Die Klage zum jetzigen Zeitpunkt zurückzuziehen, wäre ein völlig falsches Signal. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, die Rücknahme der Klage vor dem Bundesverfassungsgericht, wie es die GRÜNEN beantragen, würde die Verhandlungen zur Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen unseres Erachtens nicht erleichtern, sondern erschweren. Eine Klagerücknahme würde zulasten der Verhandlungsposition des Freistaats Bayern gehen und daher den Interessen der bayerischen Bürgerinnen und Bürger nicht gerecht werden.
Die Verhandlungssituation für den Freistaat Bayern ist schwierig; das ist klar. Zwölf Länder bekommen Geld aus dem Länderfinanzausgleich. Ihnen stehen nur vier Geberländer gegenüber. Die Bayerische Staatsregierung will sich der solidarischen Gesamtverantwortung nicht entziehen. Wir sagen: Der Länderfinanzausgleich muss um mindestens eine Milliarde reduziert werden, und eine Deckelung der weiteren Dynamisierung der Zahl muss erreicht werden. Über dieses Ziel hinaus besteht in diesem Hause große Einigkeit.
Gerade deshalb ist uns unverständlich, warum die GRÜNEN hier offenbar von einer Klage absehen wollten. Wer jetzt auf dem Weg nach Karlsruhe den Einkehrschwung fordert, scheint offenbar nicht in erster Linie bayerische Interessen zu vertreten. Für die CSU aber stehen die bayerischen Interessen im Mittelpunkt ihres Handelns. Daher gibt es für uns nur ein Festhalten an der Klage und den Kurs Richtung Karlsruhe. Sollten zwischenzeitlich die Verhandlungen zu Ergebnissen führen, die sich mit den Interessen der Bürgerinnen und Bürger Bayerns decken, kann über die Klage immer noch entschieden werden.
Deshalb lautet die Aussage ganz klar: Ablehnung des Antrags der GRÜNEN, um eine Schwächung der bayerischen Verhandlungsposition zu vermeiden. Gleichzeitig bitte ich um Zustimmung zum Antrag der CSU zur Unterstützung des Kurses der Bayerischen Staatsregierung.
Vielen Dank, Herr Kollege Bachhuber. – Zu einer Zwischenbemerkung hat sich die Kollegin Stamm gemeldet. Bitte schön, Frau Stamm.
Lieber Kollege Bachhuber, ich mag jetzt gar nicht lange über die vielen Bilder philosophieren, die Ihr Redebeitrag enthalten hat: Zahlmeister, Einkehrschwung, Euter der bayerischen Politik.
Sie haben ziemlich oft davon gesprochen – darin stimme ich völlig mit Ihnen überein -, dass wir alle hier weniger zahlen wollen. Sie haben auch oft gesagt: Darüber müssen wir verhandeln. - Aber für eine Verhandlung braucht es nun mal ein Konzept. Deswegen würde ich jetzt gerne von Ihnen wissen, wann endlich Sie, die Staatsregierung oder jemand anderes ein Konzept vorlegt, über das die Länder untereinander oder mit dem Bundesfinanzminister verhandeln können. Bisher ist ein solches Konzept weder uns noch irgendjemand anderem bekannt.
Frau Präsidentin, Frau Kollegin Stamm, die zentralen Forderungen der Bayerischen Staatsregierung zum Thema Länderfinanzausgleich sind erstens die Abschaffung der Stadtstaatenregelung, zweitens eine Sonderfinanzierung durch den Bund für die Bundeshauptstadt Berlin, drittens eine effektivere Belastungsobergrenze für die Zahlerländer – das habe ich ausgeführt – und viertens ein geringerer Einbezug der kommunalen Finanzkraft. Das wurde vorgetragen, doch bis heute gibt es noch keine Bewegung. Solange in den Länderfinanzausgleich keine Bewegung hineinkommt, kann man nur an der Zwei-Säulen-Strategie der Bayerischen Staatsregierung festhalten, die besagt, einerseits weiter am Verhandlungstisch zu bleiben und andererseits die Klage in Karlsruhe aufrechtzuerhalten. Dabei würden wir uns auch über die Unterstützung von Baden-Württemberg freuen, wie es sie einst gegeben hat.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Länderfinanzausgleich bewegt uns alle, und wir sind uns sicher in vielen Bereichen einig: Der Länderfinanzausgleich gehört entstaubt und reformiert, und wir müssen sicher auch zusehen, dass Bayern entlastet wird. Es ist unser gemeinsamer Auftrag, das Beste für Bayern zu erreichen.
Die SPD wird deshalb beiden Anträgen zustimmen. Jedoch enthält einerseits der CSU-Antrag eine Zielorientierung – so hat es Frau Stamm schon gesagt - und lässt sich weniger über das Wie aus, und andererseits zeigt der Antrag der GRÜNEN richtig auf, dass eine Klage für uns durchaus gefährlich sein kann. Das werde ich noch etwas ausführen.
Für eine Lösung nach dem Motto "weniger in den Topf und mehr aus dem Topf" – der Herr Bachhuber hat es einfach so gesagt – mag der Zeitpunkt durchaus günstig sein. Drei Entscheidungen stehen an: Neben der Neuordnung des Finanzausgleichs kommt die Schuldenbremse, und der Soli steht zur Diskussion. Keiner der Beteiligten, weder der Bund noch die 15 anderen Länder und Bayern, wird sich aus diesem dreifachen Geflecht befreien können – vor allem Bayern nicht.
Eine Lösung all dieser Aufgaben wird nur in einem gemeinsamen Handeln und Vorgehen und in einem partnerschaftlichen Umgang miteinander erreicht werden können. Verweigerung schadet uns am allermeisten. Wir von der SPD wollen auch mehr erreichen als die Reduzierung um eine Milliarde, die dem Staatsminister Söder zwischenzeitlich genügt. Vor ein paar Monaten hat er noch gesagt: Wir möchten zweieinhalb Milliarden einsparen. – Aber dann muss man sich anders verhalten als wie der Kronprinz der CSU, nämlich diplomatischer. Zu sagen, wir sind die Schönsten, wir sind die Größten, wir sind die Besten – so wird es manchmal dargestellt – bringt für uns keine positive Lösung. Das kommt mir so vor, wie wenn jemand ein Schaufenster einwirft und hinterher den Laden betritt und sagt: Ich hätte gerne eine Spende.
Wir werden für Bayern überhaupt nichts erreichen, wenn wir eine Haltung wie der griechische Ministerpräsident an den Tag legen, die wir alle manchmal beklagt haben: Ich möchte alles, aber gebe gar nichts.
Befassen wir uns mit der Klage, Herr Bachhuber. Am Ende kann das Gericht sagen: Wir beziehen alles ein, was zu den kommunalen Steuern gehört. – Momentan ist es noch nicht so weit. Auch dieses große Risiko tragen wir. Deswegen sagen wir: Ziehen wir die Klage doch zurück und zeigen wir, dass wir partnerschaftlich auftreten. Mit Verhandeln ist unserer Meinung nach mehr zu erreichen als mit Streiten.
- Frau Heckner, bis jetzt werden nur Gespräche geführt, aber es wird nicht verhandelt. Was man in der Öffentlichkeit hört und was der Bürger draußen hört, ist nur Schimpfen auf die anderen, anstatt mit den anderen fair und auf gleicher Augenhöhe umzugehen.
Gleichzeitig müssen wir aufpassen; das wird häufig vergessen. Immer wird auf Nordrhein-Westfalen gezeigt und betont: Die leben von uns. – Von NordrheinWestfalen bekommen wir für die Photovoltaikförderung jährlich netto zwei Milliarden. Wenn sich Nordrhein-Westfalen genauso verhält wie unser Finanzminister, bekommen wir die zwei Milliarden nicht mehr. Was machen wir dann? – All das wird vergessen.
Letztlich aber möchte ich auf eines hinweisen. Wir reden immer über das Geld, das der Freistaat gibt. Wir können aber nur so viel Geld hergeben, weil die Bürger draußen und die Firmen eine tolle Arbeit machen. Dafür müssen wir uns bedanken.
- Gemach, gemach. – Wenn wir uns über die jetzige Situation beklagen, möchte ich doch daran erinnern, wer uns eigentlich dazu gebracht hat. Damals hat der Ministerpräsident Stoiber über den Länderfinanzausgleich verhandelt, und er ist dafür gefeiert worden. Man sollte seitens der CSU nicht auf andere Länder schauen und über die Situation und das Verfahren schimpfen, sondern eher "mea culpa" sagen. Vielleicht sollte man auch "mea maxima culpa" sagen, Stoiber-CSU.
Wir weisen darauf hin: Die Lösung wird nicht alleine sein, dass die anderen Länder etwas abgeben müssen, sondern dass auch der Bund – da ist der Bun
desfinanzminister als Erster gefordert – seinen Beitrag dazu leistet. Deshalb ist es nicht zielführend, wenn man auf alle möglichen Leute schimpft. Stattdessen müsste man sich innerhalb der CDU/CSUFraktion im Deutschen Bundestag einbringen und sagen: Lieber Finanzminister Schäuble, du bist die Lösung. – Wir sind uns hoffentlich darin einig, dass wir bei diesem Thema gemeinsam auftreten. Ich habe fast den Eindruck, als hätte die CSU in der Großen Koalition beim Länderfinanzausgleich in der SPD einen besseren Partner als in der CDU. Um das Ziel zu erreichen, das wir vonseiten der SPD-Fraktion wollen, ist ein Strategiewechsel gegenüber den anderen Ländern notwendig. Wer damit angibt, das reichste und beste Land zu sein, erweckt kein Verständnis. Vielmehr müssen wir ehrlich und deutlich sagen, dass es auch in Bayern wie in den anderen Ländern kostspielige Aufgaben zu erledigen gilt.
Ja. - Viele Kommunen sind hoch verschuldet und können ihre Aufgaben wie den Bauunterhalt bei den Schulen und die Reparatur kaputter Straßen nicht mehr leisten. Für bezahlbare Wohnungen ist eine Förderung im Wohnungsbau nötig. Das müssen wir darstellen. Dann finden wir auch Verständnis bei den anderen, wenn wir mehr Geld wollen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind uns nur in dem Ziel einig, Bayern zu entlasten. Was der Kollege Knoblauch eben zur Bewertung einer eingereichten Klage gesagt hat, dass diese nämlich mehr Porzellan zerbreche als damit erreicht werden könne, mag in Nachbarschaftsstreitigkeiten so sein, wenn die Fronten sehr verhärtet sind. Aber in vielen Fällen ist eine Klage ein Beitrag zur Lösung von Problemen; jedenfalls kann sie ein solcher sein. Ich denke, dass auch die Ministerpräsidenten und alle, die um dieses Paket verhandeln – das ist
schwierig genug -, ausreichend sachorientiert sind, um die Einreichung einer Klage als Bestandteil der Problemlösung zu sehen. Wir sollten hier ausschließlich bayerische Interessen vertreten und darauf reflektierend alle denkbaren Wege beschreiten, um zu einem Erfolg zu kommen. Da kann und, wie wir glauben, muss die Klage mit ins Kalkül gezogen werden. Deswegen halten wir es nicht für richtig, in dieser Phase die Klage zurückzunehmen. Richtig ist, dass die Klageerhebung auch aus bayerischer Sicht ein gewisses Risiko birgt, nämlich das Risiko, dass das Bundesverfassungsgericht Hinweise gibt oder zu einem Urteil kommt, in dem die bayerische Ausgangslage oder die bayerische Bewertung nicht in allen Bereichen geteilt wird. Auch wenn das Urteil nicht oder nicht umfänglich im Sinne Bayerns sein sollte, muss man aber zumindest diesen Hinweis, diese Lösungsansätze und die Bewertungen darüber, was ein gerechter Länderfinanzausgleich aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts ist, würdigen und zugrunde legen. Aber wir haben fraglos Veränderungsbedarf.
Die Bayerische Staatsregierung hat die Messlatte in Bezug auf den Entlastungsbetrag genannt, verändert und auf eine Milliarde Euro reduziert. Wir werden auf das Ziel schauen und dann sehen, inwieweit das zu erreichen ist. Die Gemengelage ist schwierig genug. Angesichts von 13 Nehmerländern wird die Frage zu beantworten sein, inwieweit der Bund sich an der Lösung der Probleme beteiligen kann oder beteiligen muss. Ich glaube, in dieser Phase sollten wir vermeiden, Verhandlungsstrategien von vornherein zu fixieren, weil dabei immer eine ganze Reihe von Stellschrauben vonnöten ist. Wir erwarten aber – das ist völlig klar – ein verbessertes Ergebnis zugunsten Bayerns, zum einen, was die betragsmäßige Belastung angeht, zum anderen was die Konzeption des Länderfinanzausgleichs angeht, weil es darauf ankommt, die Anstrengungen aller Nehmerländer angemessen zu würdigen. Zunächst einmal muss aber eine ausreichende Motivation für eigene Anstrengungen erfolgen. Dabei reicht es nicht, wie im Antrag der GRÜNEN zu lesen ist, beispielsweise Steuern zu erheben, die man erheben kann, sondern es wird auch darum gehen, insgesamt für eine solide Haushaltsführung in allen beteiligten Ländern zu sorgen, diese sicherzustellen und darüber zu reden, wie man im Länderfinanzausgleich solche Anstrengungen honorieren und fehlende Anstrengungen würdigen kann.
In diesem Sinne darf ich zusammenfassen, dass natürlich eine Verhandlungslösung vorrangig sein muss, wir aber die Klageerhebung als Begleitinstrument für richtig halten. Zuletzt sei noch darauf hingewiesen, dass die 2019 auslaufende Frist alle Beteiligten unter einen gewissen Zeitdruck setzt. Mir scheint, das Bundesverfassungsgericht schaut zunächst, ob die Län
der im Laufe dieses Frühjahrs bis zum Sommer zu einer gemeinsamen Verhandlungslösung kommen. Wenn es gelingt, ist die Klage ohnehin obsolet. Wenn es aber nicht gelingt, erwarte ich und setze darauf, dass das Bundesverfassungsgericht allen Beteiligten hilfreiche Hinweise zum weiteren Fortgang geben kann mit dem Ziel, einen gerechten Ausgleich zu schaffen. Deswegen ist es richtig, die Klage aufrechtzuerhalten. Deswegen müssen wir den Antrag der GRÜNEN ablehnen. Wir unterstützen den Antrag der CSU.
Danke schön, Herr Kollege Muthmann. – Es hat sich noch Staatssekretär Hintersberger zu Wort gemeldet. – Bitte schön, Herr Hintersberger.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht um den Antrag zur Rücknahme der Klage. Herr Kollege Bachhuber hat es deutlich dargestellt. Ich möchte noch auf ein paar Einzelheiten eingehen. Frau Kollegin Stamm, wenn Sie immer wieder wohlfeil sagen, es fehle das Konzept, dann schauen Sie sich einmal diese Klage an. Dort sind die drei Punkte, die Herr Kollege Bachhuber genannt hat, deutlich und juristisch sehr fundiert dargestellt. Sie umfasst zum Ersten die Abschaffung der Stadtstaatenwertung, die heute immerhin 135 % beträgt. – Wenn Sie den Kopf schütteln, zeigt das, dass Sie das nicht sehen wollen. Dies beinhaltet zum Zweiten einen geringeren Einbezug der Gemeindefinanzkraft, der heute 64 % beträgt, sowie die Reduzierung des Ausgleichstarifs.
Sie betonen auch den Aspekt "immer wieder Seehofer" negativ. Liebe Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN, dies ist genau unsere Aufgabe, hier in einer schwierigen Gemengelage, wie auch im Haushaltsausschuss dargestellt wurde, immer wieder die Position und die Interessen des Freistaates darzustellen. Alles andere wäre eine Verfehlung der Politik der Bayerischen Staatsregierung auf Bundesebene. Daher verstehe ich Ihre Argumentation überhaupt nicht, meine Damen und Herren.
Ein weiterer Punkt ist schon dargestellt worden. – Sie haben vollkommen recht: Hier geht es um die durch den Fleiß, die Kreativität und die Innovationen unserer Unternehmer und der Menschen in Bayern erwirtschafteten Steuereinnahmen. Den Menschen in Bayern ist nicht mehr verständlich zu machen, dass wir seit Jahren in einer Größenordnung – die Zahlen sind bekannt – in den Länderfinanzausgleich miteinbezo
gen sind, die nicht mehr zu akzeptieren ist. Die Schere geht zu weit auseinander. Dies zu ändern ist unsere Aufgabe. Die Summe von rund fünf Milliarden Euro, über die wir heute reden, entspricht immerhin 10 % unseres Haushaltes. Sowohl die absoluten Beträge als auch die Struktur, die Dynamik und der Trend müssen deutlich reduziert bzw. verändert werden.
Sie sagen immer wieder, der Freistaat Bayern sei in den Fünfziger-, Sechziger-, Siebziger- und Achtzigerjahren sowie Anfang der Achtzigerjahre der große Profiteur gewesen. Zwar ist das richtig, jedoch müssen zwei Aspekte beachtet werden. Die Gelder, die uns im Rahmen der Solidarität des Länderfinanzausgleichs zur Verfügung gestellt worden sind, sind strukturell, konzeptionell und zukunftsfähig im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit dieses Freistaats eingesetzt worden. Bayern hat in diesem Zeitraum rund 3,4 Milliarden Euro erhalten. Bayern hat jedoch seit dem Jahr 1989, seit es ein Geberland ist, rund 51 Milliarden Euro eingezahlt. Selbst wenn Sie den Index einbeziehen, ergibt sich eine riesige Differenz, die man auch verdeutlichen muss. In der Diskussion darf nicht nur der eine Aspekt genannt werden.