Protocol of the Session on July 16, 2014

Kollege Blume, können Sie einfach einmal zuhören?

(Anhaltende Unruhe – Volkmar Halbleib (SPD): Da muss Restalkohol im Spiel sein, Herr Präsident!)

Ich darf das Plenum bitten, sich zu beruhigen, und Sie bitten, eine Frage zu stellen.

Wenn Sie dezentral, lokal erzeugen wollen, wie wollen Sie dann eine HGÜ-Leitung, eine Hochspannungsgleichstromübertragung, mit einer regionalen, dezentralen Energieerzeugung in Verbindung bringen? Das eine ist eine Verteilnetzebene, das andere eine Ebene, die Strom über lange Strecken leitet. Das hat überhaupt nichts miteinander zu tun.

Danke schön. – Herr Kollege Baumgärtner, Sie haben das Wort.

(Vom Redner nicht au- torisiert) Wissen Sie, Herr Glauber, ich habe hier formuliert, wie wir uns gemeinsam auf den Weg machen wollen. Ihre Frage unterstreicht genau das noch einmal. Würden Sie nämlich alles wissen, dann würden Sie solche Fragen nicht stellen. Noch einmal: Ich bin sehr dafür, dass wir zunächst herausfiltern, was wir wirklich brauchen. Dann überlegen wir uns gemeinsam, wie wir das organisieren wollen.

Meine Damen und Herren, als letzten Satz und Antwort auf diese Fragen: Es ist eine nationale Aufgabe. Ich warne sehr davor, dass die etablierten Parteien diese Diskussion dazu nutzen, zu polemisieren.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Volkmar Halbleib (SPD): Zu dilettantisieren!)

Das wird allen nützen, nur nicht den etablierten Parteien.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat Herr Kollege Martin Stümpfig von der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Den beiden Anträgen von SPD und FREIEN WÄHLERN zu mehr Transparenz bei den Stromleitungen stimmen wir voll zu. Das, was unser Herr Seehofer und die Bayerische Staatsregierung zum Thema Stromnetze betreiben, ist eine reine Irreführung der Öffentlichkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und den FREIEN WÄHLERN)

In den Monaten vor der Wahl faselte unser Herr Ministerpräsident von einer Braunkohletrasse, die auf jeden Fall verhindert werden müsse. Bayern brauche diese nicht und solle sich selbst ganz autark mit Strom versorgen.

Doch mit dieser Meinung stand er ziemlich allein. Nicht nur die gesamte bayerische Wirtschaft, sondern auch das Wirtschaftsministerium musste ihm erst einmal klar machen, dass dieser Traum von einem autarken Bayern so nicht funktionieren wird. Man kann nicht Windräder ablehnen, Pumpspeicherkraftwerke ablehnen, Gaskraftwerke fordern, die keiner mehr

bauen will, und dann meinen, dieser Traum solle in Erfüllung gehen. Das funktioniert nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt, vier Wochen nach der letzten Wahl, suchen Sie, Herr Ministerpräsident, und die Bayerische Staatsregierung schnell nach einem Ausweg. Nicht nur dabei, sondern auch bei vielen anderen Fragen in diesem Freistaat rennen Sie momentan komplett hinterher. Ich nenne nur die Flüchtlingsthematik, bei der Sie nicht mehr steuern, sondern nur noch reagieren. - Bei den Stromleitungen ist ein Ausweg aber schwer zu finden. Es klappt nur noch mit einem offenen Gesetzesbruch. Kurz noch eine Anmerkung: Sie sind momentan nur in einer Disziplin spitze; Sie sind spitze, liebe CSU und Staatsregierung, beim Nichtstun.

(Beifall bei den GRÜNEN – Gudrun Brendel-Fi- scher (CSU): Aha!)

Es klappt also nur noch mit einem offenen Gesetzesbruch. Denn zur Erinnerung: Herr Baumgärtner, es ist von Ihnen sicherlich mutig und war taktisch vielleicht auch schlau, dass Sie hier als Neuling vorgeschoben werden. Ich bin ja auch wie Sie ein Neuling. Wir beiden wussten nicht, was im Sommer 2013 hier im Hohen Hause alles lief. Aber im letzten Jahr, und das ist gerade ein Jahr her, auch wenn vier Wahlen dazwischen waren – das zählt ja mehr –, hat die CSU in der Bundesregierung und im Bundesrat für das Bundesbedarfsplangesetz gestimmt.

In diesem Gesetz ist ganz klar geregelt, wie der Bedarf erhoben wird und wo die Endpunkte der Leitungen sind, wo der Endpunkt von Süd-Ost liegt. Es wurde auch ganz klar abgestimmt, auch Sie haben gegen die Erdverkabelung gestimmt. Nicht Sie persönlich, Herr Baumgärtner, und auch ich nicht, aber Ihre Fraktion hat dagegen gestimmt. Heute muss man sagen: Guten Morgen, liebe CSU, die Nacht war vielleicht etwas kurz und Sie wirken auch noch etwas verschlafen; aber wachen Sie jetzt endlich auf!

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Heute fordern Sie in Ihrem Antrag, wir brauchten einen strengen Maßstab, eine Bündelung der Leitungen, wir brauchten Erdverkabelung. Ja wo sind wir denn?

(Erwin Huber (CSU): In Bayern!)

Ja, wir sind in Bayern, Herr Huber. – Das hatten Sie alles schon Jahre zuvor diskutiert: 2011, 2012, 2013. Und heute, im Juli 2014, sagen Sie, wir brauchten eine Bündelung, einen strengen Maßstab und die Erdverkabelung. Na ja, das ist nicht besonders geistreich.

Jetzt liest man aber, dass Herr Seehofer und Herr Gabriel schnell eine Wende einleiten wollen. Noch einen kleinen Seitenhieb an die lieben Freundinnen und Freunde von der SPD: Es wäre natürlich sinnvoll, sich direkt an Herrn Gabriel zu wenden; denn er hat die Fäden in der Hand und könnte für mehr Transparenz sorgen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf der Abgeordne- ten Natascha Kohnen (SPD))

Jetzt soll auf einmal alles vom Tisch sein. In einem kleinen Kaffeekränzchen wird entschieden und eine neue Leitung ausgedacht. Da kommt bei den Energiepolitikern Freude auf. Das Grundmotiv der Leitungsplanung ist heute nicht mehr, wie man den Strom wegbekommt und ob denn in Meitingen vielleicht ein besonderer Lastschwerpunkt ist, sondern das Grundmotiv der Leitplanung heißt: Wie kann sich Herr Seehofer am besten wieder aus dem Schlamassel ziehen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

An dieser Stelle möchte ich auch die Worte von Frau Kohnen noch einmal aufgreifen. Frau Aigner, nehmen Sie das Heft in die Hand. Sorgen Sie hier für eine klare Linie. Ich glaube, bei Ihnen ist hier bei Weitem mehr Sachverstand vorhanden.

Wir unterstützen also die Anträge von SPD und FREIEN WÄHLERN; denn es ist Zeit, zu erfahren, warum die Bayerische Staatsregierung noch vor wenigen Wochen die Thüringer Strombrücke für ausreichend hielt, jetzt aber sagt, dass wir HGÜ-Leitungen brauchen. Es ist Zeit, zu erfahren, warum die neue Trasse nicht mehr durch den Wahlkreis von Herrn Seehofer führt. Und warum führt sie jetzt durch den Wahlkreis von Herrn Huber? Vielleicht waren Sie in letzter Zeit etwas zu unartig; denn jetzt hat es Sie mit Ihrem Wahlkreis erwischt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das tut uns allen natürlich schrecklich leid, aber so etwas kann einmal passieren, wenn solche Sachen im Kaffeekränzchen ausgemauschelt werden.

Es ist auch an der Zeit zu wissen, mit welchen Modellen die Bayerische Staatsregierung auf einmal netztechnische Studien berechnet. Nach Newton-Raphson, oder was machen Sie? Das würde mich wirklich sehr interessieren. Es ist auch an der Zeit, zu erfahren, was die Gutachter und die Fachleute denn jetzt falsch berechnet haben. Dieses ganze Schmierentheater muss ausgeleuchtet werden. Deswegen: mehr Transparenz!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Baumgärtner, wenn Sie heute, wie Sie angekündigt haben, die Anträge von FW und SPD ablehnen, dann muss man wirklich sagen: All Ihre tollen Äußerungen von wegen "Koalition mit den Bürgern" kann man wirklich begraben; denn was steht in diesen beiden Anträgen denn mehr drin als die Forderung nach mehr Transparenz und mehr Bürgerbeteiligung? Hier jetzt einen Grund zu konstruieren, das ist schon mehr als eigenartig.

Abschließend möchte ich noch sagen: Wenn wir gemeinsam aktiv für Klimaschutz kämpfen wollen, dann brauchen wir endlich einen CO2-Grenzwert für neue Kraftwerke, dann brauchen wir einen CO2-Mindestpreis. Erst dann kommen wir in dieser Frage nach vorne. In diesem Sinne - herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und den FREIEN WÄH- LERN)

Danke schön, Herr Kollege. Als Nächster hat Herr Kollege Bernhard Pohl von den FREIEN WÄHLERN das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Baumgärtner, Sie wollen jetzt den Bedarf an Strom im Freistaat Bayern ermitteln. Ich muss schon sagen: Auf welcher Grundlage haben denn dann Ihre Kollegen von CDU und CSU im Deutschen Bundestag ein Bundesbedarfsplangesetz beschlossen? Es ist schon einigermaßen dreist, ein Bedarfsplangesetz zu beschließen und dann ein Jahr später zu sagen: Ich muss den Bedarf erst feststellen. Also, derartig blind sollte man politisch nicht durch die Gegend laufen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Im Bundesbedarfsplangesetz steht die Kohlestromtrasse von Bad Lauchstädt nach Meitingen - beschlossen im Deutschen Bundestag, auch von Ihnen, Frau Ministerin. Und nun sagt die Staatsregierung, nachdem wir massiv Druck gemacht haben - hier im Hause, aber auch draußen mit den Bürgern: Die Kohlestromtrasse wird es nicht werden. Ich finde es sehr positiv, dass sich der Bayerische Landtag hier mehrheitlich dazu durchgerungen hat, diesen falschen Schritt zu korrigieren. Allerdings muss man natürlich auch sagen: Das Heft hat der Bundesgesetzgeber in der Hand, und dort steht diese Trasse noch im Gesetz.

Nun soll eine neue Trasse kommen oder vielleicht gar keine Trasse, das wissen wir alle nicht. Sie wissen es

auch nicht, aber Sie wollen das Ganze hinter verschlossenen Türen auf den Weg bringen, ohne die Parlamente, ohne die Bürger, ohne die Kommunen einzubinden. Damit machen Sie den nächsten Fehler.

(Zuruf des Abgeordneten Erwin Huber (CSU))

Ich sage Ihnen auch ganz deutlich, Herr Kollege Huber: Es kann nicht sein, dass Sie den Mantel des Schweigens darüber breiten, bloß weil Sie Ihren Kompass verloren haben

(Erwin Huber (CSU): Dummes Geschwätz ist das!)

und nicht wollen, dass man Ihnen zusieht, wie Sie den Kompass suchen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Aber vielleicht wäre es ja hilfreich, die Öffentlichkeit zu beteiligen. Vielleicht würde man den Kompass leichter finden, wenn Ihnen mehr Menschen bei der Suche behilflich sind. So funktioniert nämlich Demokratie. Es heißt nicht: Die Mehrheit hat immer recht, sondern Demokratie ist ein Zusammenspiel aller politischen Kräfte hier im Hause, aber auch der Öffentlichkeit und der Kommunen. Es wäre sinnvoll, wenn Sie so vorgehen würden. Sie aber wählen einen anderen Weg. Sie wollen sich abstimmen, Sie wollen ein Ergebnis auf den Tisch legen und dann erst mit den Bürgern reden.

Herr Kollege Pohl, lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Baumgärtner zu?