Protocol of the Session on March 16, 2016

Meine Damen und Herren, wir werden dem Antrag der CSU zustimmen und unseren Antrag um einen Halbsatz verkürzen. Unter Nummer 3 heißt es dann: "Die Staatsregierung wird aufgefordert, dem Landtag gegenüber zu berichten …". Nach "aufgefordert" werden die Wörter "sich der Null-Toleranz-Haltung des Landtags anzuschließen und" gestrichen.

Die Nummern 1 und 3 des Antrags der GRÜNEN finden wir hervorragend, und wenn einzeln darüber abgestimmt würde, würden wir ihnen zustimmen. Aber dem Inhalt der Nummer 2, wo es um Anlauf- und Koordinierungsstellen geht, können wir nicht zustimmen. Wenn wir über den Antrag insgesamt abstimmen müssen, werden wir ihn leider ablehnen müssen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat der Kollege Dr. Reichhart von der CSU das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe einen guten Freund; er ist Pfarrer. Er kommt aus Gofila in der Provinz Kaya in Burkina Faso. In meiner Heimatgemeinde war er Pfarrer. Er war der beliebteste Pfarrer, den ich bei uns daheim kennengelernt habe und den wir bei uns erlebt haben. Er ist in seine Heimat zurückgekehrt. Der Kontakt ist nicht abgerissen. Wir haben bei uns daheim Vereine gegründet und ihn mit ganz verschiedenen Maßnahmen unterstützt, um die katastrophalen Lebensverhältnisse bei ihm zu Hause in Burkina Faso etwas abzumildern, indem wir Schulen oder Brunnen bauen und vieles mehr unternehmen.

Das Beispiel dieses befreundeten Pfarrers hat gezeigt: Rassismus findet überall dort keinen Platz, wo Menschen einander als Menschen begegnen. Diese einfache Wahrheit wird uns immer wieder dann vor Augen geführt, wenn wir miteinander reden und wenn wir in näheren Kontakt mit allen Menschen, egal welcher Herkunft und welcher Hautfarbe, treten.

Liebe Kollegen, deswegen war ich auch persönlich betroffen, als ich von der Hetze gegen den Pfarrer Ndjimbi-Tshiende gehört habe. Ich war entsetzt und

habe mir wirklich überlegt: Mensch, was ist da passiert? – Ich habe mich auch gefragt: Was wäre denn mit meinem Freund passiert? Wie würde er dies aufnehmen? Was würde er darüber denken?

Daher ist eines für uns ganz klar: Rassismus und Morddrohungen sind einfach widerliche Fratzen, die wir in unserer Gesellschaft nicht dulden dürfen und nicht dulden können. Dagegen müssen wir entschieden vorgehen.

(Beifall bei der CSU)

Wir als CSU-Fraktion stehen geschlossen hinter allen Menschen, die Opfer derartiger Attacken, Opfer von Morddrohungen und Opfer von widerlicher Hetze sind. Ich bin auch froh, dass unser Ministerpräsident und unsere Wirtschaftsministerin gesagt haben, dass dies inakzeptabel ist und dies nicht zu Bayern gehört und wir das hier in Bayern auch nicht haben wollen.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht nur der Pfarrer von Zorneding wurde mit dem Tod bedroht; fast zeitgleich kamen Berichte über Morddrohungen gegen den Bamberger Erzbischof Ludwig Schick.

Es ist uns allen bewusst, dass wir in diesem Bereich etwas machen müssen; wir unternehmen hier schon viel. In Bayern haben wir ein Handlungskonzept, das wir immer weiterentwickeln. In diesem Hohen Haus haben wir schon mehrfach darüber gesprochen, wie unser Handlungskonzept aussieht und was wir machen.

Wir können wirklich stolz darauf sein, dass wir dem Extremismus, egal in welcher Form, entschieden entgegentreten und sagen: Liebe Freunde, solche Gedanken haben bei uns in Bayern nichts zu suchen; diese Gedanken wollen wir nicht, und die werden wir entschieden bekämpfen.

(Beifall bei der CSU)

Liebe Kollegen, unsere Sicherheitsbehörden sind auf keinem Auge blind. Klar, wir stehen derzeit vor einer gigantischen Herausforderung. In diesem Jahr werden etwa 1,2 Millionen Menschen nach Deutschland kommen. Dem Bewusstsein und dem Denken der Menschen müssen wir offen entgegentreten. In der Bevölkerung gibt es Befindlichkeiten. Sicherlich gibt es auch ein Verführungspotenzial der Extremisten; dessen sind wir uns bewusst. Wir sind uns auch der Gefährlichkeit von Hassbotschaften im Internet durchaus bewusst, aber auch der Gefährlichkeit von Terrorzellen und verrückten Einzeltätern.

Das Wichtigste aber ist: Wir sind uns dessen bewusst, dass die überwältigende Mehrheit der Menschen in

Bayern Rassismus entschieden ablehnt und dem Rassismus entgegentritt. Wir haben bei vielen Solidaritätskundgebungen und bei vielen Kundgebungen gegen Rechtsextremisten gesehen, dass sich Tausende für eine offene Gesellschaft aussprechen, dass sie keine Angst haben, sich zu solidarisieren, und dass sie in Bayern auf die Straße gehen. Auch das ist in Bayern möglich, während es an vielen anderen Orten nicht möglich ist. Sie können sich offen gegen Fremdenfeindlichkeit, gegen Antisemitismus und gegen extremistisches Gedankengut aussprechen.

Liebe Kollegen, man muss die Wahrheit zur Kenntnis nehmen: Bayern ist in vielen Bereichen schon gut bzw. auf einem guten Weg, und wir unternehmen vieles.

(Beifall bei der CSU)

Unsere bayerischen Bildungsziele sind Toleranz, freiheitliche Gesinnung, Achtung vor anderen Menschen, Anerkennung kultureller und religiöser Werte, europäisches Bewusstsein, Völkerverständigung, Freiheit und Demokratie. Diese Werte und Ziele sind in den meisten Menschen tief verwurzelt. Unser Bildungssystem ist in der Prävention von politischem Extremismus hervorragend aufgestellt.

Ein Teil der Wahrheit ist auch, dass unsere Sicherheitsbehörden Hervorragendes leisten und unser Verfassungsschutz, der leider von den GRÜNEN immer wieder abgelehnt und negativ dargestellt wird, in diesem Bereich unglaublich stark ist. Das sind Fakten, die wir anerkennen und auf die wir stolz sind. Ich hätte mir an dieser Stelle gewünscht, liebe Kollegen von den GRÜNEN, dass Sie in Ihrem Antrag einen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Verfassungsschutzes aussprechen, die wirklich Hervorragendes leisten und für uns den Kopf hinhalten. Auch das wäre ein Zeichen gewesen. Ich habe es leider wiederum vermisst und finde es etwas schade, dass Sie sich nicht dazu durchringen können, auch hier einmal klare Kante zu zeigen, was Sie von anderen immer fordern.

(Beifall bei der CSU)

Liebe Kollegen, für uns hat Sicherheit für alle Menschen, die bei uns in Bayern wohnen, oberste Priorität. Wir beobachten alle relevanten Entwicklungen. Wir haben separate Kommissariate gegründet. Wir ziehen die Konsequenzen aus der NSU-Mordserie. Wir gehen zur Informationsgewinnung in die Justizvollzugsanstalten. Wir arbeiten verstärkt mit dem Landesamt für Verfassungsschutz zusammen. Und wir beobachten Pegida, den III. WEG und die Partei DIE RECHTE.

Gleichzeitig leisten wir viel Präventionsarbeit. Wir haben uns an die Spitze des NPD-Verbotsverfahrens gestellt. Wer die Verhandlungen in Karlsruhe mitverfolgt hat, hat gesehen, dass unser Innenminister einer der Wortführer war und gesagt hat: Wir wollen diese Partei nicht im deutschen Parteienspektrum, sie ist offen fremdenfeindlich, sie ist offen rassistisch, sie gehört nicht ins Parteienspektrum; denn sie hat den Boden des Grundgesetzes eindeutig verlassen. Es war unser Innenminister, der das gesagt hat, keiner der GRÜNEN. Es war ein CSU-Innenminister, der gesagt hat: Leute, das wollen wir nicht, und das gehört hier nicht hin.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir ergreifen sehr viele Maßnahmen, wir haben ein Konzept mit einem breiten Spektrum von Maßnahmen. Wir können stolz auf das sein, was wir leisten. Ich bin mir sicher, dass eine deutliche Mehrheit der Mitglieder dieses Hauses diese Maßnahmen des Freistaats Bayern kennt und sich hinter den Verfassungsschutz stellt. Dort wird gute Arbeit geleistet, bei der Polizei wird gute Arbeit geleistet, und auch die Präventionseinrichtungen leisten hervorragende Arbeit.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben ein wirkungsvolles Konzept zum Schutz aller Menschen in Bayern vor Hetze jeder Art. Die von den GRÜNEN aufgeführten Maßnahmen bringen uns nicht weiter; sie erkennen auch nicht an, was in Bayern alles geleistet wird.

Wir haben den ersten Punkt des GRÜNEN-Antrags in unseren übernommen: den Ausschluss von Hetze jeder Art und die Solidarität mit dem Pfarrer von Zorneding. Im Übrigen werden wir den GRÜNEN-Antrag ablehnen.

Wir freuen uns, dass die FREIEN WÄHLER einen Satz aus ihrem Antrag herausgenommen haben. Deswegen werden wir dem FREIE-WÄHLER-Antrag zustimmen.

Ich darf Sie um Zustimmung zu unserem Antrag bitten und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CSU – Dr. Florian Herrmann (CSU): Sehr gut!)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Zwischenbemerkung: der Herr Kollege Rabenstein, bitte.

Sehr geehrter Herr Kollege Reichhart, ich bin froh über Ihre Ausführungen; sie gehen genau in die richtige Richtung. Ich unterstütze auch das breite Bündnis, das wir hier haben; es wird von unserem Redner noch betont werden.

Ich bin ein Verfechter des NPD-Verbots. Ich bin froh darüber, dass wir im Bundesrat so weit gekommen sind. Allerdings möchte ich hier etwas richtig stellen bzw. das Ganze einordnen: Es war ein Antrag der SPD, der, ausführlich begründet, das NPD-Verbot gefordert hat. Wir haben also die Initialzündung gegeben, und alle anderen haben sich dankenswerterweise angeschlossen. Aber es soll schon auch hier betont werden, dass wir Sozialdemokraten dieses auf den Weg gebracht haben und froh sind, dass sich das so entwickelt. – Das wollte ich nur anmerken.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Bitte, Herr Kollege Reichhart.

Herr Kollege, wir können stolz darauf sein, dass wir hier mit einer Stimme sprechen und sagen: Die NPD gehört verboten, wir wollen diese Partei nicht haben. Ich bin froh darüber, dass wir bei diesem Thema zusammenstehen und sagen können: Wir sind stolz darauf, dass Bayern vorangeht und ein Zeichen setzt. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Bevor ich in der Worterteilung weiterfahre, darf ich bekannt geben, dass die CSU-Fraktion zu ihrem Antrag namentliche Abstimmung beantragt hat. Jetzt darf ich dem Kollegen Ritter das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! In der Demokratie gibt es natürlich einen Widerstreit der Positionen und natürlich auch einen Wettbewerb der handelnden Parteien und der handelnden Politikerinnen und Politiker. Allerdings gibt es auch Grenzen der Zuspitzung, die wir als Demokratinnen und Demokraten zu beachten haben. Diese Grenzen sind verhältnismäßig einfach zu beschreiben: Der demokratische Diskurs darf insgesamt nicht beschädigt werden, Rassismus und Hetze gegen Einzelne und Gruppen darf nicht stattfinden, und wir dürfen keine Stichwortgeber für Gewalttäter sein. In Zorneding – das ist das konkrete Beispiel, das sowohl im Antrag der GRÜNEN als auch im Antrag der CSU genannt wird – wurden alle diese Grenzen eingerissen. Kolleginnen und Kollegen, es waren nicht die Verhetzten und Extremisten, die am Ende die Morddrohungen verschickt haben, die zum Rückzug des dortigen Pfarrers geführt haben, die diese Grenzen eingerissen haben, sondern diese Grenzen sind bereits vorher eingerissen worden. Auch darüber, Kolleginnen und Kollegen, müssen wir heute reden.

Was im Vorfeld des Rückzugs des Pfarrers und der Morddrohungen passiert ist, ist kein Fall für den Verfassungsschutz, kein Fall für die Polizei. Aber es ist ein Fall für uns, damit wir uns in diesem Hause einmal über die Grundsätze des demokratischen Diskurses unterhalten. Herr Pfarrer Ndjimbi-Tshiende ist nicht deshalb Opfer massiver Anfeindungen geworden, weil er sich gegen die Politik irgendeiner Partei gestellt hat, sondern weil er einen sachlichen und respektvollen Umgang mit den Menschen gefordert hat, die zu uns geflüchtet sind – jenseits irgendeiner Entscheidung über irgendwelche Asylverfahren. Das hat ihm Anfeindungen eingebracht, nicht von Extremisten, sondern von – wohlgemerkt, das erkenne ich auch an – einzelnen Mitgliedern einer demokratischen Partei, die in diesem Hause die Mehrheit stellt. Er ist angefeindet worden, weil er diesen respektvollen Umgang eingefordert hat und weil er aus Afrika stammt.

Wer nur einen Funken Menschenverstand hat, weiß: Ist eine Hürde erst einmal übersprungen, werden auch andere darüber springen. Natürlich ist das, was von einzelnen Mitgliedern der Zornedinger CSU über den Pfarrer und über Flüchtlinge verbreitet worden ist, Stichwortgeberei für diejenigen gewesen, die die Drohungen gegen den Pfarrer verfasst und verschickt haben. Was also, Kolleginnen und Kollegen, ist die Verantwortung der demokratischen Parteien? Was ist unsere Verantwortung? – Wir müssen jenseits der Fälle, in denen wir nach dem Verfassungsschutz rufen können, durchaus eine offene Diskussion darüber führen, was zulässiger Teil eines demokratischen Diskurses ist und was nicht. Auch das gehört heute hierher. Die Grenzen sind in Zorneding – darauf habe ich hingewiesen – eingerissen worden.

An einem gewissen Punkt, Kolleginnen und Kollegen, muss die Profilierung der Parteien im Meinungskampf zurückstehen, und es muss klargemacht werden, wo die Grenzen sind. Zur Not müssen wir das manchmal auch den Menschen in unseren eigenen Parteien klarmachen, die sich an diese Grenzen, aus welchen Gründen auch immer, nicht halten. Aus diesem Grunde werden wir dem Antrag, den die GRÜNEN hier eingebracht haben, zustimmen.

Die Anträge der FREIEN WÄHLER und der CSU sind in manchen Punkten etwas zwiespältig: In beiden Fällen sprechen Sie sich – was ich als die ExtremismusPräambel bezeichnen würde – allgemein gegen alle möglichen Extremismen aus. Ich lasse das einfach mal so stehen; wir werden darüber jetzt keine großartige Debatte führen. Ich möchte Sie aber schon darauf hinweisen: Wenn wir über Rassismus reden und Lösungen finden wollen, um Rassismus zu bekämpfen, dann hilft es uns nichts, wenn wir über Linksradikalis

mus oder Salafismus reden; dann müssen wir Rassismus benennen,

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

und dann müssen wir auch die Ursachen für Rassismus benennen. Ich hänge mich aber nicht daran auf, wenn Sie das aus ideologischen Gesichtspunkten unbedingt aufnehmen wollen.

Wir finden es durchaus auch positiv, dass sich gerade die CSU sehr konkret zur Solidarität mit dem ehemaligen Zornedinger Pfarrer bekennt. Das ist notwendig, auch vor dem Hintergrund der Vorgänge im Vorfeld der Morddrohungen in Zorneding, die erst zum Rücktritt des Pfarrers geführt haben. Von daher ist das ein Punkt, den wir tatsächlich begrüßen, und ich bedanke mich, dass Sie so etwas erstmalig in einen Ihrer Anträge aufnehmen.

Allerdings können wir nicht zustimmen, dass Sie mit diesem Antrag wieder versuchen, sich zu profilieren, wovon wir uns beim Kampf gegen den Rassismus eigentlich verabschieden sollten. Die Kollegin von den GRÜNEN hat schon darauf hingewiesen, dass Sie in Spiegelstrich 3 Ihres Antrags die Debatte über das Verfassungsschutzgesetz vorwegnehmen, die wir im Augenblick führen. Diese Instrumentalisierung des Antrags können wir nicht mittragen. Wir werden Ihrem Antrag dann zustimmen, wenn Sie diesen Punkt herausnehmen. Wir sind auch bereit, in einer Einzelabstimmung jedem anderen als diesem Punkt zuzustimmen. Ich bitte Sie daher, zu einer getrennten Abstimmung zu kommen oder diesen einen Punkt zu streichen, damit wir beim Thema Rassismus mit einer Stimme sprechen und nicht wieder die Profilierung einer Partei im Vordergrund steht.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Staatsregierung hat Herr Staatsminister Herrmann um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Staatsminister!