Protocol of the Session on December 9, 2014

Werfen wir einen Blick auf das Gymnasialpäckchen, das in diesem Jahr geschnürt wurde. Beim Gymnasi

um hatte die Regierung Dialogbereitschaft versprochen – das hat sie eingehalten – und weitreichende Reformen. Dazu gehen die Meinungen schon auseinander. Bei der Gymnasialreform ist nicht etwa eine echte Wahlfreiheit für die Schülerinnen und Schüler zwischen zwei Geschwindigkeiten beim Gymnasium G 8 bzw. G 9 herausgekommen, sondern ein erweiterter Wiederholungszug in der Mittelstufe für Schüler mit weniger guten Noten. De facto ist eine Deckelung der verlangsamten Gymnasialvariante für nur 25 % der Schülerinnen und Schüler herausgekommen. Das Ganze soll erst dann kommen, wenn die jetzige Gymnasialgeneration gar nicht mehr auf der Schule ist, nämlich 2017/2018. Geld, sagt Herr Söder, gibt es auch keines.

Das Gymnasium soll aus unserer Sicht keine reine Paukanstalt sein, sondern die Kinder fürs Leben fit machen mit Wissen und Kompetenz, mit Charakter und Herzenswärme. Gönnen wir unseren Kindern mehr Zeit zum Lernen!

(Beifall bei der SPD)

Tatsächlich erhält man von dieser Regierung auch manches Päckchen überreicht, das man so gar nicht haben will. Ohne die Wachsamkeit der parlamentarischen Opposition hätte die Regierung im Jahr 2014, ohne mit der Wimper zu zucken, das bayerische Bildungssystem personell ausgedünnt. Es ist uns gelungen, die Regierung von ihren Plänen abzuhalten, 800 Lehrerstellen auf einen Schlag zu streichen. Das nämlich war der Plan von Herrn Spaenle. Ich bedanke mich bei den FREIEN WÄHLERN, den GRÜNEN, den Lehrer-, Eltern- und Schülerorganisationen und der alarmierten bayerischen Öffentlichkeit für diese gute Zusammenarbeit. Gut, dass wir das gemeinsam verhindert haben!

(Beifall bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Wir brauchen mehr und nicht weniger Lehrer in Bayern, um den Unterrichtsausfall zu bekämpfen und die Klassengrößen in allen Schularten zu verkleinern, um eine individuelle Förderung unserer Kinder zu ermöglichen und um die Zahl der Schulabbrecher zu minimieren; denn noch immer gehen jedes Jahr mehrere Tausend Schülerinnen und Schüler ohne Abschluss von der Schule ab. Zudem muss die Inklusion von Schülern und Jugendlichen mit Behinderung an der Regelschule ermöglicht werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was ich mir wünschte, wäre etwas mehr Bescheidenheit in der Landespolitik und bei der Bayerischen Staatsregierung. Auch diese Regierungserklärung hat erneut gezeigt: Diese Staatsregierung kann nicht ohne Superlative. Fünf

Sterne-Land, Premiumland, die Besten der Besten. Bayern, Vorstufe zum Paradies, das familienfreundlichste Bundesland, obwohl gerade wir bei der Kinderquote und bei den Ganztagsschulangeboten im Bundesländer-Ranking ganz weit hinten stehen.

(Petra Guttenberger (CSU): Das stimmt nicht, Herr Kollege!)

Das Land der unbegrenzten Chancen und Möglichkeiten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir leben alle gerne in Bayern. Es ist ein wunderbares Land. Aber Sie sind nicht diejenigen, die die bayerischen Alpen aufgetürmt und die bayerischen Seen eigenhändig ausgegraben haben. Das Wittelsbacher Erbe wurde uns auch geschenkt. Auch dafür kann die CSU nichts.

(Beifall bei der SPD und den FREIEN WÄHLERN – Zuruf von der CSU)

Die Regierungserklärung von Frau Aigner war ein regelrechter Zahlenfriedhof. 400 Millionen Euro für so und so viele Projekte und das. So und so viele Hunderte von Millionen Euro für dieses Projekt und das. Start-ups, Cyber-Allianz-Zentrum, Ariane 6. Das ist alles wichtig, keine Frage.

(Zuruf: Gut!)

Nur frage ich mich: Geht es nicht auch ein bisschen näher am Menschen, wie die von Ihnen propagierte Politik, die Sie zumindest auf Ihrem Parteilogo stehen haben?

(Zuruf von der CSU)

Können wir das in Bayern vielleicht auch so darstellen wie im Bund?

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der FREI- EN WÄHLER)

Im Bund haben wir viel gemacht für eine bessere Pflege, für mehr Fairness auf dem Arbeitsmarkt, Politik für die Mieterinnen und Mieter, Politik für unsere Seniorinnen und Senioren. Und Sie reden über Zahlen in den unterschiedlichsten Haushaltsvarianten

(Markus Blume (CSU): Es geht um den Haushalt!)

und haben die Menschen in unserem Land nicht im Blick.

Ich nenne Ihnen zwei Beispiele: Im Polizeigebäude in Passau ist ein geregelter Dienstbetrieb fast nicht mehr möglich, weil Feuchtigkeit und Schimmel eindringen.

Die Kolleginnen und Kollegen von der Polizei vor Ort sind zutiefst besorgt. Seit Jahren ist das in Passau ein Thema. Der Innenminister hat schnelle Abhilfe versprochen, und es war alternativlos, so der Innenminister, dass im Jahr 2015 ein neues Polizeigebäude errichtet werden sollte. Der Innenminister antwortet auf die Anfrage meines Kollegen Bernhard Roos, der Baubeginn müsse nun auf das Jahr 2017 verschoben werden. Die Haushaltsmittel reichen nicht aus.

(Volkmar Halbleib (SPD): Hört, hört! Das Paradies sieht anders aus! – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das sehen wir noch nicht! – Volkmar Halbleib (SPD): Ein Teil der Vorstufe zum Paradies!)

Die Entschuldigung kommt gleich hinterher: Gesundheitsgefährdungen, beispielsweise durch Schimmel, müssten selbstverständlich vermieden werden. Liebe Frau Aigner, das sind aber die Probleme, die die Menschen vor Ort ganz unmittelbar betreffen. Es sind die kleinen Fragestellungen, die ebenfalls in den Mittelpunkt gerückt werden müssen. In Bayern gibt es beispielsweise Dutzende Schwimmbäder, die von den Kommunen nicht mehr gehalten werden können. Die Menschen vor Ort erwarten, dass sie mit ihren Kindern in ihrer Freizeit oder zumindest für den Schulunterricht - da ist es besonders wichtig - ein wohnortnahes Schwimmbad unmittelbar vor Ort haben, in dem sie mit ihren Kindern schwimmen können.

(Beifall bei der SPD)

Sie kümmern sich um Cyber-Allianz-Zentren, um Ariane 6, um Start-ups. Das ist alles wichtig. Aber Sie klammern die Probleme, die die Menschen vor Ort ganz unmittelbar betreffen, ganz offensichtlich aus.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir in Kurzform als Zusammenfassung noch einige Feststellungen. Punkt 1. Die Bayerische Staatsregierung sonnt sich in den Erfolgen der bayerischen Industrie, und sie formuliert die erfreulichen ökonomischen Kennziffern. Viele haben dazu beigetragen, insbesondere die Unternehmer und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Sie formuliert die erfreulichen ökonomischen Kennziffern als ihr eigenes Erfolgsmodell. Dabei hat sie im Jahr 2014 Chancen verpasst, wichtige Weichenstellungen bei zentralen Themenfeldern vorzunehmen. Der Zickzackkurs bei der Energiewende steht dafür symptomatisch. Insgesamt war die Regierung im Jahr 2014 tatsächlich, ich kann es Ihnen nicht ersparen, affärengeschüttelt und mit sich selbst beschäftigt.

Punkt 2. Die Nachbeben des Landesbankdesasters waren auch im Jahr 2014 deutlich spürbar. Auch am heutigen Tag bezahlt der bayerische Steuerzahler,

nur an diesem Tag, 1 Million Euro an Zinsen für die Rettung der Landesbank, insgesamt 350 Millionen Euro im Jahr 2014. Allein die Zinszahlungen für die Landesbankrettung machen mittlerweile 1.700 Millionen Euro aus. Sie übersteigen damit den aktuell haushalterisch abgebildeten sogenannten Schuldenabbau um ein Vielfaches. Die stellvertretende Ministerpräsidentin hat heute wohl aus guten Gründen die laufenden Prozesse um die Hypo Group Alpe Adria mit Milliardenforderungen an den Freistaat Bayern unkommentiert gelassen.

Punkt 3. Die Staatsregierung verharrt in der Position der Zentralstaatlichkeit, anstatt die vielfältigen Chancen der Regionen in einem Konzept der Dezentralität zu fördern. Die Landkreise, die Städte, die Gemeinden in Bayern brauchen mehr Bewegungsfreiheit und Handlungsspielräume. Dort spielt das Leben. Dort wird Lebensqualität organisiert. Dort findet Demokratie statt. Stärken wir die Wirkungsfelder unserer Kommunen, so forcieren wir die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in ganz Bayern. Die Stärkung der finanziellen Basis der Kommunen ist die Grundlage für die Sicherung der Lebensqualität und die Teilhabe von allen Bevölkerungsschichten.

Die Bundesregierung, die wir gemeinsam stellen, hat das erkannt und trägt diesem Grundgedanken durchaus Rechnung. Mit jährlich knapp 115 Millionen Euro werden die bayerischen Kommunen im Vorgriff auf das Bundesteilhabegesetz entlastet. Die Kommunen werden auch entlastet, weil der Bund die Grundsicherung im Alter übernimmt. Es gibt noch einmal 60 Millionen Euro für die Städtebauförderung in Bayern obendrauf. Der Bund macht das richtig. Wir leisten dort gemeinsam gute Arbeit.

Kommunale Selbstverwaltung ist eben mehr als nur ein bloßes Verfassungspostulat. Sie ist die Prosperitätsprämisse und zugleich höchstes politisches Ordnungsprinzip. Die Hochachtung vor der kommunalen Selbstverwaltung ist der Kern von landespolitischer Good Governance für unsere Heimat. Geben wir als Freistaat den Kommunen mehr vom allgemeinen Steuerkuchen ab. Die Menschen in Bayern werden es uns danken.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nachdem im Jahr 2014 einiges an Hausaufgaben liegen geblieben ist, gibt es für 2015 noch viel zu tun. Bayern braucht eine Regierung, die regiert, so wie im Bund.

(Lachen bei der CSU)

Eine Koalitionsregierung ist besser für das Land. Eine Koalitionsregierung ist besser als eine Alleinregierung, die Dinge schleifen lässt.

(Beifall bei der SPD)

Die Menschen lehnen Allmachtstrukturen ab und schätzen den politischen Konsens und die Zusammenarbeit von Parteien. Für mich steht fest: Dort, wo die SPD mitregiert, werden die Probleme von Familien und Arbeitnehmern ernst genommen, dort werden die Alltagssorgen der sogenannten kleinen Leute berücksichtigt. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat der Vorsitzende der CSU-Fraktion, Herr Kollege Thomas Kreuzer, das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Rinderspacher, Sternstunden sind selten im Leben eines Einzelnen und selten im Laufe der Geschichte. Das haben Ihre Ausführungen heute wieder einmal eindeutig unter Beweis gestellt.

(Heiterkeit bei der CSU – Zuruf von der SPD)

Von Ihrer Seite kamen Vorwürfe, Unterstellungen und Wunschkataloge. Was Ihnen jedoch fehlt, ist ein Konzept für Bayern. Wie wollen Sie die Zukunft des Freistaats gestalten? Was sind Ihre politischen Vorstellungen? Dazu haben Sie heute überhaupt nichts Konkretes gesagt.

(Beifall bei der CSU)

Das Einzige, was man heraushören kann, sind ständige Forderungen. Wir brauchen noch mehr Lehrer, wir brauchen noch mehr Gebäudesanierung, wir müssen noch mehr an die Kommunen geben. Meine Damen und Herren, für eine Haushaltsdebatte ist ganz ungewöhnlich: Sie haben zum Haushalt und zur Finanzierung dieser Aufgaben überhaupt nichts gesagt.

(Beifall bei der CSU)

Kein einziges Wort. Dann haben Sie gesagt, die Politik dort, wo die SPD regiert, ist gut für die kleinen Leute. Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen: Dort, wo die SPD mitregiert, wird ungebremst Verschuldung praktiziert. 3,5 Milliarden Euro pro Jahr in Nordrhein-Westfalen, 1,5 Milliarden Euro pro Jahr in Baden-Württemberg.

(Beifall bei der CSU)

In den Ländern, in denen Sie regieren, sind Sie die Partei der Schuldenmacher. Das werden diese kleinen Leute eines Tages irgendwie bezahlen müssen. Das ist höchst unsozial, Herr Rinderspacher.