Protocol of the Session on June 18, 2015

Lieber Kollege Pschierer, weil Sie gerade sagten, Bayern hat tatsächlich nach dem Krieg die Atomkraft bekommen bzw. in der nationalen Energie wende genommen und hat damit seinen Aufstieg ge macht: NordrheinWestfalen zum Beispiel ist über den Kohleabbau gegangen. Jetzt fände ich es korrekt zu sagen: Wenn wir die niedrigsten CO2Emissionen haben, dann beruht das auf der Energieversorgung, wie sie durch die Atomkraft bewirkt wurde. Dadurch gab es sehr wenig CO2Emissionen. Also sind wir mal so ehrlich und sagen, Bayern hatte die Atomkraft. Deswegen hatte es niedrige CO2Emissionen. Jetzt besteht die Riesenchance, aus der Atomkraft auszu steigen. Würde NordrheinWestfalen die Chance ge boten, aus der Kohle auszusteigen, würde das Ange bot dort angenommen.

(Thomas Kreuzer (CSU): Warum haben die dort schlechtere Chancen?)

Also bleiben wir mal ehrlich. Ich komme zu der Tras se. Wenn Sie den Herrn Stümpfig beschimpfen und sagen, Mensch, der hat für eine Trasse gestimmt, die Braunkohlestrom bringt, dann darf ich Sie daran erin nern, dass Sie diese Trasse in der schwarzgelben Bundesregierung geplant haben. Die Trassenplanung und der Wunsch, dass sie geplant wird, stammen von Ihnen.

(Jürgen W. Heike (CSU): Und Sie haben es über nommen!)

Der Vorschlag kam von Amprion. Die ursprüngliche Planung ist CSU/CDU, FDP.

(Dr. Paul Wengert (SPD): 2009!)

Noch etwas: Wenn Sie sagen, dass die Kohleabgabe den Strompreis teurer macht, sage ich: Bayern wird sich um Subventionen bemühen müssen, damit die

Gaskraft laufen kann und damit Irsching am Netz blei ben kann. Sie selbst fordern auf Gas bezogen den fo kussierten Kapazitätsmarkt. Das macht das Ganze auch nicht billiger. Lassen Sie uns nicht singulär Dinge herausgreifen und immer sagen, das macht es teurer, deswegen ist das gar nichts. Es gibt vieles, was bei der Energiewende teuer ist. Wir müssen ex trem aufpassen, dass der Strom bezahlbar bleibt. Aber es hat keinen Sinn, Einzelpunkte herauszugrei fen, wenn man im eigenen Land selbst Dinge fordert, die es auch nicht billiger machen. Ich nenne Abwrack prämien für alte Heizkessel.

Ihre Redezeit ist um. Die zwei Minuten sind um.

Ganz kurz. Diese Ab wrackprämie für alte Heizkessel haben Sie in Bayern im vorletzten Haushalt abgelehnt. Wir hatten als SPD in Bayern eine Abwrackprämie für alte Heizkessel ge fordert. Dies wurde von der CSU abgelehnt.

(Dr. Paul Wengert (SPD): Zuhören!)

Energetische Gebäudesanierung haben Sie bis zum Schluss selbst mit entwickelt; dann haben Sie es ge stoppt.

(Unruhe bei der CSU)

Bitte, halten wir uns doch an die Regularien!

Frau Kollegin, ich habe drei Bemerkun gen. Erstens. Sie ziehen das Bundesland Nordrhein Westfalen heran. Das wäre etwas völlig Neues. Die Bundesländer haben im Wettbewerb durchaus die Möglichkeit, eine eigene Profilierung zu machen. Tat sache ist, dass NordrheinWestfalen nach dem Zwei ten Weltkrieg so getan hat, als ob die Zukunft des Landes tausend Meter unter dem Ruhrgebiet läge. Der Freistaat Bayern hat auf moderne Technologien und auf eine andere Energiepolitik gesetzt. Das war das Erfolgsmodell der Bayerischen Staatsregierung.

(Natascha Kohnen (SPD): Deshalb steigen Sie aus der Atomkraft aus!)

Deshalb stehen wir heute an der Spitze, auch was die Wirtschaftskraft in Deutschland angeht.

(Natascha Kohnen (SPD): Da kann ich nur sagen: Fukushima! Erinnern Sie sich?)

Es folgt die zweite Anmerkung, weil Sie die Trasse diskutieren. Es war Horst Seehofer, der Bayerische

Ministerpräsident, der gerade was die SüdostPassa ge angeht,

(Thorsten Glauber (FREIE WÄHLER): Zuge stimmt hat er!)

was deren Anfangs und Endpunkt angeht, ganz klar deutlich gemacht hat, meine Damen und Herren: Ich steige nicht aus der Kernenergie aus, um in den Koh lestrom einzusteigen.

(Thorsten Glauber (FREIE WÄHLER): Da kommt er nicht mehr raus! – Weitere Zurufe von den FREIEN WÄHLERN)

Ich bitte um etwas Ruhe.

Deswegen wurde diese Trasse, auch was Lauchstädt und Wolmirstedt und den Anfangs punkt der Trasse angeht, von Horst Seehofer und der Bayerischen Staatsregierung abgelehnt.

(Natascha Kohnen (SPD): Nachdem Sie selber geplant haben!)

Frau Kohnen, ich bitte Sie zu erkennen, dass wir nicht nur den Beschluss mitgetragen haben, aus der Kernenergie auszusteigen, sondern parallel dazu auch den Ausbau der erneuerbaren Energien im Frei staat Bayern mehr als in anderen Bundesländern vo rangetrieben haben.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Wir haben das eine getan, das andere aber nicht ge lassen.

(Beifall bei der CSU – Lachen bei der SPD)

Danke schön. – Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen. Weitere Wortmel dungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. – Ich lasse zunächst in einfacher Form über den Dringlichkeitsantrag

(Unruhe)

Bitte hören Sie doch zu, damit Sie wissen, worüber wir abstimmen. Zunächst stimmen wir in einfacher Form über den Dringlichkeitsantrag auf der Drucksa che 17/7078 ab, das ist der Antrag der FREIEN WÄH LER. Wer dem seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. – Das sind die Fraktio nen der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Ich bitte, Gegenstimmen anzuzeigen. – Das sind CSU und SPD. Damit ist der Dringlich keitsantrag abgelehnt.

Ich rufe jetzt die namentliche Abstimmung zum Dring lichkeitsantrag der GRÜNEN auf, das ist Drucksa che 17/7041. Ich eröffne die namentliche Abstim mung. Es stehen fünf Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 14.18 bis 14.23 Uhr)

Sie haben noch eine Minute. Ich erinnere Sie daran, damit niemand am Ende sagt, er habe den Aufruf überhört.

Die fünf Minuten sind um. Ich schließe die Abstim mung. Die Stimmen werden außerhalb des Saales ausgezählt. Ich bitte, die Plätze wieder einzunehmen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir fahren in der Ta gesordnung fort. – Ich bitte darum, dass Sie sich wie der hinsetzen.

Zur gemeinsamen Beratung rufe ich auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Gudrun BrendelFischer, Karl Freller u. a. und Fraktion (CSU) Hilfe für Menschen in Not, aber konsequent gegen Asylmissbrauch für eine Flüchtlingspolitik mit Augenmaß (Drs. 17/7042)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, HansUlrich Pfaffmann, Dr. Linus Förster u. a. und Fraktion (SPD) Pläne der Staatsregierung für eine Neuausrichtung der Asylpolitik (Drs. 17/7079)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Christine Kamm u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Für eine menschliche Flüchtlingspolitik: Schutz gewähren Menschenwürde garantieren Integration erleichtern (Drs. 17/7080)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Erster Red ner ist der Kollege Kreuzer.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Fast 60 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht, so viele, wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Fast 220.000 Men schen aus Afrika und Asien sind nach UNSchätzun gen 2014 mit dem Boot über das Mittelmeer nach Eu ropa gekommen. Diese dramatischen Zahlen steigen 2015 weiter an. Mindestens 3.500 Menschen kamen 2014 bei dieser Überfahrt ums Leben.

2008 haben in Deutschland rund 22.000 Flüchtlinge einen Asylantrag gestellt. 2014 waren es schon über 200.000. Dieses Jahr werden bis zu 400.000, manche sprechen von 500.000, Asylbewerber erwartet. Wenn sich diese Zahlen in dieser Dynamik weiterentwickeln, sind es nächstes Jahr 800.000. Ein guter Teil davon betrifft Bayern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wo soll das hinfüh ren? Diese Frage stellen sich unsere Landräte und Bürgermeister, die bei der Unterbringung der Flücht linge an ihre Grenzen stoßen. Diese Frage stellen sich auch viele Ehrenamtliche, die den Flüchtlingen tagtäglich vor Ort helfen und erleben müssen, dass auch Tausende zu uns kommen, die unter keinem Ge sichtspunkt Schutz und Bleiberecht in Deutschland beanspruchen können. Diese Frage stellen sich die Menschen in Bayern, wenn sie die Bilder ertrinkender Menschen im Mittelmeer sehen, wenn sie hören, dass Deutschland und einige wenige andere EUStaaten die Masse der Flüchtlinge aufnehmen, während ande re Staaten überhaupt keine Solidarität zeigen, und wenn sie erleben, dass jeden Tag Hunderte Asylsu chende ohne Registrierung und Kontrolle an den Grenzen hier in Bayern ankommen, darunter immer mehr unbegleitete Minderjährige.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf diese Frage müssen wir eine Antwort geben, wenn wir das Ver trauen der Menschen in unserem Land nicht verlieren und die Integrationskraft dieses Landes nicht überfor dern wollen. Wir wollen und werden schutzbedürftigen Menschen helfen. Diese humanitäre Verpflichtung nehmen wir als Christen sehr ernst. Wir brauchen dafür aber tragfähige Lösungen, die uns und andere in Europa nicht überfordern. Wir wollen kein Europa, das sich abschottet; und wir brauchen eine effektive Seenotrettung im Mittelmeer, wo akut Menschenleben in Gefahr sind. Aber wir müssen eines feststellen: Wenn wir auf Dauer alle Flüchtlinge, die wir aus über füllten und seeuntauglichen Booten retten, automa tisch und ohne Unterschiede nach Europa bringen, kann dies zu einer Völkerwanderung führen. Dies würde uns absolut überfordern.

(Beifall bei der CSU)

Die Gefahr besteht, dass dies Rechtsradikalen in ganz Europa Aufwind geben wird und Entwicklungs länder bevölkerungsmäßig ausbluten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, obwohl dies nicht das zentrale Thema ist, will ich doch auf die Kosten hinweisen, die bei uns in Bayern aufgrund dieser Situ ation entstehen. Wir haben 450 Millionen Euro pro Jahr im Haushalt vorgesehen. Wir müssen damit rechnen, dass wir 1,5 Milliarden Euro pro Jahr im