Protocol of the Session on May 10, 2006

Definitiv?

(Heiterkeit)

Definitiv!

Ich dachte, ich könnte hier noch einen abschließenden Satz sagen, dass wir natürlich eine spannende Innovationsszene in Bremen haben. Lassen Sie mich dann einen letzten Satz sagen! Ein Slogan einer bekannten Handelskette sagt: Marktführer wird man nur durch Handeln. Ich glaube, das ist das, was aktuell am wichtigsten ist und was wir tun müssen. – Danke schön!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Liess.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Programm „InnoVision 2010“ hat sich das Land Bremen ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. Das Land Bremen soll unter die zehn ersten Technologieregionen Deutschlands gelangen. Dafür haben wir mit der Universität Bremen die besten Voraussetzungen, denn die Universität gehört schon heute zu den führenden zehn deutschen Forschungsuniversitäten. Mit den anderen Hochschulen und der IUB bietet die Wissenschaftslandschaft schon die besten Voraussetzungen, ein solches Ziel auch erreichen zu können.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. (A) (C)

Ich persönlich vermeide in diesem Zusammenhang gern den Begriff der Vision, weil dieser Begriff in seiner Vieldeutigkeit von Vorstellungen zu einer unbestimmten Zukunft über religiöse Erscheinungen oder optische Wahrnehmungen, die auch Halluzinationen sein können, bis zu der Begrifflichkeit reicht, von einer Sache überzeugt zu sein und sich in ihr zu engagieren. Mir ist es lieber, wir reden konkret von einem politischen Kernziel des Landes, nämlich die Innovations- und damit auch die Wirtschaftskraft des Landes zu stärken. An diesem Ziel gilt es sich abzuarbeiten, zu entdecken, welches die wichtigen und erfolgsträchtigen Aufgabenbereiche sind und mit welchen Mitteln wir das Ziel erreichen können.

Nun führt unsere Haushaltslage zwangsläufig dazu, genau zu prüfen, wo, wie und in welchem Umfang wir die knappen und bezogen auf das Programm InnoVision, wenn man die Geschichte insgesamt kennt, drastisch knapper gewordenen Mittel einsetzen. Deshalb gilt es zu untersuchen, was besser als bisher – und dann muss man es offen sagen –, was eventuell auch gar nicht mehr gemacht werden kann. Klar ist aber, ohne erfolgreiche Wissenschaftspolitik, die Verknüpfung von Wissenschaft und Wirtschaft durch die Erstellung vermarktungsfähiger Produkte und die Gewinnung von Interessenten für wissenschaftliche Erkenntnisse werden wir das Ziel nicht erreichen können. Da stehen wir aber in Bremen vor zwei Problemen. Die Wirtschaftsstruktur oder besser der Unternehmensbesatz des Landes ist nicht so ausgerichtet, dass wir hier nun gerade einen Schwerpunkt an unternehmerischer Forschung und Entwicklung haben. Das macht ein großes Problem aus. Große Forschungsabteilungen haben wir in Bremen nicht.

Leider korrespondiert damit auch das andere Problem, nämlich das Problem des Transfers. Der Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die heimische Wirtschaft gelingt nach unserer Einschätzung immer noch unzureichend. Wir haben Erfolge, sie sind aber immer noch unzureichend. Es gibt Bemühungen, Bemühungen der Hochschulen selbst, es gibt innoWi, wie bereits genannt, es gibt die Bemühungen der BIA, wir liegen aber im Bundesvergleich nach wie vor zurück. In diesem Bereich wird von daher auch ein weiterer Schwerpunkt der Förderung liegen müssen, denn nur wenn wir den Transfer verbessern, werden wir auch unser politisches Kernziel erreichen können.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Das Land Bremen hat in der Vergangenheit darauf gesetzt, Nischen zu entdecken mit dem Ziel, in diesen Nischen als Land dann Hilfestellungen oder Anreize zur wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung zu geben. Wir müssen uns aber, denke ich, heute auch angesichts der Entwicklungen in der Europäischen Union fragen, ob dies noch der richtige Weg ist. Die Europäische Union setzt mit ihren Pro

grammtiteln deutlich auf die Stärkung der schon vorhandenen Stärken. Erst die Verknüpfung mit einem schon starken Bereich und die vorsichtige Erweiterung aus diesem Bereich heraus sollen nach der EU in Zukunft den Schwerpunkt der Förderung bilden. Wir kommen in dieser Woche, vielleicht schon morgen, noch auf den Themenbereich Luft- und Raumfahrt zu sprechen, bei dem sich gezeigt hat, dass dies auch für Bremen ein erfolgreicher Weg gewesen ist, dass das Prinzip durchaus richtig sein kann.

Für uns Sozialdemokraten bedeutet das im Gegenzug aber nicht, dass wir auf Themen verzichten, die bisher unter den Bereich der Nischen gefallen sind oder früher einmal als Nischen galten. Das galt ursprünglich einmal für die Windenergie, die als Nischenbereich angesehen wurde, diese werden wir auch weiterhin fördern müssen, gerade auch angesichts des enormen Entwicklungspotentials, das sich in diesem Bereich in Bremerhaven auftut. Ich glaube, hier liegen große Chancen.

(Beifall bei der SPD)

Der zweite Bereich, bei dem wir das ehrgeizige Ziel hatten, aus einer Nische heraus ein Alleinstellungsmerkmal erreichen zu können, bei dem, denke ich, wir das Ziel mit Sicherheit nicht erreichen werden, ist der Bereich der Gesundheitswirtschaft, bei dem wir uns trotzdem engagieren müssen. Ich glaube, dass wir hier in Bremen in einigen Feldern so gut aufgestellt sind, dass wir uns insgesamt behaupten können.

(Beifall bei der SPD)

Das Land Bremen hat ausweislich der Beantwortung der ersten Frage in der Großen Anfrage 253 Millionen Euro, wenn man das alles summiert, in den Bereich der Innovation gesteckt. Welche Effekte sich daraus konkret ergeben, wird allerdings nicht gesagt, es war auch nicht gefragt. Schaut man sich aber die Projekte an, die beispielsweise die BIA gefördert hat, so wird man sich die Frage gefallen lassen müssen, und lassen Sie es mich dann auch ganz offen sagen, ob denn alles, was wir so gefördert haben, auch wirklich förderungsfähig war, und zwar förderungsfähig war im Sinne der Stärkung der Innovation, der Stärkung der Wirtschaftskraft oder der Schaffung von Arbeitsplätzen. Dort sind wirklich Zweifel angebracht.

Insofern ist es gut und richtig, dass sich auf Vorschlag des Landestechnologiebeauftragten fünf Leitthemen herausgeschält haben, von denen angenommen werden kann, dass sie den eben genannten Zielen tatsächlich entsprechen: Stärkung der Innovation, Stärkung der Wirtschaftskraft, Schaffung von mehr Arbeitsplätzen. Allerdings glaube ich, dass es hier noch einer weiteren inhaltlichen Klärung bedarf. Das ist für die Vorlage in der Wirtschaftsdeputation auch angekündigt, wo wir dann auch die ersten Ent

scheidungen oder Vorentscheidungen über die Finanzen treffen wollen. Ich glaube, dass hier noch eine inhaltliche Klärung notwendig ist, denn schaut man sich die Beantwortung der Großen Anfrage an, so fällt auf, man hat fünf Leitthemen, sieben Innovationsfelder und sechs operative Cluster. Das Ganze ist aber nicht so ganz deckungsgleich. Da, denke ich, ist noch etwas zu tun.

Hinsichtlich der operativen Aufstellung für diesen Innovationsbereich hat das Land die BIA geschaffen, jetzt schaffen wir sie aus anderen Gründen wieder ab, aber die Aufgabe bleibt insgesamt bestehen. Die BIA hat die Aufgabe übernommen, die Förderprogramme des Innovationsbereichs zu betreuen, und zum Teil Netzwerke initiiert beziehungsweise vorangetrieben. Im letzteren Teil lag ein Schwerpunkt in der Zusammenführung der wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Akteure, etwas, das wir auch als Kernaufgabe begreifen.

Schwierig bleibt es allerdings, in diesem Bereich den Erfolg zu messen. Mir ist eigentlich daran gelegen, dass wir bei diesen Netzwerken genau prüfen, ob sie denn tatsächlich ergebnisorientiert arbeiten und von daher auch weiter unterstützenswert sind. Ich glaube, dies muss ein Kriterium werden. Wir können nicht alles blind fördern.

(Beifall bei der SPD)

Hinsichtlich der Förderprogramme werden wir noch zu prüfen haben, welche Schwerpunktsetzung es bei dem begrenzten Finanzrahmen insgesamt geben wird. Klar ist auch, dass es weiterhin Projektmittel und auch einzelbetriebliche Förderung geben muss. Es wird Sie nicht überraschen, wenn ich hier noch einmal betont sage, es muss nicht immer alles in Zuschussform geschehen.

(Beifall bei der SPD)

Klar ist für mich, dass das Programm InnoVision insgesamt als Programm in der Verantwortung des Senats steht. Insofern ist es auch klar, dass wir nach wie vor eine abgestimmte Strategie zwischen Wirtschaft und Wissenschaft brauchen, so dass auch hier eine Förderung des Wissenschaftsbereichs notwendig bleibt.

Lassen Sie mich zum Abschluss noch etwas zum Thema des Landestechnologiebeauftragten sagen! Der Landestechnologiebeauftragte hat in enger Zusammenarbeit mit den beteiligten Ressorts, den Hochschulen, Unternehmen und den Gesellschaften Vorschläge für eine erfolgsträchtige Innovationspolitik des Landes gemacht. Ich möchte mich hier ausdrücklich dafür bedanken, dass er diese Arbeit geleistet hat. Diese Art der Politikberatung werden wir in Zukunft auch brauchen.

(Beifall bei der SPD)

Inwieweit wir eine Leitstelle Innovation benötigen, was indirekt bei den Fragen, die wir gestellt haben, mit dahinter gestanden hat, beantwortet der Senat indirekt mit dem Hinweis: Die Zusammenarbeit ist so gut, dass wir sie insgesamt nicht brauchen. Da warten wir die Zukunft noch einmal ab und bewerten das dann vielleicht noch einmal.

Meine Damen und Herren, die Große Anfrage sollte noch einmal das Bewusstsein für die Notwendigkeit der Innovationspolitik im Lande Bremen schärfen. Das, finde ich, ist ihr zum Teil gelungen. Jetzt wird es aber darauf ankommen, die Ziele auch in feste, finanziell abgesicherte Formen zu gießen, und in diesem Zusammenhang werden wir dann weiter diskutieren. Für heute danke ich für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Möhle.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! InnoVision, sozusagen Technologie, Fortschritt kann man sich leicht auf die Fahnen schreiben, ist auch immer richtig, gerade in einer Region wie Bremen und Bremerhaven, wo der Strukturwandel gerade dazu beitragen muss, in neuen Arbeitsbereichen Arbeitsplätze zu schaffen. Die Frage ist aber, die man sich hier stellen muss: Mit welchen Mitteln wird wie schwerpunktmäßig gefördert? Genau an der Stelle sage ich, dass wir unserer und meiner Meinung nach unsere Strategie einbetten müssen in das, was Europa tut, was sich unter der Begrifflichkeit Lissabon-Strategie zusammenfassen lässt.

Die Europäische Union will zum wettbewerbsfähigsten, dynamischsten, wissensbasiertesten Wirtschaftsraum der Welt werden, zu einem Wirtschaftsraum, der fähig ist, ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt zu erzielen. Das sollte man, wenn man über Innovation redet oder über InnoVision, wie das Programm heißt, ganz vorn anstellen als Leitthema für genau diese Fragestellung.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Der Kollege Liess hat auch etwas anderes gesagt, ich glaube, Sie sind sich da nicht so ganz einig, weil es sich deutlich anders angehört hat als das, was Frau Winther gesagt hat. Er hat darauf hingewiesen, dass die Mittel knapper werden. Es geht also nicht mehr danach, Wunschkataloge zu erstellen und zu sagen, alles was sich gut anhört, könnten wir ja vielleicht einmal machen, sondern dass es darauf ankommt, Schwerpunkte zu setzen, die auch finanzierbar sind. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Finanzierbare Schwerpunkte, so kann man es auch nennen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das wäre eine Wirtschafts- und Förderpolitik, die auch unsere Unterstützung haben könnte. Wenn man sich den Standort Bremen genauer ansieht, stellt man fest, dass es viele Schwachpunkte in etlichen Bereichen gibt. Das ist nicht nur der Technologietransfer, das auch, da gibt es immer noch Nachholbedarf. Es ist nicht nur, dass man im Vergleich zum Bundesranking feststellen kann, dass in Bremen die geringsten Patentanmeldungen sind, all dies sind Indikatoren dafür, dass es in Bremen immer noch nötig ist, eine Aufholjagd gegenüber der Bundessituation hinzubekommen.

Was aber deutlich macht, Herr Liess, Sie hätten das einmal ein bisschen deutlicher ausführen müssen, ich tue das an dieser Stelle, wo nämlich genau die Unterschiede in den Ressorts sind und es gerade nicht zu einem einheitlichen senatorischen Handeln an dieser Stelle kommt, auf Seite vier, ich zitiere das nur halb: „Im Bereich der innovationsorientierten Wirtschaftsförderung“ sollen folgende Cluster, Technologiecluster, höchste Priorität genießen. Da wird Luftund Raumfahrt genannt, Logistik unter Nutzung von I- und K-Technologien, maritime Technologien, Mobile Solution als noch nicht fest etablierter Schwerpunkt.

Auf Seite sieben ist dann von folgenden prioritären Clustern die Rede: Luft- und Raumfahrt, T.I.M.E., Logistik, maritime Wirtschaft, ökologische Intelligenz und Zukunftsmarkt Gesundheit. Das ist aus meiner Sicht eher ein Wunschkatalog, der sich innerhalb der eigenen Vorlage auch nicht einmal zu einem Schwerpunkt durchringt. An dieser Stelle fordere ich den Senat auf, in der Technologiepolitik deutlich klare Schwerpunkte zu setzen, die dann auch finanzierbar sind!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte als Beispiel, wo ich Mängel sehe, und ich bin erst einmal als Oppositionspolitiker gerade an dieser Stelle gehalten, den Finger in die Wunde zu legen und die Mängel zu nennen: Wir haben in Bremen Steuerungsgruppen, sie werden auf Seite sieben dargestellt, die an der Technologiepolitik mitwirken. Da ist die Rede von Clustermanagement, Steuerungskreisen zwischen Ressort und Gesellschaften, ressortübergreifenden Arbeitsgruppen, einer ressortübergreifenden JourFixe-Runde beim Technologiebeauftragten. In einer anderen Mitteilung des Senats ist ferner von weiteren Koordinatoren und Initiativkreisen die Rede.

Allein um die Identifikation der überregionalen Technologietrends und Bewertung der Nutzungsmöglichkeiten für die bremische Wirtschaft kümmern sich, erstens die zuständigen Behörden, zweitens die BIA,

drittens der Technologiebeauftragte. Der Senat könnte uns einmal ein Organigramm erstellen, in dem alle Beziehungen und Gremien zwischen allen Akteuren und Einrichtungen, die in Bremen mit der Technologiepolitik beschäftigt sind, eingetragen sind! Das würde ich gern einmal sehen, das wäre eine echte Fleißaufgabe, und ich glaube, Sie würden merken, dass Sie viele Parallelstrukturen haben, die auch parallel Geld kosten. Ich bin da für eine ganz klare Prioritätensetzung und, die muss man tatsächlich auch darauf aufsetzen, was wir haben.

Wenn man ernsthaft in wirtschaftlichem Sinne von Cluster redet in diesem Bundesland, fällt mir allerdings in erster Linie die Raum- und Luftfahrttechnik ein, und dann kommt lange gar nichts, was tatsächlich als Cluster funktioniert. Daran müssen wir arbeiten, dass wir da, wo es gute wirtschaftspolitische Ansätze gibt, diese stärken.

(Zuruf von Senator K a s t e n d i e k )

Ich rede von Cluster!

(Senator K a s t e n d i e k : Davon rede ich auch!)

Ja, dann ist es gut, dann können Sie gleich nach mir erklären, wie Sie die Welt der Wirtschaft hier in Bremen sehen und wie Sie dahin kommen wollen, dass wir in den Bereichen vorankommen! Ich rate Ihnen nur an dieser Stelle, kommen Sie endlich dazu, als Senat eine gemeinsame Strategie zu entwerfen, und kommen Sie dazu, an denjenigen Clustermöglichkeiten, die wir haben, tatsächlich anzusetzen und die Stärken nicht durch zu viel Organisation und zu viel Paralellfinanzierung zu verhindern!