Protocol of the Session on May 11, 2006

Der Übergang von Schule in Ausbildung ist ein sehr schwieriger und auch ein sehr folgenschwerer Schritt, den Jugendliche in ihrem Leben meistern müssen. Hierbei arbeiten gerade die Hauptschulen an der ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

schwierigsten Stelle dieses Lebensabschnitts. Wir finden hier eine sehr heterogene und oftmals auch sehr schwierige Schülerschaft, von der leider immer noch fast mehr als zehn Prozent keinen Hauptschulabschluss erreichen. Ohne einen Schulabschluss oder auch mit einem unzureichenden Schulabschluss ist es eben sehr schwierig oder gelingt es sehr selten, den Übergang zur Berufsausbildung zu schaffen.

Uns will doch heute keiner mehr, das ist häufig die Selbsteinschätzung von Schülern. Ich finde, es ist ein sehr alarmierendes Signal. Deshalb wären gerade hier Anstrengungen wichtig, um den Jugendlichen zu helfen, aber auch das Wissen um diese Notwendigkeit ist nicht neu, denn seit Jahren beklagen Ausbilder und Unternehmer, dass die Ausbildungsreife der Schulabgänger zurückgeht. Die Betriebe beklagen gravierende Defizite in der Allgemeinbildung, in der mündlichen und schriftlichen Ausdrucksfähigkeit und schon bei ganz einfachen Rechenoperationen. Das Ergebnis ist oftmals, dass Ausbildungsplätze, die wir sowieso schon zu wenig haben, aufgrund mangelnder Qualifikation entweder gar nicht oder nur schwer besetzt werden können oder aber die Betriebe dann während der Ausbildung große Anstrengungen unternehmen müssen, um diesen Bildungsrückstand aufzuholen.

Natürlich ist es richtig, dass wir uns um mehr Ausbildungsplätze bemühen, das will ich überhaupt nicht in Abrede stellen, aber wir müssen uns auch darum bemühen, dass wir im Prinzip auch für qualifizierte Schulabgänger sorgen können. Im schlimmsten Fall führt es nämlich dazu, dass sich die Betriebe aus der Ausbildung zurückziehen oder künftig eben eher Schulabgängern mit einem „höheren Schulabschluss“ oder Umschülern Ausbildungsmöglichkeiten einräumen.

In der Antwort des Senats wird auch darauf hingewiesen, dass der Anteil der Auszubildenden mit Hauptschulabschluss von 25,4 Prozent im Jahr 2000 auf 21,4 Prozent im Jahr 2004 gesunken ist. Ich denke, das ist nicht akzeptabel! Man muss dabei auch im Hinterkopf behalten, Auszubildende mit oder ohne Hauptschulabschluss bilden gerade im Handwerk immer noch die absolute Mehrheit. Das sind jeweils 47,5 Prozent mit Abschluss und 4,8 Prozent ohne Abschluss laut dem gerade frisch vorliegenden Berufsbildungsbericht 2006.

Betriebe legen bei Schulabgängern Wert auf das Beherrschen von Grundqualifikationen wie Lesen, Schreiben und Rechnen, natürlich aber auch, das hat Frau Hövelmann schon erwähnt, auf Allgemeinwissen, auf Teamfähigkeit, auf Höflichkeit, Zuverlässigkeit, Leistungsbereitschaft, Konfliktfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein, die so genannten Soft Skills. Gerade diese Fertigkeiten sollen ja die Jugendlichen in die Lage versetzen, sich in das Alltagsleben im Betrieb einzufügen, sich natürlich auch zurechtzufinden und Anerkennung und Bestätigung zu finden.

In einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages bei IHK-Ausbildungsbetrieben zu deren Umgang mit den Pisa-Ergebnissen in der beruflichen Ausbildung beziehungsweise mit mangelnder Ausbildungsreife von Schulabgängern wurde darauf hingewiesen, gerade diese Kompetenzen zu fördern und auszubilden. Das lässt natürlich den Umkehrschluss zu, dass gerade bei diesen Dingen, die eigentlich Selbstverständlichkeiten sein sollten, große Schwächen beobachtet werden. Dabei sind sicherlich die Ursachen für mangelnde Ausbildungsreife nicht immer nur in den Schulen zu suchen.

Eine große Rolle spielen natürlich auch die gestiegenen Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt. Gerade in kognitiver Hinsicht haben sich Berufe, in denen früher vielfach manuelle Fähigkeiten verlangt wurden, so entwickelt, dass sie heute durch den Einsatz von computergesteuerten Maschinen doch mehr theoretische Kenntnisse erfordern.

In Bremen haben wir im Jahre 2004 mit der Sekundarschule eine verflochtene Haupt- und Realschule geschaffen. Über den Aufbau will ich jetzt gar nicht weiter sprechen, das haben wir in den letzten Debatten schon öfter diskutiert. Auf jeden Fall erfolgt dann nach der achten Klasse entsprechend der Leistung wieder eine Trennung in Haupt- und Realschulen. Das Ziel dieser neuen Schule ist es schon, die Grundfertigkeiten der schwächeren Schüler zu stärken und die Praxisorientierung zu erhöhen, damit eben mehr Schülerinnen und Schüler die Möglichkeiten für einen besseren Schulabschluss haben.

Im Oktober letzten Jahres haben wir zur Profilbildung an den Sekundarschulen schon eine Debatte geführt. Da ist auch ausgiebig über diese Praxisanteile gesprochen worden. Weil aber die Ausbildungsreife heute immer noch so ist, wie sie ist, und gerade der Hauptschulbereich der Sekundarschule immer noch einen Schwerpunkt unserer Arbeit darstellen muss, haben wir uns natürlich der Großen Anfrage der SPD nicht verschlossen.

Man muss aber auch einmal erwähnen, dass eine große Stärke der Hauptschulen diese Berufsorientierung ist. Jeder Schüler muss eine den vorhandenen Begabungen und Stärken entsprechende Ausbildung natürlich nicht nur antreten, sondern er muss sie auch durchhalten können.

In der Antwort des Senats sind viele Maßnahmen zur Steigerung der Ausbildungsfähigkeit und Berufsorientierung aufgeführt, Frau Hövelmann hat im Prinzip die entscheidenden und die meisten auch schon erwähnt. Da es aber gute Sachen sind – auch gestern haben wir gehört, tue Gutes und rede darüber –, will ich zumindest einige noch einmal stichpunktartig erwähnen. Das sind die Einführung von Bildungsstandards, die schriftlichen Abschlussprüfungen in Deutsch, Mathematik und Englisch, die jetzt 2005/ 2006 geschrieben werden, die zehnwöchige Werkstattphase in der neunten Klasse, und, ganz wichtig,

darin sind auch natürlich schon die Berufsbildenden Schulen als weiterbildende Schulen mit eingebunden, das finde ich sehr wichtig und erwähnenswert. Genannt wurde auch der Berufswahlpass, der ab der siebten Klasse verpflichtend eingesetzt wird, pro Woche zwei Praxistage ab dem Schuljahr 2008/2009, das Projekt Schule im Lernort Betrieb.

Ich hätte allerdings gern auch noch von einem tollen Projekt gelesen, nämlich vom Projekt „Junior“. Das haben wir ja nun auch schon ein paar Mal und einmal in der Fragestunde diskutiert. Wir sind aber noch lange nicht am Ende oder am Ziel unseres Weges. Vielleicht besteht doch noch die Möglichkeit, auch dieses wirklich gute Projekt noch mit einzubauen.

In der Vorlage wird zu Recht darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, noch stärker als bisher diese lebensnahen Inhalte in den schulischen Lernprozess einzubringen. Es ist wichtig, wirtschaftliche und praktische Komponenten möglichst früh und natürlich auch kontinuierlich in den Unterricht zu integrieren. Nur das aktive, selbsttätige Lernen führt zu nachhaltigen Kenntnissen und auch zu Leistungs- und Erfolgserlebnissen, gerade bei den Schülern, die ihre Stärken eben nicht im kognitiven, sondern eher im praktischen Bereich haben, und wird gleichzeitig auch dem unterschiedlichen Lerntempo gerecht. Da sind wir mit Sicherheit auf einem richtigen Weg, aber auch dieser Weg ist noch lang, und wir sind noch eine Weile nicht am Ziel, wenn man sich die Zahlen der Ausbildungsabbrüche anschaut. Das ist auch immer ein guter Indikator dafür, wie erfolgreich man in den Bemühungen um eine bessere Ausbildungsreife und Berufsorientierung ist.

In dem gerade vorgelegten Berufsbildungsbericht 2006 finden wir die Zahlen, dass wir im Jahre 2004 20,7 Prozent Abbrecher haben im Gegensatz zu 2003, als es noch 24,7 Prozent waren. Wir sind damit zwar im Jahre 2004 erstmalig besser als der Bundesdurchschnitt, es ist aber trotzdem nicht hinnehmbar, dass noch jeder fünfte Auszubildende seine Ausbildung nicht zu Ende führt. Das muss ein Ansporn sein, unsere Bemühungen dort fortzusetzen.

Wir stimmen dem Senat auch zu, dass Schulen bei dieser Bildungsaufgabe nicht allein gelassen werden dürfen.

(Beifall bei der CDU und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Frau Hövelmann wies auch darauf hin. Es bedarf auch einer intensiven Partnerschaft mit Vertretern aus der Wirtschaft und natürlich auch den Eltern. Davon gehe ich zwar von vornherein aus, aber man darf wahrscheinlich nicht davon ausgehen.

Jetzt möchte ich mein Augenmerk auf die Partnerschaft mit Vertretern aus der Wirtschaft richten, weil es für die jungen Menschen einfach keine bessere und nachhaltigere Form gibt, Wirtschaft hautnah ken

nen zu lernen als durch den direkten Kontakt mit Unternehmern und Unternehmen. Hier müssen wir weiter daran arbeiten, Kooperationen und Netzwerke zu bilden. Ein, finde ich, sehr gutes Netzwerk, das hat Frau Hövelmann vorhin auch schon erwähnt, ist dieses Bremer Qualitätssiegel für Schulen mit vorbildlicher Berufsorientierung. Diese Initiative wird gemeinsam mit dem Senator für Bildung, dem LIS, der Handelskammer Bremen, der IHK Bremerhaven, dem Schulamt Bremerhaven, der Bremer Agentur für Arbeit und dem Institut für arbeitsorientierte Allgemeinbildung der Uni getragen. Die Teilnahme an diesem Projekt ist freiwillig, und trotzdem gibt es eine große Resonanz. Wir denken, dass diese Freiwilligkeit gerade gut ist, denn wir wollen den Schulen mehr Selbständigkeit und mehr Eigenständigkeit einräumen und keine neuen Zwänge schaffen.

Wenn die Jugendlichen sehen, dass sie eben nicht nur für die Schule, sondern für sich selbst lernen, steigt auch die eigene Motivation, und dem Schuleschwänzen und einer inneren Kündigung kann so am wirkungsvollsten entgegengetreten werden. Wir haben in den früheren Debatten schon öfter darüber gesprochen, wie schwer, aber auch gleichzeitig wie wichtig es ist, dass Jugendliche sich selbst, ihre Kenntnisse und ihre Stärken einschätzen können. Deshalb begrüßen wir als CDU-Fraktion an dieser Stelle, dass der Senator beabsichtigt, ab dem Schuljahr 2007/2008 ein Verfahren zur Kompetenzfeststellung in der Jahrgangsstufe acht einzuführen, bei dem die Schüler ihre Interessen, aber auch ihre Möglichkeiten in praktischen Situationen testen können. Es ist natürlich richtig, dass nicht nur an die heranwachsenden Schüler gedacht wird, sondern dass auch für die Hauptschüler, die sich jetzt in den Jahrgangsklassen neun und zehn befinden, Maßnahmen ergriffen werden.

Nicht zuletzt geben sich Schüler auch mehr Mühe, wenn sie merken, dass sie selbst ihren Lehrern wichtig sind. Das gilt insbesondere bei der Beratung und Förderung in Problemsituationen, für die Kommunikation unter den Lehrern und mit den Eltern sowie bei der Pflege und Entwicklung von Praxiskontakten. An dieser Stelle muss man auch einmal anerkennen, welcher besonderen Verantwortung Lehrer und Lehrerinnen hier gerecht werden müssen. Es ist daher sehr wichtig, dass es kein Einzelkämpfertum gibt, sondern Handlungswissen miteinander geteilt wird. Frau Hövelmann hat schon auf die Kontaktlehrer hingewiesen. Wenn im Schuljahr 2006/2007 die Arbeit dieser Kontaktlehrer evaluiert wird, dann werden wir sehen, ob unsere Bemühungen schon ausreichend sind.

(Glocke)

Fast eine Punktlandung!

Abschließend kann man sagen, dass wir in den letzten Jahren schon viele Maßnahmen ergriffen haben und auch konkrete Maßnahmen weiter geplant sind, um die Ausbildungsquote von Hauptschulab

gängern zu erhöhen. Wie gesagt, wir haben Pflöcke eingeschlagen, das Ziel ist noch nicht erreicht. Unsere Gesellschaft, unser Bundesland Bremen brauchen alle unsere Leistungspotentiale, und wir dürfen in unseren Anstrengungen nicht nachlassen, Hauptschüler genauso wie andere Schüler zu motivieren, damit sie einen Sinn im schulischen Lernen sehen. Damit können wir ihnen auch die Wertschätzung, die Frau Hövelmann abschließend erwähnte, vermitteln. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Stahmann.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich war als Sprecherin der Bildungsdeputation auf der Veranstaltung in der Handelskammer, als die Plaketten für die berufliche Ausbildung oder für die vorbildliche berufliche Orientierung seitens der Schulen verliehen wurden. Es war eine außerordentlich beeindruckende Veranstaltung, insbesondere wenn man auch gesehen hat, was die Schulen jetzt für schicke Plaketten an ihre Türen schrauben dürfen. Die Jugendlichen, die dort mit den Lehrkräften, der Elternvertretung und mit denjenigen, die sie evaluiert hatten, da waren, waren äußerst angetan und zufrieden, und es gab ein sehr schönes Foto, auf dem man sehen konnte, wie stolz die Jugendlichen waren, an diesem Projekt teilzunehmen. Ich finde es sehr gut, dass die Handelskammer und alle Mitstreiter und Mitstreiterinnen, die Frau Allers aufgezählt hat, dieses Projekt zusammen mit dem Senator für Bildung initiiert haben.

Um einen Ausbildungsplatz zu ergattern, das ist auch von meinen beiden Vorrednerinnen ausgeführt worden, brauchen Jugendliche einen guten Schulabschluss. Jugendliche, die einen Hauptschulabschluss haben, und es ist schon fast bitter, das sagen zu müssen, haben es dann auch noch schwer auf dem Ausbildungsmarkt, weil sie in unmittelbarer Konkurrenz zu einer großen Anzahl von Jugendlichen stehen, die einen Realschulabschluss oder das Abitur vorweisen können.

Die Ausbildungsplatzbilanz, das hat Bürgermeister Böhrnsen auf einer Veranstaltung vor zwei Tagen und heute auch noch einmal in der Presse gesagt, ist in Bremen weder prickelnd noch berauschend, denn rund 5000 Jugendliche unter 25 Jahren sind derzeit in Bremen und Bremerhaven ohne Job, und die Hälfte dieser Jugendlichen verfügt über keinen Schulabschluss. Jedes Jahr, die Zahlen hatte ich gestern auch genannt, gehen rund neun bis zehn Prozent, und das ist nicht nur in Bremen, sondern auch in anderen ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Bundesländern so, ohne Abschluss ab, und das sind zehn Prozent zu viel.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Dies ist für Bremen und Bremerhaven ein riesiges Problem, und Kollegin Hövelmann hat zu Recht gesagt, dass es eines der Topthemen sein muss, das die Bildungspolitik in den nächsten Jahren umtreibt. Junge Menschen müssen in Bremen und Bremerhaven zu einem erfolgreichen Bildungsabschluss geführt werden, und daran müssen hier alle Fraktionen im Haus gemeinsam arbeiten, egal in welcher Deputation, ob in der Bildungsdeputation oder in der Sozialdeputation. Das ist ein Thema, das das Gemeinwesen Bremen im Kern berührt.

(Präsident W e b e r übernimmt wieder den Vorsitz.)

In Zeiten des demographischen Wandels geht es darum, jedem Kind zu seinem höchstmöglichen Entwicklungspotential zu verhelfen. Wenn weniger Kinder geboren werden, und das ist nun einmal leider definitiv so, muss die Wissensgesellschaft schon im eigenen Interesse dafür sorgen, dass diese bestmöglich qualifiziert werden. Dieses Recht auf Bildung wird derzeit nicht für alle Jugendlichen eingelöst. Ich verweise noch einmal auf die Debatte, die wir gestern zum Thema Chancengerechtigkeit im Bildungssystem geführt haben. Insbesondere Jugendliche, deren Eltern nicht deutscher Herkunft sind, fallen durch das Rost des Bildungssystems.

Es hakt aber nicht nur dort. Deutsche Unternehmen, und das ist in Bremen leider auch so, bilden immer weniger aus. Das Bündnis für Arbeit funktioniert hier besser als anderswo, aber den gewünschten Ausbildungsplatz zu finden ist eben auch die berühmte Suche nach der Nadel im Heuhaufen, und Jugendliche, die 30, 40, 50 Bewerbungen schreiben, sind leider keine Seltenheit. Ausländische Unternehmen sind mit Sicherheit ein großes Potential, mein Kollege Möhle hat das hier auch schon im Haus vorgetragen, welche Chancen darin liegen, ausländische Unternehmer zu gewinnen, Ausbildungsplätze anzubieten. Dieses Potential muss ausgeschöpft werden, das ist eindeutig die Position der grünen Bürgerschaftsfraktion.

Doch wichtig ist auch, dass sich die deutschen Unternehmen nicht aus der Verantwortung stehlen, denn sie sind eigentlich bestens mit dem dualen System vertraut und haben nicht die großen Probleme, die manch ein ausländischer Unternehmer mit dem System hat, der nicht gewohnt ist, wie Ausbildung in Deutschland eigentlich funktioniert. Es ist schon eine ganz große Schwierigkeit, dass Bremer Unternehmen weniger ausbilden als vor einigen Jahren. Diese Zu

rückhaltung betrifft Jugendliche mit Migrationshintergrund massiv.

Auch der öffentliche Dienst ist in Bremen leider kein Vorzeigebeispiel. Es gibt bundesweit gerade einmal 2,5 Prozent Auszubildende mit Migrationshintergrund. Ich habe jetzt nicht die Zahl für Bremen, vielleicht weiß das Senatorin Röpke, ich glaube, sie lag bei sechs Prozent. Wenn man sich anschaut, wie viele Jugendliche es in Bremen gibt, die einen Migrationshintergrund haben – es sind 13,9 Prozent ausländische Jugendliche, die hier in die Schulen gehen –, dann muss das auch bei der Vergabe der Ausbildungsplätze, vor allen Dingen auch im öffentlichen Dienst, repräsentiert werden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich komme nicht umhin, noch einmal zu sagen: Lassen Sie uns über den Tellerrand schauen! Wie machen es eigentlich unsere Nachbarländer? Dort verfügen mehr Jugendliche über einen qualifizierten Abschluss, mehr Jugendliche erreichen auch einen höheren Bildungsabschluss, egal ob sie aus dem In- oder Ausland stammen. Schauen wir auch in ein Einwanderungsland wie Kanada! Dort erreichen die meisten Migrantenkinder deutlich höhere Bildungsabschlüsse als ihre Eltern, die in das Land eingewandert sind. Kanada setzt auf längeres gemeinsames Lernen für alle Kinder und auf individuelle Förderung. Da sind auch in Bremen in den letzten Jahren Ansätze auf den Weg gebracht wurden, daran muss man weiter arbeiten.

Was vorhin eingeworfen wurde, die Bewerbungstrainings, die Sommer- und Ostercamps, das sind alles sinnvolle Maßnahmen, die verstetigt werden müssen. Schulen müssen permanent Kinder und Jugendliche fördern, die ihnen anvertraut wurden, nicht erst, wenn der blaue Brief kommt, und nicht erst, wenn man merkt, der oder die Jugendliche schafft den Schulabschluss nicht. Gefördert werden muss immer und zu jeder Zeit, das muss Kernauftrag der Schule werden!

Länder wie Finnland haben ihre erheblichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Krisen, die von hoher Arbeitslosigkeit und Krisen in der Wirtschaft gekennzeichnet waren, bekämpft, indem sie eben eine Schule für alle eingeführt haben. Das Geheimnis liegt in einer viel stärkeren Verantwortung der Schulen gegenüber ihren Schülern und in einer intensiven individuellen Förderung. Schule, Eltern und Jugendliche stehen in einem permanenten Dialog über die Lernziele. Frau Allers hat gesagt, dass sie gar nicht glauben kann, dass sich einige Eltern nicht dafür interessieren, was ihre Kinder einmal werden oder welchen Beruf sie ergreifen. Leider sieht die Realität auch in Bremen anders aus. Ich habe gehört, dass Lehrer Eltern manchmal vier- bis fünfmal einladen, damit sie überhaupt kommen, um dann gemeinsam mit den

Lehrern und den Schülern über das Thema Berufswahl zu sprechen.

Berufliche Ausbildung und Schule sind eng miteinander verbunden, aber nicht immer miteinander verzahnt, nicht so, wie wir uns das hier jedenfalls vorstellen wollen. Nach wie vor sind die in der Schule erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten als Qualifikation für die Berufsausbildung zu verstehen. Es gilt aber auch, die Schulzeit stärker für die Berufsorientierung zu nutzen. Ich finde es positiv, Partnerbetriebe zu wählen, die sich Jugendliche in die Betriebe holen. In den persönlichen Kontakten liegt eine sehr große Chance! Was Sie gesagt haben, Frau Hövelmann, kann ich eigentlich an dieser Stelle im vollem Umfang unterschreiben. Es muss nur auch umgesetzt werden, und es darf hier im Haus nicht nur bei warmen Worten bleiben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ich hoffe, dass der Bildungssenator dies auch als Auftrag hier aus dem Haus mitnimmt! Ansonsten hätten wir noch gemeinsam einen Antrag formulieren können, der in diese Richtung geht.

Es gibt in Bremen vorbildliche Projekte, ich nenne das Projekt „Bleib dran“, welches Jugendliche dabei unterstützt, ihre Ausbildung erfolgreich zu absolvieren. Dieses Projekt verhindert, dass Jugendliche ihre Ausbildung abbrechen, wenn es zu Konflikten kommt, es vermittelt Hilfen, wenn man Probleme in der Berufsschule hat. Dieses Projekt hat hier viel bewirkt, und die Grünen sind auch sehr dafür, dass es in Zukunft fortgeführt wird.

Ich möchte der Bremischen Bürgerschaft im Rahmen dieser Debatte jetzt nur kurz von einer Veranstaltung berichten, an der ich vor zwei Jahren teilgenommen habe, damals war Frau Beck noch Integrationsbeauftragte der Bundesregierung. Auf dieser Fachtagung ging es um die berufliche Integration von Migrantenkindern und überhaupt um die berufliche Integration von Jugendlichen, die einen Hauptschulabschluss haben. Eine sehr große Zahl der Jugendlichen hat diesen Migrationshintergrund. Es war für mich erschütternd zu hören, dass Frau Beck feststellte, dass sich in den letzten 25 Jahren sehr wenig verändert hat. Es ist immer noch so, dass in der Generation von Jugendlichen, die jetzt einen Ausbildungsplatz wählen sollen, 93 Prozent der Jugendlichen mit Migrationshintergrund Friseurin, Arzthelferin, Kfz-Mechaniker, Lackierer oder Installateure werden.