Die sechste Anfrage trägt die Überschrift „Kontrolle und Dokumentation der Einhaltung der Tariftreueerklärung“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Möhle, Frau Linnert und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Erstens: Warum existiert im Land Bremen bislang keine zentrale Stelle, die die Einhaltung der Tariftreueerklärung kontrolliert?
Zweitens: Warum existieren keine Statistik und keine zentrale Dokumentation über Verstöße gegen die Tariftreueerklärung im Land Bremen?
Drittens: Bis zu welchem Zeitpunkt sollen die zentrale Kontrollstelle sowie die Statistik und die zen
trale Dokumentation der Verstöße eingerichtet werden, um die Wirksamkeit des bereits 2002 verabschiedeten Vergabegesetzes für das Land Bremen zu gewährleisten?
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:
Zu Frage eins: Der öffentliche Auftraggeber ist gemäß Paragraph 8 des bremischen Landesvergabegesetzes berechtigt, Kontrollen durchzuführen, um die Einhaltung der geforderten Vergabevoraussetzungen zu überprüfen. Dazu zählt auch die Einhaltung der Tariftreueerklärung. Im bremischen Landesvergabegesetz ist eine zentrale Stelle, die die Einhaltung der Tariftreueerklärungen kontrolliert, nicht vorgesehen. Derzeit erarbeitet eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe der bremischen Verwaltung für den Senat ein Konzept für eine verstärkte Kontrolltätigkeit auf den Baustellen im Land Bremen. Es ist darauf hinzuweisen, dass bisher in der Bundesrepublik Deutschland einzig in der Freien und Hansestadt Hamburg eine zentrale Kontrollstelle tätig ist.
Zu Frage zwei: Sofern Unternehmen aufgrund der Nichteinhaltung der Tariftreue für eine begrenzte Zeit von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden, wird dies im so genannten Tariftreueregister dokumentiert. Jeder öffentliche Auftraggeber sieht das Register vor der Zuschlagserteilung ein. Das Register wird beim Senator für Bau, Umwelt und Verkehr geführt. Die Details der Registererrichtung und -führung sind in der Vergabedurchführungsverordnung vom 21. September 2004 geregelt, die auf der Rechtsgrundlage des Paragraphen 9 Absatz 4 des Landesvergabegesetzes erlassen wurde.
Im Übrigen ist die Überwachung der Einhaltung der Tariftreueerklärung – wie bereits in der Antwort zu Frage eins dargestellt – die Aufgabe des jeweiligen öffentlichen Auftraggebers. Dementsprechend ist auch keine zentrale Dokumentation und Statistik über die Kontrolltätigkeit im Landesvergabegesetz vorgesehen. Ohne eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung wäre eine zentrale Datenerfassung auch rechtlich nicht zulässig.
Zu Frage drei: Wie in der Antwort zu Frage eins dargestellt, prüft eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe derzeit organisatorische Veränderungen für die Einrichtung einer zentralen Kontrollstelle. Die Entscheidung obliegt dem Senat. Ein konkreter Zeitpunkt für die Umsetzung kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht benannt werden. – Soweit die Antwort des Senats!
Ich möchte gern wissen, ob Sie denn den Überblick darüber haben, an welchen Stellen, auf welchen Baustellen welche Kontrollen stattgefunden haben.
Dies habe ich ja in der Antwort auf Frage eins beziehungsweise zwei schon dargestellt, dass dies regelmäßig stattzufinden hat, dass dies natürlich erst einmal im Ermessen des jeweiligen Auftraggebers liegt, entsprechend den gesetzlichen Vorgaben auch die Einhaltung der Vergabegrundlage, der Entscheidung zur Vergabe auch einzuhalten. Ich kann Ihnen jetzt keine Auskunft darüber geben, wie oft wie welche Baustellen kontrolliert werden, weil das, wie gesagt, immer in der zentralen Verantwortung des jeweiligen Auftraggebers liegt.
Sind Sie mit mir einer Meinung, dass in dem Bereich gleichwohl mehr getan werden muss, als es zurzeit passiert?
Ich stimme mit Ihnen überein, dass dies ein wichtiges Themenfeld ist. Es kann nicht angehen, dass die einen, die anständig und ordentlich dieses Vergabegesetz einhalten, die Doofen sind, um es einmal ein bisschen platt zu äußern, und die anderen, die einfach nur einen Zettel ablegen und sich dann nicht darum kümmern, davon profitieren. Hier muss es also eine Gleichbehandlung geben. Wir haben ein Vergabegesetz. Dieses muss eingehalten werden, und von daher ist natürlich, wenn Hinweise vorliegen, diesen auch sofort nachzugehen. Dass dies ein wichtiges Themenfeld ist, darüber sind wir uns einig!
Nach meiner Kenntnis wird nicht vor Ort kontrolliert, sondern die Kontrolle wird verwaltet, indem man sich Akten anschaut. Finden Sie, dass das ausreicht? Sind Sie damit zufrieden?
Ihre Kenntnis kann ich nicht nachvollziehen, deswegen kann ich mich auch zu Ihrer Schlussfolgerung nicht weiter äußern.
Die Kontrollen, die es gegeben hat, sind auf erheblichen öffentlichen Druck zustande gekommen, so konnte man in der Presse nachvollziehen. Reicht Ihnen das aus?
Ich schätze die Unabhängigkeit der Presse, glaube aber nicht, dass Kontrollen nur auf öffentlichen Druck zustande kommen, sondern dass die Auftraggeber selbst auch ein großes Interesse haben, hier Kontrollen durchzuführen. Deswegen kann ich auch diese Schlussfolgerung nicht nachvollziehen.
In das Unzuverlässigkeitsregister sollen ja die unzuverlässigen Firmen eingetragen werden. Wie viele Einträge gibt es Ihrer Kenntnis nach denn darin?
Das kann ich Ihnen nicht sagen. Das könnte Ihnen vielleicht der Bausenator beantworten, weil es bei ihm geführt wird. Auch die Antwort auf diese Frage kann ich Ihnen gern nachliefern!
Diese Einträge kommen doch erst zustande, nachdem es Kontrollen gegeben hat oder sich Täter selbst gestellt haben. Das ist wohl eher die Ausnahme. Was nützt dann so ein Unzuverlässigkeitsregister, wenn es keine Kontrollstellen gibt, die Einträge vornehmen könnten?
Ihre Hypothese, dass überhaupt keine Kontrollen stattfinden, kann ich nicht nachvollziehen. Deswegen kann ich auf Ihre Frage auch keine befriedigende Antwort geben. Die öffentlichen Auftraggeber haben hier die Vorgabe, die Einhaltung des Landesvergabegesetzes zu kontrollieren, und ich gehe auch davon aus, dass dies entsprechend in ihrer Verantwortung so wahrgenommen wird.
Es gibt ja eine Arbeitsgruppe, wie Sie berichtet haben, die sich mit der Weiterentwicklung des Vergabegesetzes befasst. Wenn das Ergebnis ist, dass es eine Kontrollgruppe geben soll, wird der Senat dann diese Kontrollgruppe einsetzen und in welchem Zeitrahmen?
Ich habe in der Antwort auf Frage drei dargestellt, dass die Entscheidung dem Senat obliegt. Ich bin optimistisch, dass diese Arbeitsgruppe zu guten Ergebnissen kommt, die auch vom Senat getragen werden.
Herr Senator, ich habe eine Frage zu Ihrer Antwort auf Frage eins. Sie sagten, es läge im Ermessen der Auftraggeber. Nun bin ich der Meinung, dass es keinen Ermessensspielraum gibt bei Befolgung von Gesetzen. Hier liegt doch ein Gesetz vor. Könnten Sie mir diese Antwort noch einmal erläutern?
Bei der Einhaltung der Gesetze gibt es natürlich keinen Ermessensspielraum, aber die Kontrolle hängt natürlich auch sehr stark von dem Verhältnis vor Ort ab. Wenn man natürlich das Gefühl hat, dass ein Landesvergabegesetz, einmal unabhängig von regelmäßigen Kontrollen, dennoch nicht eingehalten wird, dann muss man die Kontrollen verschärfen. Wenn man sich mehrmals davon überzeugt hat, dass dieses Landesvergabegesetz eingehalten wird und es keine Anzeichen gibt, dass es Veränderungen gibt, zum Beispiel auf einer Baustelle – man sieht ja seine Handwerker auf der Baustelle, um einmal ganz konkret zu werden, und die Gesichter sind immer die gleichen von Anfang an – und man hat am Anfang ein-, zweimal kontrolliert, dann wird es natürlich keinen Anlass geben, ein drittes oder viertes Mal zu kontrollieren. Wenn es aber ständig Gesichterwechsel auf den Baustellen gibt, dann
ist das für den Auftraggeber beziehungsweise für den Auftraggebervertreter vor Ort ein Anlass, vielleicht die Kontrollen zu intensivieren. Dass es keinen Interpretationsspielraum bei der Einhaltung von Gesetzen gibt, das trifft nicht nur auf das Landesvergabegesetz, sondern es trifft auf alle anderen Gesetze auch zu.