(Volkmar Halbleib (SPD): Die Sozialministerin nimmt in einer solchen Debatte nicht Stellung! Ein Skandal! Unglaublich! – Prof. Dr. Peter Paul Gantzer (SPD): Müller! Müller! Müller!)
Meine Damen und Herren, wir haben jetzt vier namentliche Abstimmungen vor uns: drei zu dem eben beratenen Tagesordnungspunkt und eine zum letzten Tagesordnungspunkt.
Ich beginne mit der namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Bause, Hartmann, Kamm und anderer und Fraktion (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) betreffend "Probleme bei der Erstaufnahme sofort lösen – Flüchtlinge menschenwürdig unterbringen", Drucksache 17/3356. Die Urnen stehen bereit. Ich eröffne die Abstimmung – fünf Minuten!
Ich darf jetzt zur nächsten namentlichen Abstimmung den Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion, Drucksache 17/3362, aufrufen; hierbei geht es um die geänderte Fassung, die dem Hohen Haus vorliegt. Ich bitte, die Stimmkarten abzugeben. Die Abstimmung ist eröffnet – drei Minuten!
Die Abstimmung ist geschlossen. Die Stimmkarten werden draußen ausgezählt. Das Ergebnis gebe ich später bekannt.
Jetzt kommen wir zur dritten namentlichen Abstimmung. Das ist der Dringlichkeitsantrag der Fraktion der FREIEN WÄHLER auf der Drucksache 17/3389. Die Abstimmung ist eröffnet. Ich bitte, die Stimmkarten einzuwerfen. Drei Minuten!
Die Abstimmung ist geschlossen. Die Stimmen werden außerhalb des Saales ausgezählt. Das Ergebnis gebe ich später bekannt.
Kolleginnen und Kollegen, wir kommen jetzt zur vierten namentlichen Abstimmung. Es ist der Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER "Regionale Energiewende statt Trassenwahnsinn" auf der Drucksache 17/3355. Die Abstimmung ist eröffnet. Ich bitte, die Stimmkarten abzugeben. Drei Minuten!
Meine Damen und Herren, ich bitte, die Plätze einzunehmen, damit ich die Sitzung wieder aufnehmen kann. Gespräche bitte ich außerhalb des Saales zu führen.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Josef Zellmeier, Dr. Florian Herrmann u. a. und Fraktion (CSU) Schutz vor gewaltbereiten Islamisten in Deutschland (Drs. 17/3357)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Katharina Schulze u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Radikalisierung verhindern - Verantwortung wahrnehmen (Drs. 17/3390)
Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Als Erster hat Kollege Dr. Reichhart das Wort. Ich bitte die Fraktionen, selbst auf ihre Redezeiten zu achten. Sie sind zum Teil sehr knapp bemessen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Massenvergewaltigungen, Hinrichtungen, Sklavenmärkte – wir begegnen einem Terrorismus in der übelsten und widerlichsten Ausprägung. Wozu gewaltbereiter Islamismus und Salafismus fähig sind, müssen und dürfen wir derzeit im Irak und in Syrien beinahe hilflos erleben. Was dort geschieht, sprengt unsere Vorstellungskraft, ist schäbig, schändlich und beschämend. Kurz gesagt: Es ist menschenunwürdig.
All diese Greueltaten in Syrien und im Irak können auch uns in Bayern nicht ungerührt lassen, zum einen, weil auch wir Verantwortung in der Welt tragen, und zum anderen, weil es auch bei uns Menschen gibt, die das unterstützen, wenn fanatische sowie religiöse Vorstellungen unter Missachtung jeder freiheitlich-demokratischer Grundordnung durchgesetzt werden. Aus Deutschland sind bereits mehr als 450 Salafisten nach Syrien gereist, davon mindestens
40 aus Bayern. Rund ein Drittel kehrt nach Deutschland zurück, noch fanatisierter und noch radikaler als zuvor. Die wenigsten schwören dieser menschenverachtenden Ideologie ab. Allein in Bayern haben wir derzeit zwölf Rückkehrer aus Syrien und aus dem Irak, die unsere Behörden beschäftigen und mit denen wir uns beschäftigen müssen.
Deshalb brauchen wir verschiedene Maßnahmen. Zunächst einmal ist für uns alle klar: Wer in Syrien gemordet hat, wer sich dort hat Verbrechen zuschulden kommen lassen, den erwartet in Deutschland die volle Härte des Gesetzes. Mit allen zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Mitteln werden wir Dschihadisten auf deutschem Boden für ihre unmenschlichen Taten zur Rechenschaft ziehen.
Genauso wichtig ist es, dass wir diejenigen radikalen Islamisten und Salafisten, die nicht oder nicht ausschließlich die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, die aber das Grundgesetz und unsere Wertordnung mit Füßen treten, schnellstmöglich dazu bewegen, wieder in ihre Heimatländer zurückzukehren. Aber das alles kann nur eine vielschichtige Strategie sein. Wir brauchen auch Anreize für diejenigen, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen und die in Bayern zu Hause und aufgewachsen sind. Hierzu brauchen wir individuelle Maßnahmen. Wir brauchen präventive Maßnahmen, um ein Abgleiten in den Salafismus oder Islamismus zu verhindern. Wir brauchen Rückkehrmöglichkeiten und ein abgestimmtes Verhalten unserer Behörden, also des Verfassungsschutzes und aller nicht staatlichen und staatlichen Akteure. Ich denke, wir sind uns darüber einig: Eine Gesamtstrategie, die einzelne Maßnahmen bündelt, ist nötig, um unsere Heimat und die Menschen in Bayern zu schützen und uns allen ein freies Leben auf der Basis der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu ermöglichen.
Deshalb bitten wir die Staatsregierung zu berichten, was in Bayern in diesem Bereich bereits getan worden ist und was vielleicht noch getan werden muss. Ich bitte um Zustimmung zum Antrag der CSU. Den Antrag der GRÜNEN werden wir ablehnen. Der Antrag ist tendenziös und gibt das Ergebnis im Antrag schon vor. Insoweit können wir dem Antrag nicht zustimmen und werden ihn auch nicht mittragen.
dass wir alle im Bayerischen Landtag zustimmen werden, wenn wir uns klar gegen die Ideologie und die Greueltaten der ISIS und anderer Terrormilizen stellen. Die Meldungen, die täglich aus dem Irak und Syrien zu uns dringen, machen einen fassungslos über so viel Gewalt und Brutalität. Die Organisation Islamischer Staat im Irak und Syrien, kurz ISIS, ist eine dschihadistische, salafistische Terrororganisation, und dieser extrem radikale Salafismus dient dem ISIS als Vorwand, um patriarchale Herrschaft und eine Diktatur zu etablieren, die sich langfristig auf der ganzen Welt durchsetzen soll. Das ist eine Kampfansage an universelle Menschenrechte, Aufklärung, Demokratie und Staatlichkeit.
Um deren Schreckensherrschaft zu beenden, benötigen wir Maßnahmen auf unterschiedlichen Ebenen – in Bayern, in Deutschland, auf internationaler Ebene, aber auch vor Ort in Syrien und im Nordirak. Deswegen finden wir es gut, dass es einen Antrag gibt, wonach die Bayerische Staatsregierung im Landtag berichten soll, wie sie bei diesem Thema vorzugehen gedenkt. Ich bin mehr als überrascht, ja geradezu verärgert, und kann nicht nachvollziehen, dass Sie von der CSU-Fraktion unseren Berichtsantrag entgegen dem Brauch in diesem Hohen Haus, wonach Berichtsanträgen prinzipiell zugestimmt wird, ablehnen möchten. Wir haben für unsere Fragen einen anderen Blickwinkel auf die Debatte geworfen. Wenn Sie das als tendenziös empfinden, tut mir das wahnsinnig leid; offensichtlich lesen Sie die Dinge anders als ich.
Ich weiß nicht, ob Ihnen die Situation nicht ganz klar ist, Gut, dass Herr Herrmann da ist; denn auch ihm möchte ich das kurz erklären. Der Radikalisierung dieser Menschen können wir nicht durch eine Abschiebepraxis, wie von Ihnen gefordert, entgegentreten. Vielleicht haben Sie das nicht mitbekommen, Herr Herrmann: Andere Länder schicken Hilfskräfte oder dringend benötigte Versorgungsgüter in die Krisenregion, während Sie ISIS-Kämpfer in das Krisengebiet schicken wollen. Ich weiß nicht, ob Sie es vielleicht nicht mitbekommen haben, aber ich sage Ihnen das jetzt: Es gibt die Resolution Nummer 2178 der Vereinten Nationen. Darin steht, dass man die Ausreise von ISIS-Kämpfern in Kriegsgebiete unterbinden soll. Sie haben vielleicht etwas missverstanden; denn die Frontverschickung auf Staatskosten gehört nicht in die UN-Direktive und löst das Problem der Radikalisierung von ISIS-Sympathisanten in Bayern nicht, sondern verschärft vielmehr das Problem.
Deshalb haben wir in unserem Dringlichkeitsantrag genau diese Fragen gestellt, weil wir sie im Ausschuss gemeinsam diskutieren wollen. Ich finde es sehr schade, dass Sie das als tendenziös bezeichnen. Ich bitte darum, die Sache zu überdenken; denn bei diesem Problem sollten alle Parteien zusammenstehen und eine ordentliche und umfassende Debatte im Ausschuss führen. Unsere Fragen haben einen anderen Blickwinkel und berühren auch die präventive Vorsorge. Auch diese Punkte müssen wir genau betrachten.
Ich wollte noch kurz auf das Thema Sprache eingehen, weil heute schon so viel über Sprache geredet worden ist. Ich möchte auf den Titel des CSU-Antrags, dem wir zustimmen werden, obwohl man ihn auch als tendenziös bezeichnen könnte, hinweisen. Insofern könnten Sie auch bei unserem Antrag darüber hinwegsehen. Bei Ihnen steht "Schutz vor gewaltbereiten Islamisten in Deutschland". Das ist irreführend, und wir möchten nicht in Stammtischparolen verfallen. Deshalb dürfen wir nicht suggerieren, dass die größte Gefahr in Deutschland von ISIS-Kämpfern ausgeht. Die größte Gefahr der Bevölkerung durch ISIS-Kämpfer besteht in Syrien und im Nordirak. Dort werden die Menschen abgemetzelt und sterben tagtäglich. Insofern besteht dort eine große Gefahr. In Bayern müssen wir uns eine andere Frage stellen. Wie konnte es so weit kommen, dass junge Menschen, die hier in Bayern sozialisiert und aufgewachsen sind – egal, ob sie einen deutschen oder einen anderen Pass haben -, sich zu Gewalt, Krieg und dieser menschenverachtenden Ideologie hingezogen fühlen? Wir konnte es so weit kommen, und welche Antworten können wir darauf geben?
Ich bin der Meinung, dass wir das Problem der gewaltbereiten Salafisten und ihrer Ideologie, die sich ganz klar gegen die freiheitlich demokratische Gesellschaft richten, nicht allein mit strafrechtlichen Mitteln angehen können. Vielmehr müssen wir auch die zivilgesellschaftlichen Akteure sowohl auf muslimischer als auch auf gesamtgesellschaftlicher Seite stärken. Wir benötigen eine Präventions- und Deradikalisierungsstrategie. Es gibt zum Beispiel das viel gelobte Präventionsprogramm "Wegweiser" aus NRW – auch eine Frage in unserem Berichtsantrag. Da wollen wir fragen, ob die Staatsregierung ähnliche Dinge plant. Ich weiß nicht, was an so einer Frage tendenziös sein soll. Dann fordern wir Programme zur Demokratieförderung. Das ist auch eine Frage in unserem Berichtsantrag, nämlich ob die Staatsregierung gedenkt, mehr Geld für Programme zur Demokratieförderung auszugeben. Was ist daran tendenziös? Sorry, ich weiß nicht, wie Sie unseren Antrag lesen. Außerdem sagen
wir noch, dass es eine klare Haltung gegen Islamophobie sowie eine konsequente Antidiskriminierungspolitik geben muss. Das zusammengenommen sind die Lösungen, und in diesem Bereich muss der Freistaat Bayern seiner Verantwortung nachkommen. Auf die Debatte im Ausschuss freue ich mich schon.