Nicht "einfach weitermachen!" Es stehen mir noch zu viele unaufmerksame Teilnehmer herum. Vielleicht haben die Damen und Herren die Güte, die Plätze einzunehmen oder sich außerhalb des Saales zu unterhalten.
Ich habe jetzt noch eine Formalität zu erledigen. Die Dringlichkeitsanträge auf den Drucksachen 17/10006 sowie 17/10009 mit 17/10013 werden in die zuständigen federführenden Ausschüssen überwiesen.
Nun habe ich noch die Ergebnisse der namentlichen Abstimmung zum Komplex TTIP bekannt zu geben, zunächst zum Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Aiwanger, Streibl, Häusler und anderer und Fraktion (FREIE WÄHLER) betreffend "Volksbefragung zu Freihandelsabkommen – Keine Zustimmung Bayerns zu TTIP, CETA und TiSA ohne Zustimmung der bayerischen Bevölkerung!", Drucksache 17/10003. Mit Ja haben gestimmt 16, mit Nein haben gestimmt 99; es gab 38 Stimmenthaltungen. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Bause, Hartmann, Mütze und anderer und Fraktion (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) betreffend "TTIP, CETA, TiSA ablehnen" auf Drucksache 17/10028 bekannt. Mit Ja haben gestimmt 31, mit Nein 82, Stimmenthaltungen: 37. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Ich komme zum Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Rinderspacher, Pfaffmann, Halbleib und anderer und Fraktion (SPD) betreffend "CETA ablehnen – Transparenz herstellen – Bevölkerung beteiligen" auf Drucksache 17/10029 bekannt. Mit Ja haben gestimmt 54, mit Nein 96, keine Stimmenthaltung. Damit ist auch dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Antrag der Abgeordneten Harry Scheuenstuhl, Klaus Adelt, Florian von Brunn u. a. (SPD) Gewässerverschmutzung durch Biogasanlagen stoppen! (Drs. 17/7156)
Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt 24 Minuten. Die Verteilung setze ich als bekannt voraus. Erster Redner ist Herr Kollege Scheuenstuhl. Bitte sehr.
Die Anzeige mag Sie vielleicht nicht; aber ich mag Sie, und ich habe Ihnen das Wort erteilt. Bitte schön.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Präsident! Hier und heute soll es um den von uns eingebrachten Antrag "Gewässerverschmutzung durch Biogasanlagen stoppen!" gehen. Vorab möchte ich betonen, dass die 2.360 bayerischen Biogasanlagen einen beispielhaften Anteil an der Umsetzung der Energiewende haben. Das stellen wir überhaupt nicht infrage. Uns geht es auch gar nicht darum, eine so wichtige Technologie ins Abseits zu drängen.
Uns stören aber die knapp 660 oder, wie ich heute erfahren habe, schon wieder mehr Gewässerverunreinigungen, die in den letzten zwölf Jahren im Zusammenhang mit dem Betrieb von Biogasanlagen registriert worden sind: 311 Fälle verursacht durch bauliche Mängel, 244 durch betriebliche Mängel, durch technische Defekte: 102. In der Folge eines solchen Biogasanlagenunfalls können Tausende von Fischen verenden. Der Lebensraum unzähliger Arten wird auf Jahre hinweg zerstört. Die Auswirkungen auf die Umwelt sind also in aller Regel katastrophal.
Schon heute stehen etwa 85 % der etwas mehr als 80 bayerischen Fischarten auf der Roten Liste der bedrohten Arten. Im Fall der Biogasanlagen hat uns die vom Umweltministerium bestätigte Tatsache erschrocken aufhorchen lassen, dass beinahe 90 % all dieser Unfälle durch bessere Planung, beim Bau oder durch sorgsamen Betrieb vermeidbar gewesen wären. Diese enorme Anzahl an Fällen zeigt deutlich, dass die von der Staatsregierung angestrebten freiwilligen oder auch angeordneten Selbstkontrollen durch die Anlagenbetreiber offensichtlich nicht ausreichen, um ein Mindestmaß an Gewässerschutz gewährleisten zu können.
Andernorts würde man vielleicht von einem Versagen der zuständigen Kontrollbehörden sprechen, wie zum Beispiel heute früh beim Salmonellenskandal. – All
das darf man ja nicht mehr sagen, habe ich von der Ministerin gehört – jedenfalls nicht hier. – Und andernorts wäre ein Ausbau der Kontrollen die logische Folge.
Wir wollen die Kollegen in den Ämtern, sprich die Umweltschutzingenieure, oder die Landräte oder die Oberbürgermeister in den freien Städten und Kreisverwaltungsbehörden nicht zum Sündenbock machen, wie es die Ministerin heute Nachmittag probiert hat, als sie von den Verantwortlichkeiten vor Ort gesprochen hat. Der Freistaat muss entsprechend Personal zur Verfügung stellen, wenn er Aufgaben verteilt.
Viele unserer Fischerfreunde sorgen sich um den Zustand unserer Flüsse, Bäche und Seen und nicht zuletzt um die aquatische Flora und Fauna. Der Landesfischereiverband geht aufgrund der behördlichen Kontrollverweigerungshaltung gegenüber Anlagenbetreibern mittlerweile so weit, dass er die Gewässerverschmutzungen durch Biogasanlagen selbst kontrollieren will. Sie, Frau Ministerin, provozieren durch Ihr Verhalten eine ökologische Bürgerwehr oder besser gesagt Fischerwehr.
Was macht die Staatsregierung? – Als Maßnahme, um die Gewässerverunreinigung durch Biogasanlagen auszuschließen, erklärt sie in ihrer Antwort auf meine Schriftliche Anfrage: Das macht jetzt das Biogas Forum Bayern, und da gibt es so ein Biogashandbuch.
Gut, das gibt es. Dann frage ich mich: Wie sieht es denn mit den Maßnahmen aus, die darin vorgeschlagen worden sind? Wie viele Umwallungen von Anlagen hat es denn gegeben? Wie viele Kontrollen wurden in letzter Zeit durchgeführt? Wie viele Beanstandungen hat es gegeben? Passt auf einmal alles? – Dieses Wirrwarr von Gesetzen! Liebe Bauern und Bäuerinnen, liebe Biogasbetreiber und -betreiberinnen, ihr tut mir wirklich leid, weil bei so viel Gesetzen, die da ineinander greifen, es wirklich einen Studierten braucht, um da durchzublicken.
Lesen wir einmal gemeinsam die Antwort von der Ministerin durch; dann schauen wir mal, ob wir beide das verstehen. Wir könnten natürlich auch den ORH einschalten und ihn um bessere Eingebungen bitten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bis zum Ende des vergangenen Jahres sollte ein guter Gewässerzustand in allen Gewässern Bayerns erreicht werden. So will es die im Jahr 2000 beschlossene Europäische Wasserrahmenrichtlinie. Im Moment sind wir in Bayern aber meilenweit von einer Erreichung der Vorgaben entfernt, natürlich auch wegen der Unlust der Ministerin, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Warum darf ich das einfach so frisch, fromm, fröhlich, frei sagen? – Weil das Umweltministerium geantwortet hat: 2009 sind noch circa 22 % aller bayerischen Oberflächenwasserkörper in einem guten ökologischen Zustand gewesen; Ende 2015 war das nur noch bei 15 % der Fall, also bei 7 % weniger. Der Zustand hat sich also verschlechtert. Soll das so weitergehen? Meinen Sie das, wie es scheint, ernst, dass man nichts mehr tun muss? Nichts tun, die Hände in den Schoß legen, ist die vornehmste Pflicht der Ministerin.
Diese Verweigerungshaltung schlägt mittlerweile bis zu den Mitarbeitern durch. So steht über die erst kürzlich von einem MR – ich glaube, das heißt Ministerialrat – des Umweltministeriums im Ausschuss gegebene Antwort auf unsere Frage, wie es weitergeht, im Protokoll: Denn erst im Jahr 2021, also nach dem Ablauf der zweiten Bewirtschaftungsperiode, müsse die Gewässersituation betrachtet werden, um dann nach dem Ablauf der dritten Bewirtschaftungsperiode, also 2027, sehen zu können, wie die EU reagiert.
So können wir nicht weitermachen. Wir können nicht abwarten und zuschauen, was sich hier noch bewegt. Wir wollen, dass endlich was passiert. Wir wollen sauberes Wasser; wir wollen gutes, preiswertes Wasser für unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger. Wir haben keine Lust mehr, unsere Fische in Gärsäften, Phosphat, Glyphosat, Pflanzenschutzmitteln, Nitrat sowie Mikroplastik baden zu lassen. Wir schließen uns den Fischern an: Bringt diesen Saustall in Ordnung.
Verehrte Präsidentin, Hohes Haus! Wir behandeln eigentlich das Thema Gewässerverschmutzung durch Biogasanlagen. Ich habe interessiert zugehört und mich gefragt, ob wir nicht das
Thema haben: Wie kann ich einer Ministerin schaden? – Ich finde es traurig, wie wir im Haus mittlerweile miteinander umgehen.
Ich möchte aber wirklich zum Thema Gewässerverunreinigung durch Biogasanlagen zurückkommen. Es wurde richtig gesagt, dass Biogasanlagen ein wichtiger Baustein im Rahmen der Energiewende sind. Die Ergänzung von Photovoltaik, Wind und Biogas-Grundlastfähigkeit wird uns gelingen und gelingt uns in weiten Teilen. Ein weiterer Vorteil: Biogasanlagen sind im ganzen Land weit verteilt, andere würden sagen: im Paradies verteilt. Das ist für uns ganz wichtig.
Auch die Landwirte wurden angesprochen. Biogasanlagen sind ein wichtiger Einkommensbaustein für die bayerische Landwirtschaft, für die Haupterwerbsbetriebe, aber auch für viele kleine Nebenerwerbler. Das ist sehr wichtig.
In diesem Zusammenhang möchte ich den Fachverband Biogas, der in Freising angesiedelt ist, positiv erwähnen. Er ist für die Biogasbranche, auch im vorund nachgelagerten Bereich, ein ganz wichtiger Baustein. 2.360 bayerische Biogasanlagen: Das ist richtig. Unfälle muss man vermeiden, kann man vermeiden; da sind wir uns einig. Dafür müssen wir sorgen. Das ist mit das Kernthema. Aber einen Unfall kann man nie gänzlich und generell ausschließen. Das wird immer so sein.
Zum Sachverhalt: In den letzten zehn Jahren gab es 733 gemeldete Gewässerverunreinigungen. Diese Angabe zu den Unfällen wurde richtig erwähnt. Davon waren 8,5 % für das Fischsterben mitverantwortlich. Die Hauptursache bestand zu 50 % in Verhaltensfehlern der Anlagenbetreiber. Diese Zahl sollte man sich schon merken. Es handelte sich nicht um Fehler einer Partei, der Politik oder einer Behörde, sondern um Verhaltensfehler der Anlagenbetreiber. 25 % lassen sich auf Materialversagen zurückführen. Von allen Verunreinigungsfällen hängen 80 % mit Futterlagerstätten zusammen.
Zur Bewertung: Das Betreiben von Biogasanlagen ist eine wachsende Branche. Am Anfang sind neue Erkenntnisse zu gewinnen. In den Jahren 2007 bis 2011 wurden viele Anlagen neu gebaut. Im Laufe der letzten zehn Jahre kam es zu deutlichen technischen Fortschritten. Fakt ist: Momentan haben wir mehr oder weniger keinen Zubau mehr. Die Bauphase ist abgeschlossen.
Die neue Technik ist voll integriert. Viele Anlagen werden mittlerweile Gott sei Dank umgebaut. Damals wurden Fehler gemacht. Das will ich gar nicht beschönigen. Die Behörden an Ort und Stelle müssen noch besser erfassen, aber nicht noch mehr kontrollieren, sondern vernünftig kontrollieren. Das ist mir ganz wichtig. Im Herbst vergangenen Jahres wurde mit dem Einvernehmen des Fachverbandes deutlich der Auftrag an einen Dritten vergeben, eine Auswertung zu erstellen. Vielleicht noch heuer oder Anfang nächsten Jahres werden die ersten Ergebnisse vorliegen.
Ich komme zu den Störfällen. Ich wiederhole mich jetzt. Das liegt in der Hauptverantwortung der Betreiber oder der Verantwortlichen in den Biogasanlagen. Es ist ein Lernprozess gewesen. Das war in den letzten Jahren eine Wahnsinnswachstumsbranche. Es ist klar, dass hier Lernen notwendig ist. Das will ich gar nicht beschönigen. Aber was hier in den letzten Jahren erreicht wurde, ist phänomenal. Dies geschah in Zusammenarbeit mit vielen Schulungen. Auch hier möchte ich die Eigenverantwortung ins Spiel bringen.
Man sieht – das hat mich an Ihrer Rede am meisten gestört, Herr Scheuenstuhl –, wie viele Rechtsformen beteiligt sind: Baurecht, Immissionsschutz, Abfallrecht, Wasserrecht, Anlagensicherheit, Veterinärrecht, Düngemittelrecht. Das sind viele Komponenten, die zusammenarbeiten müssen – das geschieht auch – und sich in sich ergänzen, aber jeder Bereich für sich selber. Das ist ganz wichtig. Ich kann mir nicht beim Wasserrecht etwas anderes ausdenken. Auch das muss man deutlich sagen. Es gibt im Biogasbereich – nicht, wie es immer dargestellt wird – ganz klar Anlasskontrollen. Wenn ein Verdachtsfall vorliegt, ja. Aber es gibt auch die wiederkehrenden Kontrollen, Sie haben so schön auf den TÜV im Autobereich verwiesen. Auch dies ist mittlerweile mehr oder weniger Standard im Biogasbereich, bei vielen ganz großen Anlagen und automatisch bei kleineren Anlagen.
Die Umwallung wurde bereits angesprochen. Eine gesetzliche Bestimmung wird kommen. Sie ist aber jetzt schon mehr oder weniger da. Die Behörde kann seit 2012 bei Notwendigkeit eine Umwallung fordern. Das ist gut so. Das muss ich deutlich sagen. Hier besteht kein Handlungsbedarf.
Die Schulungen wurden bereits angesprochen. Ich weiß selber aus meinem Bekanntenkreis, was momentan für Intensivschulungen auf höchstem Niveau laufen. Wir haben in Triesdorf einen eigenen Kurs zum Energiewirt. Das ist doch das Schöne an der ganzen Sache. Uns ist es in den letzten zehn Jahren gelungen, eine Wachstumsbranche mitzunehmen. Vor fünf oder sechs Jahren hatten wir vielleicht Defizite, die aber Gott sei Dank mehr oder weniger alle beho