Protocol of the Session on January 28, 2016

Es geht um eine Verringerung der Anforderungen der bayerischen Garagen- und Stellplatzverordnung oder

um eine kritische Überprüfung der Abstandsflächenregelung in der Bayerischen Bauordnung. Generell geht es um die Überprüfung der Baustandards im sozialen Wohnungsbau in Richtung auf Vereinfachungspotenzial. Insbesondere möchte ich das in Bezug auf den sozialen Wohnungsbau sagen. Aber es sollte auch für den allgemeinen Mietwohnungsbau gelten. Ich habe ja vorhin diejenige Gruppe angesprochen, die im sozialen Wohnungsbau nicht zum Zug kommt, aber ebenfalls Wohnungen nachfragt.

Natürlich geht es auch um kommunale Auflagen, zum Beispiel bei Begrünung und Spielplätzen. Es geht um die Bayerische Kompensationsverordnung, bei der man ebenfalls darüber diskutieren kann, ob wir die Festsetzung der Ausgleichsflächen bei der Flächennutzung für die verdichtete Wohnraumentwicklung nicht vielleicht aussetzen könnten.

Alle Dinge müssen auf den Prüfstand, damit wir das erreichen können, was wir wollen, nämlich massiv mehr Wohnungsbau.

Ich zitiere abschließend noch einmal den Städtetag: "Die Wohnraumförderung ist nun auf einem richtigen und guten Weg."

Wenn wir die Überprüfung der Standards schaffen und privates Kapital generieren können, können wir, was den Wohnungsbau anlangt, die Herausforderungen bewältigen.

(Beifall bei der CSU)

Jetzt darf ich für die SPD-Fraktion Herrn Kollegen Lotte das Wort erteilen.

Verehrte Landtagspräsidentin, ich habe jetzt für die Opposition eine ungewohnte Rolle zu spielen: Ich muss den Kollegen Rotter von der CSU ausdrücklich loben. Sie haben das Thema aufgegriffen. Wir diskutieren es schon seit geraumer Zeit. Ich glaube, wir ziehen in dieser Frage gemeinsam an einem Strang.

(Helga Schmitt-Bussinger (SPD): So ist es!)

Ich war gespannt, was die Intention des Antrags ist, und habe mir verschiedene Varianten überlegt, was die CSU in diesem Zusammenhang bringen könnte. Dem, was Herr Kollege Rotter vorgetragen hat, und dem, was in diesem Antrag formuliert ist, stimmen wir aus tiefster Überzeugung zu. Ich sage das gleich vorweg.

(Erwin Huber (CSU): Jessas na!)

- Herr Huber, noch ein Lob: Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass Herr Rotter nicht nur die Bundesgesetzgebung, sondern auch die Landesgesetzgebung und explizit die Verordnung angesprochen hat. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Wir müssen auf Bundesebene natürlich alle Verordnungen und Gesetze, gerade das Baurecht, durchforsten und entschlacken. Bundesbauministerin Hendricks hat schon Ende des letzten Jahres deutlich signalisiert, dass sie dies anpacken will. Wir müssen aber auch in Bayern anpacken. Insofern freut mich dieser Antrag wirklich.

Wenn wir über die soziale Wohnraumförderung sprechen, sollten wir auch die Gelegenheit nutzen, diese soziale Wohnraumförderung einmal kritisch auf den Prüfstand zu stellen. Damit meine ich nicht einmal die Höhe dieser Förderung. Ich könnte meine Forderung erneuern, dass wir dafür mehr Geld ausgeben könnten. Das will ich Ihnen aber heute ersparen. Ich sage vielmehr: Könnten wir nicht auch die Förderrichtlinien in Bayern entschlacken? Herr Kollege Rotter, ich habe von der Bauwirtschaft die Rückmeldung bekommen, dass man sich dort die Frage stellt: Lohnt sich der Sozialwohnungsbau überhaupt für uns? Auch wenn er sich lohnt, haben wir das Problem, dass die Beantragung der sozialen Wohnraumförderung wahnsinnig kompliziert ist.

Ich begrüße deshalb ausdrücklich die Zuschussförderung. Diese wichtige Möglichkeit haben wir seit dem 1. Januar. Ich bin sehr froh, dass unser Innen- und Bauminister Herrmann zum Januar den Zuschuss angeglichen hat. Es ist wichtig, für die soziale Wohnraumförderung das Signal auszusenden, dass der Zuschuss für alle sozial Bedürftigen gleich ist und nicht zwischen den Zielgruppen unterschieden wird. Das war ein ganz wichtiger Punkt.

Herr Rotter, in einem Punkt muss ich Ihnen widersprechen: Leider geht es nicht mehr darum, dass der Wohnraum bezahlbar bleibt, sondern darum, dass er wieder bezahlbar wird.

(Beifall bei der SPD)

In den letzten Jahren haben wir es leider versäumt, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Deshalb müssen wir jetzt noch größere Kraftanstrengungen unternehmen, um das zu schaffen. Ich sage auch: Wir können das schaffen. Wir müssen dem Beispiel des Bundes folgen. Barbara Hendricks hat Ende des Jahres 2015 angekündigt, sie würde die Zuschüsse für die Wohnraumförderung verdoppeln. Anfang des Jahres 2016 hat sie erklärt, dass sie diese Zuschüsse gerne noch einmal verdoppeln würde. Hierzu wird es noch eine Diskussion in der Regierung geben. Wir hoffen, dass sich Frau Hendricks durchsetzt und dass

diese Zuschüsse verdoppelt werden können. Damit würden diese Zuschüsse insgesamt vervierfacht. Ich hoffe außerdem, dass Herr Herrmann nicht nur diejenigen Mittel verbaut, die der Bund gibt, sondern selbst auch noch einmal eine ordentliche Schippe drauflegt. Erste positive Signale dafür gibt es bereits; das sage ich ausdrücklich. Wir müssen sehen, ob das reicht oder nicht. Das Problem ist erkannt. Ich freue mich, wenn wir dieses Problem gemeinsam angehen.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege Lotte. – Für die Fraktion der FREIEN WÄHLER erteile ich Herrn Kollegen Muthmann das Wort. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herzlichen Dank für diesen Antrag. Er ist nicht neu. Wir haben zuletzt im Zusammenhang mit den Beratungen über den Nachtragshaushalt 2016 unter der Überschrift "Wohnungsbau in Bayern kraftvoll ankurbeln" verschiedene Aspekte zusammengefasst. Dazu gehört auch der heute in den Mittelpunkt gestellte Aspekt: Können wir den Bau durch eine Reduzierung von Standards verbessern? Was das Lob des Städtetages angeht: Der Städtetag hat von einem "richtigen Weg" gesprochen. Die Dimension der Aufgabe ist riesig. In anderen Bundesländern gibt es noch Vorbehalte. Ich habe die Hoffnung, dass bei diesem Thema in den nächsten Tagen und Wochen eine Priorisierung in Richtung Bedarfsdeckung für Wohnungssuchende erfolgt.

Vor dem Hintergrund der Debatten über die Flüchtlingszugangszahlen ist dieses Thema durchaus eine große gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Ich rechne einmal die Zahlen ins Unreine: Im Jahr 2015 sind etwa eine Million Flüchtlinge nach Deutschland gekommen. Von diesen Flüchtlingen darf vielleicht die Hälfte dauerhaft dableiben. Nach dem Königsberger Schlüssel bleiben 15 % für Bayern. Das sind allein 75.000 Menschen.

(Florian von Brunn (SPD): Königsberger Klopse und Königsteiner Schlüssel!)

- Was habe ich gesagt? – 15 % für Bayern, ins Unreine gerechnet, sind das 75.000 Menschen.

(Thomas Kreuzer (CSU): Stimmt genau!)

Wir haben aber die Situation, dass wir in Bayern ohnehin nicht genügend Wohnungen für wohnungssuchende Menschen haben. In Summe stehen wir also vor einer riesigen Aufgabe. Ich darf daran erinnern, dass Bayern im Jahr 1993 eine Spitzenzahl an För

dermitteln zur Verfügung gestellt hat, die wir bislang nicht wieder erreicht haben. Wenn wir zu diesen Mitteln von 1993 noch die Baukostenentwicklung hinzurechnen, wird klar, dass wir für die Finanzierung dieser Aufgabe in den nächsten Jahren noch zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen müssen. Als weiterer wichtiger Aspekt sei erwähnt, dass daneben auch die Wiedereinführung der degressiven AfA und insgesamt steuerliche Anreize ein wichtiges Thema sind.

Wir haben ungefähr 1.500 DIN-Vorschriften, die für das Bauwesen einschlägig sind. Diese Zahl spricht eine deutliche Sprache und macht diesen Antrag der CSU unterstützenswert. Der Wohnungspakt Bayern umfasst 28.000 staatlich geförderte Wohnungen bis zum Jahr 2019. Wir loben diesen Wohnungspakt, aber er ist längst nicht ausreichend.

Wir müssen uns die Kostentreiber vor Augen führen. Ich nenne hier die Baulandpreise und natürlich die EnEV 2016, an der im Übrigen der damalige Wohnungsbauminister Ramsauer nicht unmaßgeblich beteiligt war. Es ist notwendig, an dieser Stelle dieses Thema aufzuwerfen. Das sagen alle, die mit Baukalkulationen befasst sind. Diese Kostensteigerungen haben eine Größenordnung von etwa 7 % und erschweren es weiterhin, gut vermietbare Wohnungen zu schaffen. Wir wollen keinen zusätzlichen Wohnraum für besonders Begüterte schaffen, sondern für diejenigen, die sich hochpreisige Wohnungen nicht leisten können.

Ich nenne außerdem den Schallschutz und Vorgaben für Stellplätze und Begrünungen sowie steigende Qualitätsansprüche. Auch damit müssen wir uns auseinandersetzen. Wir haben somit ausreichende Ansatzpunkte für zusätzliche Unterstützungen. Möglicherweise könnten wir auch die Voraussetzungen schaffen, um eine weitere Beschleunigung bei der Aufstellung von Bauleitplänen und der Schaffung von Baurecht zu erreichen. Ich nenne noch einmal die Standards für Begrünungen, Spielplätze und Stellplätze. Das wurde schon gesagt. Die Garagen- und Stellplatzverordnung liegt in bayerischer Verantwortung. Darüber können wir diskutieren.

Ich hoffe, dass wir in einer gesamtgesellschaftlichen Debatte zu dem Ergebnis kommen, dass sich diese Normen zwar auf wichtige Aspekte beziehen, dass wir aber eine übergeordnete Herausforderung zu bewältigen haben. Der soziale Sprengstoff, der in der unzureichenden Wohnraumversorgung liegt, sollte für uns Anlass sein, über das eine oder andere liebgewordene Ziel spezifischer und fachlicher Interessenvertretung hinwegzukommen. Wir unterstützen den Antrag, und wir unterstützen die Arbeit. Herzlichen Dank dafür.

Lieber Herr Kollege Rotter, ich hoffe, dass Sie gelegentlich die CSU davon überzeugen können, auch unseren Anträgen zuzustimmen, mit denen wir das gleiche Ziel verfolgen. Hier haben Sie noch Nachholbedarf.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank Kollege Muthmann. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat nun Kollege Mistol das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wir GRÜNE kämpfen nicht nur für einen nachhaltigen Wohnungsbau, sondern wollen auch bezahlbare Wohnungen. Da stellt sich die Frage, ob wir beide Ansprüche unter einen Hut bekommen. Kollege Lotte meinte, wir können es schaffen. Ich bin überzeugt, wir werden es schaffen. Wir schaffen das!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch ich bin der Auffassung, dass Vorschriften und Standards von Zeit zu Zeit auf den Prüfstand gehören, um zu sehen, ob sie ihren Zwecken überhaupt noch gerecht werden. Was den Wohnungsbau angeht, ist die Überprüfung der Standards nur einer von vielen Bausteinen, um die dringend notwendigen Impulse für die Schaffung von mehr Wohnraum zu setzen.

Fakt ist, dass in den letzten zehn Jahren die wohnungspolitischen Weichen in Bayern falsch gestellt worden sind. Der soziale Wohnungsbau ist viel zu lange vernachlässigt worden. Diese Versäumnisse werden sich kurzfristig nicht so schnell beheben lassen. Deshalb brauchen wir ganz schnell ein Maßnahmenbündel, um den Wohnungsbau anzukurbeln.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Infolge der Zuwanderung sind von Bundestag und Bundesrat bereits Änderungen im Baurecht zur Erleichterung und Beschleunigung des Wohnungsbaus und der Wohnraumversorgung beschlossen worden. Inwieweit weitere Erleichterungen im Bauplanungsrecht vertretbar sind, gilt es in Abstimmung mit Bund und Ländern eingehend zu prüfen.

Die ersten Ergebnisse der Baukostensenkungskommission belegen, dass neben den Baulandpreisen vor allem die zunehmende Wohnfläche pro Kopf, also der Wohnbedarf pro Kopf, sowie die Ausstattungsmerkmale und die technischen Ausrüstungen die eigentlichen Kostentreiber im Wohnungsbau sind. Deshalb sollten insbesondere die Möglichkeiten zur Kostensenkung und die Modifikation von Standards genauestens unter die Lupe genommen werden und, wenn

es möglich und sinnvoll ist, auch umgesetzt werden. Allerdings sollten die baulichen Standards im engeren Sinne, also Brandschutz und Standsicherheit, nicht abgesenkt werden. In diesem Punkt bin ich mit Ihnen völlig d’accord, Herr Kollege Rotter.

Eine Absenkung energetischer Standards beim Wohnungsneubau lehnen wir GRÜNE aus ökonomischen und ökologischen Gründen ab. Künftiger Wohnungsbau kann aus unserer Sicht nur in Verbindung mit Klimaschutz geschehen; denn langfristig wird ein schlecht gedämmtes Gebäude für die Mieterinnen und Mieter zur Kostenfalle.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was die Energieeinsparverordnung und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz angeht, sind wir der Auffassung, dass es einer Neukonzipierung bedarf. Das ist von uns aus unumstritten. Ob wir dann bei der EnEV in Zukunft noch einmal draufsatteln müssen, sehe ich skeptisch. Aber ein Zurückdrehen kommt für uns nicht infrage.

Weiterhin ist es aus unserer Sicht erforderlich, das gesamte Normungswesen wieder verstärkt an der bewährten Praxis zu orientieren. Nach unserer Meinung müssen unabhängige Fachleute in diesen Normausschüssen tätig sein und weniger die Lobbyvertreter der Industrie, die stets mehr oder weniger interessengeleitet sind. Da bedarf es aus unserer Sicht einer grundlegenden Revision.

Ein großer Beitrag zur Kostensenkung kann durch die Flexibilisierung oder gar die Streichung der Stellplatzregelungen erreicht werden. Einen entsprechenden Vorstoß haben wir bereits vor zwei Jahren gemacht. Leider ist dieses Anliegen von Ihnen allen abgelehnt worden. Dabei gilt es doch längst als erwiesen, dass die gesetzliche Pflicht zur Schaffung von Stellplätzen als Kostentreiber vor allem beim öffentlich geförderten Wohnungsbau wirkt.

Noch eine Anmerkung, Herr Rotter: Sie sagten, ohne private Geldanleger werden wir die Herausforderung, was den Wohnungsbau in Zukunft angeht, nicht bewältigen können. Da sind wir ganz bei Ihnen. Bund und Länder verhandeln zurzeit über die Modalitäten. Ich kann nur dazu auffordern, sich bald zu einigen; es eilt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Kolleginnen und Kollegen, alles in allem begrüßen wir die Anliegen dieses Antrages und werden ihm deshalb auch zustimmen. Weil die Möglichkeiten zur Baukostenreduzierung generell aber eher begrenzt sein dürften, gilt es, mit Augenmaß an die ganze Sache