Protocol of the Session on May 10, 2016

(Beifall bei der CSU – Dr. Florian Herrmann (CSU): Ganz genau, eben!)

Klug prüfen, klug entscheiden – das werden die nächsten Schritte im Zielabweichungsverfahren Riedberger Horn sein. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Staatssekretär. – Jetzt haben wir noch zwei Zwischenbemerkungen; die erste kommt vom Kollegen von Brunn.

Herr Staatssekretär Füracker, ich habe vorher ausführlich unsere abweichende Rechtsauffassung dargelegt. Wir sind dazu nicht irgendwie gekommen, sondern weil wir einen renommierten Gutachter für internationales Umweltrecht beauftragt haben. Er ist zu dem Schluss gekommen, dass dieses Projekt nicht mit Artikel 14 Absatz 1 des Bodenschutzprotokolls der Alpenkonvention vereinbar ist und dass die Staatsregierung und alle beteiligten Behörden deswegen verpflichtet sind, Sorge dafür zu tragen, dass eine Genehmigung nicht erteilt wird. Das heißt aber: Wenn das Heimatministerium eine Zielabweichung zuließe, wäre dies ein Verstoß gegen bindende rechtliche Vorgaben. – So weit unsere Rechtsauffassung.

Ich will aber gar nicht weiter darauf eingehen. Sehr interessant finde ich, dass Sie sagen, Sie führen ein Zielabweichungsverfahren durch, kurz nachdem der Ministerpräsident uns und der Öffentlichkeit erklärt hat, er habe dies zur Chefsache gemacht. Entscheidet jetzt das Heimatministerium, der Minister Markus Söder oder Horst Seehofer als Chef im Alleingang?

(Beifall der Abgeordneten Isabell Zacharias (SPD))

Danke schön, Herr von Brunn. – Herr Füracker, bitte schön.

Tosender Beifall für diese wichtige Frage.

(Heiterkeit und Beifall bei der CSU – Harry Scheuenstuhl (SPD): Bei Ihrer Rede hat aber auch keiner geklatscht! – Weitere Zurufe – Glocke der Präsidentin)

Ich hab immer auf Ihren Anfall von Euphorie gewartet; aber der ist leider auch nicht eingetreten. – Ich kann die Frage nicht offener beantworten, als zu sagen: Wir haben uns auch im Kabinett damit beschäftigt, und ich gehe davon aus, dass sich das Kabinett noch einmal mit der Frage befassen wird.

(Florian von Brunn (SPD): Chefsache oder Södersache?)

Also, wenn im Kabinett darüber abgestimmt wird, ist garantiert jedes Ministerium an die Entscheidung gebunden, die wir im Kabinett getroffen haben. Die Frage, ob wir als zuständiges Ministerium zum Schluss eine Unterschrift daruntersetzen – so oder so –, erübrigt sich. Aber der Entscheidungsfindungsprozess steht auf breiten Beinen. Ja, dazu stehe ich. – Wo ist das Problem, wenn sich auch der Ministerpräsident und das gesamte bayerische Kabinett damit befassen? – Das unterstreicht nur die Ernsthaftigkeit, die Sie stets bezweifeln.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Jetzt kommt Herr Leiner mit einer Zwischenbemerkung. Bitte schön.

Herr Staatssekretär, wir bezweifeln nie die Ernsthaftigkeit des Handelns Ihrer Ministerien, in keiner Weise,

(Zurufe von der CSU)

zumal deshalb nicht, weil Ihnen, meine Damen und Herren, bekannt sein muss, dass bereits zwei Ministerien eine ablehnende Haltung zu diesem Zielabweichungsverfahren eingenommen haben, wenn auch nicht im Prinzip zur Maßnahme. Ihr Umweltministerium – das sollte Ihnen bekannt sein – hat eine klar ablehnende Stellungnahme dazu abgegeben. Für das Zielabweichungsverfahren ist auch die Zustimmung des Umweltministeriums nötig; die haben sie nicht. Ganz einfach: Es gibt keine Zielabweichung. Damit ist die Sache erledigt. Ich hoffe, Sie wissen, dass ich nicht von der Bundesumweltministerin rede, sondern von Ihrer Umweltministerin Ulrike Scharf. Ich hoffe, Ihnen ist das bekannt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Leiner.

Ich kann Sie beruhigen: Das ist mir bekannt.

(Ulrich Leiner (GRÜNE): Gott sei Dank! – Zuruf des Abgeordneten Florian von Brunn (SPD))

Er war gar nicht aufgeregt. Sie sind so nervös; ich weiß gar nicht, warum. – Im Rahmen der Anhörung hat das Umweltministerium auf Fachebene mitgeteilt, dass man Bedenken hat.

(Ulrich Leiner (GRÜNE): Abgelehnt!)

Abgelehnt. – Das formale Zielabweichungsverfahren fand in der Weise aber nicht statt. Es findet eben dann statt, wenn die Voraussetzungen in der juristischen Reihenfolge erfüllt sind. Wenn das Umweltministerium das Einvernehmen nicht herstellt, haben Sie recht. Sie sind aber schon wieder ein paar Schritte weiter. Aus Ihrer Sicht muss das Motto lauten: O Herr, gib mir Geduld, aber sofort! – Ich lasse mir damit Zeit, und zwar so lange, wie wir brauchen, um eine qualifizierte und passende Entscheidung zu treffen. Darauf können Sie sich verlassen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Staatssekretär. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die SPD-Fraktion. Gegenstimmen, bitte. – Das ist die CSU-Fraktion – und die FREIEN WÄHLER?

(Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Zögerlich!)

Zögerlich. – Ist das die Fraktion der FREIEN WÄHLER? – Gut. Dann sind das die CSU-Fraktion und die Fraktion der FREIEN WÄHLER. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich gebe jetzt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Antrag der Abgeordneten Margit Wild, Dr. Simone Strohmayr, Kathi Petersen und anderer (SPD) betreffend "Schulbegleitung neu definieren: Schulbegleitung als pädagogischen Assistenten begreifen", Drucksache 17/8717, bekannt. Mit Ja haben 68 gestimmt, mit Nein haben 82 gestimmt. Damit ist der Antrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 2)

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 9 auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Christine Kamm u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Keine Kindeswohlgefährdung bei der Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen zulassen (Drs. 17/10185)

Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Geschäftsordnung 24 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert

sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion. Die erste Rednerin ist die Kollegin Kamm. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es gilt, mögliche Kindeswohlgefährdungen bei der Unterbringung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge zu verhindern. Diese Gefährdungen drohen bei der vorläufigen Inobhutnahme, wenn diese über Wochen andauert und die Jugendlichen in diesem Zeitraum keine angemessene Betreuung erfahren. Sie drohen, wenn sich Jugendliche, wie in Bayern 4.500, nicht in Jugendhilfeeinrichtungen, sondern in Not- und Übergangslösungen befinden, wie das beispielsweise am 30.03. dieses Jahres der Fall war. Sie drohen, wenn eine adäquate medizinische Untersuchung und Betreuung nicht von Anfang an erfolgt, wie das derzeit der Fall ist, sondern Jugendliche mit problematischen und nicht abgeklärten psychischen und medizinischen Zuständen irgendwohin verteilt werden. Sie drohen auch dann, wenn die Abstimmung zwischen der Abgabestelle, beispielsweise in Bayern, und der aufnehmenden Stelle in einer Kommune, in einer anderen Kommune oder in einem anderen Bundesland nicht reibungslos erfolgt und Gefährdungssituationen einfach in Kauf genommen werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, um Kindeswohlgefährdungen zu vermeiden, brauchen wir eindeutig formulierte und bundesweit geltende Rechtsansprüche sowie ein bundesweit einheitliches Verfahren zur Zusammenführung unbegleiteter Minderjähriger mit Angehörigen und anderen Bezugspersonen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als Folge dieses Mangels machen sich bedauerlicherweise immer wieder Jugendliche in ihrer Ratlosigkeit und Sorge selbstständig auf den Weg; letztes Jahr waren es beispielsweise über 4.000 Jugendliche, wovon nur bei 1.030 klar ist, wo sie anschließend abgeblieben sind. Die Jugendlichen verschwinden auch dann, wenn sie in Kommunen verlegt werden, in denen sie nicht adäquat aufgenommen und versorgt werden, und wenn nur Notfallmaßnahmen getroffen werden.

Immer wieder hören wir Meldungen von Abgängen und dem Verschwinden von Jugendlichen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Jugendliche in die Hände von Banden geraten und ausgebeutet werden. Dies gilt es zu vermeiden.

Meine Kolleginnen und Kollegen, es ist unsere Aufgabe, die Rechte von Kindern und Jugendlichen zu stärken und sie vor Gefahren zu schützen. Dazu müssen bundesweit die Aufnahmestrukturen verbessert und ein zügiger Zugang zu Schulbildung gewährleistet

werden. Wir brauchen daher bundesweite Vereinbarungen über Mindeststandards und nicht etwa Länderöffnungsklauseln, meine Kolleginnen und Kollegen von der CSU. Wir brauchen ein geordnetes Clearingverfahren als oberstes Kriterium bei der Verteilung von Jugendlichen.

Die von der Bayerischen Staatsregierung anvisierte Länderöffnungsklausel für Jugendhilfestandards ist daher ebenso abzulehnen wie die automatische Aussteuerung von Jugendlichen ab dem vollendeten 18. Lebensjahr. Jugendliche sind vielmehr bedarfsgerecht zu versorgen und entsprechend ihrer Situation zu betreuen. Es hat keinen Sinn, Jugendlichen übergangsweise die Unterstützung, die sie brauchen, zu verwehren oder die Unterstützung abrupt zu beenden. Damit wird letztlich in Kauf genommen, dass die Schullaufbahn oder die Ausbildung abgebrochen werden muss.

Wir halten es für unverantwortlich, dass eine so große Zahl von Jugendlichen in Bayern weiterhin in Notunterkünften untergebracht ist, dass Jugendliche unvorbereitet verteilt werden, gleichzeitig aber Clearingstellen, die erst letztes Jahr eingerichtet wurden und gut ausgestattet sind, sowie Inobhutnahmeplätze für Anschlussmaßnahmen leer stehen.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Die Träger, die diese Einrichtungen erst auf den Weg gebracht haben, müssen sie letztlich wieder schließen, weil die belegungsabhängige Finanzierung nicht mehr gewährleistet ist.

Ich appelliere an Sie, meine Kolleginnen und Kollegen: Handeln wir gemäß unserem Grundgesetz und unseren internationalen Verpflichtungen, verhandeln wir verantwortlich an Eltern statt und treten wir ein für die Einhaltung von Mindeststandards, die in Bayern und bundesweit gelten, sorgen wir dafür, dass die Jugendlichen angemessen betreut und nicht einfach ihrem Schicksal überlassen werden!

(Beifall bei den GRÜNEN und der Abgeordneten Helga Schmitt-Bussinger (SPD))

Danke schön, Frau Kollegin Kamm. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Kaniber. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin davon überzeugt, dass uns alle, die wir hier in diesem Hohen Haus arbeiten dürfen, ein gemeinsames persönliches Interesse verbindet, nämlich dass es allen Kindern und Jugendlichen in Bayern bestens geht und das Kindeswohl in allen Bereichen nicht gefährdet ist, son

dern geachtet und geschützt wird. Das gilt natürlich insbesondere für die Unterbringung unbegleiteter Minderjähriger, die häufig traumatisiert und ohne Eltern oder Geschwister hier ankommen. Um diesen Kindern zu helfen, hat der Bund ein Gesetz erlassen, das zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher beitragen soll.