Protocol of the Session on April 8, 2014

- Weil Sie den Kollegen Felbinger bloßgestellt haben. Das war eine Bloßstellung, und das ist nicht unbedingt qualifizierend für einen guten Lehrer.

(Zuruf des Abgeordneten Erwin Huber (CSU))

Nichtsdestotrotz: Schule und Lehrer haben heute mit gestiegenen Anforderungen -

(Zuruf von der CSU: Schade, dass Sie die FREI- EN WÄHLER in Schutz nehmen!)

- Ich nehme auch, wenn es darauf ankommt, einen CSU-Mann oder eine CSU-Frau in Schutz. So ist es.

(Zuruf von der CSU: Oh!)

Frau Kollegin Wild, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Wenn ich am Ende bin. Jetzt bin ich so oft unterbrochen worden; bitte haben Sie Verständnis, es ist schon spät. Ich möchte meine Rede gerne zu Ende bringen.

Wenn man sich genau anschaut, was eine Lehrkraft heutzutage leisten muss, um den Anforderungen der Schüler und den unterschiedlichen Schwierigkeiten gerecht zu werden oder mit den Forderungen und Wünschen der Eltern zurechtzukommen, ist es doch nur legitim, wenn man ein bisschen genauer hinschaut, wer bei uns Lehrer werden möchte. Ich finde es außerdem wirklich sehr wichtig, dass die Beratung rechtzeitig stattfindet. Ich weiß natürlich, dass es die Zentrale Studienberatung gibt, dass es zahlreiche Informationsveranstaltungen gibt. Das "Münchner Zentrum für Lehrerbildung" wurde schon erwähnt. Aber offensichtlich greift es nicht immer so, wie man es sich wünscht, sonst würden nicht so manche schon während des Studiums auf der Strecke bleiben oder später im Berufsleben scheitern.

Deswegen muss ich einfach sagen: Lasst uns solche Angebote ausbauen, lasst sie uns vertiefen, um zu vermeiden, dass eine Lehrkraft später merkt, dass sie scheitert, dass sie enorme gesundheitliche Probleme hat. Wie sieht denn da der Unterricht aus? Was bedeutet das für die Schülerinnen und Schüler?

Ich sage es noch einmal: Ich würde dieses Eignungsverfahren PArcours sehr ernst nehmen, weil es meines Erachtens doch ein riesiger Unterschied ist, ob – jemand eine Stunde, eineinhalb ober zwei Stunden lang beraten wird oder sich vielleicht ein oder zwei Tage einem Assessment unterzieht. Was ist daran schlimm, wenn man das weiter ausbaut?

(Beifall bei der SPD)

Es kann auch eine Hilfe sein, dass sich so mancher junge Mann, manche junge Frau intensiver mit dem Berufsbild der Lehrkraft auseinandersetzt. Ich glaube, dass es nicht immer reicht, sich seinen Lehrer oder seine Lehrerin als Leitbild zu nehmen. Da gehört weitaus mehr dazu.

Ich würde sagen, das Eignungsverfahren ist gut angenommen worden dafür, dass es noch so frisch ist. Ich finde, man sollte das unterstützen. Darum sagen auch wir von der SPD: Der Antrag der FREIEN WÄHLER ist gut und bekommt unsere Zustimmung.

(Beifall bei der SPD und den FREIEN WÄH- LERN)

Damit kommen wir zur Zwischenbemerkung der Frau Kollegin Brendel-Fischer. Bitte schön.

Ich möchte schon anmerken, dass Sie hier so tun, als ob der Lehrer wirklich das unbekannte Wesen für den Schüler wäre. Gerade die Schüler, die sich für das Lehramtsstudium und für diesen Beruf entscheiden, erleben zwölf Jahre lang eine Lehrkraft – nicht nur eine, sondern eine Vielzahl an Lehrkräften mit den unterschiedlichsten Wahrnehmungen. Das ist doch eine transparentere Form des Berufsbildes, die sie erleben, als in jedem anderen Beruf, für den sich junge Menschen entscheiden. Von daher kann eigentlich kein solcher Fehlgriff stattfinden, wie sie es darstellen.

(Beifall bei der CSU)

Frau Brendel-Fischer, die Eigenwahrnehmung und das eigene Erleben stimmen nicht unbedingt immer mit der Fremdwahrnehmung der tatsächlichen Anforderungen überein. Das wissen Sie als Fachlehrerin genauso wie ich.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Frau Kollegin Wild. - Nächster Redner ist Herr Kollege Gehring, bitte schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Da gibt es wieder einen Satz, auf den sich alle Politiker stürzen, weil er so viel Einigkeit suggeriert, nämlich den Satz: Auf die Lehrer kommt es an. Es gibt diese Hattie-Studie. Tatsächlich ist es so, dass es auf die Lehrerinnen und Lehrer in ganz starkem Maße ankommt, damit Bildungserfolge erreicht werden können.

Aber wenn wir uns auf diesen Satz einlassen, dann müssen wir auch so ehrlich sein und sagen, es gibt Lehrerinnen und Lehrer, die besser sind, und Lehrerinnen und Lehrer, die weniger gut sind;

(Jürgen W. Heike (CSU): Es gibt auch gute und schlechte Politiker!)

die sind auch nicht gut geeignet. Man kann natürlich sagen, das ist so, lassen wir die Diskussion sein. Oder wir nehmen diese Tatsache ernst: Dann müssen wir uns um Themen kümmern, um die wir uns in der Bildungspolitik und auch die Bayerische Staatsregierung bisher zu wenig kümmern: das Thema Beratung, das Thema Studieneignung, das Thema Persönlichkeitsentwicklung als Teil des Bildungsauftrags des Lehramtsstudiums, das Thema Personalentwicklung, das Thema Fortbildung und das Thema Gesundheitsmanagement. Da haben wir große Baustellen, und die sind bisher ganz mager besetzt. Das muss man schon so sagen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir sollten auch das Thema Burnout nicht so auf die leichte Schulter nehmen wie ein Diskussionsredner von heute Vormittag – Herr Goppel, ich war zwar nicht da, ich habe es mir berichten lassen – nach dem Motto, ich habe auch eine Doppelbelastung ausgehalten. Burnout ist ein großes Problem bei vielen Lehrerinnen und Lehrern. Die Allgäuer Kollegen werden es bestätigen. Wir Allgäuer wollen Gesundheitsregion werden. Das werden wir dank einer ganzen Reihe von Kliniken, die sich nur noch auf Lehrerinnen und Lehrer und deren psychosomatische Probleme spezialisiert haben. Als Dienstherr, als Land Bayern, können wir damit nicht zufrieden sein, sondern wir müssen etwas tun.

Ein Mosaikstein aus diesem Personalentwicklungskonzept, das wir leider noch nicht haben, ist das Thema Studieneingangsberatung für junge Lehrerinnen und Lehrer. Herr Kollege Lederer, es geht nicht um einen NC. Daher hat die Frage der Prognosefähigkeit eine andere Relevanz, wenn man einen NC einführt, als wenn man Beratung macht. Aber sicherlich müssen wir daran arbeiten. So etwas wie PArcours in Passau ist ein sehr interessantes Modell. Das müssen wir weiterverfolgen.

Ich möchte die Vorsitzende des Landespersonalausschusses, Frau Dr. Sigrid Schütz-Heckl, zitieren, die dieses Modell gelobt und gesagt hat, die Staatsregierung möge prüfen, ob das flächendeckend umgesetzt werden kann. Ich sehe keine Forschungsprogramme von der Staatsregierung finanziert, um mehr Sicherheit zu bekommen. Ich sehe die Notwendigkeit, das als einen Mosaikstein dieses Konzeptes einer Personalentwicklung auszubauen und flächendeckend umzusetzen.

Natürlich muss neben der Eignungsfeststellung die entsprechende Beratung stattfinden. Das ist etwas anderes als Studienberatung. Das ist Persönlichkeitsberatung und Unterstützung, sich weiterzuentwickeln.

Das Thema ist zu ernst und zu wichtig, als dass wir das nonchalant machen könnten nach dem Motto, wir machen mal da und dort ein bisschen Studienberatung. Personalentwicklung ist das Hauptthema der nächsten Jahre. Das Thema Eignungsfeststellungsprüfung an den Hochschulen ist dabei ein wichtiger Punkt.

Das Problem ist: Wir haben die Hochschulen mit im Boot. Wir müssen überlegen, wie wir Hochschulen dazu bringen können, solche Verfahren zu machen, auch wenn sie aufwendig sind, und wie die entsprechende Begleitung und Beratung an den Hochschulen organisiert wird. Das geht nicht ohne starke Offensive vonseiten des Landes mit entsprechender finanzieller Unterstützung oder finanziellen Anreizen. Über diese Dinge müssen wir reden und Vorschläge entwickeln.

Der Antrag der FREIEN WÄHLER ist ein erster Schritt für diese Diskussion. Deswegen werden wir ihn unterstützen.

(Beifall bei den GRÜNEN und den FREIEN WÄH- LERN)

Danke schön. Für die Staatsregierung hat Herr Staatssekretär Eisenreich das Wort. Bitte schön.

(nicht autorisiert) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Gehring, ich stimme dir zu, es ist ein wirklich wichtiges und ernstes Thema. Wir sind uns im Ziel einig: Es sollen sich diejenigen jungen Menschen für den Beruf des Lehrers entscheiden, die diesen schönen, aber auch sehr fordernden Beruf ausüben wollen, und zwar aus Überzeugung, und zugleich dafür geeignet sind. Wir verfolgen dieses Ziel sowohl im Interesse der Schülerinnen und Schüler, als auch im Interesse der betroffenen Lehrkräfte; denn wenn jemand in einem Beruf arbeitet, in dem er nicht zufrieden ist, für den er vielleicht nicht voll geeignet ist, dann wird er bald an Grenzen kommen und schneller Belastungen oder auch Überbelastungen erleiden.

Das Ziel ist also klar. Nur, wenn einer den Stein des Weisen hat, dann soll er ihn bitte zeigen.

(Beifall des Abgeordneten Jürgen W. Heike (CSU))

Dann soll er sagen, wie wir es genau machen müssen. Dann würden wir es auch sofort machen.

(Zuruf des Abgeordneten Günther Felbinger (FREIE WÄHLER))

- Lieber Kollege Felbinger, es ist nicht so leicht. Den einen Teil, nämlich die Fachlichkeit, kann man leicht testen. Dazu haben wir zum Beispiel das Abitur. Man kann die entsprechende Fachlichkeit jederzeit durch Tests prüfen.

Der zweite wichtige Bereich ist die Persönlichkeit. Hat der oder diejenige die entsprechende Persönlichkeit, ein ganzes Arbeitsleben lang diesen Beruf mit Schülerinnen und Schülern, partnerschaftlich mit Eltern und allem, was dazu gehört, auszuüben? Das kann man eben nicht schriftlich testen. Es ist sogar schwierig, bei jungen Menschen, die gerade erst dabei sind, sich nach der Schule zu entwickeln, eine valide Prognose abzugeben. Deswegen sollte man sich davor hüten, zu sagen: Jawohl, wir wissen, wie es geht. Wir sind auf jeden Fall bemüht. Eignungsberatungen sind notwendig. Die Universitäten halten umfangreiche Beratungsangebote vor. Wir sind bereit, an deren Verbesserung weiter mitzuwirken.

Zu dem Hinweis auf die Onlineberatung möchte ich feststellen: Die LMU hat mit Unterstützung des Staatsministeriums ein Online-Beratungstool mit dem Namen "Self" erarbeitet; es wird im Juli präsentiert. Aber man muss ehrlich sein: Es gehört zu den Angeboten, die es interessierten jungen Menschen ermöglichen sollen, selbst zu erkunden, ob sie für den Lehrerberuf geeignet sind. Es ist ein Selbsterkundungstool, nicht eines, nach dessen Nutzung man definitiv sagen kann, ob jemand geeignet oder nicht geeignet ist. Wir müssen an dem Thema dranbleiben. Die Veranstaltung am heutigen Vormittag hat uns noch einmal deutliche Hinweise gegeben. Wir werden uns auf jeden Fall die Beratungen hier im Hause und die Vorschläge gern anhören.

Das große Problem der FREIEN WÄHLER ist, dass sie zwar oft Themen aufgreifen und auf die Notwendigkeit hinweisen, etwas anzupacken; aber sie präsentieren meist ungeeignete Lösungsvorschläge. Genauso ist es leider in diesem Fall.

(Beifall bei der CSU)

(nicht autorisiert) Herr Staatssekretär, vielen Dank. – Damit kommen wir zu einer weiteren Zwischenbemerkung von Kollegen Felbinger. Bitte schön.

(nicht autori- siert) Herr Staatssekretär, ich entnehme Ihren Ausführungen, dass bei Ihnen weitgehend Unkenntnis über das in Passau zur Anwendung kommende Eignungsverfahren PArcours herrscht. Wenn Sie davon reden, dass man die pädagogischen Fähigkeiten nicht schriftlich abprüfen könne, dann muss ich feststellen, dass Sie wirklich

nicht Bescheid wissen, worüber Sie sprechen; denn in Passau wird zu 80 % mündlich mit dem Bewerber kommuniziert. In Rollenspielen werden verschiedene Situationen, die im Lehrerberuf auftreten können, erarbeitet. Insofern empfehle ich Ihnen, bevor Sie sich das nächste Mal dermaßen negativ zu einem Angebot äußern, es sich erst einmal vor Ort anzuschauen, um beurteilen zu können, worum es sich dabei eigentlich handelt. Ähnliches gilt für Kollegin Brendel-Fischer. Sie hat kürzlich gemeint, dass Eignungsverfahren etwas mit Multiple-Choice-Tests zu tun hätten. Ich betone: Es ist angebracht, sich zu informieren, bevor man sich ein Urteil bildet.

(nicht autorisiert) Dieser Hinweis gilt grundsätzlich für alle, die sich mit dem Thema beschäftigen, nicht nur für mich. Ich habe mich damit beschäftigt. Das Ergebnis ist: PArcours ist sehr arbeits-, zeit- und kostenintensiv. Die Effektivität ist überschaubar. In Bezug auf die Prognosefähigkeit, ob derjenige oder diejenige für den Beruf geeignet ist, ist PArcours umstritten.

Lieber Kollege, wenn Sie sich mit Vertretern der Lehrerverbände, zum Beispiel des Philologenverbandes, unterhalten würden, dann wüssten Sie, dass sie diesen Versuch der Eignungsfeststellung ablehnen, eben weil er nach ihrer Überzeugung nicht der Stein des Weisen ist. Also muss ich den Ball, den Sie mir zugespielt haben, zurückgeben.

(Beifall bei der CSU)