Protocol of the Session on March 16, 2016

Antrag der Abgeordneten Kerstin Schreyer-Stäblein, Dr. Franz Rieger, Michael Brückner u. a. (CSU), Dr. Linus Förster, Hans-Ulrich Pfaffmann, Susann Biedefeld u. a. (SPD), Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Dr. Hans Jürgen Fahn u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER),

Christine Kamm, Jürgen Mistol (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Subsidiarität Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 994/2010 COM(2016) 52 final (BR-Drs. 81/16) (Drs. 17/10466)

Antrag der Abgeordneten Kerstin Schreyer-Stäblein, Dr. Franz Rieger, Michael Brückner u. a. (CSU), Dr. Linus Förster, Hans-Ulrich Pfaffmann, Susann Biedefeld u. a. (SPD), Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Dr. Hans Jürgen Fahn u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER), Christine Kamm, Jürgen Mistol (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Subsidiarität Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung eines Mechanismus für den Informationsaustausch über zwischenstaatliche Abkommen und nicht verbindliche Instrumente zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern im Energiebereich und zur Aufhebung des Beschlusses Nr. 994/2012/EU COM(2016) 53 final (BR-Drs. 82/16) (Drs. 17/10469)

Der Bundesrat wird sich am Freitag damit befassen. Die interfraktionellen Anträge und die Beschlussempfehlung mit Bericht wurden an Sie verteilt. Eine Aussprache hierzu findet nicht statt. Wir kommen deshalb sofort zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst abstimmen über den Antrag betreffend den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung und zur Aufhebung der EU-Verordnung Nummer 994 aus dem Jahr 2010, Bundesratsdrucksache 81/16, auf der Drucksache 17/10466. Mit dem Antrag soll festgestellt werden, dass gegen den oben genannten Vorschlag Subsidiaritätsbedenken bestehen. Die Staatsregierung soll aufgefordert werden, darauf hinzuwirken, dass diese Bedenken Eingang in den Beschluss des Bundesrates finden. Ich verweise hierzu auf die verteilte Drucksache 17/10466. Der federführende Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie regionale Beziehungen empfiehlt einstimmig Zustimmung. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch nicht. Damit ist dem Antrag einstimmig zugestimmt worden.

Jetzt lasse ich abstimmen über den Antrag auf Drucksache 17/10469. Antragsteller sind wieder die vorgenannten Abgeordneten. Hier geht es um den Vorschlag für einen Beschluss zur Einrichtung eines Mechanismus für den Informationsaustausch über zwischenstaatliche Abkommen und nicht verbindliche Instrumente zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern im Energiebereich und zur Aufhebung des EUBeschlusses Nummer 994 aus dem Jahr 2012, Bundesratsdrucksache 82/16. Auch hier soll festgestellt werden, dass gegen den eben genannten Vorschlag Subsidiaritätsbedenken bestehen. Die Staatsregierung soll wiederum aufgefordert werden, darauf hinzuwirken, dass diese Bedenken Eingang in den Beschluss des Bundesrates finden. Ich verweise hierzu auf die Drucksache 17/10469. Der federführende Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie regionale Beziehungen empfiehlt auch hier einstimmig Zustimmung. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind wiederum die Fraktionen der CSU, der SPD, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Ich sehe keine. Stimmenthaltungen? – Auch nicht. Damit ist dem Antrag ebenfalls einstimmig zugestimmt worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge

Zur gemeinsamen Beratung rufe ich auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Katharina Schulze u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Das Problem heißt Rassismus! Menschen vor rassistischer Hetze und rechter Gewalt schützen (Drs. 17/10508)

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Joachim Hanisch u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Null-Toleranz gegen Rassismus und Extremismus (Drs. 17/10527)

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Josef Zellmeier, Dr. Florian Herrmann u. a. und Fraktion (CSU) Der Freistaat Bayern bekämpft entschlossen jede Form des Extremismus (Drs. 17/10528)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Erste Rednerin ist die Abgeordnete Frau Schulze von BÜND

NIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön, Sie haben das Wort, Frau Kollegin.

Herr Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Jahr 2016 passiert es immer noch, dass eine Frau, die mit Vornamen Mürvet heißt, schon beim Eingang ihrer Bewerbung aussortiert wird, ohne dass ihr Lebenslauf auch nur angesehen wird. Im Jahr 2016 passiert es immer noch, dass Ssanan Mardi, der in Deutschland geboren wurde, auf die Frage, woher er kommt, mit Göttingen antwortet. Die nächste Frage ist: Woher kommst du denn ursprünglich? – Es passiert immer noch, dass Hamado Dipama an der Disco-Tür abgewiesen wird. Im Jahr 2016 passiert es immer noch, dass Menschen Gewalt angetan wird, nur weil sie eine dunklere Hautfarbe haben. Im Jahr 2016 passiert es immer noch, dass ein katholischer Pfarrer zurücktritt, weil er die rassistische Hetze und Morddrohungen nicht mehr ertragen kann und möchte. Das alles ist ein großes Problem, und das Problem heißt Rassismus.

(Beifall bei den GRÜNEN)

All die von mir gerade aufgezählten Beispiele haben etwas gemeinsam: Menschen werden danach sortiert, wie sie aussehen oder wie sie leben. Meistens passiert das ganz unbewusst, aber es hat weitreichende Folgen. Wer vermeintlich anders ist, wird abgewertet.

Wir dürfen uns auch nichts vormachen: Das alles ist kein neues Phänomen. Rassistisches Denken und rechtsextreme Einstellung sind in der Gesellschaft weit verbreitet, bis tief in die sogenannte Mitte der Gesellschaft hinein. Rassistische Einstellungen und Stimmungsmache dienten Neonazis schon immer als Rechtfertigung für Gewalt – Gewalt gegen Menschen, die nicht in ihr menschenverachtendes Weltbild passen. Rassismus tötet also.

Neu sind in der momentanen Situation die enorme Radikalisierung in kurzer Zeit und die damit einhergehende Schnelligkeit. Wir befinden uns im Moment auf einer gefährlichen Rutschbahn. Erst wurde gegen die Menschen vom Balkan gehetzt, dann gegen alle Flüchtlinge. Aus hetzerischen Worten wurden immer mehr Taten. Ich stelle in diesem Raum die Frage, wohin das führen wird. Wer ist als Nächstes dran? Obdachlose, Menschen mit Behinderung? – Wir wissen alle, wenn mit dem Ausgrenzen einmal angefangen wird, ist es schwer, wieder aufzuhören. Seit 2013 – über die Zahl haben wir hier bereits mehrfach debattiert – hat sich die Anzahl der Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte mehr als verfünffacht. Das ist eine Entwicklung, die höchst gefährlich und höchst bedenklich ist. Wir wissen alle, dass die rechte Szene immer gewalttätiger wird und dass leider immer mehr

Bürgerinnen und Bürger in die rassistische Hetze miteinstimmen. Es reicht jetzt. Es reicht wirklich. Es reicht mit der rassistischen Hetze, es reicht mit den rechtsextremen Gewalttaten!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der erste Schritt zur Bekämpfung ist, dass wir alle, auch wir im Bayerischen Landtag, anerkennen: Wir haben ein Problem mit rassistischer Gewalt, und wir brauchen eine klare Haltung. Wir müssen entschlossen handeln, um Rassismus und rechter Gewalt die Stirn zu bieten. Darum haben wir GRÜNE heute den Dringlichkeitsantrag eingereicht.

In unserem Antrag stellen wir drei Forderungen. Erstens. Wir, die Abgeordneten des Bayerischen Landtags, sind solidarisch mit allen Opfern rassistischer und rechtsextremer Gewalt und unterstützen sie. Stellvertretend ist hier der Zornedinger Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende erwähnt. Wir verurteilen die rassistische Hetze und die Morddrohungen gegen ihn aufs Allerschärfste.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Bayerische Landtag steht geschlossen für eine offene und friedliche Gesellschaft. Wir zeigen klare Kante gegen Populismus, Hass, Rassismus und Gewalt. Uns ist auch klar, dass wir nicht diejenigen stärken dürfen, die andere ausgrenzen, herabwürdigen oder verletzen.

Zweitens fordern wir in unserem Antrag die CSU-Regierung auf, ein wirksames Konzept zum Schutz aller in Bayern lebender Menschen vor Hetze und Gewalt zu entwickeln. Dazu gehören zum einen gut ausgestattete Sicherheitsbehörden, aber wir brauchen auch auf anderen Ebenen klare Unterstützung. Wir möchten eine Koordinierungsstelle Demokratie, die das Verwaltungshandeln koordiniert und sich mit der Zivilgesellschaft vernetzt. Bedauerlich ist, dass wir vor dem Hintergrund der momentanen Entwicklung eines noch nicht haben: Wir brauchen endlich eine Beratungsstelle für Opfer von rassistischer und rechtsextremer Gewalt. Ihr Schicksal darf uns nicht gleichgültig sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der dritte Punkt, den wir in unserem Antrag aufgeführt haben, ist der, der am langfristigsten wirkt und wirken muss: Wir müssen die rassistische und rechtsextreme Einstellung in der Gesellschaft zurückdängen. Dafür brauchen wir mehr Bildung – präventive, schulische und außerschulische Bildung. Dafür müssen wir mehr Geld ausgeben und mehr Programme auflegen, um dieses Anliegen massiv zu stärken. Das müssen wir

für unsere Demokratie und damit für uns alle machen. Ich will nicht wieder und wieder in den Nachrichten hören, dass eine weitere Unterkunft für Flüchtlinge brennt. Ich habe ehrlich gesagt auch keine Lust, im Gespräch immer wieder zu hören: Ich bin ja kein Rassist, aber – –

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich will, dass Mürvet eine faire Chance auf einen Job hat. Ich will, dass Hamado wie alle anderen am Wochenende tanzen gehen kann, und zwar dort, wo er will. Ich will, dass künftig zuerst gefragt wird: Wer bist du? Und nicht: Wo kommst du eigentlich her? – Wenn wir das schaffen und den anderen Menschen als Mensch sehen und nicht als Teil einer wie auch immer gearteten Gruppe, dann haben wir das rassistische Denken hinter uns gelassen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Gerade in der gegenwärtigen Zeit ist es wichtig, dass aus dem Bayerischen Landtag ein eindeutiges Signal kommt. Darum bitten wir um Zustimmung zu unserem Antrag, in dem wir ganz klar das Problem benennen, nämlich Rassismus und rechtsextreme Hetze.

Zwei andere Fraktionen haben noch Dringlichkeitsanträge nachgezogen. Wir werden dem Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER zustimmen. Beim Antrag der CSU haben wir ein Problem. Wir finden viele Punkte, die dort aufgezählt sind, gut. Da Sie aber in einem Punkt den Verfassungsschutz und das Verfassungsschutzgesetz so loben, während wir gerade im Hohen Haus eine Debatte darüber führen und eine Anhörung durchführen werden, wie bei dem Verfassungsschutzgesetz weiter verfahren werden soll, ist meine Frage: Gibt es eine Option, entweder die Punkte einzeln abzustimmen oder vielleicht diesen Punkt herauszunehmen, um ein geschlossenes Signal senden zu können? Das wäre unsere Frage an Sie. Ansonsten müssten wir uns leider bei der Abstimmung der Stimme enthalten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Kollegin. – Als Nächster hat Herr Kollege Hanisch von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Radikalismus ist ein Angriff auf unsere Zivilgesellschaft, und deshalb lehnen wir ihn konsequent ab. Unser Antrag "Null-Toleranz gegen Rassismus und Extremismus" ist die logische Konsequenz daraus.

Lassen Sie mich Albert Einstein zitieren, der gesagt hat:

Wenn ich mit der Relativitätstheorie recht behalte, werden die Deutschen sagen, ich sei Deutscher, und die Franzosen, ich sei Weltbürger. Erweist sich meine Theorie als falsch, werden die Franzosen sagen, ich sei Deutscher, und die Deutschen, ich sei Jude.

Ich glaube, das zeigt sehr deutlich das Problem unserer Gesellschaft – ein Problem, das immer stärker auf die Mittelschicht, auf die politisch nicht Aktiven und denjenigen, der nicht als extrem einzustufen ist, übergreift.

Wir FREIEN WÄHLER verurteilen deshalb jegliche Gewalt, ob von links oder rechts, ob religiös, politisch oder – etwas ganz Neues – Gewalt im Internet. Radikalismus ist in Deutschland wieder zu einem gesellschaftlichen Problem geworden. Wenn man die Medien beobachtet, hat man manchmal den Eindruck, dass wieder eine Lynchjustiz gefordert wird. Jeden zweiten Tag findet ein Angriff auf Asylunterkünfte statt. Es gibt jede Menge Kundgebungen und Aktionen rechter Gruppen. Der Zornedinger Pfarrer erhielt nicht nur Morddrohungen, sondern hielt auch den Hetzkampagnen nicht mehr stand und ist zurückgetreten. Es gibt eingeworfene Fensterscheiben, Brandstiftungen und Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte.

Dieser Extremismus und dieser Rassismus bedrohen die Demokratie und das gebotene tolerante Zusammenleben. In den Verfassungsschutzberichten hören wir, dass rechte und linke Gewalt keine große Rolle mehr spielen; zumindest in der Vergangenheit war das der Fall. Das zeigt, dass es diese Erscheinungen nach wie vor im Untergrund gibt.

Wir fordern deshalb, dass diese Art von Gewalt nicht länger hingenommen wird. Wir fordern, dass durch aktives Handeln dieses Klima der Angst beseitigt wird. Wir fordern, dass solche Straftaten nicht verharmlost werden, dass die Menschen besser geschützt werden und Straftaten gegen Flüchtlinge konsequent verfolgt werden. Politik und Gesellschaft dürfen nicht zulassen, dass wir einen Rückfall in die dunklen Tage unserer Vergangenheit erleben.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Deshalb fordern wir in unserem Berichtsantrag auch, dass die Staatsregierung darauf eingeht, was präventiv getan wird, um diese Erscheinungen in unserer Gesellschaft verhindern zu können. Gerade an Schulen ist es außerordentlich wichtig, auf diese Probleme hinzuweisen und dafür zu sorgen, dass die Generation nach uns noch aufgeklärter und mit einer noch

objektiveren Bildung aufwächst, damit solche Erscheinungen im Keim erstickt werden.

Lasst uns deshalb in der Politik und der Gesellschaft wachsam sein. Es gibt kein Besser oder Schlechter bei uns Menschen; zwischen uns gibt es nur Unterschiede. Diese müssen respektiert werden, egal, ob es sich um Unterschiede der Hautfarbe, der Lebensweise, der Religion oder auch nur einer Idee handelt.

Meine Damen und Herren, wir werden dem Antrag der CSU zustimmen und unseren Antrag um einen Halbsatz verkürzen. Unter Nummer 3 heißt es dann: "Die Staatsregierung wird aufgefordert, dem Landtag gegenüber zu berichten …". Nach "aufgefordert" werden die Wörter "sich der Null-Toleranz-Haltung des Landtags anzuschließen und" gestrichen.