Protocol of the Session on February 25, 2016

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Wer bestreitet das?)

Bundesministerin Nahles hat am 1. Februar ihre Planungen für ein Bundesintegrationsgesetz unter anderem wie folgt umrissen: Anerkennung und Achtung unserer Werte und Regelungen sowie des Grundgesetzes, Leistungskürzungen für diejenigen, die sich der Integration verweigern. Im Gesetzentwurf der SPD ist neben dem vernachlässigten Fordern überdies das Fördern nicht überzeugend. Ich möchte hierfür einige Beispiele nennen: Der Personenkreis soll ausgedehnt werden. Integration soll weitgehend unabhängig vom Aufenthaltsrecht erfolgen. Damit sollen nach den Vorstellungen der SPD auch abgelehnte und vollziehbar ausreisepflichtige Asylbewerber integriert werden. Für mich als Sozialministerin ist das ein Pull-Effekt, den wir bei den derzeitigen Zugangszahlen nicht verantworten können.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, Integration ist mehr als Antidiskriminierung. Der Schutz der Bevölkerung mit Migrationshintergrund vor Diskriminierung taucht in Ihrer Vorlage ein halbes Dutzend Mal auf, unter anderem als oberster Grundsatz, als Ziel, als allgemeiner Grundsatz und als Fördergrundsatz. Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, dass der Schutz vor Diskriminierung bereits hinreichend aus höherrangigem Recht folgt, nämlich aus dem europäischen Recht, dem Grundgesetz sowie dem Allgemeinen

Gleichbehandlungsgesetz als Bundesgesetz. Antidiskriminierung ist notwendig, aber keineswegs ausreichend für eine erfolgreiche Integration. Integration auf Antidiskriminierung zu beschränken, ist ein defizitärer Ansatz. Ihr oberster Grundsatz greift in diesem Falle viel zu kurz.

(Beifall bei der CSU)

Weiterhin sieht der Gesetzentwurf der SPD neue aufwendige Strukturen vor.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Ach was!)

Sie sehen einen hauptamtlichen Landesbeauftragten für Integration und Migration vor, der nicht Mitglied des Landtags sein darf. Ähnlich dem Datenschutzbeauftragten soll er bei den öffentlichen Stellen die Einhaltung des Gesetzes kontrollieren. Diese Strukturen durchbrechen natürlich die verfassungsrechtliche Trennung von Legislative und Exekutive. Wir sollten deshalb an den bewährten Strukturen festhalten. Ich finde, dass unser Integrationsbeauftragter Martin Neumeyer eine hervorragende Arbeit leistet.

(Beifall bei der CSU)

Lieber Herr Taşdelen, Sie arbeiten mit Martin Neumeyer eng zusammen und haben vorhin seine Arbeit gelobt. Das freut mich natürlich ganz besonders. Gleiches gilt für den Bayerischen Integrationsrat, der durch den Landesbeirat für Migration und Integration ersetzt werden soll. Die vorgesehene Einführung einer jährlichen wissenschaftlichen Begleitung und Auswertung des Gesetzes wäre teure Integrationsbürokratie. Diese würde verstärkt durch die Beiräte für Migration und Integration, die in Gemeinden, Landkreisen und Bezirken eingerichtet werden sollen.

Schließlich sieht Ihr Gesetzentwurf eine Ausweitung des Wahlrechts vor. Sie wollen festlegen, dass alle Unionsbürger, also auch solche ohne deutsche Staatsbürgerschaft, als Erster Bürgermeister oder Landrat wählbar sind. Dabei lassen Sie allerdings außer Acht, dass bayerische Bürgermeister und Landräte nicht nur kommunale Aufgaben wahrnehmen, sondern auch für den Vollzug staatlicher Aufgaben zuständig sind. Diese Ämter sollten daher nur von Personen ausgeübt werden, die aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit mit dem jeweiligen Staat besonders verbunden sind. Das versteht sich.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, aus den genannten Gründen können wir Ihren Gesetzentwurf, den Gesetzentwurf der SPD, nicht mittragen und empfehlen, ihn abzulehnen.

(Beifall bei der CSU)

Damit Integration gelingen kann, brauchen wir ein ausgewogenes Konzept, das sowohl das Fördern als auch das Fordern beinhaltet.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Das ist das CSUKonzept! Das ist total ausgewogen! Im Schwimmbad entscheidet sich die Integration!)

Daher wird die Staatsregierung in Kürze den Gesetzentwurf für ein Bayerisches Integrationsgesetz in den Landtag einbringen. Wir wollen damit die Balance zwischen dem Fördern und dem Fordern halten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich würde mich sehr freuen, wenn wir dieses Gesetz der Staatsregierung in der nächsten Zeit im Konsens verabschieden könnten. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. Ich kann ganz einfach Ihrem Konzept nicht zustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Frau Staatsministerin. – Wir haben eine Zwischenbemerkung von Herrn Kollegen Dr. Fahn. Bitte schön.

Frau Staatsministerin, Sie haben vorhin gesagt, das Gespräch mit den Fraktionsvorsitzenden in der Staatskanzlei sei sehr gut und sehr konstruktiv gewesen. Frage an Sie: Warum führen Sie dieses Gespräch nicht fort? Das hatten Sie doch angeboten, und es wäre auch möglich. Sie haben jetzt einen eigenen Gesetzentwurf präsentiert, ohne die anderen Fraktionen weiter einzubinden.

(Thomas Kreuzer (CSU): Sie aber auch!)

Warum machen Sie das so und nicht anders? Sie betrachten doch dieses Thema als gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Eine zweite Frage: Sie sprechen von einem verbesserten Integrationsrat. Im bisherigen Integrationsrat sind auch Vertreter politischer Parteien aus den Fraktionen dabei. Wird das im neuen Integrationsrat nach Ihrem Gesetzentwurf auch der Fall sein, oder haben Sie die Parteien da herausgelassen? Ich habe sie bisher nicht gefunden.

Zur letzten Frage: Der Integrationsrat ist jetzt aus den unterschiedlichsten Gruppierungen gut zusammengesetzt. Das soll auch in der Zukunft so bleiben. – Zur zweiten Frage: Wir sind offen für den Dialog. Wir haben ihn auch für den Gesetzgebungsprozess angeboten. Dazu stehen wir.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Wir haben noch einmal eine Wortmeldung von Frau Kollegin Kamm. Sie darf ihre Restzeit natürlich ausnutzen. Bitte, Frau Kamm.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frau Ministerin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Ministerin, ich bitte Sie, nicht immer nur das Märchen vom Pull-Effekt zu erzählen, sondern aktiv dafür einzutreten, die Not der Menschen zu lindern. Dafür müssen Sie mehr tun. Sie sollten nicht mehr so tun, als kämen die Menschen, weil es hier für sie angeblich so viele Leistungen gibt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie haben behauptet, der Integrationsaufwand durch diesen SPD-Gesetzentwurf wäre zu hoch. Wir können Ihnen Stellen zeigen, bei denen der Bürokratieaufwand für die Migrantinnen und Migranten, die Integrationsleistungen brauchen, reduziert werden kann. Hier gäbe es viel zu tun.

Am allerwichtigsten ist mir: Sie haben gesagt, dieses Integrationsgesetz, das Sie vorlegen wollen, enthielte eine Balance zwischen Fordern und Fördern. Um diesem Anspruch zu genügen, müsste der Entwurf, der dem Kabinett vorgelegt worden ist, entschieden überarbeitet werden. Wir erwarten, dass ein anderer Entwurf vorgelegt wird, mit dem dieser Anspruch aufrechterhalten wird. In diesem Gesetzentwurf werden Sonderregelungen und Sonderpflichten für Ausländerinnen und Ausländer definiert. Wir sagen: Unsere Werte und Gesetze gelten für alle Menschen, die hier in Bayern leben, nicht nur für bestimmte Gruppen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. – Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur namentlichen Abstimmung. Der Abstimmung liegt der Initiativgesetzentwurf auf Drucksache 17/5204 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen empfiehlt die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Stehen die Urnen bereit? – Ich sehe keine.

(Zuruf)

Nein, den nächsten Tagesordnungspunkt behandeln wir danach. – Ich eröffne die namentliche Abstimmung. Fünf Minuten!

(Namentliche Abstimmung von 12.10 bis 12.15 Uhr)

Meine Damen und Herren, ich schließe die Abstimmung. Das Ergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt.

Ein kurzer Hinweis zum Fahrplan: Wir behandeln jetzt die Gesetzentwürfe zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes – KAG. Die Mittagspause ist gegen 13.30 Uhr vorgesehen. Wenn nach der Behandlung bis zur Mittagspause noch Zeit ist, versuchen wir, über die Anträge, die nicht einzeln aufgerufen werden, und über die Bestätigung eines neuen Mitglieds für den Landessportbeirat abzustimmen. Nach der Mittagspause, Frau Fröhlich, geht es dann zunächst mit der Beratung von Dringlichkeitsanträgen weiter. Die Beratung der Änderung des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes folgt später.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 4 bis 7 gemeinsam auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Dr. Paul Wengert, Klaus Adelt u. a. und Fraktion (SPD) zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes (Drs. 17/7643) - Zweite Lesung

und

Gesetzentwurf der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Thomas Gehring u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes (Drs. 17/8161) - Zweite Lesung

und

Gesetzentwurf der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Joachim Hanisch u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes (Drs. 17/8242) - Zweite Lesung

und

Gesetzentwurf der Abgeordneten Dr. Florian Herrmann, Norbert Dünkel, Alexander Flierl u. a. (CSU) zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes (Drs. 17/8225) - Zweite Lesung

hierzu:

Änderungsantrag der Abgeordneten Bernhard Seidenath, Klaus Holetschek, Gudrun BrendelFischer u. a. (CSU) (Drs. 17/9984)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt gemäß der Vereinbarung im Ältestenrat 48 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich an der Redezeit der stärksten Fraktion. Die Verteilung lautet: CSU 16 Minuten, SPD 12 , FREIE WÄHLER und GRÜNE jeweils 10 , die Staatsregierung damit 16 Minuten. – So viel zum Formellen. Erster Redner ist Kollege Adelt. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! 190 Euro müssen die Eigentümer in der kleinen 870-Seelen-Gemeinde Oersdorf in SchleswigHolstein durchschnittlich pro Jahr für den Ausbau ihrer Straße bezahlen. Im oberfränkischen Schönwald musste ein Rentnerehepaar eine Rechnung in Höhe von 18.000 Euro für den Ausbau bezahlen.

Worin besteht der Unterschied? – Sicherlich nicht allein in der Qualität des Ausbaus. Schleswig-Holstein hat bereits 2012 eine Änderung des Kommunalabgabengesetzes durchgeführt und damit wiederkehrende Beiträge ermöglicht, Rheinland-Pfalz vor mittlerweile 30 Jahren. Es ist wichtig und richtig, dass wir heute diesen längst überfälligen Schritt gemeinsam tun werden. Die Städte und Gemeinden haben somit die Möglichkeit, neben der bisherigen einmaligen Beitragserhebung mit Verrentung und Stundung immer wiederkehrende Beiträge einzuführen.