Protocol of the Session on May 11, 2006

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das Wort hat der Abgeordnete Peters.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich kann mich ebenfalls sehr kurz fassen. Wir haben über den gemeinsamen Antrag bereits im Januar debattiert und ihn an die Deputation für Wirtschaft und Häfen überwiesen. Nun liegt der Bericht der Deputation vor, woraus auch deutlich wird, dass die Deputation dem Antrag vollinhaltlich folgt. Dies begrüßen wir als CDU, denn es ist richtig, dass langjährige Kammermitglieder auch bei Bezug von Arbeitslosengeld II weiterhin die KammerCard bekommen sollen und müssen und die damit ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

verbundenen Ermäßigungen, die Herr Schmidtmann schon aufgeführt hat, in Anspruch nehmen können. Ansonsten kann ich mich in weiten Teilen den Ausführungen von Herrn Schmidtmann anschließen. – Danke! (Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Herr Senator Kastendiek.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! So viel Einigkeit ist selten in diesem Haus, deswegen möchte ich Sie auch nicht überstrapazieren. Auch von unserer Seite gibt es keine Bedenken gegen die Änderung des Gesetzes. In der Deputation für Wirtschaft ist ausführlich darüber beraten worden, deswegen begrüßen wir das Ganze ausdrücklich. Einigkeit ist fraktionsübergreifend vorhanden. Deswegen denke ich, dass wir, Herr Schmidtmann, hier zu einer zügigen Umsetzung kommen und dass die Bedenken von daher ausgeräumt sind. In dem Sinne bedanke ich mich auch für das Engagement der Fraktionen in dieser Sache. Wie gesagt, von unserer Seite wird es geteilt, und es gibt keine Bedenken. In diesem Sinne denke ich, dass die erhofften Wirkungen dieser Gesetzesänderung dann auch eintreten. interjection: (Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Beratung ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Arbeitnehmerkammer in der nach rechtsförmlicher Prüfung geänderten Fassung, Drucksache 16/871, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! Ich bitte um die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt das Gesetz in erster Lesung.

(Einstimmig)

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von der Mitteilung des Senats, Drucksache 16/975, Kenntnis.

Ausbildungsreife erhöhen und Berufsvorbereitung von Hauptschülerinnen und Hauptschülern verbessern Große Anfrage der Fraktionen der SPD und der CDU vom 13. März 2006 (Drucksache 16/950)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 25. April 2006

(Drucksache 16/991)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Lemke.

Herr Senator, möchten Sie die Antwort mündlich wiederholen? – Vielen Dank, das möchten Sie nicht.

Ich gehe davon aus, dass wir in eine Aussprache eintreten wollen. – Das ist der Fall.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Hövelmann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auf 1000 Beschäftigte mit einem festen Job kommen im Bundesdurchschnitt 193, in Bayern 90 und in Bremen 365 ArbeitslosengeldII-Empfänger. Laut Untersuchung der Arbeitnehmerkammer, die jetzt gerade vorgelegt wurde, hat jeder vierte Jugendliche in Bremen kaum eine Chance auf dem Arbeitsmarkt. Jeder Vierte in Bremen unter 25 Jahren finanziert sich komplett aus staatlichen Transferleistungen.

Meine Damen und Herren, wenn man weiß, welche Auswirkungen das lebenslang hat, ahnt man vielleicht, welch dramatischer Sprengsatz hier in Bremen besteht. Auch das ist einer der Gründe, warum die SPD-Fraktion die Große Anfrage mit dem schon programmatischen Titel „Ausbildungsreife erhöhen und Berufsvorbereitung von Hauptschülerinnen und Hauptschülern verbessern“ gestellt hat. Dieses Thema, davon bin ich fest überzeugt, muss eine Kernaufgabe der bremischen Bildungspolitik sein.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Trotz vielfältiger Projekte, die an den Schulen zur Verbesserung der Ausbildungsfähigkeit geführt haben und die auch noch laufen, ist die Lücke zwischen dem Anforderungsprofil der Auszubildenden und dem Anforderungsprofil der Betriebe zum Teil noch gewaltig. Das liegt sicherlich auch daran, meine Damen und Herren, dass die Anforderungen an die jungen Menschen erheblich gestiegen sind. Die Unternehmen erwarten zu Recht gut ausgebildete und qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Der Senat antwortet auf unsere Fragen, dass die mittlerweile mehr praxisorientierten Unterrichtsanteile der Jugendlichen verbessert worden sind, dass sie somit besser vorbereitet sind. Zu Recht beklagt der Senat, das finde ich auch sehr bemerkenswert, den generellen Mangel an Ausbildungsplätzen. Es gibt nach wie vor einen großen Verdrängungsprozess zu Lasten von Hauptschülerinnen und Hauptschülern durch Jugendliche mit mindestens mittlerem Bildungsabschluss.

Die SPD-Fraktion sieht sich darin bestätigt, dass es richtig war, in Bremen die Hauptschule zuguns

ten der Sekundarschule abzuschaffen. Die Maßnahmen, die ergriffen worden sind zur Verbesserung der Arbeits- und Berufsorientierung, finden Sie auf der Seite zwei in der Antwort, und ich möchte nur einige exemplarisch nennen. Das eine ist die zweite Ausschreibung des Wettbewerbs Bremer Schulen mit vorbildlicher Berufsorientierung. Da sind schon 16 Schulen ausgezeichnet worden, das Ganze wird wieder gemacht werden, und ich sehe gerade hier voller Freude, dass an die integrierte Stadtteilschule in den Sandwehen gedacht wurde, Frau Schmidtke.

Dann haben wir die Werkstattphase und den Berufswahlpass, das möchte ich ausdrücklich hervorheben. Dieser Berufswahlpass bringt eine höhere Verbindlichkeit, man zeigt darin, was man gemacht hat, und dieser Berufswahlpass wird jetzt ab dem Schuljahr 2007/2008 verbindlich eingeführt. Das ist auch eine gute Maßnahme.

(Beifall bei der SPD)

Schriftliche Abschlussprüfungen zeigen, dass wir qualitätsorientiert arbeiten und dass sich auch alle darauf verlassen können, dass die Standards eingehalten werden und die Leistungen vergleichbar sind. Ich begrüße auch ausdrücklich, Herr Senator, dass Sie die Bildungspläne revidieren werden und die Inhalte entsprechend der KMK-Vorgaben überprüfen werden.

Richtig klasse finde ich, und das ist etwas, wo wir in Bremen mittlerweile ganz vorn liegen, diese Konzentration – durch Willi Lemke überall auch gefördert – auf die Ferien. Meine Damen und Herren, ich spreche von den Bewerbungscamps, die in den Herbstferien durchgeführt worden sind, drei Bewerbungscamps mit Schülerinnen und Schülern. Diese Maßnahme wird 2006 fortgesetzt. Das finde ich absolut klasse! Ich finde, dass wir da auch in der Richtung, in den Ferien die Zeit und die Kapazitäten zu nutzen, weiter arbeiten müssen. Schließlich gibt es eine zehnwöchige Werkstattphase, die mit Sicherheit auch eine Berufsorientierung verbessert.

Meine Damen und Herren, ab 2008/2009 ist eine zweitägige Praxisphase geplant, ich glaube, dass diese Praxisphase den Jugendlichen ein Rendezvous mit der Realität bescheren wird. Ich bin sicher, dass sie dadurch auch mehr ihre Stärken und Schwächen erkennen können, aber es wird schwierig sein, das umzusetzen für die vielen Schülerinnen und Schüler. In der Antwort des Senats sehen wir schon, dass auch daran gedacht wird, das Ganze in Berufsschulen durchzuführen. Ich plädiere dafür und würde mich sehr freuen, wenn es klappen würde, dass es im Betrieb stattfindet, denn nichts ersetzt die betriebliche Realität bei den Eindrücken, die bei den Jugendlichen verbleiben.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir können lesen, dass es mittlerweile 50 Patenschaften von Schulen mit Unternehmen gibt, das ist toll! Man muss aber sicherlich hinterfragen, wie diese Patenschaften laufen, allein dass sie im Papier eingetragen sind, ist noch kein Qualitätsmerkmal, sondern man muss sehen, was da wirklich passiert. Wir haben uns als SPD-Fraktion vorgenommen, dort einmal hinzusehen und solche Patenschaften zu begleiten, um zu sehen, welche Effekte das hat. Wir denken in der SPD-Fraktion auch offensiv darüber nach, selbst Patenschaften zu übernehmen. Individuelle Patenschaften mit regionalen Betrieben eröffnen eine Riesenchance und Möglichkeiten für beide Seiten, einmal für die Jugendlichen, dass sie dort zeigen können, auch wenn ich in Mathematik oder Physik nicht ganz vorn liege, ich bin gut, ich kann etwas lernen, ich stehe morgens pünktlich auf, ich bringe mich ein, ich kann Konflikte aushalten, ich kann Anforderungen erfüllen, ich kann auch einmal unter Stress arbeiten. Das ist die Chance der Jugendlichen. Die Chance des Betriebes ist, Mut zu fassen zu sagen, man könnte es vielleicht doch wagen, einen Ausbildungsplatz zur Verfügung zu stellen und den Jugendlichen besser kennen zu lernen. Ich glaube, diese individuellen Patenschaften sind noch sehr viel wertvoller als diese Patenschaften zwischen Schule und Betrieb, weil das so mehr auf einer anonymeren Ebene laufen wird.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Meine Damen und Herren eine größere Praxisorientierung, das ist jetzt schon deutlich geworden, muss aus Sicht der SPD-Fraktion umgesetzt werden, und lebensnahe Inhalte müssen den schulischen Lernprozess bestimmen, damit man auch weiß, warum man etwas errechnen soll. Es ist einfacher, wenn man weiß, dass man, um einen Tisch zu produzieren, eben auch die Fläche berechnen können muss und wissen muss, wo man etwas abschneiden muss. Die individuelle Auseinandersetzung der Jugendlichen mit ihren Stärken und Schwächen muss ebenfalls durch die Schule begleitet sein. Dafür müssen die Lehrer fortgebildet werden. Auch die Lehrkräfte übernehmen dafür schon in unterschiedlicher Weise die Verantwortung, was mit ihren Schülerinnen und Schülern nach der Schule passiert. Das muss noch stärker werden. Ich kann Ihnen von einem wunderbaren Projekt berichten, bei dem wir in der letzten und in der vorletzten Woche Schülerinnen und Schüler aus der Integrierten Stadtteilschule an der Pestalozzistraße kennen lernen konnten, die ein Arbeitslehreprojekt gemacht haben, immer begleitet von meiner Kollegin Cornelia Wiedemeyer. Als dann Senator Lemke jeden einzelnen dieser Schülerinnen und Schüler fragte, und es waren, glaube ich, insgesamt ungefähr acht – –.

(Zuruf von Senator L e m k e)

Elf oder zwölf, ja, genau! Alle Schülerinnen und Schüler aus der Pestalozzistraße in Oslebshausen konnten sagen, was sie nach ihrer zehnten Klasse machen, jeder einzelne wusste Bescheid. Wir haben gesagt: Donnerwetter, das ist wunderbar, super begleitet durch die Schule, super begleitet durch die Lehrkraft!

Es hat eben auch gezeigt, es ist nicht unbedingt abhängig vom sozialen Umfeld, sondern es ist abhängig davon, wie sehr man sich kümmert und hinschaut. Deshalb muss man die Lehrkräfte ermuntern, wirklich jeden einzelnen an die Hand zu nehmen, zu schütteln und zu sagen, so, das ist dein Leben, deine Verantwortung, kümmere dich, gehe dahin oder dorthin! Das ist hier wunderbar gelungen.

Es gibt an jeder Schule Kontaktlehrerinnen und Kontaktlehrer, die in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt ebenfalls eine Beratungsfunktion übernehmen. Ich gehe davon aus und bin sicher, dass sie auch immer auf der Höhe der Zeit sind und wissen, wie sich diese sich schnell ändernde Berufswelt dann auch in Ausbildung et cetera niederschlägt. Auch die Schullaufbahnberatung könnte man hier vielleicht einbeziehen. Wir haben darüber ja gesprochen, Herr Senator.

Insgesamt muss das Übergangsmanagement, so will ich das einmal nennen, noch verbessert werden. Wir haben ebenfalls bei einem Schulbesuch an der Berufsschule für Metalltechnik in der letzten Woche ein gutes Beispiel sehen dürfen, wo Jugendliche, die nicht unbedingt gute Voraussetzungen haben, weil sie den Hauptschulabschluss noch nicht geschafft haben, richtig mit der Realität konfrontiert worden sind, indem sie in die Betriebe gegangen sind, indem sie die Möglichkeit haben, sehr teure und sehr begehrte Schweißlehrgänge zu machen. Sie sehen dann, ich kann es ja doch hinbekommen, wenn ich mich anstrenge. Meine Damen und Herren, das ist ein schwieriger Bereich, es sind schwierige Schülerinnen und Schüler, die nicht von Anfang an den richtigen Weg des Anstrengens und Lernens gegangen sind. Wenn man an die Schule kommt, sieht man, dass durch schulische Arbeit die Atmosphäre, die Leistungsbereitschaft, aber auch die Freundlichkeit in der Schule durchaus zu bearbeiten sind und dass diese Jugendlichen anschließend dann in Betriebe gehen!

(Glocke)

Ich komme zum Schluss, meine Damen und Herren!

Ganz oben steht die berufliche Ausbildung, ich hoffe, das ist deutlich geworden. Die Schule kann nicht allein dieses Problem lösen. Das ist eine Gesamtaufgabe, und deshalb erwartet die SPD-Fraktion auch, dass die Wirtschaft ihre Verantwortung wahrnimmt und Ausbildungs- und Praktikumsplätze anbietet. Der Wert einer Gesellschaft misst sich auch daran, wie sie mit ihren schwächsten Mitgliedern umgeht. Den Hauptschülerinnen und Hauptschülern die Chance zu einer besseren Integration in die Berufswelt zu

geben bedeutet, ihnen auch wieder Zukunftsfreude und Zukunftsoptimismus zu vermitteln. Die SPD-Fraktion, das versichere ich Ihnen sehr ernsthaft, wird diese jungen Menschen nicht allein lassen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD)

Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile, begrüße ich recht herzlich auf der Besuchertribüne eine Gruppe Huchtinger Senioren der Arbeiterwohlfahrt und Mitglieder der SPD Huchting, unter ihnen unsere ehemalige Kollegin Frau Jansen. Herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich begrüße außerdem eine Gruppe Jugendoffiziere aus Bremen und Niedersachsen, die ebenfalls herzlich willkommen sind!

(Beifall)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Allers.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! In weiten Teilen oder eigentlich in fast allen Punkten, die Frau Hövelmann hier aufgeführt hat, könnte ich mich ihr anschließen und meine Fraktion damit auch. Ich will es aber nicht wie eben in der Debatte um die KammerCard machen und sagen, ich schließe mich an und lasse es, sondern ich möchte trotzdem noch ein paar Worte zu der Antwort auf die Große Anfrage von SPD und CDU sagen.

Unser Thema ist heute Ausbildungsreife und Berufsvorbereitung von Hauptschülerinnen und Hauptschülern. Warum gerade diese Schülergruppe unser ganz besonderes Augenmerk verdient, ist mir noch einmal vor kurzem deutlich geworden, als ich einen Zeitungsartikel gelesen habe, in dem es um die Arbeit der Ausbildungsinitiative Bremen und Bremerhaven ging. Da wurde wörtlich wirklich gesagt: Benachteiligte Jugendliche sind heute nicht mehr die mit einer Drogenkarriere, sondern es sind einfache Hauptschüler. Ich finde, das hört sich so schlimm an, dass man sich darüber wirklich Gedanken machen muss. Die Dramatik der Zahlen auf dem Arbeitsmarkt, speziell bei Jugendlichen, hat Frau Hövelmann hier ja schon dargelegt. Die Notwendigkeit, dagegen etwas zu unternehmen, brauche ich nicht noch einmal zu betonen.

Der Übergang von Schule in Ausbildung ist ein sehr schwieriger und auch ein sehr folgenschwerer Schritt, den Jugendliche in ihrem Leben meistern müssen. Hierbei arbeiten gerade die Hauptschulen an der ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.