflegebedürftigen Menschen in den nächsten Jahren dramatisch ansteigen wird.
Die ambulante Pflege darf nicht fernab der Öffentlichkeit quasi im Dunkeln unkontrollierbar vonstattengehen. Das haben unsere älteren hilfsbedürftigen
Menschen, die ihr Leben lang sehr hart für unsere Gesellschaft gearbeitet haben, im Alter nicht verdient.
Gut, ich bin gleich fertig! Sie haben gerade im Alter eine menschenwürdige, bezahlbare häusliche Pflege verdient. Dafür kämpft die Deutsche Volksunion uneingeschränkt, an der Spitze der DVU-Bundesvorsitzende Dr. Frey. – Ich danke Ihnen!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Das Sozialgesetzbuch XI nennt in Paragraf 3 die Maßgabe des Vorrangs der häuslichen Pflege, ich darf zitieren: „Die Pflegeversicherung soll mit ihren Leistungen vorrangig die häusliche Pflege und die Pflegebereitschaft der Angehörigen und Nachbarn unterstützen, damit die Pflegebedürftigen möglichst lange in ihrer häuslichen Umgebung bleiben können.“ Hier drückt sich sehr deutlich auch in dieser Regelung der Vorrang der ambulanten vor der stationären Versorgung aus.
Aufgrund des demografischen Wandels erwarten wir in den kommenden Jahren nicht nur einen höheren Anteil in der Gesamtbevölkerung von älteren Menschen, sondern auch höhere Zahlen von Pflegebedürftigen, sowohl andere Anforderungen als auch andere Qualitäten an Pflege. Das muss nicht heißen, dass wir auch mehr Heimplätze brauchen. Die Heimversorgung in Bremen und Bremerhaven ist gut, aber wir wissen, dass viele ältere Menschen nicht ins Heim gehen, sondern bei guter ambulanter Versorgung zu Hause bleiben möchten.
Die Versorgung mit Angeboten im ambulanten Bereich in Bremen ist ebenfalls gut. Das können wir auch daran ablesen, dass die Versorgung hier in Bremen im Durchschnitt etwa mit drei Prozent höher liegt als im Bundesdurchschnitt, der 68 Prozent beträgt. Qualität und Vielfalt der Angebote in der ambulanten Versorgung und der Bezug zur Wohnsituation spielen dabei eine ganz wesentliche und entscheidende Rolle.
Auch die Strukturen im vorpflegerischen Bereich, zum Beispiel bei den hauswirtschaftlichen Hilfen und den Beratungsangeboten, sind hier ganz wesentlich zu beachten. Wir haben schon gehört, dass rund 14 600 Menschen im häuslichen Umfeld überwiegend, das sei hier noch einmal betont, von Frauen gepflegt und betreut werden. Pflegende Angehörige sind ein we
sentlicher Bestandteil in der Sicherung der ambulanten Pflege und leisten einen sehr erheblichen Beitrag zur Vermeidung stationärer Unterbringung. Deshalb unterstützen wir auch ganz wesentlich die Strukturen, die beratende und koordinierende Dienste leisten, die Angehörige unterstützen und auf nachbarschaftliche Solidarisierungsprozesse hinwirken.
Aus den vielen Angeboten und unterstützenden Maßnahmen, die in der umfänglichen zwölfseitigen Antwort des Senats genannt worden sind, möchte ich zwei noch einmal herausgreifen, weil sie auch von besonderer Bedeutung insgesamt sind: die Dienstleistungszentren und die Kooperation zwischen der Wohnungswirtschaft und den Pflegedienstleistern!
Die Dienstleistungszentren in Bremen sind stadtteilbezogene und niedrigschwellige Angebotsformen. Damit haben wir hier eine Struktur geschaffen, um die uns andere Kommunen durchaus beneiden.
Sie gewährleisten umfassende Information und Beratung und die Organisation der hauswirtschaftlichen Versorgung. Im Vorfeld der Pflege haben die Dienstleistungszentren eine präventive Funktion, hier besonders den Bereich von Kommunikation und von sozialem Umfeld weiterhin herzustellen.
Gerade für Menschen mit einem geringen oder unregelmäßigen Pflegebedarf unterhalb der Pflegestufe I bieten die Dienstleistungszentren Begleitung und Unterstützung. Pflegebedürftigkeit kann so hinausgezögert werden und eine möglichst lange selbstständige Lebensführung ermöglicht werden. Das ist letztendlich das Ziel vieler oder der meisten älteren Menschen, auch so lange in ihrem Wohnumfeld bleiben zu können, wie es möglich ist.
Neben der Demenz Informations- und -Koordinationsstelle DIKS oder auch der unabhängigen Pflegeberatung und anderen Beratungsstellen bilden die Sozialstationen in Bremerhaven und die Dienstleistungszentren in Bremen eine effektive Unterstützung und Beratungslandschaft. Entscheidende Bedeutung für das Verbleiben der hilfe- und pflegebedürftigen Menschen in den eigenen Wohnräumen kommt in diesem Zusammenhang – da bin ich bei dem zweiten Punkt – großen Vermietern der bremischen Wohnungswirtschaft zu. Dort gibt es die Bereitschaft zur Wohnungsanpassung, um die Wohnungssituation barrierefrei oder barrierearm für ältere Bewohnerinnen und Bewohner zu gestalten. Die Wohnungswirtschaft erkennt zunehmend auch eine neue Aufgabe in der Ermöglichung und Gestaltung des nachbarschaftlichen Zusammenhalts.
Das Ziel, älter werdende Mieterinnen und Mieter aus mittleren und unteren Einkommensschichten zu halten, verfolgen die großen stadtbremischen Wohnungsanbieter in mehreren Projekten in Kooperation mit den Anbietern von Pflegeleistungen. Hier hat
sich etwas entwickelt, das sich durchaus auch über die Grenzen Bremens hinaus sehen lassen kann: In bisher 3 Projekten werden älteren Mietern Angebote gemacht mit dem Ziel, sie in ihrer Wohnsituation nicht nur zu halten, sondern zu stabilisieren. Die Bremer Heimstiftung, die paritätische Pflegegesellschaft, hier mit Gewoba, Brebau, Gewosie, ziehen hier an einem Strang.
Der Verband der Wohnungswirtschaft in Niedersachsen und Bremen e. V. und die Wohlfahrtsverbände wirken ebenso wie das Bauressort und natürlich das Sozialressort zusammen. In einem Punkt haben Bremen und Bremerhaven, wenn man vergleicht, was hier in der sehr umfänglichen Antwort beschrieben worden ist, allerdings im Vergleich zu anderen Städten noch einen gewissen Nachholbedarf, wir finden hier in anderen Städten mittlerweile auch von den Wohnungsbaugesellschaften eingestellte und freigestellte Sozialarbeiter. Hier müssen und wollen wir auch darauf hinwirken, dass wir hier auch Bremer und Bremerhavener Großvermieter noch weiter dazu motivieren können, dies anzupacken, und ich sehe da nach meiner Beobachtung durchaus eine Bewegung.
Ich will eines ganz kurz ansprechen, Herr Schmidtmann hat die Pflegeversicherung angesprochen. Wir werden uns sicherlich über den Bereich der Finanzierung hier noch auseinandersetzen müssen. Gleichwohl denke ich, dass wir in inhaltlichen Positionen und Punkten überhaupt nicht auseinander sind, denn hier wird ganz wesentlich in der Reform der Pflegeversicherung die Stärkung der ambulanten Pflege angesprochen, es wird eine stärkere Unterstützung für an Demenz erkrankte Menschen angesprochen, und es werden Qualitätsstandards angesprochen, um nur 3 Punkte zu nennen. Ich denke, das sind ganz wesentliche Punkte, die wir hier auch gemeinsam weiter voranbringen wollen, wenn es um die Reform der Pflegeversicherung geht.
ich komme zum Ende! – Fazit ziehen, zunächst einmal eine abschließende Zusammenfassung machen! Wir haben in Bremen und Bremerhaven gute Beratungsangebote für ältere Menschen und ihre Angehörigen. Wir haben eine ausreichende Anzahl gut qualifizierter Pflegedienste und anderer Angebote, sowohl privatwirtschaftlich organisiert als auch und besonders durch die Wohlfahrtsverbände. Mit den 17 Dienstleistungszentren und ihren Außenstellen haben wir eine Struktur, die sich auch überregional vorzeigen lässt. Die Wohnungswirtschaft hat die Zeichen der Zeit erkannt und kümmert sich gemeinsam mit den Pflegeanbietern um den Verbleib der älteren Mieterinnen und
Mieter in ihren Wohnungen. Die positive Bewertung insgesamt, für die ich mich ausdrücklich auch bedanken möchte, die hier heute deutlich geworden ist, muss für uns dennoch Herausforderung sein, in der Entwicklung weiterer und notwendiger, auch niedrigschwelliger Angebotsformen nicht nachzulassen. – Vielen Dank!