Protocol of the Session on March 18, 2004

(Zuruf von der CDU: Waschmaschine!)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Linnert.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es gab eine Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft, für die Fraktionszuschüsse in der Tat zu hoch waren, und das ist die DVU-Fraktion gewesen zwischen 1991 und 1995!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der CDU)

Diese Fraktion hat Sicherheitszuschläge für Abgeordnete gezahlt in der Größenordnung von 20 Prozent der Diäten, das waren damals 807 DM einfach so oben darauf aus Fraktionszuschüssen in rechtswidriger Art und Weise. Sie hat 1500 DM zusätzlich für jedes Fraktionsmitglied gezahlt für die Fraktionsarbeit. Sie hat, vom Rechnungshof gerügt, bundesweite Anzeigen in den Blättchen des Herrn Frey geschaltet aus Fraktionsmitteln.

Sie hat ein Scheinbüro in Bremerhaven eröffnet, um die Bevölkerung über ihre parlamentarische Arbeit zu täuschen, als indirekte Parteienfinanzierung. Die damalige Fraktionsvorsitzende Frau Blohm ist mit einem überteuert gekauften Kleinbus durch die Gegend kutschiert. Das alles hat dazu geführt, dass der Staatsgerichtshof am 19. Oktober 1996 die DVU dazu verdonnert hat, 261 000 Euro zu Unrecht gezahlte, zweckentfremdete Fraktionszuschüsse zurückzubezahlen. Das sind die Fraktionszuschüsse der DVU-Fraktion!

Die anderen Fraktionen in diesem Haus verwenden ihre Fraktionszuschüsse für parlamentarische Arbeit. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beschäftigt eine große Zahl wissenschaflicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir verwenden die Fraktionszuschüsse dafür, um uns kundig zu machen, um unser Mandat bürgernah auszuüben. Wir organisieren die Fraktionsarbeit.

Herr Tschöpe kritisiert, dass das Parlament zu oft über Fraktionszuschüsse debattiert, ich habe keine Schwierigkeiten damit. Das Volk hat ein Recht zu wissen, wie viel Geld die Fraktionen für ihre Arbeit bekommen und was sie damit machen. Wir legen Rechnung darüber. Ich kann Ihnen sagen, es ist in Ordnung, darüber zu reden, wir haben nichts zu verbergen. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verhält sich rechtskonform.

Sie, Herr Wedler, fangen hier wieder mit der Funktionszulage an. Das wird der Staatsgerichtshof entscheiden. Das muss man jetzt nicht hier aufwärmen. Ich habe eine andere Auffassung als Sie, aber wenn

das Gericht geurteilt hat, dann wissen wir genau, ob es da Konsequenzen für Bremen gibt. Die Grünen zahlen keine rechtswidrigen Funktionszulagen, weder in der Vergangenheit, noch haben wir das vor. Aus der Rechnungslegung der Fraktionen geht hervor, wofür wir unsere Mittel verwenden. Herr Wedler, ich habe da ganz klar eine andere Meinung als Sie. Der Vorstand berichtet hier über die Höhe der Fraktionszuschüsse und über sonst gar nichts. Alles andere soll er auch gar nicht, denn ich möchte das nicht, dass der Vorstand, der auch ein Abbild der Mehrheitsverhältnisse des Parlaments ist, Fraktionen vorschreibt, was sie mit ihren Geldern machen sollen. Das hätte für die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen sehr üble Konsequenzen. Dann könnten wir nämlich nicht mehr die vielen Arbeitsplätze schaffen, wie wir das heute tun. Ich finde es gerade richtig, dass der Vorstand nichts weiter tut, und so ist auch die Rechtslage, als dem Parlament mitzuteilen, welche Größenordnung die Fraktionen erhalten und nicht mehr. – Danke!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Beratung ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer den in dem Bericht des Vorstands mit der Drucksachen-Nummer 16/170 enthaltenen Festlegungen zur Höhe der Fraktionszuschüsse seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU und Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen Abg. T i t t m a n n [DVU] und Abg. W e d l e r [FDP])

Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt den Festlegungen zu. Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von dem Bericht des Vorstands gemäß Paragraph 40 in Verbindung mit dem Paragraphen 24 Bremisches Abgeordnetengesetz Kenntnis.

Bericht des Petitionsausschusses Nr. 12 vom 9. März 2004

(Drucksache 16/181)

Eine Aussprache ist nicht beantragt worden. Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Behandlung der Petitionen in der empfohlenen Art seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt entsprechend.

(Einstimmig)

Jugendstrafvollzug: Nicht konzeptionslos Fakten schaffen!

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 11. März 2004 (Drucksache 16/182)

Wir verbinden hiermit:

Umsetzung des Konzeptes zur Neuorganisation des bremischen Strafvollzuges beginnen!

Antrag der Fraktionen der SPD und der CDU vom 16. März 2004 (Drucksache 16/193)

Dazu als Vertreter des Senats Bürgermeister Dr. Scherf.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Köhler.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir diskutieren hier über einen Gegenstand, der schon seit längerem im politischen Raum schwebt. Wir diskutieren über einen Zwischenstand bei einem Projekt, das höchst umstritten ist. Ich möchte die Debatte, die wir im Juni zu führen haben, nicht vorwegnehmen. Dann soll nämlich die Große Anfrage der großen Koalition diskutiert werden, die immerhin im November eingebracht worden ist.

Ich möchte nur kurz zitieren, was die Jugendrichter zu dem Thema gesagt haben. Sie befürchten, dass bewusst qualifizierte Arbeitsplätze in Bremen vernichtet werden, wo an anderen Stellen mit Millioneninvestitionen neue Arbeitsplätze geschaffen werden sollen, dass dies nichts mit Einsparungen zu tun hat, da Bremen an Niedersachsen die vollen Personal- und Sachkosten zu zahlen hat, dass die Möglichkeit eines effektiven, eventuell auch alternativen Vollzugs sehenden Auges verpasst wird, dass dies zu Lasten der Jugendlichen geht und die Rückfallgefahr dadurch eher größer wird, dass sachfremde Erwägungen der Politik zu diesen Plänen geführt haben, ohne dass darüber offen und öffentlich diskutiert wurde und dass dadurch ein weiteres Stück Selbständigkeit Bremens verloren geht.

Von den Menschen, die sich in Bremen mit Rechtspolitik beschäftigen, gibt es bislang keine Stellungnahme von jemandem, der sich für den Umzug nach Hameln ausspricht. Eine solche Stimme habe ich bislang nicht wahrgenommen. Interessant am Antrag der großen Koalition zum jetzigen Zwischenstand ist, dass von der früheren Überzeugung, dass es unbedingt nach Hameln gehen muss, nicht mehr viel zu spüren ist. Es heißt jetzt nur noch, dass der Senat aufgefordert wird, die Verhandlungen zum Abschluss zu bringen und zu berichten. So richtig überzeugt klingt das nicht mehr. Sie haben den Plänen von Staatsrat Mäurer im Rechtsausschuss zugestimmt. Sie haben die Grundsatzentscheidung getroffen, und weil die falsch ist, macht es natürlich Sinn, jetzt langsam den Rückwärtsgang einzulegen. Das ist sicherlich eine richtige Aktion.

Offiziell verhandeln Bremen und Niedersachsen seit dem 11. November 2003, seit der gemeinsamen Kabinettssitzung miteinander über die Verlagerung des Jugendstrafvollzuges von Blockland nach Hameln. Seit vier Monaten wird verhandelt, aber es liegen noch keine Zahlen auf dem Tisch.

Gegenstand der Verhandlungen sind einerseits die Kosten pro Hafttag, die Bremen künftig an Niedersachsen überweisen soll. Auch ist zu verhandeln, welche Investitionen Bremen in Niedersachsen zu finanzieren hat. Auf der anderen Seite steht die Auflösung der bisherigen Vereinbarung mit Niedersachsen. Niedersachsen kann bislang zwischen 35 und 80 Jugendliche in Bremen unterbringen, zahlt dafür die laufenden Kosten, produziert also Einnahmen für den bremischen Haushalt. Bremen hat 1998 Investitionen im Blockland getätigt, für die Niedersachsen noch 17 Jahre lang 300 000 DM oder in einem Schlag 5,1 Millionen DM, 2,6 Millionen Euro, zu zahlen hätte, wenn Niedersachsen die Vereinbarung kündigt.

Die Interessenlage ist nicht so komplex, dass man dafür Ewigkeiten verhandeln muss. Deshalb war auch in der Vorlage für die gemeinsame Kabinettssitzung im November enthalten gewesen, dass die Verhandlungen bis zum Jahresende 2003 abgeschlossen werden sollten. Die Verhandlungen sind deshalb so schwierig, zumindest steht das zu vermuten, weil es in der jetzigen Haushaltslage beim jetzigen Stand der Haushaltsberatungen äußerst schlecht vermittelbar wäre, dass nun auch das Justizressort mehr Geld braucht, und zwar sowohl bei den Investitionen als auch bei den Sachmitteln.

Bislang sind für die Pläne von Staatsrat Mäurer keine zusätzlichen Mittel in den Haushaltsentwürfen berücksichtigt. In dieser Situation werden Fakten geschaffen. In Kürze werden zirka 90 Insassen von Blockland nach Oslebshausen umziehen. Es zieht aber nicht der gesamte Jugendstrafvollzug vorübergehend um, bevor es nach den Plänen des Ressorts nach Hameln geht, sondern die 35 Jugendlichen aus Niedersachsen, die aufgrund der eben genannten Vereinbarung zurzeit in Bremen untergebracht sind, blei

ben in Blockland. Es gibt überhaupt keinen Grund dafür, jetzt diese Zwischenlösung zu machen.

Für die 35 Jugendlichen, die in Blockland einsitzen, verschlechtern sich die Bedingungen erheblich. Es werden vier Leute pro Schicht zuständig sein für einerseits übergangsweise 40 Frauen, die noch in Blockland untergebracht sind, und die 35 niedersächsischen Jugendlichen. Ein Mensch muss dafür abgestellt sein, die Pforte zu bedienen, und da ist es nicht schwer, sich einmal die Situation auszumalen, was passiert, wenn etwas passiert. Wenn es tatsächlich Auseinandersetzungen gibt, dann bleibt nichts anderes mehr übrig, als die Polizei zu rufen. Das ist eine Situation, die, glaube ich, ziemlich absurd ist.

Es bleiben die Werkbetriebe für die Jugendlichen im Blockland, die nach Oslebshausen gebracht werden. Es entsteht ein riesiger Transportaufwand. Wenn gesagt wird, dass alle Maßnahmen, alles von dem, was bislang im Blockland passiert, weiterlaufen soll, dann muss man auch wissen, dass zum Beispiel beabsichtigt ist im Bereich der Leitung, im Bereich der Verwaltung das, was bisher dreieinhalb Stellen erledigt haben, künftig in der Übergangslösung nur noch von zwei Personen dargestellt werden soll. Dass damit sichergestellt wird, dass alles so weiterläuft, dass alle Maßnahmen, die vereinbart worden sind, weitergeführt werden, das ist wohl, glaube ich, im Bereich der Illusionen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Absurde an der Situation ist, dass beide langfristigen Lösungen davon ausgehen, dass die niedersächsischen Jugendlichen zurück nach Niedersachsen gehen, bei der von Ihnen verfolgten Hameln-Variante sowieso und bei der von uns bevorzugten Bremer Lösung, die der Förderkreis des Jugendvollzugs vorgeschlagen hat, ebenfalls. Das muss dann doch den Eindruck entstehen lassen, dass die 35 Jugendlichen im Blockland für die Frage, wer denn letztlich die Verwaltungsvereinbarung zwischen Bremen und Niedersachsen löst und wer die verbleibenden Investitionskosten für Blockland 1998 letztlich zu tragen hat, zum Mittel werden. Es wird ein Druck gegenüber Niedersachsen aufgebaut, damit Bewegung in die Verhandlungen kommt.

Eine solche Situation ist für uns nicht hinnehmbar, denn mit der Vereinbarung, dass die Jugendlichen aus Niedersachsen in Bremen untergebracht werden, ist Bremen auch eine Verpflichtung eingegangen, und zwar gegenüber genau diesen Jugendlichen. Wenn auf die niedersächsische Seite mit der Situation dieser 35 Jugendlichen Druck ausgeübt wird, dann ist das eine Situation, auf die wir uns nicht einlassen können.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Was passiert denn eigentlich, wenn Niedersachsen sich nicht darauf einlässt? Dann steht doch zu

befürchten, dass uns irgendwann diese missliche Übergangssituation als Argument aufgetischt wird, mit dem wir dann jeder beliebigen Summe, jedem beliebigen Ergebnis der Verhandlungen zustimmen müssen, damit eine solche Übergangssituation, wie sie jetzt geschaffen wird, endlich beendet wird. Wir wollen nicht, dass aus taktischen Gründen Fakten geschaffen werden, die jedenfalls für die Jugendlichen keine Verbesserung sind. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Grotheer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich darf zunächst aus dem Gesetz zitieren: „Durch den Vollzug der Jugendstrafe soll der Verurteilte dazu erzogen werden, künftig einen rechtschaffenen und verantwortungsbewussten Lebenswandel zu führen. Ordnung, Arbeit, Unterricht, Leibesübung und sinnvolle Beschäftigung in der freien Zeit sind die Grundlagen dieser Erziehung. Die beruflichen Leistungen des Verurteilten sind zu fördern. Ausbildungsstätten sind einzurichten, die seelsorgerische Betreuung wird gewährleistet. Um das angestrebte Erziehungsziel zu erreichen, kann der Vollzug aufgelockert und in geeigneten Fällen weitgehend in freien Formen durchgeführt werden.“ Schließlich: „Die Beamten müssen für die Erziehungsaufgabe des Vollzugs geeignet und ausgebildet sein.“