Liebe Kolleginnen und Kollegen, obwohl dies nicht das zentrale Thema ist, will ich doch auf die Kosten hinweisen, die bei uns in Bayern aufgrund dieser Situ ation entstehen. Wir haben 450 Millionen Euro pro Jahr im Haushalt vorgesehen. Wir müssen damit rechnen, dass wir 1,5 Milliarden Euro pro Jahr im
Haushalt brauchen. Das heißt, wir geben in zwei Jah ren mehr für Flüchtlinge aus als beispielsweise für das Breitband und das Digitalisierungsprogramm zu sammen. Ich vergleiche die Dinge nicht miteinander, sondern stelle die zahlenmäßige Dimension dar, um die es hier insgesamt geht. Ich sage ganz klar: Wenn die Entwicklung auf Dauer so weitergeht, können die Ausgaben nicht mit Einnahmezuwächsen ausgegli chen werden, sondern wir müssen uns überlegen, wie wir diese Mittel aufbringen können. Ich betone: Wenn 800.000 oder eine Million Flüchtlinge zu uns kommen, braucht sich niemand zu wundern, dass wir gezielt über Finanzierungsmöglichkeiten im Haushalt nach denken müssen, die auch zu Einsparungen führen können.
Wir sind dankbar, dass der Bund zusammen mit allen Ministerpräsidenten eine Milliarde Euro angekündigt hat. Ich habe dazu zwei Anmerkungen. Zum einen entfallen nach dem Königsteiner Schlüssel auf Bayern 155 Millionen Euro, was 10 % unserer Ausgaben auf diesem Gebiet entspricht. Zum anderen, meine Damen und Herren, dürfen wir nicht glauben, dass wir die Probleme mit einem Verschiebebahnhof zwischen den Ebenen Kommunen, Land und Bund lösen. Wir dürfen nicht glauben, dass alles in Ordnung ist, wenn wir Geld hin und herschieben. Vielmehr ist es so: Alles muss der Steuerzahler bezahlen, egal, wo das Geld ausgegeben wird.
Wir fordern deshalb eine konsequente Politik auf Bun des und EUEbene gegenüber Migranten ohne Blei berecht. Wir fordern ein entschiedenes Vorgehen gegen Schleuserkriminalität. Die EU ist sich hier ja einig. Aber wir wissen auch, dass die praktische Um setzung, zu der etwa das Zerstören von Schleuser booten gehört, nicht einfach sein wird. Wir fordern deshalb eine Rückführung der aus Seenot geretteten Asylsuchenden in europäische Asylzentren in Nordaf rika, wo Asylverfahren nach europäischen rechtlichen Standards durchgeführt werden können. Die Bundes regierung muss sich in der EU dafür einsetzen, dass mit nordafrikanischen Staaten entsprechende Verein barungen über Asylzentren getroffen werden. Nur so schaffen wir es, dass Schutzbedürftige besseren Schutz und rasche Hilfe erhalten und vor allem, dass Menschen auf der offenen See nicht mehr ihr Leben riskieren müssen. Wir werden dadurch der Schleuser kriminalität das Wasser abgraben, aber auch dafür sorgen, dass Europa mit der Flüchtlingsbewegung nicht überfordert wird. Dies ist der richtige Weg.
Wir werden deshalb den Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN, in dem diese Maßnahme abgelehnt wird, und den Dringlichkeitsantrag der SPD ablehnen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, heute schon zu sagen, wie dies genau aussehen wird, wie lange die Verfahren dort dauern und wie dieses Vor gehen rechtsstaatlich ausgestaltet wird, ist verfrüht; denn wir müssen entsprechende Vereinbarungen auf europäischer Ebene treffen. Danach kann man insge samt darüber berichten, wie sich diese Praxis im Ein zelnen gestaltet. Deswegen werden wir Ihren Dring lichkeitsantrag ablehnen.
Den in diesen Zentren anerkannten Asylbewerbern müssen wir dann eine sichere Überfahrt nach Europa gewähren und sie innerhalb der Europäischen Union nach einer festen Quote verteilen. Wir müssen doch klar sehen, dass die Rettung aus Seenot, wie sie heute erfolgt, ein Anreiz dafür ist, mit noch mehr und schlechteren Booten die Überfahrt zu versuchen. Deshalb wird es unter dem Strich noch mehr Tote geben, wenn wir jetzt nicht entschlossen handeln. Selbstverständlich fordern wir eine stärkere Unterstüt zung der Herkunftsstaaten bei der Bekämpfung der Fluchtursachen über eine verstärkte wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie einen größeren Einsatz bei der Stabilisierung dieser Länder. Die Bundesregierung hat deshalb über die Koalition für das Entwicklungshil feministerium einen zusätzlichen Milliardenbetrag vor gesehen. Ich halte es für richtig, dass wir unseren Einsatz in diesen Ländern verstärken.
Auf die Frage, wer zu uns kommt, fallen mir folgende Begriffe ein: ISIS, Taliban und Boko Haram. Meine Damen und Herren, das sind international tätige Ter roristen und menschenverachtende Gruppen, die Menschen wegen ihrer Religionszugehörigkeit um bringen. Diese Gruppen sind in verschiedenen Staa ten tätig. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die inter nationale Staatengemeinschaft dem Treiben dieser Gruppen auf Dauer zusehen kann.
Wir brauchen hier Lösungen von den Vereinten Natio nen. Was hier passiert, ist weitgehend Völkermord, eine brutale Unterdrückung der Menschenrechte. Dies muss gestoppt werden; denn dies ist ein Hauptgrund für die Flüchtlingsströme, die wir in Deutschland auf zufangen haben.
Wir müssen aber auch sehen, dass diese Maßnah men, auch die Entwicklungshilfemaßnahmen, nur langfristig wirken und schnell wirksame Maßnahmen nicht ersetzen können. Wir fordern sichere Schengen Außengrenzen durch eine konsequente Einhaltung der SchengenVereinbarungen und wirksame Kontrol
len an den EUAußengrenzen. Die Erkenntnisse aus den vorübergehenden Grenzkontrollen während des G7Gipfels in Elmau waren leider ein deutliches Alarmsignal.
Wir brauchen deshalb eine Intensivierung der schon guten Schleierfahndung, um auf diese Weise die Si cherheit der bayerischen Bevölkerung weiter zu ver bessern. Wir fordern eine konsequente Umsetzung der DublinIIIVerordnung. Dabei ist klar, dass wir die Erstaufnahmeländer wie Italien oder Griechenland mit der Registrierung und beim Asylverfahren nicht allein lassen können; denn diese Länder sind mit diesen Zahlen überfordert. Trotzdem muss eine Registrierung der Flüchtlinge erfolgen. Anschließend müssen sie nach Quoten verteilt werden. Wir Deutsche üben jeden Tag Solidarität innerhalb der Europäischen Union. Ich erinnere an die verschiedenen finanziellen Leistungen. Deswegen sage ich: Wir können schon erwarten, dass sich auch andere Länder einmal mit Deutschland solidarisch zeigen.
Wir fordern die Einstufung weiterer Länder, vor allem Albanien, Kosovo und Montenegro, als sichere Her kunftsstaaten sowie die Wiedereinführung der Visa pflicht für die Länder des Balkans. Meine Damen und Herren, die Aufhebung dieser Pflicht hat sich als schwerer Fehler entpuppt.
Im April kamen fast 20 % aller Asylantragsteller aus Albanien. Albanien war damit das stärkste Herkunfts land. Wer in dieser Frage im Bundesrat weiter blo ckiert, ist mitverantwortlich für die zunehmenden Pro bleme unserer Landkreise und Gemeinden angesichts der stetig steigenden Zugangszahlen.
Er ist außerdem mitverantwortlich dafür, dass uns Un terbringungskapazitäten für Bürgerkriegsflüchtlinge, zum Beispiel aus Syrien, fehlen und dass die Lage dieser Menschen immer schwieriger wird.
Meine Damen und Herren, damit Sie einmal sehen, wie anderswo gedacht wird: Ich habe zwei RadioDis kussionen mit der GRÜNENEuropaabgeordneten Keller geführt, der asylpolitischen Sprecherin der GRÜNEN. Ich möchte nur zwei ihrer Antworten auf diese Probleme nennen: Erstens. Jeder Mensch in
der Welt soll an seiner jeweiligen Botschaft einen Asylantrag für Deutschland stellen und dann frei nach Deutschland einreisen können. Die Umsetzung dieser Forderung würde zu einer Explosion der Zahl von Flüchtlingen aus der ganzen Welt in unserem Lande führen. Der zweite grandiose Vorschlag lautete: So bald ein Asylbewerber irgendwo in Europa anerkannt worden ist, sollte er Freizügigkeit genießen und das Land für seinen Aufenthalt wählen können, das er will.
Auch diese Maßnahme würde zu einer massiven Wanderungsbewegung nach Deutschland führen, weil wir zum Beispiel im Hinblick auf unser Sozialsystem in Europa führend sind. Wer so etwas fordert, vertritt nicht die Interessen der bayerischen und der deut schen Bevölkerung.
Da kann man doch jedem EUStaat, der wirtschaftlich ärmer als wir dran ist, nur raten, den Flüchtlingen möglichst schnell eine AsylAnerkennung auszuspre chen und vielleicht noch eine Fahrkarte nach Deutschland zu finanzieren. Dann hätte dieser Staat nicht mehr das Problem, wir in Deutschland hätten je doch vermehrte Probleme. Dies sind keine Lösungs ansätze! Ich habe den Eindruck, solche Politiker haben den Ernst der Situation vor Ort überhaupt noch nicht erkannt!
Wir fordern die Ausweitung und die konsequente An wendung von Leistungskürzungen nach dem Asylbe werberleistungsgesetz. Wir müssen falsche Anreize für den Missbrauch des Asylrechts konsequent unter binden.
Wir brauchen eine klare Unterscheidung zwischen den wirklich Schutzbedürftigen und Flüchtlingen ohne jede Bleibeperspektive. Das ist unabdingbar notwen dig.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch in diesem Jahr lag die Anerkennungsquote in Bayern in den ersten Monaten bei 29 %. Auf Bundesebene liegt die Aner kennungsquote durch das Bundesamt bei 34 %. Zwei Drittel der Flüchtlinge sind also ohne Bleibeperspekti ve. Dies darf nicht so bleiben; sonst werden wir die Probleme nicht in den Griff bekommen. Ich fordere, diese Unterscheidung nicht erst dann zu treffen, wenn Flüchtlinge unter Lebensgefahr Europa erreicht
Damit würden wir das Geschäft der Schleuser und Schlepperbanden befördern, die die Menschen hier her bringen. Wer eine Flüchtlingspolitik mit Augenmaß will, für eine wirksame Hilfe für Schutzbedürftige und gegen eine Überforderung Bayerns durch den Miss brauch des Asylrechts ist, muss heute unserem Dring lichkeitsantrag zustimmen. Darum bitte ich.
Herr Kreu zer, wir haben Ihren Antrag genau gelesen. Über die ersten drei Spiegelstriche haben wir, glaube ich, schon dreimal im Bayerischen Landtag abgestimmt. Sie fordern zum Beispiel ein entschiedenes Vorgehen gegen die Schleuserkriminalität. Ich würde gerne wis sen, was konkret getan werden soll.
Dann fordern Sie eine stärkere Unterstützung der Herkunftsstaaten. Sagen Sie doch bitte, was Sie kon kret wollen. Zur Leistungskürzung möchte ich darauf hinweisen, dass es ein Urteil des Bundesverfassungs gerichts vom 18. Juli 2012 gibt. Darin steht ganz klar, dass nicht nach dem Aufenthaltsstatus differenziert werden darf. Wissen Sie, dass Sie daher gegen Prin zipien des Bundesverfassungsgerichts verstoßen?
Ein weiterer Punkt, den ich noch bringen will, ist die Dauer der Verfahren. Deutschland ist in der EU Schlusslicht. Im Jahr 2014 wurden 221.000 Verfahren nicht bearbeitet. Wir sind mit Ihnen schon der Mei nung, dass die Verfahren verbessert werden müssen. Wir können doch bei der Bearbeitung von Asylverfah ren in der EU nicht Schlusslicht sein. Aber wir sagen auch: Sie sind schon seit einiger Zeit an der Regie rung. Warum schaffen Sie es nicht, dass diese Ver fahren kürzer werden, dass sie im Durchschnitt nur 7,1 Monate dauern? Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Sie erheben Forderungen an die Bundesregierung, aber die CSU ist ein Teil der Bundesregierung und hätte daher etwas tun müssen, Herr Kreuzer.
Ich habe diese Fragen letzte Woche schon einmal ge stellt. Ich wäre Ihnen daher dankbar, wenn Sie zumin dest dazu Stellung nehmen könnten.
Herr Kollege Fahn, ich kann jetzt nicht einzelne Maßnahmen der Entwicklungshilfe in den verschiedenen Ländern aufzählen, um zu zei gen, wie man die Situation in den Herkunftsländern verbessern kann. Ich sage Ihnen aber zum Asylrecht: Wir fordern seit geraumer Zeit eine deutliche Be schleunigung des Asylverfahrens.
Jetzt wird auch zusätzlich Personal eingestellt. Entwe der sagen Sie es nicht, oder Sie wissen es nicht: Bei uns ist die Rechtslage viel komplizierter als in ande ren Ländern der Europäischen Union. Bei uns ist das Asylrecht ein individuelles Grundrecht, auf das jeder Anspruch hat. Die meisten anderen Länder haben nur eine Verfahrensgarantie. Dort können die Verfahren schneller durchgeführt werden. In den meisten Län dern gibt es keinen Rechtsschutz gegen ablehnende Bescheide, damit Sie einmal Bescheid wissen. Bei uns können Gerichtsverfahren eingeleitet werden. Sie können doch nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Wenn Sie Zustände wie in anderen Ländern wollen, müssen Sie die Abschaffung dieses Grundrechts und die Ein führung einer Verfahrensgarantie fordern.
Dann will ich Ihnen schon einmal aufzeigen, wie schnell sich der Wind in der Diskussion dreht. Am 20. Dezember 2012 haben Sie von den FREIEN WÄHLERN zusammen mit der SPD und den GRÜ NEN eine Presseerklärung abgegeben: Winterab schiebestopp für Flüchtlinge aus Südosteuropa und aus Afghanistan. Ihr Sprecher Peter Bauer führte aus, dass er bei Flüchtlingen bestimmter Nationalität für einen Abschiebestopp im Winter sei.