Für mich ist die Hauptsache die Bekämpfung der Fluchtursachen, nicht die Grenzschließung. Brücken bauen, nicht Mauern!
Vielen Dank, Kollege Professor Gantzer. – Die nächste Wortmeldung kommt von Kollegin Bause für die Fraktion der GRÜNEN. Bitte schön.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Kreuzer, Sie wollen die Kontrollen an der Grenze zu Österreich ausweiten. Sie behaupten, wegen der Sicherheitslage. Ich sage Ihnen: Tatsächlich ist es die Freizügigkeit in Europa, die Ihnen ein Dorn im Auge ist.
Ihnen passt die ganze Richtung der europäischen Integration nicht. Sie wollen zurück zu einem Europa der Schlagbäume und der Grenzzäune und blicken augenblicklich sehnsüchtig nach Österreich, wo die Große Koalition die Restbestände ihrer Werte entsorgt hat.
Asylrecht abschaffen, Grenzzäune bauen, wie jetzt am Brenner und die europäische Idee opfern in der Hoffnung, die Macht weiter zu behalten: Was passiert, wenn man rechtspopulistische Politik macht, um Rechtspopulisten zu schwächen, können Sie im Moment hervorragend in Österreich beobachten. Was passiert in Österreich? – Das fremdenfeindliche Gift spaltet die Gesellschaft. Am Ende siegt das reaktionäre Original. Das hat die Wahl am letzten Sonntag ge
Ich bin fest davon überzeugt, dass es sich lohnt, für seine Überzeugungen zu kämpfen, für Menschlichkeit und für ein gemeinsames Europa. Ich bin davon überzeugt, dass Alexander Van der Bellen am 22. Mai der nächste Präsident von Österreich wird, nicht der Rechtsaußen Norbert Hofer.
Wie ist die Konstellation? – Auf der einen Seite sind die Rechten, die das Klima vergiften, auf der anderen Seite die GRÜNEN, die für Menschlichkeit und Weltoffenheit stehen. Dazwischen stehen in Wien SPÖ und ÖVP, die sich ins Hemd machen und nicht mal in der Lage sind, eine Empfehlung für den liberalen Kandidaten auszusprechen. Damit schwächen sie das Land und sich selber.
Was machen Sie von der CSU? – Sie würden sich am liebsten in die Zaunbaubrigade einreihen. Sie bieten gleich bayerische Polizisten an, um den Brenner dichtzumachen. Wissen Sie, was der Brenner bedeutet? – Der Brenner ist das Symbol der europäischen Integration.
Am Brenner zeigt sich, ob Europa eine Zukunft hat oder ob es in die Nationalstaaterei und in die Kleinstaaterei zurückfällt. Was am Brenner momentan passiert und wozu Sie im wahrsten Wortsinn noch Schützenhilfe leisten wollen, verstößt gegen alle europäischen Regeln. Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle Europäerinnen und Europäer.
Der Einsatz bayerischer Polizistinnen und Polizisten am Brenner würde zudem einen Verstoß gegen unsere Verfassung darstellen. Sie dürfen dort gar nicht arbeiten. Das ist außerdem vollkommen unsinnig. Vielleich sollten Sie mal nachrechnen, wie viele Überstunden bayerische Polizeibeamtinnen und –beamte vor sich herschieben. Sie kommen mir vor wie einer, der kein Geld mehr hat, aber trotzdem eine Lokalrunde nach der anderen schmeißt.
(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD – Josef Zellmeier (CSU): Das schwächt die europäische Verfassung!)
Die bayerische Polizei ist zuständig für die Sicherheit in unserem Lande, nicht dafür, Sie in Ihrem falschen politischen Kalkül zu unterstützen.
Wir alle wollen den Terror bekämpfen und ihn an der Wurzel packen. Kolleginnen und Kollegen von der CSU, wie wäre es, wenn Sie, anstatt Zäune zu bauen, entschlossen gegen die Geldwäsche vorgehen würden?
Wie wäre es, wenn Sie dem Terrorpaten Nummer Eins, Saudi-Arabien klar machen würden, dass Sie sein perfides Spiel nicht dulden? – Es wäre besser, wenn Sie diesem Regime nicht auch noch Waffenlieferungen in Aussicht stellten wie dies Herr Seehofer bei seinem letzten Besuch getan hat.
Wie wäre es, wenn Sie den Einwanderern in unserem Land ein echtes Integrationsangebot machen würden, anstatt ihnen zu signalisieren, dass sie sowieso nicht dazugehören? – So packt man den Terror an der Wurzel, nicht durch mehr Schlagbäume. Schlagbäume bekämpfen nicht den Terror. Sie bekämpfen die Freiheit.
Sie, Kolleginnen und Kollegen von der CSU, spalten unseren Kontinent und unsere Gesellschaften. Sie spielen denjenigen in die Hände, denen ein modernes, weltoffenes, menschliches und vielfältiges Bayern ein Graus ist. Wollen Sie ihnen die Stirn bieten, oder wollen Sie sie unterstützen? – Das ist die Frage, auf die Sie eine Antwort geben müssen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Bause. – Für die Staatsregierung hat Herr Staatsminister Herrmann jetzt das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit Mitte Februar sind die Flüchtlingszahlen stark rückläufig. Sie stagnieren im dreistelligen Bereich. Die
Hauptursachen dafür sind unübersehbar: die Schließung der mazedonisch-griechischen Grenze und die Bemühungen der Staaten entlang der Balkanroute, den Zustrom von Flüchtlingen zu begrenzen. Wir haben diese Entwicklung von Anfang an begrüßt. Ohne diese klaren Entscheidungen von Österreich und Mazedonien hätten wir die jetzige Situation noch nicht erreicht. Es ist offenkundig, dass auch die Abkommen mit Griechenland und der Türkei nicht zustande gekommen wären, wenn nicht vorher an der mazedonischen Grenze Fakten geschaffen worden wären.
Ich will an dieser Stelle deutlich sagen, Herr Kollege Gantzer: Die Menschen in Deutschland, insbesondere aber in Bayern, sind der humanitären Verpflichtung unseres Landes im letzten halben oder Dreivierteljahr vollständig nachgekommen.
Auch die Bundeskanzlerin persönlich hat wiederholt erklärt, andere Bundesländer wären wahrscheinlich angesichts dieser Last der Erstaufnahme schon längst zusammengebrochen.
Wahrscheinlich hätte es kein anderes Land so gut geschafft wie die bayerischen Behörden und die bayerische Bevölkerung, die humanitäre Hilfe gegenüber den Flüchtlingen, die vor der Tür standen, zu gewährleisten.
Deswegen weise ich diesen Gegensatz, den Sie zwischen unserer klaren Forderung nach Grenzkontrollen und der humanitären Verpflichtung konstruieren, energisch zurück, lieber Herr Gantzer. Er hat mit der Realität in Bayern im letzten halben Jahr überhaupt nichts zu tun.
Meine Damen und Herren, die Bundespolizei führt nun seit 13. September letzten Jahres an ausgewählten Örtlichkeiten temporäre Grenzkontrollen durch. Dies geschah damals ganz wesentlich auch auf den Druck der Bayerischen Staatsregierung hin. Leider ist ein Großteil der Grenzübergänge nicht besetzt. Wir haben in der Vergangenheit wiederholt den Ausbau der Grenzkontrollen gefordert. Wir haben eine Unterstützung der Bundespolizei durch die bayerische Polizei angeboten. Dieses Angebot besitzt nach wie vor
Gültigkeit. Es wurde bislang nicht angenommen. Stattdessen hat Bundesinnenminister de Maizière am 5. April 2016 in einem Interview mit österreichischen Medien völlig überraschend verkündet, unter Umständen die Grenzkontrollen zu Österreich ab dem 13. Mai zu beenden.
Eine Beendigung der Grenzkontrollen ist weder auf politischer noch auf polizeifachlicher Ebene abgesprochen. Wir lehnen eine Einstellung der Grenzkontrollen zum gegenwärtigen Zeitpunkt strikt ab, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Eine Einstellung der Grenzkontrollen wäre im Hinblick auf die Sicherheit in der Bundesrepublik Deutschland völlig verfrüht. Der Wegfall der Grenzkontrollen stünde im Widerspruch zum derzeitigen polizeilichen Vorgehen und würde die gerade erst begonnene Entwicklung im europäischen Kontext schädigen. Insbesondere die intensiven Vorkehrungen und Sicherungen der Grenze am Brenner durch Österreich sowie die Grenzschließungen entlang der Balkanroute zeigen dies deutlich. Bis die zuständigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die Europäische Union insgesamt eine wirksame Kontrolle der EU-Außengrenzen wieder gewährleisten können, müssen die Kontrollen an den EU-Binnengrenzen fortgesetzt werden können.
Ich will ausdrücklich betonen: In den bisherigen Beschlüssen der Staatsregierung – auch in den Beschlüssen dieses Hohen Hauses – und in dem berühmten Brief an die Bundeskanzlerin wird ausdrücklich in den Vordergrund gestellt: Ja, wir wollen, dass der Schutz der EU-Außengrenzen gewährleistet ist.
Niemand hier im Hause fordert, das Schengen-System abzuschaffen oder dergleichen mehr. Das Schengen-System beruht aber darauf, dass an die Stelle der Binnengrenzkontrollen ein intensiver Schutz der EUAußengrenzen tritt. Die Kehrseite ist: Solange der Schutz der EU-Außengrenzen durch andere EU-Mitgliedstaaten nicht gewährleistet wird, so lange müssen wir wieder Binnengrenzkontrollen durchführen.