Protocol of the Session on December 9, 2015

(Beifall bei den GRÜNEN)

Neun von zehn Experten plädieren für Reformen. Herr von Lerchenfeld sagt, er hat niemanden gehört, der für Reformen plädiert.

(Zuruf von der CSU: Das ist sein Recht!)

- Das ist sein Recht, aber er kann es auch einmal erklären. Es ist jedenfalls nicht logisch.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nach dem, was ich hier vorgetragen habe, versteht kein Mensch, wie Sie zu dieser Schlussfolgerung kommen. Ich kann nur an Sie appellieren: Gehen Sie einmal in sich. Hören Sie auf die Menschen draußen und auf die Bedürfnisse der Menschen, die Sie vertreten. Das reklamieren Sie doch immer für sich. An dem Punkt können Sie es einmal tun. Lassen Sie dieses Land endlich einmal Heimat für alle sein, die hier leben, egal was sie glauben oder welche Weltanschauung sie vertreten. Ringen Sie sich endlich zu

einer vernünftigen Reform des Bestattungsrechts durch.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. Nächster Redner ist der Kollege Freiherr von Lerchenfeld.

(Harry Scheuenstuhl (SPD): Aber auf Deutsch!)

Ich kann es auch auf Italienisch vortragen.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Das wäre mal etwas anderes! – Harry Scheuenstuhl (SPD): Kann ich nicht, aber Fränkisch!)

Frau Präsidentin, Hohes Haus! Heute liegen uns ein Gesetzentwurf und ein Antrag zur Änderung des Bestattungsrechts vor. Zunächst komme ich zum Gesetzentwurf der SPD zur Änderung des Bestattungsgesetzes. Er liegt uns heute in Zweiter Lesung vor. Demnach soll es zukünftig – wir haben es gerade gehört – möglich sein, dass die Aschereste eines Verstorbenen nach Einäscherung der Leiche in einer Feuerbestattungsanlage inner- oder außerhalb von Friedhöfen verstreut werden.

Uns erscheinen diese Zielsetzung des Gesetzentwurfs und deren innere Rechtfertigung fraglich. Diese Regelung würde ausdrücklich der Erfüllung individueller, ich möchte fast sagen willkürlicher, zumeist weltanschaulich geprägter Wünsche dienen und nur dem aktuellen Zeitgeist folgen. Maßgeblich für die rechtliche Ausgestaltung der zulässigen Bestattungsmethoden sollte jedoch das mehrheitliche Werteempfinden der Bevölkerung sein, das in Bayern von den großen Glaubensgemeinschaften mitgetragen wird. Auch bei der Expertenanhörung zu nichtchristlichen Bestattungsformen – Sie haben es gerade auf die Ihnen eigene Art zitiert, Frau Gote - hat sich nicht herauskristallisiert, dass ein Bedarf für weitere Bestattungsformen besteht. Sie brauchen nicht den Kopf zu schütteln, ich bin noch beim Gesetzentwurf der SPD. Zusätzliche Bestattungsformen sind zwar möglich, aber nicht nötig. Ein bloßes Verstreuen der Aschereste im hinteren Eck des so geliebten heimischen Gartens, lieber Professor Gantzer, stellt nach unserer Auffassung keinen würdevollen Umgang mit dem Verstorbenen dar und verstößt gegen die verfassungsrechtlich garantierte Würde des Toten.

(Zuruf von den GRÜNEN: Wenn er das aber selbst verfügt hat?)

Ein solches Verstreuen kommt einer bloßen Entsorgung gleich. Die Würde des Menschen nach dem

Grundgesetz – das habe ich auch schon im Ausschuss gesagt – muss auch postmortal gelten. Stellen Sie sich einmal vor, man könnte die Asche in Bayern individuell überall verstreuen. Ich könnte mir vorstellen, dass viele Bayernfans ihre Asche in der Allianz Arena verstreut haben wollen. Wie schaut es denn dann dort aus?

(Harry Scheuenstuhl (SPD): Dann wird’s eng!)

Deshalb lehnt die CSU-Landtagsfraktion diesen Gesetzentwurf der SPD ab.

Zu den Kollegen der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Sie stellen in Ihrem Antrag einen ganzen Forderungskatalog auf. So fordern Sie in Nummer 1 Ihres Antrags, dass im Rahmen der angekündigten Novellierung des Bestattungsrechts die Sargpflicht bei Erdbestattungen aufgehoben wird. Dem möchte ich entgegenhalten, dass in Bayern den islamischen Bestattungsriten auch nach dem derzeit geltenden Bestattungsgesetz überwiegend entsprochen wird. So steht im Bestattungsrecht, dass der zusätzlichen Verwendung eines Leichentuchs – das ist bei den Islamisten,

(Widerspruch bei den GRÜNEN)

bei den Islamgläubigen meistens aus Leinen – neben der Sargpflicht nichts entgegensteht. - Ein Lapsus Linguae ist, glaube ich, nicht nur mir passiert. Das ist in diesem Hohen Haus schon öfter vorgekommen.

Auch Ausnahmen von der Bestattungsfrist sind in begründeten Fällen möglich. Wir wissen, dass die Muslime innerhalb von 24 Stunden nach dem Tod begraben werden wollen. Das wird auf den Friedhöfen individuell geregelt und auch weitestgehend ermöglicht, wenn Angehörige von muslimischen Verstorbenen aufgrund ihrer religiösen Überzeugung dies wünschen. Die Gemeinden haben das Grundrecht auf Religionsfreiheit zu beachten. Sie machen in der Praxis auch regelmäßig entsprechende Zugeständnisse. Daher besteht im Hinblick auf die Bestattungsfrist kein dringender Änderungsbedarf.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Was machen die am Wochenende?)

Bei einer Novellierung des Bestattungsrechts kann jedoch geprüft werden, inwieweit die Belange anderer Religionsgemeinschaften als der christlichen in die Bestimmungen des Bayerischen Bestattungsgesetzes mit einbezogen werden können. Unser Vorschlag: Formulieren Sie doch die Ziffer 1 Ihres Antrags in einen Prüfantrag um.

Zu Nummer 2 Ihres Antrags möchte ich Ihnen entgegenhalten, dass die geforderte Information über flächendeckend leicht zugängliche Möglichkeiten der Durchführung islamischer Bestattungen und deren Verbreitung durch staatliche Öffentlichkeitsarbeit den Betrieb der Friedhöfe als kommunaler Einrichtungen beeinflussen würde. Es hat sich sehr gut bewährt, dass die Gemeinden in ihrer Funktion als eigenverantwortliche Friedhofsträger gemeinsam mit den islamischen Verbänden und den islamischen Bestattungsinstituten vor Ort der vorrangige Ansprechpartner für ihre muslimischen Einwohner sind. Ein solcher individueller Dialog führt eher zum Ziel als eine Öffentlichkeitsarbeit durch staatliche Stellen. Die im Antrag geforderte breit angelegte staatliche Informationsinitiative hierzu ist weder erforderlich noch zielführend. Dieser Teil des Antrags ist daher abzulehnen.

Zu Nummer 3: Für den Vollzug des Bestattungsrechts sind die Gemeinden in eigener Verantwortung zuständig. Die Vorlage des geforderten Berichts kann somit nur unter Einbeziehung der Kommunen, der kommunalen Spitzenverbände und gegebenenfalls weiterer betroffener Stellen erfolgen. Dem können wir natürlich zustimmen.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Haben Sie aber nicht!)

Zu Nummer 4: Aus dem Antrag geht leider nicht hervor, was konkret ein Bericht über die Qualität des Bestattungswesens sein soll. Wenn es um das Bestattungsgewerbe und die Forderung nach einer Reglementierung des Bestatterberufs gehen sollte, weise ich Sie darauf hin, dass die Berufsausübung des Bestatters im Bestattungsrecht nicht geregelt wird.

Hinsichtlich einer gesetzlichen Regelung des Berufszugangs liegt die Gesetzgebungskompetenz bekannterweise beim Bund. Somit gibt es weder im Bestattungsrecht noch im Handwerks- und Gewerberecht berufsrechtliche Regelungen für Bestatter und damit auch keine Aufsichtsbehörde für sie. Qualitätsüberprüfungen können hier nicht durchgeführt werden. Der Staatsregierung liegen auch keine Erkenntnisse zur Qualität des Bestattergewerbes vor. Ein Bericht der Staatsregierung über die Qualität des Bestattungswesens ist demnach nicht möglich. Wir empfehlen daher, die Nummer 4 des Antrags zurückzunehmen. Ansonsten werden wir auch diesen Teil des Antrags ablehnen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Nächster Redner ist der Kollege Hanisch.

Sehr geehrte Frau Vorsitzende, meine Damen und Herren! Es geht heute um zwei Anträge zum Bestattungsrecht. Bei diesem Thema haben wir es uns wirklich nicht leicht gemacht. Wir haben eine Anhörung durchgeführt. Wir hatten sehr viele Vertreter von Fachstellen eingeladen und uns angehört, was sie zu sagen haben und welche Auffassung zum Bestattungswesen sie generell vertreten. Es verhält sich tatsächlich so, wie es von einigen Vorrednern bereits gesagt wurde.

Herr Hanisch, entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie kurz unterbreche. Ich möchte nur angeben, dass die GRÜNEN für ihren Antrag namentliche Abstimmung beantragt haben.

Das heißt, ich muss jetzt länger reden?

Nein, das schaffen Sie nicht. So viel Zeit haben Sie nicht.

Okay. – Wir waren beim Thema Bestattungsrecht. Dieses Anhörungsverfahren hat uns wirklich jede Menge Einblicke in die Situation verschafft. Es war schon bezeichnend, dass letztlich nur der Verband der Bestatter gegen eine Änderung der Sargpflicht war. Heute hier zu behaupten, man sei nicht vernünftig informiert worden, geht deutlich zu weit.

Lassen Sie mich zu den beiden aufgerufenen Anträgen kommen. Die SPD beantragt, eine vierte Bestattungsform im Detail zu regeln. Generell gibt es schon die Erd-, die Feuer- und die Seebestattung. Jetzt soll für die Feuerbestattung zusätzlich geregelt werden, dass die Asche verstreut werden darf. Meine Damen und Herren, Form und Kultur von vielem, was uns umgibt, ändern sich. So ändern sich auch Form und Kultur bei den Bestattungen. Darauf müssen wir Rücksicht nehmen, und wir sollten darauf reagieren. Vorhin ist gesagt worden, dass man gegen willkürliche Lösungen und gegen Lösungen sei, die die Werteempfindlichkeit der Bevölkerung nicht berücksichtigen. Darauf muss ich sagen: Wir sind für individuelle Lösungen. Man muss einfach der derzeitigen Situation Rechnung tragen. Erinnern Sie sich: Noch vor 52 Jahren hat die katholische Kirche die Feuerbestattung abgelehnt. Dann ist sie zu dem Ergebnis gekommen: Ja, gut, lassen wir sie zu; sie ist zeitgemäß. – Im Wandel der Zeit hat sich eben alles etwas geändert. Dem tragen wir Rechnung. Nichts anderes wird in den beiden aufgerufenen Anträgen beantragt. Dem werden wir zumindest Rechnung tragen. - In Ihrem Antrag sieht die SPD vor, dass für das Verstreuen der Asche eine Genehmigung erforderlich ist. Es gibt also

eine Kontrolle. Es ist geregelt, dass der Grundstückseigentümer damit einverstanden sein muss. Es muss unentgeltlich sein.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Die Anlieger dürfen nicht beeinträchtigt werden. Insofern ist die Regelung sauber durchdacht. Wir werden ihr zustimmen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Die GRÜNEN wollen islamische Bestattungen erleichtern und die Sargpflicht aufheben. Meine Damen und Herren, hier wird immer nur vom Islam gesprochen. Eigentlich müssen wir alle Menschen mit einer Herkunft aus der arabischen Welt in den Blick nehmen. Die GRÜNEN haben das getan, indem sie die Juden einbezogen haben. Nicht nur die Islamgläubigen werden in Leinentüchern bestattet, sondern das ist bei allen Bevölkerungsgruppen in der arabischen Welt der Fall.

Die Ansprechpartner in den Gesundheitsämtern und alle anderen Fachleute, die wir befragt haben, sagen uns: Das ist kein Problem; diese Bestattungsweise kann in Deutschland genauso praktiziert werden. – Man hat wie bei der Sargbestattung auf die Bodenverhältnisse Rücksicht zu nehmen. Es macht einen Unterschied, ob es einen Lehmboden oder einen Sandboden gibt. Aber die Kommunen mussten das in ihren Satzungen schon bisher regeln und haben darauf Rücksicht genommen. Daran ändert sich nichts, wenn die Sargpflicht aufgehoben wird.

Die Bedingungen der Leichenschau zu verbessern, ist in diesem Zusammenhang durchaus wichtig; denn nach den Regeln des Islam muss ein Verstorbener so schnell wie möglich beerdigt werden. Bei einer dreitägigen Wartezeit kann man mit einer Leichenschau auskommen. Hier eventuell eine zweite Leichenschau durchzuführen, ist durchaus sinnvoll und nichts Neues. Das gibt es in anderen Ländern auch. Insofern werden wir auch dem Antrag der GRÜNEN zustimmen. Ich bin überzeugt, wenn dieser Antrag oder die beiden Anträge heute abgelehnt werden sollten, werden sie in nicht ferner Zeit in ähnlicher Form auch von dieser Seite des Hauses kommen. Das erfordern die Zeichen der Zeit, und dem sollten wir Rechnung tragen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Herr Hanisch, bitte bleiben Sie am Rednerpult. Wir haben noch eine

Zwischenbemerkung vom Herrn Kollegen Scheuenstuhl.

Dann überbrücken wir die Zeit doch noch.

Ja; dazu bin ich beauftragt. – Herr Kollege Hanisch, ich muss Sie leider ein bisschen korrigieren. Der Bund der Bestatter – ich glaube, so hat er geheißen, es gibt ja mehrere Verbände der Bestatter -

Ja.