Protocol of the Session on December 9, 2015

Wir halten eine solche Regelung auch nicht für zielführend.

(Markus Rinderspacher (SPD): Warum haben Sie es dann im Bund beschlossen?)

Bleiben wir also bitte im räumlichen Anwendungsbereich. Aufgrund des räumlichen Anwendungsbereiches ist es schon fraglich, ob wirklich mit einem bayerischen Gesetz verhindert werden kann, dass jemand außerhalb Bayerns eine berufliche Tätigkeit

aufnehmen kann. Das ist die erste Frage. Die nächste Frage ist: Was ist mit den berufsrechtlichen Ordnungen; was ist mit den Berufsordnungen auf Bundesebene? Kann man durch ein bayerisches Landesgesetz wirklich Bundesgesetz aushebeln? – Ich glaube, wir alle wissen: Das geht nicht, weil: Bundesrecht bricht Landesrecht. In diesem Bereich gibt es also überhaupt keinen Regelungsbedarf. Zum einen gibt es keinen Regelungsbedarf, zum anderen auch keine Regelungsmöglichkeit durch ein Landesgesetz.

Ferner hat der Bund im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz, nämlich im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz das Recht der Wirtschaft selbst geregelt, weswegen auch aus diesem Gesichtspunkt für eine Landesregelung kein Raum ist.

Herr Kollege Arnold, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass wir uns in einem Spannungsfeld befinden. Wir haben auf der einen Seite die Berufsfreiheit, das individuelle Recht des Einzelnen, sich frei beruflich zu betätigen. Auf der anderen Seite stellt sich natürlich immer auch die Frage: Kann dadurch eine nicht hinnehmbare Interessenkollision entstehen? Die Lösung eines solchen Konflikts erfordert eine sehr sensible Abwägung verfassungsmäßig geschützter Rechte gegeneinander sowie die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Man muss sich auch der Frage stellen: Ist es denn dann auch verwerflich, wenn jemand in ein Büro zurückkehrt, das er einmal mit Kollegen gegründet hat, das während seiner Zeit als Politiker gewachsen ist, und er dort wieder eine Führungsposition einnimmt? - Solche Fragen gehören hierher. Oder aber ist es verwerflich, wenn er in einen erlernten Beruf zurückkehrt? – Ihr Gesetzentwurf bietet auf all diese Fragen keine Antwort.

(Zuruf von der SPD: Doch! – Markus Rinders- pacher (SPD): Es ist auch Ihr Gesetz! Sie haben es nämlich im Deutschen Bundestag beschlossen!)

Ihr Gesetzentwurf für ein Landesgesetz bietet hierauf keine Antwort. Wir halten ihn daher nicht für einen gangbaren Weg und werden ihn deshalb ablehnen. Ich sage Ihnen auch: Wir sind immer der Ansicht: Man muss alles mit Bedacht machen und auf sichere Beine stellen.

(Markus Rinderspacher (SPD): Also haben das die Kollegen im Deutschen Bundestag ohne Bedacht gemacht, Frau Guttenberger?)

Deshalb werden wir abwarten, bis im Bund Erfahrungen vorhanden sind, und dann werden wir entscheiden, ob wir in der Tat ein Landesgesetz brauchen.

Derzeit haben wir dafür keinen Anhaltspunkt. Landesgesetze nur zu schaffen, um ein Landesgesetz zu etwas zu schaffen, bei dem wir keinen Regelungsbedarf sehen, halten wir für den absolut falschen Weg. In diesem Sinne werden wir Ihren Gesetzentwurf ablehnen.

Noch ganz kurz zum Änderungsantrag der FREIEN WÄHLER. In ihm geht es darum, ob das Gremium, das bei der Entscheidung, ob eine Tätigkeit zulässig ist oder nicht, beraten soll, durch den Landtag gewählt werden soll. Nachdem wir schon nicht glauben, dass wir ein Gesetz brauchen, brauchen wir uns – das ist auch der Ausfluss dessen – mit diesem Änderungsantrag auch nicht weiter zu befassen.

(Florian Streibl (FREIE WÄHLER): Es ist das Sahnehäubchen!)

In diesem Sinne: Danke für das Zuhören. Wir sehen überhaupt keinen Bedarf für ein eigenes bayerisches Karenzgesetz.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Jetzt bitte ich Kollegen Streibl.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Hier geht es letztlich um die Glaubwürdigkeit der Politik und um die Glaubwürdigkeit der Politiker; denn wir Politiker sind in erster Linie und überhaupt dem Allgemeinwohl und dem Gemeinwohl verpflichtet. Das Gemeinwohl ist das Ziel jeglicher Politik.

Wenn Politiker, die in einer Regierung in Verantwortung sind, Handlungen für Unternehmen vornehmen und dann später in diesen Unternehmen führende Positionen einnehmen, entsteht immer der Verdacht, dass man da nicht für das Gemeinwohl gehandelt hat, sondern für das Eigenwohl. Diesen Anschein gilt es zu verhindern; denn die Politik soll nicht in den Ruf geraten, dass dort für das Eigenwohl, für die eigenen Dinge gearbeitet wird, sondern sie soll immer in dem Ruf stehen und auch dafür arbeiten, sich für das Gemeinwohl einzusetzen. Dieses Anliegen steckt in diesem Gesetzentwurf. Deswegen wird dieser Gesetzentwurf von uns FREIEN WÄHLERN unterstützt. Ein solches Gesetz gibt es nämlich mittlerweile in Hamburg und wird auch im Hessischen Landtag behandelt; denn man hat die Notwendigkeit dafür gesehen. Eine identische Regelung wurde auch im Deutschen Bundestag getroffen, wo man diese Notwendigkeit auch sieht. Im Deutschen Bundestag wurde das sogar von der CSU-Fraktion mitgetragen, was anscheinend in Bayern nicht der Fall ist. Wir begrüßen daher diesen Gesetzentwurf, weil er die Politik letztlich glaub

würdiger macht und das Vertrauen in die Politik erhöht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Dieses Gesetz regelt auch das Spannungsverhältnis zwischen dem Grundrecht der Berufsfreiheit und dem Recht zur Berufsausübung und somit den Interessenkonflikt in einer verfassungsgemäßen sinnvollen Art und Weise. Dieser Interessenkonflikt muss auch ausgehalten werden. Wenn man sieht, dass ein Missbrauch möglich ist, braucht man Untersagungsmöglichkeiten.

Meine Damen und Herren, wir finden den Gesetzesvorschlag der SPD-Fraktion gut und sinnvoll, aber man kann etwas, das sinnvoll ist, immer noch besser machen. Unser Änderungsvorschlag wäre sozusagen das Sahnehäubchen auf diesem Gesetz.

Sie sagen in Ihrem Gesetz, dass ein Gremium von drei honorigen Bürgern letztlich bewerten soll, ob jemand in die Karenzzeitregelung fällt und den Job, der ihm angeboten wird, nicht annehmen darf, und dass dieses Gremium von der Staatsregierung eingesetzt wird. Wir sind der Meinung: Es wäre besser, dass ein solches Gremium von einer eher staatsfernen oder regierungsfernen Einrichtung eingesetzt wird, nämlich dass dieses Gremium vom Landtag gewählt wird; denn die Staatsregierung würde sozusagen selbst diejenigen Leute einsetzen, die dann Regierungsmitglieder beurteilen müssten. Von daher ist ein Interessenkonflikt vorhersehbar.

Diesem Interessenkonflikt könnte man ein Stück weit entgehen, wenn die Legislative dieses Gremium einsetzt; denn dies gehört auch zu der originären Aufgabe der Legislative, nämlich der Kontrolle der Exekutive. Ein solches Gremium würde dann eine Kontrollfunktion wahrnehmen und entscheiden, ob Mitglieder einer Regierung einen Job in der Wirtschaft annehmen können oder nicht. Dies wäre ein Recht, das der Landtag behalten sollte und mit ins Feld führen muss. Deshalb würden wir es begrüßen, wenn die SPD-Fraktion unseren Änderungsantrag als sinnvolle Ergänzung ihres guten Gesetzes betrachten und dadurch ihr Gesetz noch besser machen würde.

Meine Damen und Herren, über kurz oder lang werden wir an einer solchen Regelung nicht vorbeikommen – das sage ich ganz bewusst in Richtung CSUFraktion –; denn es geht auch um Ihre Glaubwürdigkeit. Sie denken jetzt vielleicht zwar, dass Ihnen die Glaubwürdigkeit wurscht sein kann, weil Sie ohnehin gewählt werden. Irgendwann wird das aber vorbei sein; irgendwann wird auch Ihre Glaubwürdigkeit erschüttert sein. Sie können sich in der Zukunft

nicht alles erlauben und nicht alles leisten. Deswegen wäre es ganz gut, frühzeitig Regelungen einzuziehen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön. – Nächste Rednerin ist Kollegin Gote.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die SPD hat mit dem Gesetzentwurf zu den Karenzzeiten einen guten Gesetzentwurf vorgelegt. Er ist gut und könnte noch besser werden, wenn man dazu noch den Änderungsantrag der FREIEN WÄHLER umsetzen würde.

Wir finden, eine Regelung auf Landesebene ist überfällig, und verstehen die Verweigerungshaltung nicht, die die CSU hier an den Tag legt, weil das, wie wir eben gehört haben, auf Bundesebene längst Gesetz ist. Ein solches Gesetz ist wichtig für die Transparenz und für die Glaubwürdigkeit der parlamentarischen Demokratie und würde das Vertrauen in die parlamentarische Demokratie stärken.

Ich sage für uns noch einmal, dass es nicht darum geht, Wechsel zu verhindern, sondern darum, sie sauber zu gestalten. Problematisch ist ein Wechsel dann, wenn jemand Wissen und Kenntnisse, die er in seinem politischen Job oder Mandat oder Ministeramt, was auch immer, erworben hat, eins zu eins sofort ohne Zwischenzeit für sich und einen Konzern oder eine Firma gewinnbringend einsetzt oder gar, wenn er vorher als Minister noch mit dem Unternehmen oder dem Verband verhandelt hat, zu diesem Unternehmen oder Verband wechselt und von ihm bezahlt wird.

Sie haben eben gesagt: Wir haben so etwas in Bayern gar nicht. Da erinnere ich doch an Herrn Wiesheu, der ohne Karenzzeit zur Bahn gewechselt ist, nachdem er mit ihr vorher monatelang über ein Milliardenvolumen – damals waren es Regionalisierungsmittel – verhandelt hat. Ich erinnere auch an Finanzminister Fahrenschon, der bei der Landesbank eine Regelung getroffen hat, die auf Kosten des Landes und auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sehr, sehr sparkassenfreundlich war, und der 2011 ausgerechnet Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes geworden ist. Das sind Fälle, Kolleginnen und Kollegen, die das Vertrauen der Bürger in die parlamentarische Demokratie und in die Politik erschüttern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die 18 Monate Karenzzeit, die der Gesetzentwurf vorsieht, sind immer noch ein guter Kompromiss, kann man sagen. Man kann auch sagen, sie sind eine Krücke. Sie würden das Problem ja noch gar nicht kom

plett lösen. LobbyControl fordert zum Beispiel längere Fristen; das sollte man sich auch bewusst machen.

Zum Antrag der FREIEN WÄHLER. Wir sind auch der Meinung, dass die Kommission, die mit drei Personen sehr klein gehalten ist, besser vom Landtag bestellt werden sollte. Das würde sicher die Glaubwürdigkeit und die parlamentarische Kontrolle noch erhöhen.

Am Ende möchte ich noch sagen: Mir scheint die CSU generell ein Problem mit Transparenz in der Politik und in politischen Prozessen zu haben. An diesem Punkt sind Sie eine richtige Dagegen-Partei. Sie sind gegen das Informationsfreiheitsgesetz und, wie wir heute noch hören werden, gegen ein Transparenzgesetz; Sie sind gegen ein Lobbyregister im Bundestag; Sie sind gegen diverse Berichtspflichten, die wir erst kürzlich wieder im Verfassungsausschuss behandelt haben. Nun sind Sie gegen die Karenzzeit. Sie sind gegen alles, was die Politik transparenter und für die Bürgerinnen und Bürger überschaubarer und glaubwürdiger machen würde. Wir dagegen begrüßen den Gesetzentwurf der SPD und stimmen selbstverständlich auch dem Änderungsantrag der FREIEN WÄHLER zu.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 17/5767, der Änderungsantrag der Fraktion FREIE WÄHLER auf Drucksache 17/6321 und die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen auf Drucksache 17/9283 zugrunde.

Vorweg ist über den vom federführenden Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen zur Ablehnung empfohlenen Änderungsantrag auf Drucksache 17/6321 abzustimmen. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Änderungsantrag auf Drucksache 17/6321 – das ist der Antrag der Fraktion FREIE WÄHLER – zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN. Die Gegenstimmen! - Das sind die Fraktionen der CSU und der SPD. Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltung. Der Änderungsantrag ist damit abgelehnt.

Zum Gesetzentwurf empfiehlt der federführende Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen die Ablehnung. Wer dem Gesetzentwurf dagegen zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD, der FREI

EN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN. Gegenstimmen! – Das ist die Fraktion der CSU. Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltung. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt.

Wir kommen jetzt zurück zur namentlichen Abstimmung zu den Tagesordnungspunkten 16 und 17. Zunächst einmal habe ich festgestellt, dass die Abstimmung jetzt eingeleitet wird und wir die Tagesordnungspunkte dazu wieder trennen.

Zunächst lasse ich über den Tagesordnungspunkt 16 in einfacher Form abstimmen. Der Abstimmung liegt der Initiativgesetzentwurf der SPD-Fraktion auf Drucksache 17/5766 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport empfiehlt die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Wer dagegen dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und der FREIEN WÄHLER. Gegenstimmen! – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Jetzt stimmen wir über den Tagesordnungspunkt 17 – das ist der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN auf Drucksache 17/3724 – in namentlicher Form ab. Ich eröffne die Abstimmung. Fünf Minuten.

- Noch eine halbe Minute!

(Namentliche Abstimmung von 15.26 bis 15.31 Uhr)

Meine Damen und Herren, ich schließe die Abstimmung. Bis ausgezählt ist, werden wir in der Tagesordnung fortfahren.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 19 auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. Dr. Michael Piazolo u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) zur Änderung des Bayerischen Hochschulgesetzes Wiederbelebung des Diplomstudiums (Drs. 17/6816) - Zweite Lesung

Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit beträgt für die Fraktionen entsprechend der Vereinbarung im Ältestenrat 24 Minuten. Erster Redner ist Kollege Professor Dr. Piazolo.