Protocol of the Session on December 9, 2015

Ja.

- und der Beerdiger, wollte ich schon sagen, aber das ist ja falsch – hat auf meine Nachfrage hin eindeutig erklärt, dass die Bestatter, da sie ja Dienstleister sind, selbstverständlich die Form wahren und ordnungsgemäß und technisch einwandfrei eine muslimische Bestattung durchführen können, inklusive Verzicht auf die Sargpflicht. Das sage ich bloß, damit es einmal rundherum klar ist. Es gibt keinen technischen, hygienischen oder sonstigen Grund, das zu verweigern.

Ich muss ja keine Frage stellen, sondern kann jetzt auch etwas feststellen. Es ist an der Zeit, dass wir unseren muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern ihre Würde zurückgeben und sie nicht zur Gemeinde oder zum kirchlichen Träger gehen und dort mit einem Sonderantrag betteln müssen. Sie sollen ihre Angehörigen, ihre Lieben gemäß ihren Riten bestatten dürfen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege, das ist vollkommen richtig. Die Bestatter haben auf die Frage, ob sie nach einem Beschluss des Landtags in der heutigen Sitzung, die Sargpflicht aufzuheben, in der Lage sind, diese Dienstleistung zu erbringen, mit einem klaren Ja geantwortet. Insgesamt waren sie aber schon sehr skeptisch gegenüber der Aufhebung der Sargpflicht.

(Harry Scheuenstuhl (SPD): Wegen des Geldes!)

- Ja, ja, ich will es nicht so deutlich sagen. – Sie hätten es natürlich lieber, wenn wir weiter bei der Sargpflicht blieben.

Zum Letzteren: Lassen wir es nicht immer nur beim Islam bewenden. Im ganzen arabischen Raum gibt es Kulturen, die die Bestattung ohne Sarg in Leinentüchern wählen, nach welchem Recht auch immer, jedenfalls aber in guter Tradition. Es ist nicht unsere Aufgabe, das zu überprüfen und ihnen Vorschriften zu machen. Ich meine, diese Regelungen sind sinnvoll, und wir sollten ihnen zustimmen. Ich habe es ja schon

gesagt: Wenn wir es heute nicht tun, holt es uns irgendwann ein; irgendwann werden auch wir das beschließen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Danke schön. – Nächster Redner ist der Kollege Arif Taşdelen.

Verehrte Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich bin dem Herrn Hanisch dankbar, dass er quasi erläutert hat, um welche Bedingungen für die Bestattungsformen es nach unserem Antrag gehen soll. Dass man die Asche nicht überall, schon gar nicht über der Allianz-Arena verstreuen kann, versteht sich von selbst. Daher brauchen wir nicht darüber reden, liebe Kolleginnen und Kollegen, wo die Asche verstreut wird und ob man beim FC Bayern oder beim Arena-Betreiber eine Zustimmung dafür bekommt oder nicht. Das ist schon eine gewisse Polemik, die wir uns gerne sparen können.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ansonsten hat mein Kollege Professor Gantzer zu unserem Gesetzentwurf alles gesagt.

Ich möchte nur Folgendes zu dem GRÜNEN-Antrag sagen. Wir hatten angekündigt, dass wir uns bei der Abstimmung über diesen Antrag enthalten. Wir werden dem GRÜNEN-Antrag aber deswegen zustimmen, weil wir die sarglose Bestattung und die Erleichterung der muslimischen Bestattungsformen schon mit unserem Gesetzentwurf für ein Integrationsgesetz im Februar dieses Jahres gefordert haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Anhörung haben die Expertinnen und Experten nahezu einstimmig für die Abschaffung der Sargpflicht plädiert. Es gab nur eine Ausnahme, den Vertreter des Bestatterverbandes. Dieser hat logischerweise Angst, dass nicht nur Muslime, sondern auch Nichtmuslime auf den Sarg verzichten, da dies mit Einnahmeverlusten verbunden wäre.

Ich erinnere daran, dass der Herr Ministerpräsident in der gestrigen Diskussion über die dritte Startbahn gesagt hat, er wolle dieses Land im Dialog mit den Menschen regieren, das heißt, er wolle nicht über ihre Köpfe hinweg entscheiden. Ich hoffe, dass wir das, was der Herr Ministerpräsident gestern von sich gegeben hat, ernst nehmen können. Ich wiederhole: Fast alle Expertinnen und Experten sind für die Abschaffung der Sargpflicht. Die muslimischen Gemeinden und die Jüdische Gemeinde sprechen sich ebenfalls dafür aus. Bayern ist eines von nur noch drei Bundes

ländern, in denen die Sargpflicht gilt. Es gibt aber keinen Grund, daran festzuhalten. Deshalb werden wir auch dem Antrag der GRÜNEN zustimmen. Ich fordere Sie auf, sich dem anzuschließen.

Ich kündige schon an dieser Stelle an, dass wir, falls die Mehrheitsfraktion unseren Gesetzentwurf und den Antrag der GRÜNEN ablehnen sollte, die CSU und das gesamte Hohe Haus nicht in Ruhe lassen werden. Wir werden solange auf eine entsprechende Gesetzesänderung drängen, bis sie durchgesetzt ist, damit sich alle Menschen, die in Bayern leben, von uns vertreten fühlen. Wir jedenfalls wollen, dass ihren Interessen Rechnung getragen wird.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Danke schön. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Leider können wir die namentliche Abstimmung noch nicht durchführen, weil die Wartezeit von 15 Minuten noch nicht erfüllt ist.

Ich rufe deshalb Tagesordnungspunkt 18 auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Franz Schindler, Horst Arnold u. a. und Fraktion (SPD) zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Staatsregierung (Einführung von Karenzzeitregelungen) (Drs. 17/5767) - Zweite Lesung

hierzu:

Änderungsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) (Drs. 17/6321)

Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit beträgt nach der Vereinbarung im Ältestenrat 24 Minuten. – Erster Redner ist Kollege Horst Arnold.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! "Totale Transparenz ohne Rücksicht" hat der Ministerpräsident gefordert, als es diverse Skandale, die uns beschäftigt haben, aufzuklären galt. So weit gehen wir nicht. Wir verlangen eine Karenzzeitregelung für amtierende und ehemalige Mitglieder der Staatsregierung, die beabsichtigen, innerhalb von 18 Monaten nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt einer Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes nachzugehen.

Die Marschrichtung ist vorgegeben: Regierungsverantwortung wahrzunehmen heißt, Entscheidungsträ

ger oder Entscheidungsträgerin zu sein und das hoffentlich vorhandene Wissen zu vernetzen. Regierungsverantwortung wird mit Unterstützung des Parlaments wahrgenommen und ist grundsätzlich immer dem Allgemeinwohl verpflichtet. Mit der Einwirkung von Interessengruppen und Privatinteressen muss entsprechend umgegangen werden.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Das Wissen darum, wo etwas entschieden wird, ist wichtig. Das wird schon daran deutlich, wenn uns die Bürgerinnen und Bürger häufig fragen, an wen sie sich wenden können. Das Wissen darum und die Vernetzung des Wissens sind notwendig, um überhaupt entscheiden zu können.

Etwas anderes, ja ein gewaltiger Unterschied ist es, wenn das Ganze auf das professionelle Gleis gesetzt wird. Dies ist dann der Fall, wenn Regierungsmitglieder von heute auf morgen in die Privatwirtschaft wechseln und damit nicht mehr dem Allgemeinwohl, sondern privaten Interessen verpflichtet sind. Ein solcher Wechsel wirft systemische Fragen auf. Diese sind uns aus anderen Bereichen nicht unbekannt. Bei Gericht kennen wir den Begriff "Befangenheit". Zugespitzt lautet die Frage: Darf man das? Darf man von einem Regierungsamt in die Privatwirtschaft wechseln?

(Zuruf von der CSU: Gazprom!)

Unsere Antwort lautet: Ja, man darf das, aber nur unter Beachtung entsprechender Transparenzregelungen. Die Reputation seines früheren Amtes für kommerzielle Tätigkeiten einzusetzen birgt nämlich die Gefahr, dass die Glaubwürdigkeit des Gesamtsystems leidet.

Die von uns vorgeschlagene Karenzzeitregelung ist nicht darauf angelegt, dass Menschen arbeitslos werden und dem Pauperismus, das heißt, der Verarmung, anheimfallen. Dafür sorgt schon die Begrenzung der Übergangszeit auf 18 Monate. Sehr wohl fordern wir, die Wechselabsicht frühzeitig anzuzeigen. Diese Anzeigepflicht ist, da kaum zu kontrollieren, auch eine Ehrenpflicht. Die Staatsregierung soll aber nicht einfach Ja oder Nein sagen, sondern sich auf die Empfehlung eines unabhängigen Gremiums, die wir als Ethikkommission verstehen, stützen. In diesem Gremium kann das Spannungsverhältnis zwischen der notwendigen Wahrung des Ansehens der Staatsregierung und dem Grundsatz der Berufswahlfreiheit angemessen gewürdigt werden. Nach Bewertung der möglichen Interessenkollisionen kann die Ethikkommission ihre Empfehlung abgeben.

Den Zeitraum von 18 Monaten halten wir für vertretbar. Niemand wird dadurch einen Schaden erleiden – wenn er denn tatsächlich nicht wegen des Geldes wechselt. Aber das ist eine andere Geschichte. Wir kommen nicht darum herum, den Aspekt des Geldverdienens im privaten Bereich zu beachten.

Ein Spannungsverhältnis gibt es auch zwischen dem Demokratieprinzip, dem Prinzip der Glaubwürdigkeit und der Notwendigkeit des Austauschs von Kompetenz zwischen Privatwirtschaft und Politik. Alle diese Aspekte müssen berücksichtigt werden. Im Übrigen schützen wir durch unser Transparenzgesetz diejenigen, die in die Privatwirtschaft wechseln, vor ungerechtfertigter Kritik; denn dann kann niemand mehr sagen, jemand habe sich nicht einer Transparenzregelung unterworfen.

Die CSU und die Staatsregierung wollen anscheinend ihre Argumentation beibehalten und abwarten, bis der Bund entschieden hat. Ich sage Ihnen: Wer eine entsprechende Regelung jetzt verschiebt, der wird sie immer verschieben, weil er grundsätzlich nicht hinter der Sache steht. Sie reklamieren sonst immer die Meinungsführerschaft für sich und erklären, Bayern gehe mit der Garde des Fortschritts voran. Dann folgen Sie heute dem bekannten Grundsatz: Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen, lieber Freistaat!

Wir haben übrigens allen Anlass, im Freistaat eine entsprechende Regelung zu treffen. Das jüngste Beispiel ist das des ehemaligen Finanzministers Fahrenschon, der mit Sicherheit froh ist, sich nicht alle fünf Jahre einer Wahl stellen zu müssen und im Wettbewerb um Wohlwollen und Fürsorge einen Ministerposten ausüben zu dürfen. Herr Fahrenschon hat seinen jetzigen Job sicher, und zwar mit einem Vielfachen dessen, was ihm als Minister zustand. Sein Wechsel war sicherlich legal. Aber es wäre schön, wenn derartige Prozesse künftig öffentlich und besser sichtbar ablaufen würden.

Wenn Sie jetzt mit Schröder kommen, dann sage ich Ihnen: Das ist auch ein Beispiel. Aber größte Kritiker aus den Reihen der Union, Herr Pofalla, der Schröders Wechsel als "Ungeheuerlichkeit" bezeichnete, hatte kurz nach seinem Ausscheiden aus der Bundesregierung nichts Besseres zu tun, als in den Vorstand der Deutschen Bahn zu wechseln. Daher brauchen wir hier nicht hin- und herzureden oder auf die Schwarzen bzw. die Roten zu zeigen. Es geht um die Glaubwürdigkeit des gesamten Systems.

(Beifall bei der SPD)

Sie wollen eine entsprechende Regelung unter Hinweis darauf, dass im Bund noch entschieden werden

müsse, verzögern. Ich fordere Sie auf, endlich mit den Leuten Ihrer Landesgruppe im Bundestag zu reden, insbesondere mit Gerda Hasselfeldt. Dort ist man sich nämlich schon einig. Dort gibt es insoweit keinen Zwiespalt. Dort gibt es niemanden, der auf die Bremse tritt. Wahrscheinlich ist die Meinungsführerschaft Bayerns gegenüber dem Bund, von der Sie sonst immer sprechen, dadurch geprägt, dass Sie die Führer beim Bremsen von vernünftigen Regelungen für Transparenz, Demokratie und Glaubwürdigkeit sind. Beweisen Sie das Gegenteil, und stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu!

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. – Nächste Rednerin ist Kollegin Guttenberger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die SPD legt einen Gesetzentwurf vor, mittels dem verhindert werden soll, "dass durch den Anschein einer voreingenommenen Amtsführung im Hinblick auf spätere Karriereaussichten oder durch die private Verwertung von Amtswissen nach Beendigung des Amtsverhältnisses das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität der Staatsregierung beeinträchtigt wird." Das sind hehre Ziele, Kolleginnen und Kollegen. Das Vertrauen soll also nicht beeinträchtigt werden.

Ich sage Ihnen: Wir haben keinerlei Anhalt, dass das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Staatsregierung bislang in irgendeiner Weise beeinträchtigt wäre. Ich sage es etwas böse: Gerhard Schröder ist nicht Mitglied des bayerischen Kabinetts gewesen.

(Beifall bei der CSU)

Wir halten einen solchen Gesetzentwurf, der einfach nur von der Bundesregelung abgeschrieben ist, ohne in irgendeiner Weise den bayerischen Gegebenheiten Rechnung zu tragen, für keinen richtigen Weg, um irgendetwas zu verhindern.

(Markus Rinderspacher (SPD): Sie meinen, der Gesetzentwurf ist nicht scharf genug!)

Wir halten eine solche Regelung auch nicht für zielführend.