Man muss schlichtweg fragen, ob wir denn insgesamt einfach zuschauen können, wenn zum Beispiel der Bankensektor erklärt, er entlässt 80 000 Menschen, ob dies für uns ein begrüßenswerter Zustand ist, von dem wir sagen, da schaffen wir die Rahmenbedingungen, das finden wir klasse! Das genau glaube ich so nicht. Wir kämen jetzt aber in eine Grundsatzdebatte. Es würde sich lohnen, diese auch noch einmal zu führen, aber nicht heute. Eine Bemerkung möchte ich noch machen, weil auch meine Fraktion mit diesem Punkt im Haushalt erhebliche Schwierigkeiten hat: Das ist das Problem der nicht mehr für die Verbraucherzentrale zur Verfügung gestellten Mittel der individuellen Ernährungsberatung. Wir haben damit ebenfalls ein großes Problem. Wir sind da bei unserem Koalitionspartner aber auf Granit gestoßen. Wir beurteilen die Situation auch anders, wenn gesagt wird, dass hier Gelder aus Berlin zur Verfügung gestellt werden. Dies sind Gelder, die im Rahmen der Abwicklung von EU-Programmen und Bundesprogrammen gegeben werden, aber nicht für Fragen der individuellen Ernährungsberatung. Das ist qualitativ ein Unterschied. Wir hätten uns gewünscht, wir hätten uns durchsetzen können, wir haben das nicht geschafft. Insofern ist das für meinen Bereich Wirtschaft für mich ein Wermutstropfen in einem Haushalt, von dem ich glaube, dass er uns insgesamt ansonsten voranbringen wird.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! So ist das, wenn man sich die Zeit gut einteilt, dann kann man manchmal auch zweimal reden.
(Abg. F o c k e [CDU]: Wenn man nicht so viel zu sagen hat!) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. Ich habe noch ein paar Dinge nachzureichen. Frau Winther, die Sache mit der Verbraucherzentrale ist außerordentlich ärgerlich. Sie wissen ganz genau, dass die Verbraucherzentrale einen hohen Einnahmeanteil selbst organisiert durch Gebühren. Dieser hohe Einnahmeanteil ist direkt gefährdet durch die Stellenstreichung, weil es mit weniger Leuten nämlich nicht möglich ist, diesen Anteil aufrechtzuerhalten. Das heißt, auf der einen Seite versuchen Sie einzusparen, und auf der anderen Seite kann ich Ihnen schon vorhersagen, dass der Einnahmeanteil sinken wird. Da ist Ihr Sparprogramm ein Nullsummengeschäft. Das kann nicht richtig sein, das kann man nicht wollen. Ich würde wirklich auch noch einmal ganz stark darum bitten, dass Sie an dieser Stelle Ihrem gemarterten Herzen einen Ruck geben und den Anträgen zustimmen, damit wir tatsächlich die Verbraucherzentrale vernünftig arbeiten lassen können und nicht an dieser Stelle unnötig etwas kaputt machen, das in mühevoller Arbeit aufgebaut wurde. (Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)
Der Kollege Liess hat eben gesagt, die Sache mit der Qualität sei nicht so neu. Herr Kollege Liess, ich will es einmal so sagen: Neu ist das mit der Qualität noch nie gewesen! Die Frage ist nur, welche Qualitäten Sie wie bewerten. Wenn ich mir ansehe, was wirtschaftspolitisch in den letzten Jahren hier in Bremen passiert ist, kann ich Ihnen sagen, sind viele Qualitäten nicht gründlich genug bedacht worden. Darüber sollten Sie nachdenken.
Bei einigen Projekten – und da nenne ich jetzt noch einmal den Space-Park – gab es Menschen in dieser Stadt, die von Anfang an gesagt haben, dieses Projekt funktioniert so nicht! Zu diesen Menschen gehörten im Übrigen auch die Grünen, nur zur Erinnerung! Jetzt zu sagen, Qualität ist nicht neu, und wir machen weiter so, ist falsch. Nein, wir brauchen einen Wandel in der Wirtschaftspolitik, wir müssen dahin kommen, dass wir die Menschen in dieser Stadt motivieren, wirtschaftlich tätig zu werden!
Das ist mein Engagement, übrigens auch für den Kleinstbetrieb. Das ist das Wichtige, das hier fehlt. Deswegen will ich auch den Meisterzwang möglichst abgeschafft haben, deswegen möchte ich, dass wir Förderinstrumentarien so stricken, dass Existenzgründer mit Migrationshintergrund in der Lage sind, einen vernünftigen Betrieb in dieser Stadt zu gründen.
Das ist unsere Sorte Politik, und die unterscheidet sich eben schon in der Qualität von der Ihren! – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Möhle, Ihr Beitrag zur Kultur ist damit eingeleitet worden, dass Sie das große Glück haben, dazu zu reden. Ich weiß nicht, ob ich das große Glück gehabt habe, da zuzuhören, weil es doch eine Verkehrung dessen gewesen ist, was wir eigentlich in großer Eintracht in den letzten Jahren gemeinsam in der Kulturdeputation besprochen haben.
Das erstaunt mich stark, mich erstaunen auch die Anträge der Grünen, vor allen Dingen der Antrag zum Waldau-Theater. Wir haben eigentlich in großer, breiter Präsenz gesagt, so wie bisher geht es mit dem Waldau-Theater nicht mehr weiter.
Das Waldau-Theater ist in die Insolvenz gegangen. Der Insolvenzverwalter hat das gleiche Konzept, das die Waldau GmbH unter ihrem Geschäftsführer Derda gehabt hat, fortgeschrieben und uns erneut vorgelegt. Dafür noch einmal 200 000 Euro zu geben, das ist mit der großen Koalition nicht zu machen.
(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist etwas anderes, als Frau Emigholz gestern Abend gesagt hat!)
Punkt zwei, die Untätigkeit der großen Koalition in Bremen-Nord! Das ist nicht so, es hat einen umfangreichen Moderationsprozess gegeben zwischen den nicht befriedeten Kulturinitiativen, die es dort gibt. Sie sind sich viel näher gekommen, man ist inzwischen so weit, dass man sagt, man will wirtschaftlich zusammenarbeiten.
Bei dem, was wir in der Politik machen können – nun ist es immer so, dass es auch individuell Agierende gibt –, was wir da als Moderationsprozess eingeleitet haben, ist das das Maximum, was Politik zur Lösung von Konflikten tun kann. Dementsprechend finde ich es ärgerlich zu sagen, man hätte die Leute gegeneinander gehetzt, dies stimmt einfach nicht!
Die letzte Bemerkung: Was ich auch ärgerlich finde, ist, so einen Haushaltsantrag über 200 000 Euro zu stellen und vorher zu sagen, man redet über Qualitäten, aber diesen Antrag mit keinerlei qualitativer Anforderung an den Betreiber des Waldau-Theaters
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die große Koalition hat es einmal wieder geschafft, wirklich wichtige Projekte im Bereich Häfen wie die Kaiserschleuse in Bremerhaven nicht in den neuen Haushalt einzustellen. Daher haben wir einen Antrag gestellt, die vorbereitenden Maßnahmen für den Bau der Kaiserschleuse in Bremerhaven einzustellen. Das hieße dann, Kaiserschleuse jetzt und nicht erst nach 2006 –
da geht sogar das Licht aus! –, wir sind nicht gegen Häfen, und deswegen sprechen wir uns auch für einen Schleusenneubau aus.
Viele nötige Ersatzinvestitionen wurden im Hafenbereich lange vernachlässigt und rücken nun in noch weitere Ferne. So bröselt eine morsche Schleuse in Bremerhaven weiter vor sich hin, ohne dass rechtzeitig gehandelt wird und Ersatz bereitgestellt wurde.
Sinnvoll ist, den Hafen erst einmal flächendeckend aufrechtzuerhalten. Wir hätten auf CT IV verzichtet und hätten die Mittel zukunftsgerechter ausgegeben, als Sie das getan haben.
Das schafft nach unserer Meinung bessere Effekte, es ist aber natürlich weniger prestigeträchtig, als den Hafen vorschnell zu erweitern.
(Unruhe – Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Der Kollege Bödeker hat die Erklärung, was bei bremenports geplant ist! Da bricht Ihre eigene Argumentation zusammen!)
Nicht großartig erstaunt über die Politik der großen Koalition war ich daher, als ich im Haushalt keine Mittel für einen Neubau der Kaiserschleuse in Bremerhaven fand, und das ist in dem Haushalt 2004/2005. Das heißt wohl, dass erst ab 2006 Mittel bereitgestellt werden. Das ist mein Schluss daraus.
Die Kaiserschleuse ist ein für Bremerhaven eminent wichtiges Projekt. Von ihr hängt in Bremerhaven der sichere Automobilexport und -import ab, der die größte Wertschöpfung – Herr Focke, lachen Sie nur! – vor Ort sichert. Durch einen Schleusenneubau würde die ständige Zufahrt in den Autohafen gewährleistet.
Sehen wir uns doch einmal die Wertschöpfung am Autohafen an, Herr Focke! Wenn das für Sie etwas Neues ist, dann hören Sie bitte jetzt einmal zu! Bezogen auf die umgeschlagene Einheit hängen vom Autoumschlag mehr Arbeitsplätze ab als vom Containerhafen in Bremerhaven.
Das Projekt CT IV in Bremerhaven lehnen wir bekanntermaßen ab, da es umweltpolitisch nicht vertretbar ist und bis ins Jahr 2042 den Haushalt mit gigantischen Zahlungsraten belastet.
Die Schleuse kostet auf jeden Fall sehr viel weniger. Ich komme gleich zu den Zahlen, warten Sie ab!
Über die wahren Kosten von CT IV wird sich oft ausgeschwiegen. Knapp 1,3 Milliarden Euro beträgt die Investitions- und Finanzierungssumme insgesamt. Bei einer gigantischen Zinsquote von 176 Prozent macht das allein 800 Millionen Euro für Zinsen, die restlichen 500 Millionen Euro sind für das Invest. Einen vermeintlichen Wettbewerbsvorteil gegenüber Hamburg, Rotterdam und Antwerpen erkaufen wir uns damit teuer. Der Haushaltsausschuss hat ebenfalls bis heute kein genaues Gesamtfinanzierungskonzept für den CT IV erhalten.
Teuer erkauft haben wir uns mit über 100 Millionen Euro ebenfalls die Beteiligung an der riskanten Investition des Jade-Weser-Ports. Insgesamt ist für die Hafeninvestitionen natürlich auch der Bund mit ins Boot zu holen, denn Bremen allein kann diese großen Investitionssummen nicht schaffen. Für die Renovierung des südlichen Containerterminals CT I in Bremerhaven möchten wir Sie ausnahmsweise ausdrücklich loben. Damit ist für 19 Millionen Euro Renovierungskosten für die Infrastruktur kein geringerer Reeder als MSC gewonnen worden. 600 000
zusätzliche Containereinheiten an Umschlag jährlich und damit 300 neue Arbeitsplätze sind ein großer regionalwirtschaftlicher Gewinn. Bei CT IV können wir das noch einmal abwarten, ob sich das wirklich auch so abspielen wird.
Am 17. Juni unterzeichneten Scherf, Simonis, von Beust und Wulff in Berlin ein verkehrspolitisches Kompromisspapier. Wie kam dieser Kompromiss eigentlich zustande, frage ich mich, nach dem Motto, jedem das Seine, mir am meisten? Das heißt Flussausbauten, neue Autobahnen und kein nachhaltiges Verkehrskonzept, von Eisenbahn war wenig die Rede, Y-Trasse war kein Thema mehr! Was wir also im Hafenbereich wollen: mehr Investitionen in den Bestand und weniger Investitionen in Prestigeobjekte. Daher fordern wir den raschen Bau der Kaiserschleuse in Bremerhaven. – Vielen Dank!