Protocol of the Session on June 29, 2004

Kultur! Ist das unbekannt in der SPD-Fraktion? Nicht wirklich! Ich war doch gerade da und habe mir die Bilder in Ihren Räumen angeschaut. Das hat ja schon etwas mit Kultur zu tun!

In der Kulturpolitik ist augenfällig, dass Herr Senator Perschau komplett abgetaucht ist. Wir haben im Grunde genommen, seitdem Helga Trüpel die gute Idee der Bewerbung für die Kulturhauptstadt propagiert, die große Koalition diese Idee aufgegriffen hat und die Bewerbung läuft, eher etwas mit Martin Heller zu tun als mit Herrn Senator Perschau. Das ist nicht gut so, weil wir nicht nur eine Bewerbung für die Kulturhauptstadt brauchen, sondern weil wir eine fundierte, vernünftige, konzeptionell durchdachte Kulturpolitik in Bremen und Bremerhaven brauchen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Problem, wie nötig das ist, ist aus meiner Sicht deutlich erkennbar, zum Beispiel in Bremen-Nord, wo ich das auch bei diesem Zeitmangel nur unter dem Stichwort Kulturkampf beschreiben kann, der unsäglich für den Stadtteil Bremen-Nord ist, aber auch für Bremen insgesamt nicht wirklich von Vorteil ist, dass sich diese Kulturinitiativen dort gegen

seitig in einer Form bekämpfen, die hier niemand schön finden kann. Das deutet aber auch darauf hin, dass das klärende, schlichtende, nach vorn weisende Wort des Senators offensichtlich an dieser Stelle fehlt. Schön wäre es, wenn es da anders gehen würde.

Für einen Umbau im Kulturbereich in vielerlei Hinsicht, so hat mir Helga Trüpel das noch mit auf den Weg gegeben, sind die Grünen sehr offen, aber nicht für einen Abbau. Das ist ein großer Unterschied, ob man in bestimmten Bereichen sagt, man will die einzelnen Kulturbereiche umbauen, oder ob man sagt, man kürzt sie gleich gnadenlos komplett weg.

Wir haben einen Antrag für das Waldau-Theater gestellt. Wir wollen gern, dass es erhalten wird, und das kann man auch nur hier und heute tun. Sie können nicht sagen, dass es irgendwelche ominösen Töpfe gibt, aus denen das dann irgendwann einmal passiert. Nein, Sie müssen hier und heute ganz klar und deutlich sagen, dass Sie unserem Antrag zustimmen, weil das die einzige Chance ist, das Waldau-Theater zu erhalten!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als letzten Satz: Es muss eine neue Perspektive für das Waldau-Theater her, das ist völlig klar! Aber wenn Sie an dieser Stelle den Geldhahn zudrehen, dann ist das ein Sterben in Raten. Das wollen wir nicht, und ich hoffe, Sie auch nicht. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Winther.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal, Herr Möhle haben Sie heute schon eine ganze Reihe von meinen Kollegen gehört, was die Qualität von Projekten angeht, was die Effekte der Investitionspolitik hier in Bremen sind und wie viele tausend Arbeitsplätze hier angesiedelt worden sind, gerade auf den neuen Gewerbeflächen. Sie haben auch gehört, um wie viel höher das private Engagement als das der öffentlichen Hand auf diesen neuen Gewerbeflächen gewesen ist.

Was die Qualität der Investitionspolitik angeht, so möchte ich hier noch ein Beispiel hinzufügen, das ist nämlich die Investition in den Tourismus. Wie Sie alle auch der Presse der letzten Woche entnehmen konnten, sind die Buchungen in den Hotels im ersten Quartal um über zehn Prozent gestiegen. Das ist eine Zahl, die so noch nie in den ersten drei Monaten eines Jahres erreicht wurde. Die Steigerungen in Bremen lagen zum Beispiel bei 16 Prozent. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Ich darf noch einmal erwähnen, was zu diesem Erfolg geführt hat! Es sind die Attraktionen wie die Schlachte und das Universum, die Messen und Kongresse hier in Bremen, die Kulturevents und nicht zuletzt auch der Space-Park.

(Beifall bei der CDU – Abg. Frau W i e - d e m e y e r [SPD]: Space-Center!)

Sie haben etwas zum Mittelstand und zu kleinsten Gründungen gesagt. Wenn uns eines hier in Bremen beflügelt, dann sind das kleinste Gründungen sowohl durch die Bremer Existenzgründungsinitiative B.E.G.IN und durch den Starthilfefonds als auch durch den Arbeitssenator. Was den Mittelstand und die Situation des Handwerks angeht, so kann ich Ihnen nur sagen: Wo keine Aufträge sind, ist es natürlich auch ausgesprochen schwer, diese Unternehmen voranzubringen. Sorgen Sie also in Berlin dafür, dass die Konjunktur besser wird, dann gibt es mehr Aufträge, und dann wird es auch dem Handwerk besser gehen!

(Beifall bei der CDU – Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Ich denke, Sie haben den Strukturwandel geschafft!)

Ein kurzer Satz zur Verbraucherzentrale! Sie wissen, dass die Verbraucherzentrale einen Etat von 200 000 Euro hat, um sich gemeinsam mit der Bundesfinanzierung für das Thema Ernährung einzusetzen. Das ist eine Zahl, die nicht ganz gering ist, und ich denke, damit ist auch eine Beratung in Bremen zu leisten, selbst wenn man sich mehr wünschen könnte, aber die Haushaltsvoraussetzungen und Bedingungen sind eben auch nicht einfach.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Beispiel Tourismus zeigt aber auch, dass es sich lohnt, in die Marke Bremen zu investieren – damit komme ich auf das Thema Investitionen und die Kritik, die Sie hier angesprochen haben –, und zwar ganz herausragend in zwei Dingen: Das sind nämlich die Innovationspolitik und das Projekt Kulturhauptstadt. Das Projekt Innovision bietet gute und jetzt auch finanziell abgesicherte Ansätze, das bremische wissenschaftliche Know-how auszubauen, um neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln.

Richtig ist, dass wir uns diesem Thema in der nächsten Zukunft stark widmen werden, dass wir mit herausragenden Technologien aufwarten müssen, die wir in Clustern inhaltlich wie örtlich bündeln werden und dies auch können. Dabei muss es uns gelingen, kompetente Wissenschaftler und kompetente Unternehmer für diese jeweiligen Cluster zu gewinnen, die die Koordinierung und das Marketing unterstützen und die jeweilige Fahne hochhalten.

Das IFP und das Innovationsprogramm bieten die Grundlage, um diese schon begonnene Spezialisierung weiterzuführen, und hier werden wir uns auch anderen, neuen Themen öffnen müssen. Das ist zum Beispiel das Thema Nanotechnologie, Robotik oder was immer wir hier im Bereich Meerestechnologie haben, auch gerade in Bremerhaven im Bereich der maritimen Technologien. Innovativ wird aber auch das Projekt Kulturhauptstadt sein, und ich bin überzeugt, dass wir schon jetzt einen Gewinn für den Standort Bremen durch unsere Bewerbung erzielt haben. Das ist ein Gewinn für unser Image und ein stärkeres Miteinander hier in Bremen. Der tolle Auftritt in Berlin, die Kogge vor dem Reichstag, das sind ganz neue, offensive und frische Zeichen aus Bremen.

Die Philosophie der Kulturhauptstadtbewerbung zeigt aber auch, dass das bundesweit beispielhafte Zusammengehen von Wirtschaft und Kultur, gerade auch auf Senatsebene, neue und innovative Blickwinkel für beide Seiten möglich macht. Diese neuen Blickwinkel spiegeln sich auch in den kulturpolitischen Leitlinien wider. Der Kultur- und Wirtschaftssenator wird die Zukunft der Kultur daher weniger traditionell, sondern mehr mit ressortübergreifenden Entwicklungsaufgaben angehen.

Künstlerische Innovation, kulturelle Bildung, bürgerschaftliches Engagement und unternehmerisches Handeln, Marketing und Netzwerke, das werden die Schwerpunkte der kommenden Jahre sein. Es ist daher sehr zu begrüßen, dass mit diesem Haushalt die traditionelle Kulturlandschaft in Bremen im Gegensatz zu den großen Problemen vieler anderer Kommunen eine finanzielle Zukunft hat, wenn auch keine Höhenflüge möglich sind.

Das ist wichtig, denn diese Basis der klassischen Kultur ist mit ihrer Vielseitigkeit überhaupt erst das Fundament, um Bremen zu einer europäischen Kulturhauptstadt zu machen. Allerdings darf es keine Verschmelzung der klassischen Kultur in Bremen mit der Kulturhauptstadt geben. Die finanzielle Ausstattung der Bewerbung zur Kulturhauptstadt öffnet aber die Möglichkeit, neue visionäre Ideen auf den Weg zu bringen, und das ist ein Gewinn für unsere Stadt, für unsere Bürger, für die Touristen, aber auch für den Wirtschaftsstandort Bremen.

Die Konstruktion der Kulturpolitik in der Hand des Wirtschaftssenators, Tradition und Moderne bei der Bewerbung zur Kulturhauptstadt zu verbinden, das ist eine Qualität der Kulturpolitik, die wir so in Bremen bisher noch nicht hatten.

(Abg. Frau W i e d e m e y e r [SPD]: Stimmt!)

Sie werden sich vielleicht gewundert haben, dass ich nun einen Einschub zur Kultur gemacht habe, aber unser Ausschuss ist auch für dieses Thema zuständig. Der Wirtschaftssenator hat die drei Themen Wirtschaft, Häfen und Kultur. Es fehlt der Bereich

Häfen, das ist jetzt ein kleiner Sprung, aber der Hafenstandort Bremen hat eben auch eine ganz besondere Qualität, er ist das Rückgrat unseres Handelsplatzes und bietet Tausenden von Menschen Arbeit. Insofern ist hier schon ein Wort nötig.

Der Ausbau des Containerterminals ist ein ganz entscheidender Faktor, um unseren Standort attraktiv zu machen, und insofern begrüße ich sehr, dass wir nun auch den Planfeststellungsbeschluss für CT IV haben und die Finanzierung über das Sondervermögen geregelt ist, denn ohne Hafeninvest wäre es zum Beispiel überhaupt nicht gelungen, ein solches Unternehmen wie MSC, nämlich die zweitgrößte Reederei der Welt, nach Bremerhaven zu bekommen.

Eine letzte Bemerkung gilt den Häfen in Bremen, die meistens nicht so im Vordergrund stehen. Sie liefern aber immerhin ein Drittel des bremischen Gesamtumsatzes. Insofern ist es wichtig, hier noch einmal zu betonen, dass das Hafeninvestitionsprogramm auch für Bremen umgesetzt wird und dass es damit gelingen wird, die Arbeitsplätze im Hafen hier in Bremen zu festigen und die Position im internationalen Wettbewerb auszubauen.

Insgesamt, meine Damen und Herren, hat dieser Haushalt die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die positive wirtschaftliche Entwicklung Bremens fortgesetzt werden kann, Bremen sich also weiter bemüht und weiter seinen Standort stärkt und jetzt eine Richtschnur hat, um Bremen auf Wachstumskurs zu bringen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Liess.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte einige kurze Anmerkungen machen! Heute Morgen hat die Frage der Investitionen schon eine Rolle gespielt. Jetzt ist vorhin von Herrn Möhle der Begriff der Qualität von Investitionen eingeführt worden, der aber für uns Sozialdemokraten nun wirklich nichts Neues ist. Wir haben darauf gedrungen, dass wir regionalwirtschaftliche Effekte betrachtet haben wollen, welche Arbeitsmarkteffekte Investitionen haben und welche fiskalischen Effekte es gibt.

(Beifall bei der SPD)

Insofern ist das nicht neu. Man kann sich darüber streiten, ob die Bewertungen, die damals vorgenommen worden sind bei den einzelnen Projekten, dann jeweils die richtigen waren und ob man denen beitritt, aber der Qualitätsgesichtspunkt selbst ist im––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

mer bei uns in unsere Entscheidungen einbezogen worden.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Das müssen Sie ja auch!)

Eben! Selbstverständlich! Das müssen wir!

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Bloß nicht immer beim selben Ins- titut!)

Von daher finde ich auch diesen Hinweis auf die Qualität eigentlich nicht sehr weiterführend!

Heute geht es eigentlich darum, dass wir schauen müssen angesichts der schwachen Finanzausstattung, die wir insgesamt im Investitionshaushalt haben, dass wir beim Investieren sparen und dass wir Prioritäten setzen müssen. Wir müssen schauen, ob die Mittel, die wir einsetzen in Investitionen, tatsächlich die Effekte bringen, die wir uns versprechen. Wir müssen es abwägen von Projekt zu Projekt und manchmal auch von Projekt gegen Projekt. Die Anmeldungen, die wir haben, sind doppelt so hoch wie die freien Mittel, die wir noch zur Verfügung haben. Dem muss auch dieses Haus in Zukunft Rechnung tragen. Das ist allerdings nicht Punkt dieses Haushalts, sondern im Großen und Ganzen ein Punkt im Rahmen des Anschlussinvestitionsprogramms.

Dann möchte ich gern noch zwei kurze Bemerkungen zu den Förderprogrammen machen! Ich glaube, dass wir im Land Bremen im Augenblick mit der Existenzgründungsleitstelle, mit dem B.E.G.IN und dem RKW Instrumente haben, mit denen Existenzgründer tatsächlich Ansprechpartner finden. Aber genauso wie bei der Fragestellung, ob wir mit dem Programm Innovision die richtigen Schwerpunkte im Augenblick gesetzt haben, ergibt sich die Frage, ob wir nicht ständig das tun müssen, was wir immer tun müssen, nämlich eine Überprüfung unserer Zielsetzung, dass wir dies auch für Förderprogramme unternehmen müssen.

Ich kann mir zum Beispiel nicht vorstellen, dass mittelfristig die Schwerpunktsetzung, die wir in den Schwerpunktbereichen des AIP vorgenommen haben, auf die Dauer in den gleichen Tranchen bleiben kann. Ich glaube, wir müssen auf die Marktbedingungen reagieren und dann eventuell – für mich nicht nur eventuell, sondern mit Sicherheit – andere Schwerpunkte setzen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das betrifft insbesondere den Bereich des Transfers von Wissenschaft in Wirtschaft. Dort haben wir gute Ansätze, wir haben gute Anfänge, aber es ist insgesamt noch nicht gut genug, selbst wenn wir schon damit Erfolge erzielen.

Nun eine Bemerkung, Frau Kollegin Winther, zur Konjunktur in Berlin! Sie sind wirtschaftspolitische Sprecherin Ihrer Fraktion, ich meiner Fraktion, Herr Möhle seiner Fraktion, wir alle wissen, dass Wirtschaftspolitik Rahmenbedingungen setzen kann. Letztlich sind es aber die Unternehmen, die Wirtschaft in unserem Land gestalten.

(Beifall bei der SPD)

Da, glaube ich, muss man auch einmal deutlich fragen, ob das Verhalten von Unternehmen heute in der Bundesrepublik wirklich zum wirtschaftlichen Wachstum dieses Landes beiträgt.

(Beifall bei der SPD)