Protocol of the Session on December 2, 2015

Herr Kollege Professor Gantzer, zunächst darf ich schon zum Ausdruck bringen, dass ich es für ungehörig und dreist finde, unseren Antrag in die Nähe der AfD zu rücken.

(Beifall bei der CSU)

Das zeigt, dass Sie sich mit unserem Antrag und dessen Inhalt nicht auseinandergesetzt haben.

(Zuruf von der SPD)

Ich kann Sie beruhigen: Ich habe eine solche Zuverlässigkeitsüberprüfung bestanden. Ich wundere mich,

dass gerade Sie als Oberst der Reserve vor diesem Hintergrund für Ihre Fraktion ein vollständiges Verbot halbautomatischer Waffen fordern. Sie sagen selbst, dass Sie eine Waffenbesitzkarte haben; Sie sind wohl aktiver Reservist gewesen.

(Prof. Dr. Peter Paul Gantzer (SPD): Bin ich immer noch! – Heiterkeit bei der SPD)

Immer noch; umso besser.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Herr Flierl hat noch das Wort; bitte hören Sie ihm auch zu.

Das kann ich nicht nachvollziehen.

Ebenso darf ich anfragen, ob Ihnen bewusst ist, wie dringlich die Angelegenheit ist. Ich habe es angedeutet. Am 18.11. war die Pressekonferenz. Bereits nächste Woche, am 7. Dezember, soll das EU-Parlament die Angelegenheit erstmalig behandeln. Dann soll ein Vorschlag an den EU-Rat erfolgen, der im Januar oder Februar 2016 diese Angelegenheit behandelt. Die Sache ist also dringlich. Die Sache muss heute abgestimmt werden, wenn wir unsere Haltung zum Ausdruck bringen wollen, dass sich die Staatsregierung auf Bundes- und Europaebene gegen weitere Verschärfungen des legalen Waffenbesitzes einsetzen soll.

Wenn Sie mir genau zugehört hätten, Professor Gantzer, dann hätten Sie feststellen können, dass ich nicht kritisiere, dass der Informationsfluss zwischen den Mitgliedstaaten verbessert werden soll, dass ich nicht kritisiere, dass eine erleichterte Abfrage auch bei den nationalen Waffenregistern erfolgen kann. Mir geht es einzig und allein darum, dass wiederum unzulässig eine Verknüpfung zwischen den Terroranschlägen und einer Beschränkung des legalen Waffenbesitzes vorgenommen wird, um nicht mehr und nicht weniger.

Herr Flierl, kommen Sie bitte langsam zum Schluss.

Dazu sind Ihre Vorschläge untauglich. Mit Ihren Vorschlägen und mit Ihrer Verschärfung tragen Sie nur dazu bei, dass rechtmäßige Waffenbesitzer kriminalisiert werden

Herr Flierl, Ihre zwei Minuten sind um.

–, die keine Gefahr für die innere Sicherheit und Ordnung darstellen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Herr Gantzer, bitte.

Lieber Herr Flierl, ein Blick ins Waffenregister hat mir gezeigt, dass Sie auch Inhaber einer Waffenbesitzkarte sind. Deswegen weiß ich, dass Sie eine bestimmte fachliche Ahnung von der ganzen Sache haben. Deshalb sage ich noch einmal, nachdem ich Ihren Beitrag gehört habe: Es wäre wirklich gut gewesen, wenn wir uns nicht in einer so kurzen Aussprache mit der gesamten Problematik beschäftigt hätten, sondern im Innenausschuss, in dem Sie auch Mitglied sind, wenn wir uns also im Innenausschuss in einer Sondersitzung – denn dringlich ist es ja – damit beschäftigt hätten und zu einer gemeinsamen Beschlussempfehlung gekommen wären und dann die Staatsregierung vor uns hergetrieben hätten, damit sie aktiv wird. Das hätte ich durchaus begrüßt.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt kommt mein großes Aber: Lieber Herr Flierl, ich sehe, Sie kennen wahrscheinlich nicht ganz genau den Antrag, der auf dem AfD-Bundeskongress beschlossen worden ist.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Der ist wurscht!)

Nein. Ich muss leider sagen: Das ist derselbe Antrag, den Sie gestellt haben; derselbe Antrag, der von den FREIEN WÄHLERN kommt.

(Zurufe von der CSU und den FREIEN WÄH- LERN – Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Nein, das ist nicht wurscht.

(Alexander Flierl (CSU): Selbstverständlich ist mir das egal! – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Wir lesen doch nicht alles, was die Deppen verabschieden, und machen dann nichts mehr!)

Sie bedienen damit eine ganz bestimmte Klientel. Das ist nicht richtig. Ich habe Ihnen ganz klar gesagt: Wir können über viele Punkte diskutieren. Herr Flierl hat mir gerade zugestimmt, dass wir in mindestens zwei Punkten übereinstimmen.

(Zurufe von der CSU – Anhaltende Unruhe)

Kolleginnen und Kollegen! Herr Gantzer hat noch das Wort. Ich bitte um etwas mehr Ruhe.

(Zuruf des Abgeordneten Professor Dr. Gerhard Waschler (CSU))

Herr Waschler, bitte etwas mehr Ruhe.

Nachdem Herr Herrmann sich so aufregt - - Ich habe nicht nachgesehen: Haben Sie denn einen Waffenschein, Herr Herrmann?

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kollegen und Kolleginnen, wir werden diesem Antrag nicht zustimmen. Ich bedauere, dass wir nicht zu einer gemeinsamen Lösung kommen. Ich wünsche Ihnen schöne Weihnachten.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Professor Gantzer. – Liebe Kollegen und Kolleginnen, auch wenn das Thema manche emotional aufwühlen mag, bitte ich doch, darauf zu achten, mir auch zu folgen, wenn ich mehrfach mit der Glocke und auch ausdrücklich um Ruhe bitte.

(Beifall bei der SPD)

Das mache ich bei jedem Redner, egal von welcher Seite, genauso. Ich möchte, dass dies auch akzeptiert wird. - Nächster Redner ist Herr Aiwanger. Bitte.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es ist wichtig, dass wir auch in aufgeregten Zeiten einen kühlen Kopf bewahren. Die Debatte zeigt ja, dass wir selbst in diesem Haus nicht einmal in der Lage sind, dieses Thema sachlich abzuarbeiten. Wir legen uns sehr schnell mit gegenseitigen Schuldvorwürfen und mit Chaossprüchen selbst lahm. Wie soll da erst die Bevölkerung draußen mit diesem Thema umgehen, wenn am Wirtshaustisch oder sonst wo über ein Attentat oder über Waffenbesitz diskutiert wird, wenn schon wir es nicht hinbekommen?

Ich glaube, es ist wichtig, die beiden Dinge gezielt auseinanderzuhalten: Was ist nötig, um illegalen Waffenbesitz, um Sprengstoffschmuggel und dergleichen lahmzulegen? – Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass diesbezüglich alles getan werden muss. Es ist erschreckend genug, meine Damen und Herren, dass Sprengstoff in großen Mengen über Grenzen geschafft werden kann und dies keiner mehr merkt – die Grenzen sind offen; das ist eben so –, dass im Internet Waffen bestellt werden können, dass Waffenbestandteile bestellt werden können, die zwar eigentlich verboten sind, aber trotzdem in Umlauf kommen. Das müssen wir regeln. Das müssen wir trockenlegen, so

weit es geht. Machen wir uns aber nichts vor: Am Ende ist es nicht die Waffe, die tötet, sondern es ist durchaus der kranke Kopf, die Ideologie. Auch dort müssen wir ansetzen. Einem kranken Gehirn werden wir niemals alle Werkzeuge entziehen können, damit keine anderen Menschen getötet werden können. Dort müssen wir ansetzen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Meine Damen und Herren, bezüglich des legalen Waffenbesitzes erwarte ich jetzt aber schon, dass wir uns auch mit breiter Brust vor unsere Schützenvereine, vor unsere Jäger, vor unsere Reservisten, vor unsere Waffensammler und vor unsere Brauchtumsschützen stellen. Das sind ehrenwerte Leute, mindestens so ehrenwert wie der Durchschnitt der Bevölkerung, meine Damen und Herren. Sie werden strengen Prüfungen unterzogen; sie müssen strenge Prüfungen ablegen, werden regelmäßig durchgecheckt, ob sie noch zuverlässig sind. Meine Damen und Herren, diese Vereine und Verbände leisten auch einen großen Beitrag zur Gesellschaftsarbeit, zur Jugendarbeit. In den Schützenvereinen wird jungen Menschen, die vielleicht ansonsten vor dem Computer Blödsinn machen oder irgendwo nervös werden und nur noch aufgeregt sind, beigebracht, den Körper wieder zu beherrschen, sich zu konzentrieren und in der Gruppe Verantwortung zu übernehmen.

Die Volksfeste, die Schützenumzüge – meine Damen und Herren, wer möchte das denn missen? Das sind aber diejenigen Verbände, die heute im Kreuzfeuer eines allgemeinen Angriffs stehen. Mit der EU-Feuerwaffenrichtlinie erfolgt ganz klar ein Angriff auf diesen Personenkreis, indem es heißt, dass sie sich alle paar Jahre einem Gesundheitscheck unterziehen müssten, dass sie regelmäßig neue Anträge stellen müssten, um ihre Waffen weiterführen zu dürfen. – Meine Damen und Herren, damit wird diesen Verbänden ohne Not, ja zusätzlich das Leben schwergemacht. Wir sind heute schon froh, wenn wir in diesen Verbänden noch Ehrenamtliche und Übungsleiter haben, die mit den jungen Menschen arbeiten. Wenn wir sie mit Bürokratie überziehen, werden viele die Fahnen strecken, weil sie sich das nicht mehr zumuten wollen. Derjenige aber, der eine Affinität zu Waffen hat, wird dann nicht mehr unter staatlicher Kontrolle ordentlich angeleitet und im Umgang mit einer Waffe geschult. Er sucht sich entsprechende Möglichkeiten vielleicht an anderer Stelle und wird damit eher zur Gefahr für die Bevölkerung, als wenn er in einem sauberen System, das wir in Deutschland haben, ordentlich betreut wird.

Deshalb sind wir der Meinung, dass wir diesen legalen Waffenbesitz gegen überzogene Angriffe verteidi

gen müssen. Insbesondere Jäger und Sportschützen sind von den Verschärfungen auszunehmen. Wir müssen uns vor sie stellen und sie aufrufen, noch mehr Verbandsarbeit zu leisten und zum Beispiel noch mehr junge Leute im Umgang mit Luftdruckwaffen zu schulen. Die Verbandsmitglieder, die die jungen Leute schulen, stehen auf dem Boden des Grundgesetzes und bringen sich für die Gesellschaft ein. Aus diesen Verbänden gehen nicht die Amokläufer von morgen hervor. Auch deshalb sind die überzogenen Vorschriften der EU-Feuerwaffenrichtlinie abzulehnen und abzuwehren.

Der Antrag der SPD-Fraktion ist in vielen Teilen gar nicht so schlecht. Was mir aber völlig gegen den Strich geht, ist die Aussage zu den halbautomatischen Waffen. Eine halbautomatische Waffe ist kein Maschinengewehr, keine Kalaschnikow. Letztere sind vollautomatische Waffen, aus denen nach einmaliger Betätigung des Abzugs Feuerstöße herauskommen. Halbautomatische Waffen sind heute beispielsweise bei der Wildschweinbejagung die gängigsten Waffen. Der Abzug wird durchgezogen, dann fällt ein Schuss, und das dreimal hintereinander. Dann ist das Magazin leer - fertig!

Gerade die SPD, die sich in der Vergangenheit massiv für das Einführen der Nachtzielgeräte eingesetzt hat, will jetzt den Jägern die Waffen, die bei der Tageswildschweinjagd dringend nötig sind, wegnehmen. Wenn Sie heute Mitarbeiter des Bundeskriminalamtes zu dem Thema Nachtzieltechnik befragen, dann werden sie die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und sagen, dass diese vor dem Hintergrund der jetzigen Gefährdungslage überhaupt nicht mehr befürwortet werden können. Schon damals hat das BKA diese Technik abgelehnt.

Wenn der Jägerschaft die Waffen abgenommen werden sollen, die in der Praxis dringend nötig sind, dann ist das der fachlich falsche Ansatz, der - im wahrsten Sinne des Wortes - in den Wald führt. Belasst den Jägern diese Waffen! Belasst den Sportschützen vergleichbare Waffen! Beide Gruppen brauchen sie für ihre Übung.

Auch in Bezug auf dieses Thema gilt: Herunter mit den Emotionen! Genau hinsehen! Illegale Waffentechniken, Schmuggel und illegaler Besitz sind schärfstens zu verfolgen. Insoweit haben Sie uns völlig an Ihrer Seite. Lasst aber bitte die ordentlichen Waffenbesitzer, die ihre Waffen legal besitzen, in Ruhe. Nehmt ihnen die Angst, dass sie ohne Not mit Verschärfungen konfrontiert werden. Lasst diese Leute weiterhin in Ruhe ihrer Arbeit bzw. ihrem Hobby nachgehen!