Protocol of the Session on March 18, 2004

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich darf zunächst aus dem Gesetz zitieren: „Durch den Vollzug der Jugendstrafe soll der Verurteilte dazu erzogen werden, künftig einen rechtschaffenen und verantwortungsbewussten Lebenswandel zu führen. Ordnung, Arbeit, Unterricht, Leibesübung und sinnvolle Beschäftigung in der freien Zeit sind die Grundlagen dieser Erziehung. Die beruflichen Leistungen des Verurteilten sind zu fördern. Ausbildungsstätten sind einzurichten, die seelsorgerische Betreuung wird gewährleistet. Um das angestrebte Erziehungsziel zu erreichen, kann der Vollzug aufgelockert und in geeigneten Fällen weitgehend in freien Formen durchgeführt werden.“ Schließlich: „Die Beamten müssen für die Erziehungsaufgabe des Vollzugs geeignet und ausgebildet sein.“

Wir reden hier also über einen bundesgesetzlichen Auftrag, der nicht dahin geht, was man ja auch in Bremen gelegentlich hört, man könne straffällig gewordene Jugendliche auch dauerhaft wegsperren, weil es viel zu schwierig ist, mit ihnen umzugehen, sondern hier steht die Erziehung im Jugendstrafvollzug im Vordergrund. Wir nehmen diese Aufgabe jedenfalls ernst und stellen uns dieser Aufgabe.

(Beifall bei der SPD)

Es geht also nicht um Wegsperren, es geht um Betreuung, um Schule, um Ausbildung, um die Gefangenen in die Lage zu versetzen, sich nach der Entlassung zu integrieren und ein straffreies Leben zu führen.

Dabei haben allerdings, das ist klar, die Länder bei der Umsetzung dieser Aufgabe einen großen Gestaltungsspielraum. Wir haben in Bremen eine ganz besondere Situation. Wir sind ein sehr kleines Bundesland, und wir haben in Bremen eine kleine Jugendvollzugsanstalt mit 65 bremischen strafgefangenen Jugendlichen, dazu kommen 35, die wir aufgrund des Staatsvertrags aus Niedersachsen übernommen haben. Außerdem kommen 20 bis 35 jugendliche Untersuchungshäftlinge dazu, diese Zahl schwankt.

Die Anstalt, die wir im Blockland haben, ist ehemals konzipiert worden für 270 bis 300 Gefangene.

Es war damals in den siebziger Jahren eine andere Zeit, und die demographische Entwicklung hat unter anderem eben dazu geführt, dass wir nicht mehr so viele jugendliche Straf- und Untersuchungsgefangene haben, und wir müssen uns auf diese Entwicklung einstellen. Es ist doch völlig klar, das kann man doch nicht verdrängen, dass kleine Anstalten, weil jeweils zentrale Dienste vorgehalten werden müssen, sehr personal- und sehr kostenintensiv sind. Wir haben die Jugendstrafanstalt im Blockland, wir haben sechs Teilanstalten in Oslebshausen, Frauenvollzug, wir haben die Anstalt in Bremerhaven. Das Ganze ist also sehr kosten- und sehr personalintensiv, und wir sind aus finanzpolitischen Gründen gezwungen, einen auch unter Kostengesichtspunkten vertretbaren Strafvollzug in Bremen zu organisieren.

Deshalb ist es richtig, dass der Senat beschlossen hat, den Standort Blockland aufzugeben, und es ist auch richtig, was diese Koalition vereinbart hat, dass Bremen sich auf einen Teil des Vollzugs konzentrieren soll, nämlich auf den Strafvollzug mit den männlichen erwachsenen Strafgefangenen.

Nun wird so getan, als ob dies eine völlig neue und ganz besondere Entwicklung sei. Ich will dazu nur sagen: Es gibt eine lange Tradition von Vereinbarungen über so genannte Vollzugsgemeinschaften mit den Nachbarländern, mit Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen. Es gab Zeiten, da waren die strafgefangenen männlichen Erwachsenen, die über vier Jahre zu verbüßen hatten, in HamburgFuhlsbüttel untergebracht, und die Frauen waren in Lübeck untergebracht. Jetzt sind diejenigen, die eine lange Strafe als Erwachsene zu verbüßen haben, in Celle untergebracht. Es ist also nichts Neues, dass es eine Zusammenarbeit gibt, und es ist äußerst vernünftig, dass mit Niedersachsen über eine Kooperation verhandelt wird und dass hier der Versuch unternommen wird, zu einer Vereinbarung zu kommen, die jugendlichen Strafgefangenen in Hameln unterzubringen.

Es ist eben nicht so, wie es zum Teil hier an die Wand gemalt wird, dass dies eine furchtbare Perspektive ist, sondern es ist im Gegenteil so, dass Hameln eine äußerst gut geführte und gerade, was Ausbildung und Betreuung angeht, sehr engagierte Anstalt ist. Wir sind mit dem bremischen Rechtsausschuss in Hameln gewesen, wir haben uns diese Anstalt angesehen, und wir waren alle, meine ich, beeindruckt. Ich glaube, dass das sogar für Herrn Köhler zutrifft, nur dass er daraus andere Konsequenzen zieht. Es muss also vernünftigerweise eine Kooperation mit Niedersachsen stattfinden.

Wir haben nicht überall so viel Personal, wie wir uns wünschen, sondern wir müssen mit dem auskommen, was vorhanden ist. Da im Blockland aufgrund der Personalsituation ein ordentlicher Vollzug auf Dauer nicht gewährleistet werden kann, ist es vernünftig, dass jetzt zunächst die bremischen Gefangenen nach Oslebshausen umziehen. Dort wird

das Haus IV für etwa 90 bis 95 Haftplätze hergerichtet, und die Frauen, die im Moment noch im Blockland untergebracht sind, ziehen in die offene Anstalt um. Diese offene Anstalt wird nachträglich gesichert, so dass dann auch dort ein geschlossener Vollzug möglich ist.

Wir meinen, dass dies ein vernünftiger Weg ist. Wir sind noch am Überlegen, und als SPD-Fraktion haben wir darüber auch schon eine Auffassung, dass es vernünftig wäre, den Untersuchungshaftvollzug in Bremen zu belassen, wenn die jugendlichen Strafgefangenen nach Hameln gehen, weil sich die bremischen Jugendrichter während der Untersuchungshaft sehr stark und erfolgreich darum bemühen, dass in vielen Fällen keine Strafhaft mehr angeordnet werden muss, weil sie sich um Ausbildung, um Wohnung, um Beschäftigung kümmern. Das sind Errungenschaften, die wir nicht aufgeben wollen. Deshalb ist es vernünftig, wenn die Untersuchungshaftgefangenen in Bremen verbleiben. In Bezug auf die Strafgefangenen aber ist es vernünftig, wenn wir dort zu einer Vereinbarung mit Niedersachsen kommen.

Wir gehen davon aus, so ist es uns aus dem Ressort signalisiert worden, dass die Verhandlungen mit Niedersachsen zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden können. Es ist, wie gesagt, nichts Außergewöhnliches, dass Länder miteinander solche Vereinbarungen treffen. Wir sind da in einer guten Tradition mit den Niedersachsen, deshalb halten wir diese Lösung, wie sie jetzt hier vom Senat vorgeschlagen wird, für vernünftig, und bitten, unserem Antrag zuzustimmen. – Schönen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Als nächste Rednerin erhält das Wort die Abgeordnete Frau Hannken.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Senat hat am 18. März 2003 den Senator für Justiz und Verfassung gebeten zu prüfen, wie der Bremer Strafvollzug im Verbund mit den Nachbarländern zu optimieren ist, insbesondere um kostentreibende Kleinheiten einzelner Vollzugsarten, hier sind der Jugend- und der Frauenvollzug genannt, zu überwinden. In diesem Zusammenhang wurde ebenfalls beschlossen, den Standort Blockland zu schließen und im Zuge dessen den Frauenvollzug zum Fuchsberg und den Jugendvollzug nach Oslebshausen zu verlegen.

Der Kollege Grotheer ist darauf schon eingegangen, aus welchen Gründen ein solcher Beschluss des Senats notwendig wurde. Die Konzeption gerade des Jugendstrafvollzugs war damals in Bremen von anderen Zahlen ausgegangen, war auch von anderen Konzepten ausgegangen, die heute wahrscheinlich in dieser Form, zumindest mit diesem Staatsrat und ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

diesem Senator, nicht mehr betrieben würden, wenn man ihren Äußerungen glauben darf.

Uns geht es darum, und das möchte ich ganz deutlich sagen, den Jugendlichen, die im Strafvollzug einsitzen, eine Perspektive zu bieten. Herr Grotheer hat den Erziehungsgedanken ausgeführt. Ich habe eigentlich nicht das Gefühl, Einzelne vielleicht einmal ausgenommen, dass das eine Diskussion innerhalb Bremens ist, dass bei dem Jugendstrafvollzug nicht im Vordergrund steht, die Jugendlichen wieder in die Gesellschaft zu integrieren oder vielmehr erstmals in die Gesellschaft zu integrieren und ihnen eine Perspektive zu geben. Genau dies soll getan werden.

Genau aus diesen Gründen war ich persönlich sehr beeindruckt von der Jugendstrafanstalt in Hameln, die genau dieses Konzept sehr gut umgesetzt hat und eine sehr große Breite angeboten hat, die wir in Bremen gar nicht sicherstellen können, Herr Köhler, und das wissen Sie auch. Wir sind dazu gar nicht in der Lage bei der Anzahl von Gefangenen, die wir hier haben. Gott sei Dank sind es eben nicht 600, die in Hameln einsitzen, sondern unsere Zahlen liegen, wenn wir die Niedersachsen herausrechnen, bei zirka 100. Mit 100 Strafgefangenen kann man gar nicht ein solch differenziertes Angebot darstellen, wie es in Hameln gemacht wird. Daher glaube ich, dass es gerade auch für diese Jugendlichen eine Chance ist, in Hameln eine bessere Integration zu finden, als sie zurzeit hier in Bremen sichergestellt werden kann.

Hameln bietet eine große Binnendifferenzierung, das heißt, dass geschaut wird, welche Straftaten begangen wurden, ob es Gewalttäter sind, die dort einsitzen, ob es Menschen sind, die bereit sind mitzuarbeiten, sich zu engagieren, etwas an ihrer Situation zu verändern, und bietet dementsprechend verschiedene Angebote für diese Jugendlichen an. Gleichzeitig gibt es ein sehr breites Ausbildungsund Weiterbildungsangebot, das nicht nur Schulabschlüsse ermöglicht, sondern auch einzelne Möglichkeiten gibt, dort einen Beruf zu erlernen, ein sehr breit gefächertes Angebot, das wir hier, glaube ich, mit unseren Mitteln nicht sicherstellen können. Daher erscheint es mir sinnvoll, diese Gespräche mit Niedersachsen zu führen, um in diesem Bereich eine Kooperation zu erreichen.

Das Justizressort führt zurzeit diese Verhandlung, und da, Herr Köhler, gebe ich Ihnen Recht, auch ich würde mir wünschen, dass wir Zahlen auf dem Tisch hätten. Auch ich würde mir wünschen, dass wir schon einen Schritt weiter wären und dass wir sowohl den Jugendlichen als auch den Mitarbeitern sagen könnten, in welche Richtung es geht. Die Situation ist so nicht gut, dass es keine Klarheit gibt. Sie ist für alle Beteiligten nicht gut. Auf der anderen Seite möchte ich aber auch nicht die Gespräche behindern und verhindern, sondern mir geht es darum, eine Lösung zu finden, eine Kooperation zu errei

chen, diese so schnell wie möglich zu erreichen und diese heute nicht durch andere Aktionen zu behindern.

Die Verhandlungen, die geführt werden, beschäftigen sich in erster Linie natürlich mit den finanziellen Rahmenbedingungen. Auch hier muss ich Ihnen widersprechen, es ist nicht so, hier äußere ich mich einmal für Herrn Grotheer mit, dass wir von der Verlegung nach Hameln Abstand nehmen. Wir haben immer gesagt, inhaltlich sind wir davon überzeugt, finanziell gibt es noch keine Zahlen. Solange wir keine Auskünfte über Zahlen haben, es kursieren viele und ganz unterschiedliche in diesem Bereich, in dieser Stadt, solange wir keine Informationen haben, welche Kosten wirklich damit verbunden sind, können wir uns abschließend zu diesen Projekten nicht äußern.

Auch dies werde ich heute nicht tun. Mir liegen keine konkreten Zahlen vor. Wir haben den Senat aufgefordert, uns die Zahlen darzulegen. Wir haben dazu eine Große Anfrage eingereicht, die im Juni hier debattiert werden soll. Bis dahin werden die Zahlen, so wurde mir vom Ressort versichert, vorliegen. Erst dann kann es eine abschließende Entscheidung geben, ob der Jugendstrafvollzug nach Hameln verlegt werden kann. Vorher können wir uns dazu nicht äußern, obwohl ich Ihnen Recht gebe, dass es unglücklich ist, dass sich die Verhandlungen so lange hingezogen haben und man heute noch keine detaillierten Auskünfte darüber geben kann.

Abschließend möchte ich noch einmal betonen, dass es darum geht, den jugendlichen Straftätern, und ich sage das schon einmal auch gleich im Hinblick darauf, weil ich gesehen habe, dass sich Herr Tittmann gemeldet hat, auch wirklich eine Perspektive zu bieten, dass sie, und sie haben in der Regel schwere Straftaten verübt, die Chance haben, in die Gesellschaft integriert zu werden, dass sie die Chance haben, in ein Leben zurückzukommen, das sie ohne Straftaten führen können. Dafür muss sichergestellt werden ein Strafvollzug, sei es mit Niedersachsen oder sei es eine Lösung, die letztendlich hier in Bremen stattfindet, der ein vernünftiges Angebot an diese Jugendlichen unterbreitet. – Danke!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Tittmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir behandeln mit diesem Antrag das wichtige Thema Konzeption im Jugendstrafvollzug. In diesem Antrag geht es auch um Verlegung von jugendlichen Strafgefangenen ins niedersächsische Hameln. Ich sage Ihnen aber auch gleich, dass Sie dieses große soziale Problem, und das gehört zu einer Konzeption, nicht dauerhaft lösen können, indem Sie es einfach nach Niedersachsen abschieben

beziehungsweise verlegen. Wer das glaubt, der irrt hier gewaltig. Ich bezweifle sehr stark, dass eine Verlegung dieser jugendlichen Strafgefangenen nach Hameln sinnvoll und zweckmäßig ist, denn eine Verlegung nach Hameln bringt weder aus finanzieller noch aus sozialer Sicht irgendwelche Vorteile für das Bundesland Bremen, ich bin der Meinung, ganz im Gegenteil!

Ich sage deutlich, Probleme müssen da gelöst werden, wo sie entstehen, also hier direkt vor Ort, und das in Zusammenarbeit mit den Familien der jugendlichen Straftäter sowie im Umfeld der Jugendlichen wie zum Beispiel in der Schule oder am Ausbildungsplatz und so weiter. Nur im direkten sozialen Umfeld der Jugendlichen können wir das große Problem der Jugendkriminalität bekämpfen und auch aber nur ansatzweise lösen. Das geht mit Sicherheit nicht im Zusammenhang einer wichtigen Zusammenarbeit mit den Familien an einem Standort wie Hameln.

Herr Senator, ich muss Sie doch wohl nicht erst daran erinnern, dass es auch zur Verantwortung des Senats gehört, dass das Bundesland Bremen sich um seine eigenen Leute, und wenn das auch noch so schwierig ist, selbst kümmern muss, anstatt andere Bundesländer damit zu belasten und unser Problem dahin zu verlagern und abzuschieben. Das sage ich in aller Deutlichkeit, wir können, wir müssen und wir werden hier in Bremen das Problem genauso gut lösen können wie in Niedersachsen, die genug mit ihren eigenen Problemen zu tun haben. Wir müssen, und das sage ich in aller Deutlichkeit, wenn wir hier im Jugendstrafvollzug effektive Einsparungen erreichen wollen, dann die nachweislich sehr hohe Anzahl von ausländischen Jugendlichen, aber nicht nur die der jugendlichen Straftäter, in ihre Heimatländer rigoros abschieben. Mit dieser Einsparungssumme können Sie mit Sicherheit Blockland sanieren und dauerhaft erhalten.

Meine Damen und Herren, Sie sehen, eine Verlegung von unseren straffällig gewordenen Jugendlichen nach Niedersachsen macht keinen Sinn und ist nur unnötig sehr teuer auf Kosten der Steuerzahler. – Ich danke Ihnen!

Als Nächster hat das Wort Herr Bürgermeister Dr. Scherf.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind in einem vor einem Jahr beschlossenen und auch mit Ihnen beratenen Prozess, und an dem ändert sich prinzipiell nichts, sondern wir müssen den schrittweise abarbeiten.

Die Ausgangslage ist, dass wir knapp bei Kasse sind, dass wir sparen müssen, und Sparen kann man nicht immer nur einklagen, das muss man auch praktizieren. Wir versuchen hier mit langem Anlauf, über den ganz gründlich beraten worden ist, den Straf

vollzug auch kostenmäßig zu optimieren, und dabei gibt es eine schrittweise Zusammenführung der im Lande Bremen einsitzenden Menschen. Dafür haben wir auch ein Riesengelände, und das nutzen wir, und das haben wir auch schrittweise umgebaut. Es ist auch alles schon gelaufen.

(Vizepräsidentin D r. T r ü p e l über- nimmt den Vorsitz.)

Was Sie jetzt mit Ihrem Antrag, lieber Herr Köhler, bewirken wollen, heißt, dass man Investitionen, die wir schon gemacht haben, in den Wind schreibt. Wir machen den eingeschlagenen Weg, zugegeben kritisierten Weg, und versuchen, schrittweise diese Konzentration aus Kostengründen umzusetzen.

Das, was zu Niedersachsen gesagt worden ist, auch was Herr Tittmann eben gesagt hat, alles eingeschlossen: Wir wollen mit unseren niedersächsischen Nachbarn nicht nur im Strafvollzug, sondern auch auf möglichst vielen anderen Gebieten so eng zusammenarbeiten, dass es keine Gründe gibt, die allein aus der Tatsache begründbar sind, dass wir zwei unterschiedliche Länder sind.

Wenn jemand sagt, so wie Herr Tittmann eben, der sein Herz für diese jungen Strafgefangenen entdeckt hat – früher habe ich ihn ganz anders erlebt, aber gut, man kann auch dazu lernen –, die müssen wohnortnah untergebracht werden, der muss bedenken, dass genau das, was für diese vielen Jugendlichen gilt, die aus diesem großen Flächenstaat Niedersachsen in Hameln nach allen Regeln der Kunst einsitzen und dort gefördert werden mit Ausbildungsangeboten, die übrigens differenziert sein müssen, die man in kleinen Anstalten gar nicht organisieren kann, aus objektiven Gründen, aus finanziellen Gründen nicht organisieren kann, auch für Bremer und Bremerhavener gelten muss. Wir sind insoweit gute Nachbarn im Schlechten wie im Bösen.

Diese Kooperation mit Niedersachsen wird hier nicht, von uns schon gar nicht, relativiert, sondern ganz im Gegenteil, sie wird intensiviert. Es gibt sowohl mit der alten niedersächsischen Landesregierung wie mit der neuen niedersächsischen Landesregierung verlässliche Absprachen, dass wir so viel wie möglich zusammen bewältigen wollen. Natürlich haben wir beide Finanzprobleme. Darum ziehen sich auch diese Verhandlungen so hin, weil die Niedersachsen auch keine Krösusse sind, sie haben kein Geld zu verschenken, wir haben kein Geld zu verschenken. Wir müssen das schrittweise und Problem für Problem miteinander klären. Nach meinen Gesprächen mit Christian Wulff und nach meinem Gespräch mit meiner Kollegin Elisabeth HeisterNeumann bin ich optimistisch, dass wir das unter Dach und Fach bekommen. Zurzeit haben die Beamten Probleme miteinander, aber die werden wir überwinden.

Wir haben es nicht so eilig mit der Rückführung der Niedersachsen, weil wir einen Prozess organisieren müssen, dass die über 60 Bediensteten, die wir in der Jugendvollzugsanstalt haben, schrittweise nicht auf den Personalbesatz in Oslebshausen darauf kommen, sondern dass sie integriert werden. Wir wollen die Kosten nicht nach oben treiben, sondern Kosten einsparen. Also muss man über mehrere Jahre so etwas wie einen schrittweisen Übergang organisieren. Da hilft es, dass wir jetzt mit den Bremern den ersten Schritt machen und dann den zweiten Schritt, nachdem wir uns geeinigt haben, mit den Niedersachsen folgen lassen.

Das Gleiche passiert bei den Frauen. Wir müssen diese Zusammenführung derjenigen, die am Fuchsberg als Freigänger und dann demnächst als einsitzende Frauen praktisch auf dem gleichen Gelände leben, schrittweise durchführen. Unter dem Strich werden wir Kosten sparen, weil wir einen teuren, in dieser Größenordnung nicht mehr gebrauchten Standort, nämlich den im Blockland, auf diese Weise aufgeben werden.

Es muss also die Geduld her, die man braucht, um solche mühseligen Prozesse zu organisieren. Dass es da gelegentlich Querschüsse gibt, kenne ich, aber wir machen hier eine verlässliche Regierungspolitik, und die erträgt solche Querschüsse. Wir lassen uns vom Ziel nicht abbringen.

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Köhler.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Hannken, Sie haben natürlich Recht, wenn Sie sagen, dass die Situation in Hameln besser ist als das, was im Blockland in den letzten Jahren von dem Senat, der von Ihren Fraktionen SPD und CDU getragen worden ist, an Zuständen zu verantworten ist. Wenn es tatsächlich so ist, dass die Jugendlichen an etlichen Tagen 23 Stunden eingeschlossen sind, weil das Personal nicht da ist, um sie entsprechend zu betreuen, um Sicherheit verantworten zu können, dann ist das eine Situation, die natürlich in jeder beliebigen Haftanstalt in der Bundesrepublik wahrscheinlich besser ist als momentan im Blockland. Man kann vermuten, dass die Zustände unter anderem auch deshalb so existieren, damit die Grundlage für den Umzug nach Hameln geschaffen wird, der ewige Streit mit den Jugendrichtern, dass alles einmal beendet wird. Die Zustände, die im Blockland momentan existieren, sind von der großen Koalition zu verantworten.

Wenn gesagt wird, es geht darum zu sparen, dann muss man einmal den Mechanismus offen legen, wodurch denn letztlich gespart werden soll. Indem einfach Haftplätze von Bremen nach Niedersachsen

verlagert werden? Das wird Niedersachsen nicht zum Nulltarif machen, weil Bremen nett ist, weil Bremen mitten in Niedersachsen liegt, sondern das wird Niedersachsen machen, damit auch Mittel für den niedersächsischen Haushalt erwirtschaftet werden. Wo dadurch die Einsparung für den Bremer Haushalt zustande kommt, das muss im Einzelnen dargelegt werden! Wenn gesagt wird, dass Hameln keine fatale Anstalt ist, dass das keine Anstalt ist, in der irgendein Horror abgeht, dann trifft das völlig zu. Das, worauf sich fachliche Kritik an Hameln bezieht, ist die Frage, ob es wirklich sinnvoll und nötig ist, einen Großknast zu haben, in dem gerade die Differenzierung, die da durchgeführt wird, gemacht wird. Es ist so, dass ein differenziertes Ausbildungsplatzangebot vorgehalten wird. Da ist die Frage: Macht das bei den Jugendlichen überhaupt so Sinn vor dem Hintergrund, dass vielleicht gar nicht entscheidend ist, ob man alle Differenzierungen in Metallberufen ausbilden kann, weil Ausbildung im Sinne von Fachgewerken ohnehin nur für eine klitzekleine Zahl von Jugendlichen stattfindet? Außerdem ist zu berücksichtigen, dass es eigentlich um Strukturierung von Alltag geht, um eine sinnvolle Beschäftigung mit Gegenständen. Da ist vielleicht nicht die Frage, wie viele verschiedene Gewerke angeboten werden, interessant, sondern ob überhaupt etwas passiert. Es wird gesagt, es soll in Bremen Kleinteiligkeit vermieden werden. Dann ist die Situation, dass man aus vernünftigen Gründen die Untersuchungshaft in Bremen belassen will mit zirka 30 Jugendlichen, dass eine neue Kleinteiligkeit geschaffen wird. Wenn die Haftplätze von 135 auf die Zahl von Untersuchungshäftlingen reduziert werden soll, dann ist das eine neue Kleinteiligkeit, die da entsteht, und keine bessere. Wie dadurch Geld eingespart werden soll, ist mir völlig unklar! Interessant an dieser Debatte, die wir eben geführt haben, ist ja im Übrigen auch, dass zu der Übergangslösung, die der Anlass für meinen Antrag war, von Ihnen keine Stellungnahme abgegeben worden ist. Warum ist es zum jetzigen Zeitpunkt erforderlich, erst die Bremer Jugendlichen nach Oslebshausen zu verlegen und dann nach Hameln? Warum ist es nicht möglich, je nachdem, welches Konzept man letztlich verfolgt, dann gleich zur richtigen Lösung zu schreiten? Wenn gesagt wird, es geht um eine Übergangszeit, die möglicherweise Jahre dauert, dann muss man vielleicht den Antrag der großen Koalition, in dem das Datum 30. Juni steht, sich noch einmal genauer durchlesen, was damit eigentlich gemeint ist und was für eine Übergangssituation von welcher Dauer eigentlich beabsichtigt ist. – Vielen Dank!