Günther Felbinger
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Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Als ich mich kürzlich mit der neuen BLLV-Präsidentin Frau Fleischmann über die demografische Rendite unterhalten habe, sagte sie: Die gibt es doch gar nicht mehr; die ist längst aufgebraucht. - Da hat sie absolut recht. Fakt ist: Die noch im Haushalt ausgewiesene Rendite ist längst kein "Nice-to-have" mehr, sondern sie ist bitter notwendig, um die Grundversorgung an den Schulen überhaupt zu gewährleisten. Das hat der Herr Minister Spaenle mit seinem Schreiben zur Verwendung der demografischen Rendite zum Schuljahr 2015/2016 vom 10. Juli 2015 selbst einräumen müssen.
Wenn man auf die nüchternen Zahlen schaut, erkennt man: Im aktuellen Doppelhaushalt 2015/16 sind für das Schuljahr 2015/16 insgesamt 1.125 Stellen noch als sogenannte demografische Rendite ausgewiesen. Aber von diesen genannten Stellen fließen alleine 444 – und damit mehr als ein Drittel – in die Sicherstellung der Grundversorgung. Grundversorgung, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der CSU, bedeutet nicht mehr und nicht weniger als die Abdeckung von Pflichtunterricht. Das heißt auch, dass wir in anderen Fällen, etwa beim Abbau großer Klassen, nicht wirk
lich einen Schritt weiterkommen. Lassen Sie mich dies an zwei Beispielen verdeutlichen:
Die Realschulen müssen zum 01.08.2015 218 Stellen abgeben, erhalten aber insgesamt nur 114 Stellen zurück, obwohl es immer noch 750 Klassen mit über 30 Schülern in einer Klasse gibt.
Die SPD weist in ihrem Antrag zu Recht darauf hin, dass für 2015/2016 insgesamt 555 Stellen bei den Realschulen zur Disposition stehen, die diese dringend benötigen und die nicht abgezogen werden dürfen. Deshalb unterstützen wir den Antrag der SPD. Aber er greift eigentlich noch ein wenig zu kurz, das hat der Kollege Gehring gerade auch gesagt; denn in anderen Schularten herrscht ebenfalls Mangelverwaltung. Die beruflichen Oberschulen etwa sollen den ausfallenden Pflichtunterricht mit lediglich 10 Stellen kompensieren, obwohl wir bereits letzte Woche an gleicher Stelle hier im Plenum festgestellt haben, dass die Personalsicherstellung an den FOS und den BOS mit 92 % nicht gewährleistet ist. 10 Stellen, meine Damen und Herren, das ist nicht einmal mehr ein Tropfen auf den heißen Stein. Die verdunsten schon, bevor sie überhaupt in den Schulen ankommen. Ich spreche, wohlgemerkt, immer noch nur über die Abdeckung des Pflichtunterrichts. Es kommen ja noch zusätzliche Aufgaben hinzu, liebe Kolleginnen und Kollegen der CSU, wie der Ganztagsausbau und die Inklusion, die nach Ihrer Version ebenfalls forciert werden sollen; die kommen noch on top.
Nun möchte ich noch einen wichtigen Punkt ansprechen, der sehr sensibel ist; deshalb sollten Sie genau hinhören. Es ist ungut, wenn die Schulfamilie vor Ort den Eindruck hat, dass sie hingehalten wird und versprochene Ziele nicht mehr eingehalten werden. Viele Lehrkräfte weisen zu Recht darauf hin: Wir wollen jedem Kind gerecht werden. Dazu brauchen wir aber Zeit, kleine Klassen und vor allem Entlastung. Die meisten Lehrkräfte sagen natürlich: Wir wollen alle Kinder, auch jene, die als Flüchtlinge zu uns gekommen sind, Deutsch lehren und sie in die Klassengemeinschaft integrieren. Doch was macht unser Minister Spaenle? – Er spielt die Flüchtlings- und Asylbewerberkinder gegen den seit Jahren vorhandenen Personalbedarf im Schulsystem aus. Das ist unverantwortlich und schürt möglicherweise Ressentiments, die wir unter allen Umständen vermeiden müssen.
Denn Schülerinnen und Schüler aller Schularten haben Anspruch auf die Abdeckung des Pflichtunterrichts, und die Flüchtlings- und Asylbewerberkinder sind, unabhängig von ihrem rechtlichen Status, schul
und berufsschulpflichtig und haben deshalb auch einen Platz an der bayerischen Schule. Herr Spaenle, es kann nicht sein, dass Sie versuchen, alles auszusitzen. Der Landtag muss endlich wissen, wie es wirklich um die Personalausstattung und -versorgung an den Schulen steht. Das ist auch das Ziel unseres Antrags: Wir wollen endlich eine nachvollziehbare, transparente Analyse der Prognose; denn die, die Sie jetzt vorgelegt haben, ist aufgrund der angestiegenen Zahlen der schul- und berufsschulpflichtigen Flüchtlingsund Asylbewerberkinder längst überholt.
Dass deren Zahl in den letzten Wochen und Monaten sehr zugenommen hat, gestehen wir Ihnen durchaus zu. Aber es reicht nicht, lediglich die Entwicklung der Schülerzahlen darzulegen und deshalb die Zuwanderung kaum zu betrachten. Wir geben den Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN in ihrem Antrag hundertprozentig recht und unterstützen ihn.
Wir müssen auch wissen, wo wir bei der Ganztagsbeschulung, bei der Inklusion, beim Erhalt der Grundschulorte und bei der eigenverantwortlichen Schule hinwollen. Alle diese Aspekte müssen in eine seriöse Modellrechnung einfließen, und dabei ist es erlaubt, auch einmal ein Szenario 1, 2 oder 3 mit oder ohne Inklusion, mit oder ohne Ganztagsbeschulung oder mit oder ohne alle weiteren Faktoren, die ich genannt habe, zu verlangen. Das verlangen wir mit unserem Antrag, nicht mehr und nicht weniger: endlich eine seriöse Schülerprognose. Dabei muss das Kultusministerium anscheinend noch etwas lernen. Ich denke, auch der Finanzminister müsste unseren Antrag eigentlich unterstützen; denn er fordert schon lange, dass das Kultusministerium endlich einmal rechnen lernt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Minister! Schülerinnen und Schüler aller Schularten in Bayern haben einen Anspruch auf die Sicherstellung ihres Pflichtunterrichts. Uns ist egal, ob das schulpflichtige oder berufsschulpflichtige Schülerinnen und Schüler sind. Für uns macht das keinen Unterschied. Bei uns genießen alle Schularten gleich hohe Wertschätzung. Es macht auch keinen Unterschied, ob jemand hier geboren oder ob er zu uns geflüchtet ist. Wir sind der festen Überzeugung: Die Bayerische Staatsregierung muss hierfür den Pflichtunterricht gewährleisten. Wenn sie das nicht schafft, hat sie schlicht und einfach versagt.
Es ist bedauerlich genug, dass wir heute über dieses Thema reden müssen, und es ist auch bedauerlich, dass die CSU – das sehe ich, wenn ich ihren Antrag lese – die Realität immer noch nicht erkannt hat und davon spricht, dass die Unterrichtsversorgung "weiterhin" sichergestellt werden soll, obwohl sie es bis jetzt überhaupt nicht ist.
Fakt ist, dass der offene Brief des Berufsschullehrerverbands diese Unterrichtsversorgung noch einmal sehr deutlich vor Augen geführt hat. Man kann sagen, es ist ein Hilfeschrei der Berufsschullehrer, die ja sonst eigentlich nicht für öffentliches Lospoltern bekannt sind, sondern brav ihre Pflicht tun, und dies hervorragend. Dieser Hilfeschrei zeigt erneut, dass das Kultusministerium in der Unterrichtsplanung heillos überfordert ist. Es ist überfordert, weil Ministerpräsident Seehofer keine Stellen schaffen möchte und der Finanzminister daran natürlich auch kein Interesse hat.
Leidtragende sind die Lehrkräfte an allen Schulen, aber insbesondere an den beruflichen Schulen. Die Ursache liegt natürlich in der verfehlten Bildungspolitik der CSU, die seit Jahren die beruflichen Schulen im toten Winkel lässt. Das wird ganz besonders dadurch deutlich, dass an den beruflichen Schulen eine Personaldeckung von gerade einmal 92 % besteht. Das wird aktuell deutlicher denn je, weil die Zahl der berufsschulpflichtigen Schülerinnen und Schüler und der Flüchtlinge in Bayern steigt.
Die beruflichen Schulen konnten in den letzten Jahren eine erfolgreiche Entwicklung bei den Schülerzahlen verzeichnen und leisten hervorragende, qualitätvolle Arbeit. Während das Ministerium noch 2011 für die beruflichen Schulen einen Schülerrückgang prognosti
zierte, ist inzwischen vielfach genau das Gegenteil eingetreten. In den Regierungsbezirken sind entweder nahezu gleichbleibende oder sogar steigende Schülerzahlen festzustellen. Mit knapp 60.000 Schülerinnen und Schülern an FOS/BOS ist dort derzeit sogar ein Allzeithoch erreicht.
Bedauerlich ist – das muss man der Staatsregierung einfach vorwerfen -, dass die Zahl der Planstellen seit Jahren mit dem Schülerzuwachs nicht Schritt gehalten hat. Aus diesem Grund ist insbesondere an den beruflichen Oberschulen die Abdeckung des Pflichtunterrichts mit dem vorhandenen Lehrerpersonal nicht mehr zu gewährleisten.
Sehr deutlich formuliert hat das der gerade erst neu ernannte Ministerialbeauftragte für die FOS/BOS in Ostbayern Klaus Vietze im letzten Verbandsheft. In der Ausgabe März/April sagt er Folgendes – ich zitiere -:
An den Beruflichen Oberschulen herrscht seit vielen Jahren ein unakzeptables Unterrichtsdefizit. Will man die Budgetlücke schließen und die Aushilfskräfte auf ein annehmbares Maß zurückfahren, braucht man mindestens 300 zusätzliche Planstellen.
Genau diese Planstellen fordern wir FREIEN WÄHLER seit Jahren. Wir fordern außerdem, dass nicht länger all diese Lücken mit Aushilfsverträgen geschlossen werden. Den jungen Lehrkräften wird keine berufliche Perspektive geboten; sie werden schlicht und einfach ausgebeutet. Hier muss etwas passieren.
Die Lehrkräfte müssen für ihre wichtige Tätigkeit nicht nur eine hohe Wertschätzung erfahren, sondern sie müssen vom Freistaat Bayern die Unterstützung erhalten, die sie benötigen. Herr Minister, wo bleiben die in Erlangen beim Berufsschullehrerkongress versprochenen 100 Stellen? Bis heute sind sie nicht in Sichtweite.
Den erwähnten Hilfeschrei des Verbands der Lehrer an beruflichen Schulen in Bayern sollten Sie jetzt endlich ernst nehmen. Kämpfen Sie mit uns für zusätzliche Planstellen an den beruflichen Schulen! Tun Sie doch nicht so, als ob alles in Ordnung wäre! Legen Sie endlich – das fordern wir von Ihnen – die Zahlen offen! Planen Sie gewissenhaft und hören damit auf, an jeder Stelle mit den Zahlen zu jonglieren und zu tricksen.
Ich zitiere noch einmal den stellvertretenden Vorsitzenden des VLB Martin Krauß. Er schreibt im aktuellen Verbandsheft – ich zitiere –:
… die Planstellenzuweisungen decken nicht den Bedarf – und dies schon seit Jahren. Es wird Zeit, die Fakten auf den Tisch zu legen. Nur so wird "nüchternen Rechnern" vor Augen geführt, dass ein riesiger Handlungsbedarf notwendig ist, wenn das "Schiff Berufsschule, berufliche Schulen" weiterhin ihre "Passagiere" sicher zu den beruflichen "Häfen" bringen soll.
Die Schulfamilie, Herr Minister, erwartet dies zu Recht. Wofür machen Sie eigentlich jährlich die Lehrerbedarfsberechnung, wenn die Zahlen dann doch im Papierkorb landen, anstatt in die entsprechenden Lehrerbedarfe umgesetzt zu werden? - Die Schulfamilie erwartet nicht mehr und nicht weniger als eine gesicherte Unterrichtsversorgung im kommenden Schuljahr. Es darf kein Pflichtunterricht mehr aus Personalnot ausfallen. Deswegen bitten wir um Zustimmung zu unserem Antrag. Wir stimmen auch den Anträgen von SPD und GRÜNEN zu und lehnen den der CSU ab.
Herr Kollege Reiß, Sie sagen, an den beruflichen Schulen sei alles in Ordnung; denn das suggerieren Sie mit Ihrem Antrag, den Sie nur auf die unbegleiteten Flüchtlinge fokussieren. Bedeutet das im Umkehrschluss für die beruflichen Schulen, dass diese weiterhin mit nur 92 % Personalabdeckung auf der letzten Rille weiterfahren müssen? Wie beurteilen Sie weiterhin die Diskrepanz, dass an den Fachoberschulen und den Berufsober
schulen nur 75 % des Unterrichts über Planstellen abgedeckt werden? Gleichzeitig ist aber bei den Eingangsklassen ein Schülerzuwachs von 4,4 % vorhanden. Was gedenken Sie jetzt wirklich zu machen? - Ihr Antrag sagt dazu nämlich überhaupt nichts aus.
Meine Frage, die ich an Sie richten wollte, haben Sie indirekt fast schon beantwortet. Ich stelle diese Frage aber trotzdem, weil ich sie schon im Rahmen meiner Ausführungen gestellt hatte. Wann werden die für Erlangen versprochenen 100 Planstellen endlich Realität?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir wissen alle, dass es in wenigen Wochen an den bayerischen Schulen die Jahreszeugnisse gibt. Es ist durchaus üblich, dass gerade Grundschulkinder danach zu ihren Großeltern gehen und ihnen stolz ihr Zeugnis präsentieren. Und meist belohnen Opa oder Oma ihre Enkel oder machen deutlich, dass Noten eben nicht alles im Leben sind. Sie geben damit eine wichtige Orientierung und Einordnung, spenden aber auch Trost. Das ist heutzutage umso wichtiger, wenn man sich klarmacht, welche Bedeutung manche Eltern der Schule und ihren Zeugnissen inzwischen zubilligen.
Deswegen möchte ich den Kolleginnen und Kollegen der SPD durchaus in der Problembeschreibung recht geben, dass der Druck an der Grundschule zugenom
men hat. Aber ich glaube, die SPD macht es sich zu leicht, wenn sie auf die Schnelle und auf den ersten Blick vermeintliche Schlussfolgerungen zieht. So sollen von heute auf morgen Ziffernnoten und Notendurchschnitte im Übertritt abgeschafft und durch wertschätzende Entwicklungsgespräche und intensive Beratung der Eltern ersetzt werden. Die SPD meint, damit einerseits den Übertrittsdruck abzumildern und andererseits mehr soziale Gerechtigkeit zu erreichen. Ich billige durchaus zu: Beides sind richtige Zielsetzungen. Wir sind uns also in der Problemanalyse durchaus einig, aber es gilt nun auch, die richtigen Schlussfolgerungen daraus zu ziehen.
Die SPD nimmt, wie Frau Kollegin Trautner schon gesagt hat, eine Studie von Professor Reinders von der Uni Würzburg als Begründung her. Aber diese Studie von Professor Reinders muss man sehr differenziert betrachten. Er hat dazu nämlich 1.620 Dritt- und Viertklässler in Bayern und in Hessen befragt, und seine Fragestellung lautet: Wie gestresst fühlen sich die Eltern im Übertrittsverfahren?
Nach seinen Ergebnissen gibt fast die Hälfte der bayerischen Eltern an, dass ihr Kind gestresst ist, während das in Hessen nur 25 % sind. Professor Reinders schlussfolgert daraus, dass die verbindliche Schulzuweisung mit einer deutlich höheren Stressbelastung einhergeht, und er rät deswegen von einer verbindlichen Übergangsempfehlung ab, setzt eher auf einen Übertritt nach der 6. Klasse und fordert eine bessere Beratung der Eltern.
Die SPD argumentiert damit, dass man mit der Freigabe des Elternwillens bessere Chancen und weniger Druck an der Grundschule hätte, und folgert weiterhin, folglich würden mehr Kinder mit Migrationshintergrund ans Gymnasium wechseln.
Aber stimmt diese These denn wirklich? – Es gibt auch einige gegenteilige Studien, die besagen, dass die Freigabe des Elternwillens keineswegs dazu führt, dass daraus soziale Gerechtigkeit folgt. Beispielhaft nenne ich die Studie des Bildungsforschers Jörg Dollmann aus dem Jahr 2011, worin er klar feststellt: Die soziale Ungleichheit in Nordrhein-Westfalen ist durch die totale Freigabe des Elternwillens sogar größer geworden. Des Weiteren schlussfolgert die SPD aus der Reinders-Studie, dass wir eine Gemeinschaftsschule brauchen und möglichst auf Noten verzichten sollen.
Um es klar zu sagen: Wir FREIE WÄHLER wollen nicht auf das Leistungsprinzip verzichten. Unserer Ansicht nach braucht es auch weiterhin Zeugnisse zur Orientierung. Im Übrigen habe ich kürzlich in einer Umfrage gelesen, dass auch 60 % der bayerischen
Eltern das weiterhin so wünschen. Wir glauben, dass es motivierend ist, wenn Schülerinnen und Schüler sich messen können. Dann merkt man, dass es sich lohnt, sich anzustrengen. Die Schule nur zu einem reinen Schonraum zu machen, in dem es keine Noten mehr gibt, kann nicht ernsthaft unser Ziel sein. Deswegen brauchen wir objektive Leistungsbeurteilungen.
Sicherlich muss man mehr die ganzheitliche Sicht auf das Kind miteinbeziehen, eine intensive Beratung der Eltern umsetzen und durchaus auch kognitive Leistungen, ein Portfolio, einen Verbalbericht oder einen Entwicklungsbericht hinsichtlich Stärken und Kompetenzen im musischen, sportlichen oder sozialen Bereich berücksichtigen.
Unser Fazit: Es ist mitnichten alles gut im Übertrittsverfahren, wie es die CSU oft behauptet. Der Ansatz der SPD bietet unserer Meinung nach jedoch auch keine Lösung. Wir FREIE WÄHLER setzen deswegen auf Freiheit und Verantwortung der Schule vor Ort. Diese schafft passgenaue Lösungen und setzt Kreativität und entsprechendes Engagement frei.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn sich 60 % der Schülerinnen und Schüler zusammen mit ihren Eltern an Bayerns G-9-Pilotschulen für die sogenannte Mittelstufe plus, also die Wahlfreiheit zwischen G 8 und G 9 entschieden haben, ist dies eine erfreuliche Tatsache und gleichzeitig für uns FREIE WÄHLER natürlich eine Bestätigung, dass eine neunjährige Gymnasialform von den Schülerinnen und Schüler und Eltern gewünscht wird und wir mit der von uns FREIEN WÄHLERN vorangetriebenen Wahlfreiheit wieder einmal die richtige Spur gelegt haben. Diese muss jetzt auch weiter verfolgt werden. 71 Gymnasien haben sich bereits auf den Weg gemacht und wollen für ihre Schülerinnen und Schüler mehr Zeit, sei es für das Lernen oder auch für sinnvolle Dinge wie Sport, Musik oder ehrenamtliche Tätigkeiten oder Aktivitäten.
Bitte?
Oder für andere sinnvolle Dinge. Genau zuhören, Frau Kollegin.
Diese Gymnasien haben sich beworben, aber nur 47 von ihnen sind nach einem angeblich regionalisierten Auswahlverfahren bestimmt worden, und 24 wurden aus für uns bis heute und auch nach der ausführlichen Diskussion im Bildungsausschuss nicht nachvollziehbaren Gründen abgelehnt – nicht nachvollziehbar deswegen, weil, wenn man sich die glücklichen 47 ansieht, weder regionale Besonderheiten noch Größe oder Sprachenfolge oder Ausbildungsrichtung dabei wirklich entscheidende Parameter darstellen. Wie könnte es sonst sein, wenn von zwei nahezu gleich großen Gymnasien in Kronach eines ausgewählt wird?
Warum werden von zwei sich zusammen bewerbenden Gymnasien in Lindau beide abgelehnt? – Kurzum: Bei den 24 abgelehnten Gymnasien herrschen Enttäuschung, Unverständnis und Ratlosigkeit vor. Deswegen wollen wir FREIE WÄHLER, dass dies auch die abgelehnten Gymnasien noch auf den Wahlfreiheitszug aufspringen können, die dies partout wollen. Das werden sicher nicht mehr alle 24 Gymnasien sein, aber wahrscheinlich einige wenige. Da bereits morgen im Bildungsausschuss eine Petition zu diesem Thema behandelt wird, sollten Sie von der CSU Ihre bisherige ablehnende Haltung überdenken; denn was kann Ihnen denn Besseres passieren als eine Zustimmung zu einer Gymnasialreform, nachdem Sie jetzt zwölf Jahre lang eine misslungene G-8-Kosmetik betrieben haben?
Unser Appell: Stimmen Sie unserem Antrag zu. Der Ministerpräsident hat die dafür ohnehin geringen Ressourcen bereits bei der CSU-Vorstandsklausur im April in Andechs zugesagt.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kolle gen! Zunächst einmal ganz herzlichen Dank an die Kolleginnen und Kollegen der SPD und der GRÜNEN dafür, dass sie dieses wichtige Thema Inklusion heute noch einmal auf die Tagesordnung gesetzt haben; denn es ist an der Zeit, unverblümt zu reden und Bi lanz zu ziehen, wie weit wir bisher bei der Umsetzung der Inklusion gekommen sind.
Was die Zeiten der fraktionsübergreifenden Einigkeit und des gegenseitigen Schulterklopfens angeht, sind wir wohl an einem Wendepunkt angekommen; denn es herrscht eher das Gefühl der Stagnation. Man braucht das, was wir vor vier Jahren fraktionsüber greifend erreicht haben, nicht schlechtzureden. Wir können stolz darauf sein, dass wir gemeinsam so weit gekommen sind. Aber jetzt müssen wir schonungslos eine ehrliche Bestandsaufnahme durchführen. Der Ansatz in Bezug auf die Profilschulen war durchaus richtig.
Herr Kollege Dünkel, ich sehe hier in keiner Weise ein übereiltes Vorgehen. Aber es gibt eine ernstzuneh mende Entwicklung. In vielen Landkreisen wurden ein oder zwei Profilschulen gebildet. Die Gefahr, dass alle Schülerinnen und Schüler, die inklusiv beschult wer den wollen, "hinberaten" werden, ist momentan sehr groß. Die Profilschulen dürfen nicht zu einem Sam melbecken für schwierige Schüler werden. So war das nicht gedacht, und so hat das auch nichts mit In klusion zu tun. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Profilschulen die neuen Förderzentren werden.
Inklusion ist Aufgabe aller Schulen. Das haben wir da mals im BayEUG in Artikel 2 so festgeschrieben. Das gilt, und so muss die Inklusion nach der Grundschule auch weitergehen. So verstehe ich auch den Antrag der SPD, dass wir hier endlich die Spur legen. Diese Spur sehe ich im Moment nämlich noch nicht. Wir brauchen daher unbedingt einen Fortschritt, damit der Marathonlauf, den ich hier so oft als Begriff verwende, Herr Kollege Waschler, nicht schon nach fünf Kilome tern zum Stagnieren kommt, weil man keine Motiva tion mehr hat weiterzukommen.
Auch der Antrag der GRÜNEN mit dem ZweiPädago genSystem verfolgt das absolut richtige Ziel. Wir sind davon im Moment aber noch meilenweit entfernt. Man kann sagen, das ist ein frommer Wunsch; denn es fehlen noch die Ressourcen an allen Ecken und Enden.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kol legen von der CSU, es ist auch ein klarer Handlungs auftrag für Sie, in den Haushaltsverhandlungen end lich einmal Farbe zu bekennen. Es wird immer wieder von den berühmten 100 Lehrerstellen pro Jahr gere det. Wenn wir aber ehrlich sind, dann müssen wir zu geben: Das ist unter dem Strich nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir kommen hier nicht wirklich wei ter.
Viele Lehrkräfte wollen die Inklusion, aber sie haben inzwischen berechtigte Zweifel, ob sie wirklich gelingt. Es steht nicht zum Besten damit. Fakt ist, die Fortbil
dungsmaßnahmen haben oberflächlich Qualität, es fehlt aber an echter Unterstützung vor Ort. Fakt ist, dass die Stunden für die Mobilen Sonderpädagogi schen Dienste – MSD – fehlen. Fakt ist, dass die Un terrichtsversorgung viel zu knapp ist, dass mobile Re serven fehlen. Fakt ist auch, dass die Lehrkräfte in den Kooperationsklassen keine Anrechnungsstunden bekommen. Fakt ist auch, dass wir festgelegt haben, dass die halben sonderpädagogischen Stellen min destens 13 Stunden haben und nicht bei 13 Stunden enden. Auch über die TandemKlassen wird viel zu spät im Jahresverlauf entschieden, sodass die Schul leiter bis zuletzt in der Luft hängen. Das kann doch nicht sein. Wir brauchen deshalb zusätzliche Res sourcen, damit die Inklusion nicht zum Stehen kommt. Wir wollen doch auch an den Regelschulen weiter kommen, und ich sage bewusst: an allen Regelschu len. Wir brauchen dort multiprofessionelle Teams, die der Aufgabe gewachsen sind. Wir brauchen multipro fessionelle Teams aus Regelschullehrkräften, Sonder pädagogen und Heilpädagogen. Wir brauchen endlich auch die Finanzierung und die Neuausrichtung in der Schulbegleitung.
Wir haben das massive Problem das haben wir vor hin schon gehört , ausreichend Absolventen für das Lehramt Sonderpädagogik zu finden. Hier gilt es, end lich Anreize zu schaffen und Lösungen zu finden. In der Lehrerausbildung brauchen wir unbedingt eine vertieftere Einbindung der Inklusion für alle Lehrämter.
Meine Damen und Herren, es wäre noch viel zu sagen. Mit Blick auf meine Redezeit möchte ich aber zum Ende kommen. Wir FREIEN WÄHLER werden beiden Anträgen zustimmen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kolle gen! Wir FREIE WÄHLER stehen dafür, dass die Wahlfreiheit der Eltern ein hohes Gut bleibt und deren Entscheidung für Schulen in privater Trägerschaft ernst genommen wird. Lassen Sie mich deshalb mit einer positiven Botschaft beginnen. Liebe Kolleginnen und Kollegen der CSU, Sie haben bei diesem Gesetz entwurf endlich einmal Rückgrat bewiesen und mit uns, mit der Opposition – ich will unterstreichen, was die Kollegin Wild gerade gesagt hat gezeigt, wie wichtig die Kontrollfunktion des Landtages ist. Wir be grüßen außerordentlich, dass es gelungen ist und wir gemeinsam dafür gesorgt haben, dass auch in Zu kunft keine Mindestklassenstärken an Privatschulen vorgegeben sind. Es ist im Landtag – das will ich in aller Deutlichkeit sagen – gelungen, dafür zu sorgen, einen schlampigen Gesetzentwurf des Kultusministe riums so zu überarbeiten, dass er zumindest keinen bleibenden Flurschaden hinterlässt. Aber wie so oft – das wissen wir – packt die Staatsregierung sehr viele Aspekte in eine Gesetzesvorlage, und natürlich kann man nicht sagen, dass alles, was Sie vorgeschlagen haben, falsch wäre. Aber man muss genau hinsehen. Ein zusammenfassendes Votum kann nicht aufzeigen, wie und warum es so zustandegekommen ist.
Lassen Sie mich noch in Kürze auf die kritischen Punkte eingehen. Da ist als Punkt eins natürlich die Schülerdatenverwaltung. Sie wissen alle, dass Privat schulen grundsätzlich wenig Daten von ihren Schüler innen und Schülern erheben, weil sie nicht den glä sernen Schüler wollen. Nun will die Staatsregierung mit diesem Gesetz dem Kultusministerium eine Er mächtigungsgrundlage zubilligen, hierzu alles per Ver ordnung regeln zu können. Wir FREIE WÄHLER haben größte Bedenken, dies dem Ministerium allein zu überlassen. Was wird nämlich dann passieren? – Alle Privatschulen sollen verpflichtet werden,
die Amtliche Schulverwaltung – ASV auf eigene Kosten zu übernehmen. Wir wissen ganz genau, dass die ASV schon an den staatlichen Schulen technisch nicht einwandfrei funktioniert und von vielen Eltern argwöhnisch betrachtet wird. Vielleicht wäre es ge scheiter gewesen, wenn das Kultusministerium dies bezüglich erst einmal seine Hausaufgaben gemacht
hätte, bevor es den Privatschulen hier Schulaufgaben aufgibt. Daraus abzuleiten, dass wir keinen Daten schutz wollen, wie es die Kollegen der CSU im Aus schuss getan haben, ist wirklich hanebüchen.
Wir FREIE WÄHLER lehnen dieses Vorhaben jeden falls ab, weil der Landtag damit eine gesetzliche Grundlage schafft, die in der Folge unter Umständen sowohl eine Verschlechterung der Situation an den Privatschulen als auch zusätzliche Kosten für die Kommunen bedeuten kann. Da bisher kaum klar ist, wie diese Rechtsverordnung ausgestaltet werden wird und sie Kostenauswirkungen auf die Kommunen haben kann, plädieren wir aktuell dafür, diese abzu lehnen. Möglicherweise kommt hier auch das Konne xitätsprinzip zum Tragen, und die Kommunen müssen die Schuldatenverwaltung bezahlen. Genau deshalb haben wir unseren Änderungsantrag gestellt. Das mag zwar ungewöhnlich sein; aber wir wollten damit ein Zeichen setzen, um zu sehen, was das Ministeri um wirklich plant.
Noch einige Worte zum Änderungsantrag der CSU: Damit wurden viele Punkte noch korrigiert. In der Ten denz ist das zu unterstützen; das möchte ich hier deutlich zu Protokoll geben. Ganz besonders positiv ist die Streichung der Mindestklassenstärken an Pri vatschulen. Das habe ich vorhin schon erwähnt. Den noch werden wir nicht zustimmen, weil Sie weiterhin festsetzen wollen, dass auch künftig an Ergänzungs schulen die Schulpflicht in den Jahrgangsstufen eins bis vier erfüllt werden kann. Das bedeutet de facto auch, dass beispielsweise die Zwölf Stämme weiter hin ihre Ergänzungsschule betreiben können. Das halten wir für unverständlich, und wir lehnen es ab.
Fazit: Eine schlechte Gesetzesvorlage wurde im Landtag deutlich korrigiert; aber es bleibt eine schlechte Gesetzesvorlage, die wir ablehnen.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mir fast 30 Minuten die unterschiedlichen Auffassungen über die Zukunft des Gymnasiums in Bayern angehört. Die letzten fünf Minuten haben mich jedoch zu häufigem Kopfschütteln veranlasst. Herr Kollege Waschler, Sie sagen, das bayerische Gymnasium genieße über die Ländergrenzen hinweg eine hohe Anerkennung. Sie müssen sich einfach einmal die nackten Tatsachen in Bayern anschauen, wonach 60 % der Befragten doch etwas anderes wollen, nämlich eine verlängerte Lernzeit. Das muss man einmal deutlich feststellen.
Sie haben einen Schulleiter aus Oberviechtach zitiert und das G 8 mit dem demografischen Wandel begründet. Wie schaffen Sie das? Warum ist der demografische Wandel der Grund dafür, beim G 8 zu bleiben? - Das ist rational nicht nachvollziehbar.
Ich glaube, der CSU täte es gut, etwas mehr Demut zu zeigen. Ich möchte ein Jahr zurückblicken. Sie haben das G 8 in den höchsten Tönen gelobt. Als wir damals unser Volksbegehren zur Wahlfreiheit initiiert haben, haben Sie uns vorgeworfen, damit würden wir alles kaputtmachen, wir seien der Totengräber der ländlichen Gymnasien, dies wäre organisatorisch gar nicht umsetzbar. - Nachdem Sie unsere Idee, Wahlfreiheit herzustellen, aufgegriffen haben, hat sich unsere Prophezeiung erfüllt. Die übergroße Mehrheit der Schülerinnen und Schüler bzw. der Eltern hat sich für eine längere Lernzeit entschieden.
Man könnte auch sagen: Die FREIEN WÄHLER waren in dieser Hinsicht der Trendsetter.
- Ja, natürlich.
Damals waren wir der Trendsetter. Ihre damalige Prognose, dass nur rund 30 % eine längere Schulzeit haben wollen, war vom Willen der Menschen in Bayern völlig entfernt. Das muss man an dieser Stelle deutlich sagen.
Als sie sich für die Mittelstufe plus entschieden haben, hat der Staatsminister mit allen Mitteln versucht, verschiedene Hürden aufzustellen. Zunächst sollte die Stundentafel belassen werden. Er wollte nur 25 % der Schüler zulassen. Auf diese Weise wurde versucht, den Erfolg der Mittelstufe plus zu verhindern. Trotzdem haben sich 60 % der Schülerinnen und Schüler für das G 9 entschieden. Herr Minister, das ist eine schallende Ohrfeige für Sie sowie für die gymnasiale Bildungspolitik der CSU der letzten zwölf Jahre.
Eigentlich muss man den Ministerpräsidenten, der heute nicht da ist, auffordern, seine Minister auf dem Weg zur Wahlfreiheit besser zu kontrollieren; denn der Ministerpräsident ist längst auf unserer Seite und sagt: Wir müssen für diejenigen, die das wollen, die Möglichkeit schaffen und die nötigen Ressourcen hierfür bereitstellen. Deswegen sind wir nicht damit zufrieden, dass nur 47 der 71 Modellschulen diese Wahlfreiheit bekommen, sondern möchten, dass sie auch den anderen 24 Gymnasien so bald als möglich eingeräumt wird. Da steht der Ministerpräsident im Übrigen im Wort. Er hat nämlich gesagt - ich zitiere -: "Wenn die Bevölkerung sich in diesem Ausmaß entscheidet, werden auch die notwendigen Ressourcen zur Verfügung gestellt." Das fordern wir FREIEN WÄHLER ein. Wir wollen allen so bald als möglich die Wahlfreiheit ermöglichen.
Wir sind trotzdem mit dem Mittelstufe-plus-Modell nicht vollumfänglich zufrieden; denn uns fehlt nach wie vor eine Reform des G 8. Das muss man in aller Deutlichkeit sagen. Dazu ist bisher noch kein Sterbenswort aus dem Kultusministerium herausgedrungen, genauso wenig wie in Bezug auf die pädagogischen Reformen, die mit dieser Mittelstufe plus groß angekündigt waren. Herr Waschler, Sie haben vorhin gesagt, dass wir mit die modernsten Lehrpläne und den LehrplanPLUS haben. Der LehrplanPLUS soll im Jahr 2018 eingeführt werden. Das ist wieder typisch für die CSU: Sie agieren mit irgendwelchen Luftnummern, die noch nicht untermauert sind, die noch nicht Realität sind. Das sind leere Ankündigungen!
Jetzt komme ich zu den beiden Gesetzentwürfen, die wir heute diskutieren. Zu dem Gesetzentwurf der SPD muss ich deutlich sagen, Herr Kollege Güll: Wir bräuchten diesen Gesetzentwurf heute gar nicht, hätten Sie damals unser Volksbegehren unterstützt. Noch im Landtagswahlkampf waren auch Sie für die Wahlfreiheit. Dann haben Sie sich wie ein Chamäleon gewandelt, und jetzt sind Sie plötzlich auf das G 9 in der Regelform umgestiegen, einen Vorschlag des Philologenverbandes, dem wir durchaus Sympathie entgegenbringen. Aber die Anmeldezahlen für die Mittelstufe plus haben gezeigt, dass eine komplette Rückkehr zum G 9 zum jetzigen Zeitpunkt der falsche Weg und nicht der Weisheit letzter Schluss wäre.
Zwei Drittel wünschen sich eine neunjährige Schulzeit, ein Drittel wünscht sich eine achtjährige. Wir setzen hier auf die Wahlfreiheit. Die Schülerinnen und Schüler sollen wählen können. Wie es in zwei oder drei Jahren aussieht, werden wir sehen, wenn es so weit ist. Aber wir sehen, dass dieser Gesetzentwurf eine gewisse Substanz hat. Er fordert nämlich eine Reform des G 8. Wir werden uns deswegen enthalten, um ein Signal zu senden, dass wir neben dem G 8 ein neunjähriges Gymnasium brauchen.
Lassen Sie mich nun noch einige Worte zum Gesetzentwurf der GRÜNEN sagen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie bringen einen Gesetzentwurf ein, den die Staatsregierung so nicht umsetzen kann und auch nicht darf. Sie schlagen nämlich etwas vor, was mit den Vereinbarungen der KMK nicht vereinbar ist. Herr Kollege Gehring, wenn Sie sagen, die Pädagogik steht im Mittelpunkt, dann ist das durchaus löblich; aber wir müssen uns natürlich an die Gesetze halten. In der KMK-Vorgabe heißt es - ich zitiere -:
Zur Grundstruktur der gymnasialen Oberstufe gehören die Gliederung in eine einjährige Einführungsphase und eine zweijährige Qualifikationsphase. Dabei kann der Jahrgangsstufe 10 des Sekundarbereichs I eine Doppelfunktion als letzter Schuljahrgang des Sekundarbereichs I und als erster Schuljahrgang der gymnasialen Oberstufe zukommen.
Liest man den Vorschlag der GRÜNEN, dann wird exakt dies nicht eingehalten; denn der Artikel 9 des BayEUG soll um einen Artikel 9a erweitert werden. Sie schlagen vor, dass die Einführungsphase in der Jahrgangsstufe 10 kommt, die Qualifikationsphase in den Jahrgangsstufen 11 und 12 bzw. 11, 12 und 13. Damit läge die Dauer der Qualifikationsphase für viele Schülerinnen und Schüler bei drei Jahren. Das geht nicht. Der Kollege Güll hat im Jahr 2014 im Übrigen
gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" zur flexiblen Oberstufe bestätigt, dass das nicht den Vorgaben der KMK entspricht. Wo er recht hat, hat er recht. Deshalb können wir den GRÜNEN allenfalls in der Problembeschreibung zustimmen; aber die Lösungen, die Sie bieten, sind nicht tragfähig.
Ich lese in dem Gesetzentwurf der GRÜNEN zwischen den Zeilen noch eine ganz andere Absicht. Sie wollen am Gymnasium alle Abschlüsse verleihen:
nach der neunten Klasse den Quali, nach der zehnten den mittleren Schulabschluss und nach der Oberstufe das Abitur. Zudem soll in Ihrem neuen Artikel 9a festgesetzt werden:
Die Gymnasiale Oberstufe ermöglicht die Aufnahme von Schülerinnen und Schülern mit dem Abschluss der Realschule, der Wirtschaftsschule, der Mittleren-Reife-Klasse Jahrgangsstufe 10 der Mittelschule oder anderer Schularten, die zum mittleren Abschluss führen.
Liebe GRÜNE, wie soll das denn gehen ohne zweite Fremdsprache und ohne vertiefte Kenntnisse in den Naturwissenschaften? - Ich sage Ihnen hier ganz deutlich: Wir FREIE WÄHLER werden eine weitere Absenkung des Niveaus des Gymnasiums nicht mitmachen.
Wir FREIE WÄHLER werden auch nicht zulassen, dass das Gymnasium zur Gemeinschaftsschule wird. Wir wollen das Gymnasium in Bayern stark machen, und wir wollen, dass es stark bleibt. Wir wollen, dass das Gymnasium die Persönlichkeit bildet und das Studieren ermöglicht. Trotz der wohlklingenden pädagogischen Ansätze, die aber nicht über eine Änderung des BayEUG Eingang finden sollen, sondern in die Lehrpläne gehören, lehnen wir den Gesetzentwurf der GRÜNEN ab.
Herr Kollege Lederer, Sie und Ihr Kollege Waschler haben mehrfach Studien, Gutachten und Prognosen vorgetragen, wie toll das bayerische Gymnasium sei, welch hohe Anerkennung es genieße und warum es so gut sei. Wie erklären Sie sich dann, dass sich 60 % der Schülerinnen und Schüler an den Modellgymnasien für die Mittelstufe plus für die längere Laufzeit entschieden haben?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zu später Stunde will ich versuchen, Ihre Aufmerksamkeit vielleicht mit einem Zitat von Mahatma Gandhi zu erregen,
der sagt: "Ein Quäntchen Praxis ist mehr wert als Tonnen der Predigt". Wie Gandhi sind auch wir FREIE WÄHLER dafür, nicht nur zu predigen, wie es die CSU gerne macht,
sondern praktisch zu handeln und anzupacken.
Diese Einstellung wollen wir bereits an unseren Schulen erreichen. Wie Sie wissen, gehört es zum Bildungsauftrag aller bayerischen Schularten, dass Schülerinnen und Schüler in der Schule eine konkrete Vorstellung von der Arbeits- und Wirtschaftswelt bekommen. Je nach Profil der Schule sollen sie deshalb in unterschiedlicher Form und Intensität mit Berufsorientierung und Berufswahl befasst werden. Wie Sie wissen, ist an der Mittelschule in der achten Jahrgangsstufe ein zweiwöchiges Praktikum verpflichtend. In den M-Klassen ist in den Jahrgangsstufen acht und neun ein Praktikum mit einer Dauer von jeweils einer Woche fest etabliert. Das trägt zum einen dazu bei, dass die Schüler ihr im Unterricht oder in ihrem Lebensumfeld erworbenes Wissen über die Berufsbilder in der Praxis überprüfen können. Entsprechend heißt es in der Verlautbarung des Kultusministeriums aus dem Jahr 2013 zum Ziel des Betriebspraktikums: "Das Betriebspraktikum soll die Hinführung der Schülerinnen und Schüler zur Wirtschafts- und Arbeitswelt um Erfahrungen vor Ort erweitern und sie bei ihrer Berufswahl unterstützen." So weit, so richtig. Die spätere Berufswahl kann, mit der Reflexion im Nachhinein, unmittelbar über diese Praktikumsberichte gut angebahnt und angepasst werden.
Berufsorientierung und Berufswahl spielen auch in anderen Schularten eine wichtige Rolle, im Gymnasium federführend im Fach Wirtschafts- und Rechtslehre, an der Realschule in den Fächern Wirtschaft und Recht und Betriebswirtschaft/Rechnungswesen. Im Bereich der Wirtschaftsschule wird dem Thema bei der Übungsfirmenarbeit große Bedeutung beigemessen. Viele weiterführende Schulen bieten bereits auf freiwilliger Basis und in eigenverantwortlicher Organisation nach Artikel 30 des Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes vor Ort in der Mittelstufe einwöchige Betriebspraktika an. Daraus ersehen Sie aber, dass es, wenn es auf freiwilliger Basis und in eigenverantwortlicher Weise passieren soll, natürlich sehr stark von der Schule und der Schulleitung abhängt, ob Schülerinnen und Schüler an Gymnasien und Realschulen Betriebspraktika absolvieren oder nicht.
Wir FREIE WÄHLER wollen, dass alle davon profitieren. Das gelingt am besten, wenn alle mitmachen können. Die Betriebe sind durchaus bereit, hier Plätze bereitzustellen. Wir haben uns erkundigt und beispielsweise bei der Industrie- und Handelskammer in Niederbayern angefragt. Diese sagt: Wir unterstützen den Vorschlag, die Berufsorientierung am Beispiel der bayerischen Mittelschulen an allen allgemeinbildenden Schulen verpflichtend einzuführen. Dies ist im Übrigen seit Jahren eine Forderung des bayerischen Handwerks.
Die Stellungnahme des Bayerischen Industrie- und Handelskammertages lautet: Grundsätzlich halten wir verpflichtende Betriebspraktika in der Mittelstufe der allgemeinbildenden Schulen für geeignet, die Berufsorientierung der Schülerinnen und Schüler mit Arbeitsweltbezug anzureichern und qualitativ zu verbessern. Weiter sagt sie: Bei entsprechender Ernsthaftigkeit aufseiten der Schulen sehen wir die Bereitstellung einer ausreichend großen Zahl an Plätzen als machbar an. - Lassen Sie mich unter dem Strich sagen: Es gibt keinen Hinderungsgrund, das nicht zu machen. Fakt ist: Die Wirtschaft zieht mit. Sie weiß, was das an Gutem bedeutet, weil wir Fachkräfte für Industrie und Handwerk brauchen. In diesem Raum sind sich eigentlich alle einig, dass das ein guter Antrag, ein guter Vorstoß ist, außer der CSUFraktion. Warum? - Die CSU-Fraktion predigt die Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung. Wenn es aber darauf ankommt, zieht sie den Schwanz ein. Warum? - Vielleicht, weil das Ministerium sein Veto einlegt, weil sie sich nicht traut, Farbe zu bekennen, ober aber, weil sie eben doch nicht alle Schularten gleichwertig behandelt.
Und kommen Sie mir nicht mit der Aussage, dass an den P-Seminaren am Gymnasium alles so hervorragend sei. Hier schreibt uns nämlich der Bayerische Industrie- und Handelskammertag, ich zitiere: Die ernüchternden Erfahrungen mit den gymnasialen PSeminaren sollten uns eine Lehre sein. – Meine Damen und Herren, sehr geehrte Kollegen der CSU, heute haben Sie es in der Hand, Ihre Einstellung zu korrigieren. Ich empfehle Ihnen deshalb: Stimmen Sie unserem Antrag zu.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Hofmann hat schon ausgeführt, wo unsere Gemeinsamkeiten bei diesem Gesetzentwurf liegen und wo die Unterschiede sind. Wir können uns durchaus mit der Anpassung des Fortschreibungsfaktors bei den Gastschulbeitragspauschalen anfreunden, aber für die anderen beiden Punkte sind wir nicht zu gewinnen, für die Absenkung des Baukostenzuschusses und die vorgesehene Regelung der Schülerbeförderung der M-Klassen der Mittelschulen. Insgeheim hatten wir gehofft, dass die CSU-Fraktion mit den Trägern der Privatschulen spricht und vielleicht doch noch umdenkt. Aber das ist mitnichten und nur in einem kleinen Punkt erfolgt. Schließlich war auch bei einem anderen Gesetzentwurf zum Thema Privatschulen, den Sie plötzlich vorgelegt haben, doch noch ein Umdenken möglich, und das Schlimmste ist verhindert worden. Um Fehlentwicklungen zu verhindern, ist es gut, dass die Opposition kritisch auf diese Gesetzentwürfe schaut.
Lassen Sie mich kurz begründen, warum wir bei der Schülerbeförderung absolut gegen den vorgeschlagenen Gesetzentwurf sind. Sie wollen die Ausnahmeregelung für die Beförderung von Schülerinnen und Schülern, die ein M-Angebot außerhalb des Sprengels besuchen, aufheben. Bisher waren die kreisfreien Städte und die Landkreise dafür zuständig; nun sollen die Schülerbeförderungskosten zu den Schulaufwandsträgern der Mittelschulen und damit zu den Kommunen verlagert werden. Das lehnen wir FREIE WÄHLER ab. Wir halten beispielsweise eine Abstimmung der Busverbindungen auf Landkreisebene für sinnvoller; zudem kann nicht jede Kommune diese zusätzlichen Kosten so ohne Weiteres tragen. Wir fordern daher, die bisherige Regelung weiterzuführen. Lassen Sie auch Artikel 3 des Schulfinanzierungsgesetzes so, wie er ist.
Nun aber zu dem größten Makel des Gesetzentwurfs, der weiteren Absenkung der Baukostenzuschüsse für private Grund- und Mittelschulen um abermals zehn Prozent. Dazu hat die Kollegin Wild gerade etwas gesagt. Im Jahr 2010 wurde der Baukostenzuschuss bereits von 80 auf 70 % abgesenkt, und jetzt soll er von 70 auf 60 % heruntergehen. Das bedeutet innerhalb von fünf Jahren eine zweimalige Absenkung um 10 Prozentpunkte Das kann nicht wirklich Ihr Ernst sein.
Der Schein trügt nicht, sondern es ist immer so: Wenn Sie bei Privatschulen Kürzungen vornehmen, führen Sie immer den Obersten Rechnungshof und die staatliche Rechnungsprüfung als Kronzeugen an. Aber letztendlich geht es Ihnen um nichts anderes als darum, Geld zu sparen. Da ziehen wir aber nicht mit.
Man muss dabei bedenken, dass sich gerade bei den Baumaßnahmen ein großer Berg angesammelt hat und die Schulträger durchschnittlich acht Jahre auf ihnen vom Freistaat zugesagte Mittel warten müssen. Hier sind auch laufende Vorfinanzierungen inklusive der Zinszahlungen vieler Träger zu bedenken.
Wir halten auch die Einführung einer Karenzzeit für Außenstellen für nicht notwendig. Sie haben jetzt einen Änderungsantrag eingebracht. Da haben Sie sich zu einem Vertrauensschutz für die Bestandsschulen durchgerungen. Das zeigt mir, dass Sie zwar bei der ganzen Sache ein Problem sehen, es aber nur halbherzig angehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der CSU, ich hatte gehofft, dass Sie sich mit dem Gesetzentwurf kritischer auseinandersetzen würden, die betroffenen Schulen noch einmal hören würden und sich die Folgen vor Augen führen würden. Dann hätten Sie noch rechtzeitig die Bremse anziehen können. Das scheint
gemäß den Ausführungen des Kollegen Hofmann jetzt nicht mehr der Fall zu sein. Wir lehnen den Gesetzentwurf jedenfalls ab.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Minister! Herr Minister Spaenle, Sie möchte ich gleich ansprechen. Was würden Sie davon halten – er ist noch beschäftigt, irgendwelche Glückwünsche entgegenzunehmen -, wenn Ihr Kind an eine der 47 Pilotschulen geht und Ihre Familie nun vor der Entscheidung steht, ob Ihr Kind das reguläre G 8 oder die Mittelstufe plus wählen soll.
Sicherlich werden Sie innerhalb Ihrer Familie Vorüberlegungen machen, lange Debatten führen, abwägen und dann zu einer Entscheidung kommen: Das Kind soll in die Mittelstufe plus gehen, vielleicht, weil es ein Jahr mehr Zeit braucht, um die Unterrichtsinhalte zu vertiefen, um ins Ausland zu gehen, oder mehr Zeit benötigt, um sich ehrenamtlich in der Feuerwehr oder in irgendeinem Verein zu engagieren. Es gibt viele Motive, warum diese Entscheidung letztendlich fällt, die vorab natürlich nicht unbedingt so eingeplant werden kann. Sie füllen dann das Formular in der Schule aus und gehen als Eltern davon aus: Die Anmeldung ist erfolgt; alles klar. Eine Last fällt von Ihnen ab; denn
die Entscheidung steht. Doch einige Tage später werden Sie überrascht, weil ein Brief von der Schule bei Ihnen im Briefkasten ist: Papperlapapp, alles zurück an den Start.
Mir liegen einige solche Schreiben von Gymnasien vor. Ich möchte aus einem Schreiben exemplarisch vorlesen, ohne die konkrete Schule zu nennen. Dort heißt es:
Sehr geehrte Eltern, liebe Schülerinnen und Schüler, wir haben Ihre Wahlzettel ausgewertet. Leider können wir Ihre Wünsche aus organisatorischen und rechtlichen Gründen in der folgenden Form nicht umsetzen: Der verbliebene Regelzug G 8 ist zu klein, und damit kann keine Klasse gebildet werden. … Nach § 36 GSO richtet sich die Klassenbildung nach pädagogischen, personellen, räumlichen und organisatorischen Gegebenheiten. Um diese Vorgaben realisieren zu können, behält sich die Schulleitung nach dieser Wahl eine Auswahl vor.
Es bedarf keiner großen Fantasie, wie die meisten Eltern oder auch Schüler nun auf diesen Brief reagieren werden: Enttäuschung, Wut, Hoffnung, vielleicht doch noch einen Platz in der Mittelstufe plus zu bekommen, ja, Anspannung, dass man nun doch in das ungeliebte G 8 muss.
Meine Damen und Herren, dass eine solche Situation überhaupt entstehen kann, ist ein massives Scheitern des Kultusministers und seines Ministeriums.
Eine Redewendung sagt: Niemand plant zu versagen, aber die meisten versagen beim Planen. Ich füge hinzu: Diejenigen, die die Realität nicht kennen, werden bei der Planung zwangsläufig versagen müssen.
Es war eben nicht überraschend, dass es nunmehr ein solch großes Interesse an den Modellgymnasien vor Ort gibt, wie Sie sie geplant haben; denn nach derzeitiger Rückmeldung – heutige Pressemitteilung vom Philologenverband – wählen 75 % der Schülerinnen und Schüler die Mittelstufe plus, mithin das G 9. Interessant ist: Je ländlicher das Gymnasium ist, umso höher ist die Quote. Ich kann mich noch erinnern, vor einem Jahr hieß es: Ihr FREIEN WÄHLER seid mit eurer Wahlfreiheit die Totengräber der ländlichen Gymnasien.
Jetzt sind Sie die Totengräber, wenn Sie nicht reagieren. Jeder Modellversuch muss so ausgestattet sein, dass solche Szenarien mitgedacht werden und es unter Umständen auch Ausnahmeregelungen sowohl für den regulären G-8-Zweig als auch für den G-9Zweig gibt.
Meine Damen und Herren, wir FREIEN WÄHLER haben bereits mit unserem Dringlichkeitsantrag 17/5407 am 25. Februar dieses Jahres darauf hingewiesen und damals einen erhöhten Budgetzuschlag für kleine Gymnasien gefordert; denn dort tritt der genannte Fall am meisten auf. Wir wollten, dass keine Engpässe in der Unterrichtsversorgung entstehen und kleinere Gruppenbildungen möglich sind, um auch die Zweigwahldifferenzierung anzubieten.
Ich hatte bei der Debatte im Bildungsausschuss am 5. März auch gesagt, mit der Einführung der Mittelstufe plus könnte ein erhöhter Bedarf an Lehrerstunden in den Kernfächern entstehen. Aber was haben Sie, Herr Spaenle, festgesetzt? - Die Klassenbildung soll innerhalb des regulären Budgets erfolgen, Klassenmehrung darf es nicht geben, und jedes Gymnasium unabhängig von der Größe erhält nur die vier Anrechnungsstunden für die Projektleitung und -begleitung.
Für uns ist klar, dass Ihre Pilotphase so angelegt ist, dass sie scheitern soll. Doch damit diese sogenannte Pilotphase nicht gleich zu Beginn mit Enttäuschungen endet, fordern wir Sie unmittelbar zum Handeln auf: Alle eingegangenen Anmeldungen der Schülerinnen und Schüler auf Aufnahme in den neunjährigen Bildungsgang im Rahmen der Mittelstufe plus sind unbedingt zu berücksichtigen; bei den G-9-Gymnasien müssen unverzüglich organisatorische und rechtliche Hemmnisse, beispielsweise das Verbot der Klassenmehrung, beseitigt und ein erhöhter Budgetzuschlag für die Lehrerstunden bereitgestellt werden, damit der Eltern- und Schülerwille auch umgesetzt werden kann.
Lassen Sie mich abschließend sagen, was der fränkische Dichter Jean Paul schon gesagt hat: Gegen das Fehlschlagen eines Planes gibt es keinen besseren Trost, als auf der Stelle einen neuen zu machen. Herr Spaenle, Sie können damit jetzt ans Werk gehen. Vielen Dank fürs Zuhören.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dr. Josef Schuster, hält es inzwischen für gefährlich, in überwiegend von Muslimen bewohnten Vierteln einiger Städte die Kippa zu tragen. Die Direktorin des American Jewish Committees in Berlin beklagt ein zunehmend antijüdisches Klima an öffentlichen Schulen. An vielen Schulen sei die Bezeichnung "Jude" inzwischen ein gängiges Schimpfwort. So stand es zumindest im Januar und Februar 2015 in vielen Medien.
Sicher ist in Bayern die Situation nicht so dramatisch wie in anderen Bundesländern.
Dennoch müssen uns diese Feststellungen aufschrecken; denn sie bedeuten, dass in Deutschland der Antisemitismus immer noch vorhanden ist. Auch die Zahl antisemitischer Straftaten hat in Deutschland im vergangenen Jahr mit rund 10 % stark zugenommen. Das sind zumindest die Zahlen der Amadeu-AntonioStiftung. Man kann über die Gründe trefflich streiten. Es gibt sicherlich ein ganzes Bündel an Ursachen, das man in den Blick nehmen muss. Aber das ist jetzt nicht unser Thema.
Aus Sicht von uns FREIEN WÄHLERN sind die beste Prävention gegen Intoleranz, Rassismus oder Antisemitismus eine gute Bildung und Wissen über die Vergangenheit.
Max Mannheimer, der Auschwitz und Dachau überlebt hat und den wir hier vor nicht allzu langer Zeit live erleben konnten, sagte in einer seiner vielen öffentlichen Auftritte immer wieder – ich zitiere –: "Ihr seid nicht verantwortlich für das, was geschah. Aber dass es nicht wieder geschieht, dafür schon." Dem ist eigentlich nicht viel hinzuzufügen. Wir alle versuchen, seinem Credo gerecht zu werden. Unsere bayerischen Schulen machen diesbezüglich seit Jahren eine gute Arbeit, um die Jugendlichen auf ihrem Weg zu begleiten und sie in ihrer demokratischen Grundhaltung zu stärken. Dafür möchte ich an dieser Stelle
allen engagierten Lehrkräften, aber auch dem Ministerium danken.
Ich sage Ihnen ehrlich, dass wir FREIEN WÄHLER uns nicht leicht getan haben, diesen vorliegenden Antrag zu stellen, da wir gegen verpflichtende Anordnungen von oben sind und wissen, dass jedes Jahr bereits sehr viele Schulen nach Dachau oder Flossenbürg fahren, um vor Ort Unterricht zu halten. Doch schließlich haben wir uns dafür entschieden, weil ein solcher Unterrichtsgang im Lehrplan des Gymnasiums bereits verpflichtend vorgeschrieben ist und wir keinen Grund sehen, warum Real- oder Mittelschüler nicht dort hinfahren sollten.
Zudem spricht einiges dafür, dass Schülerinnen und Schüler von dem Besuch einer KZ-Gedenkstätte oder eines NS-Dokumentationszentrums profitieren könnten. Wir FREIEN WÄHLER sind auch der Überzeugung, dass die unmittelbare Begegnung mit außerschulischen Lernorten wie politischen Institutionen, Gedenkstätten oder Museen große Möglichkeiten und Ansatzpunkte dafür bietet, nachhaltiges Wissen zu erzielen. Außerschulische Lernorte fördern das Verständnis und die Vernetzung von Unterrichtsinhalten und bilden so einen Mehrwert für die tägliche Unterrichtsarbeit, natürlich immer vorausgesetzt, dass ein solcher Besuch im Unterricht vor- und nachbereitet wird.
Junge Menschen lernen vor Ort auf eine andere Weise, weil ein geschichtsträchtiger Ort einfach schon von sich aus, von selbst wirkt. Das können alle Mitglieder des Bildungsausschusses, die im Jahr 2012 in Israel dabei waren und die Gedenkstätte Yad Vashem besucht haben, bestätigen. Ich möchte außerdem positiv erwähnen, dass die Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit aufgrund eines Beschlusses des Bayerischen Landtags Klassenfahrten zu den bayerischen KZ-Gedenkstätten in Dachau und Flossenbürg finanziell unterstützt. Über die Landeszentrale werden für Schulklassen kostenlose Gedenkstätten-Führungen durch Lehrkräfte unterschiedlicher Schularten angeboten.
Das Angebot steht also zur Verfügung. Auch die Kosten sind überschaubar, weil bereits jetzt viele Schulen diese Kosten tragen. Deshalb plädieren wir dafür, dass an allen weiterführenden Schulen im Rahmen der Neukonzeption des "LehrplanPLUS" bei Mittelund Förderschulen ab der 8. Jahrgangsstufe und bei allen anderen Schularten ab der 9. Jahrgangsstufe der Besuch einer Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus verpflichtend zu verankern ist. Umso erstaunter mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass
sich die Kolleginnen und Kollegen der CSU im Bildungsausschuss dafür ausgesprochen haben, neben dem Gymnasium nun auch für Realschulen verpflichtende Besuche vorzusehen, aber für Mittelschulen und Förderschulen weiterhin nicht. Das ist unverständlich, wenn man sich Ihre Argumentation zu Gemüte führt. Sie sagen, dass an Mittelschulen die Klassen zu heterogen seien und dies deshalb schwierig umzusetzen sei.
Ja. – Sie führen weiter traumatisierte Flüchtlingskinder an, die mit diesem Besuch nicht umgehen könnten. Meine Damen und Herren, der erste Punkt ist gelinde gesagt lächerlich; denn an den Realschulen und Gymnasien sind die Klassen inzwischen sehr heterogen. Gerade an Mittelschulen bringt ein Besuch besonders eindrückliche Erfahrungen, die immun gegen antisemitische Einstellungen machen können. In Richtung der CSU sage ich deswegen: Die Schülerinnen und Schüler von Mittelschulen haben das gleiche Recht auf Bildung wie die Schülerinnen und Schüler an allen anderen Schularten.
Wir wissen natürlich, dass mit unserem Antrag der Antisemitismus nicht aus der Welt geschafft wird. Aber im Sinne von Max Mannheimer
- sollten wir alle Bausteine aufnehmen, um unserer Verantwortung gerecht zu werden. Ich bitte deshalb um Zustimmung.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, über das Anliegen in der Überschrift Ihres Antrags "Islamunterricht in deutscher Sprache dem Bedarf entsprechend ausbauen" sind wir uns alle einig; aber in der Tiefe Ihres Antrags liegen die Fallstricke. Ich war in der vergangenen Woche an der Ostseeküste. Mir fällt ein passender Vergleich zum Inhalt Ihres Antrags ein: Wie bei einer Schiffsreise wissen Sie grundsätzlich, welches Ziel Sie erreichen wollen, nämlich einen Ausbau des Islamunterrichts; aber es wäre schon wichtig, dass Sie sich auch Gedanken machen, welchen Kurs Sie wählen, ob der Kompass überhaupt funktioniert und ob Wind weht. Zwingend nötig wäre auch, einen Blick auf die Seekarte zu werfen. Leider sieht es hier beim Antrag der SPD nicht mehr so gut aus. Die SPD
bestimmt zwar das Ziel, wählt aber den Kurs nach dem Motto "Pi mal Daumen" und segelt einfach in die offene See los.
Lassen Sie mich auf die Gründe eingehen, warum die FREIEN WÄHLER und im Übrigen auch alle anderen Fraktionen außer der SPD dem Antrag der SPD nicht zustimmen können. Natürlich klingt das, was die SPD fordert, erst einmal gut. Sie verlangt, den Islamunterricht in deutscher Sprache als ordentliches Lehrfach bis zum Schuljahr 2017/2018 an allen Schularten in Bayern einzurichten. Dieses Ziel kann man sich setzen, und es ist auch wichtig, dass man sich dieses Ziel setzt. Die Fallstricke aber liegen auf dem Weg dorthin. Nach Artikel 7 des Grundgesetzes hat jede Glaubensrichtung Anspruch auf Religionsunterricht. Doch Absatz 3 legt fest, dass dieser in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt werden muss. Zu den rechtlichen Voraussetzungen für die Einrichtung eines Islamunterrichts gehört also, dass sich der Staat einer Religionsgemeinschaft als Ansprechpartner gegenübersieht, die legitimiert ist, Aussagen über die Glaubensinhalte zu treffen.
Hier liegt das Problem. Es gibt nämlich keine islamische Kirchenorganisation, die verbindlicher Ansprechpartner sein könnte. Vielmehr gliedert sich der Islam in verschiedene Strömungen und Rechtsschulen, die jeweils von ganz unterschiedlichen Verbänden repräsentiert werden. Daher wird in Bayern derzeit kein islamischer Religionsunterricht im formellen Sinne von Artikel 7 Absatz 3 des Grundgesetzes eingerichtet. Um der Nachfrage, die zweifelsohne vorhanden ist, gerecht zu werden, treten Übergangslösungen, die einem islamischen Religionsunterricht inhaltlich nahekommen, an dessen Stelle. Damit meine ich den Modellversuch "Islamischer Unterricht", den die Kollegin Trautner schon erwähnt hat. Darin besteht unserer Meinung nach ein guter und gangbarer Weg, weil der islamische Unterricht derzeit nicht auf die Erziehung im Glauben zielt, sondern Wissen über die Religion und religiöse Kompetenzen vermittelt.
Die Evaluation hat ergeben, dass das ein erfolgreiches Modell ist. Auch das wurde schon angesprochen. Die Staatsregierung hat seine Fortsetzung um weitere fünf Jahre beschlossen, was wir sehr begrüßen. Sie hat beschlossen, die Lehrpläne entsprechend zu differenzieren. All das hat die Kollegin Trautner schon ausgeführt. Das halten wir auch für richtig.
Deswegen sollten wir die Weiterentwicklungen abwarten und nicht den zweiten vor dem ersten Schritt gehen. Wir können den Inhalt der Nummer 1 des An
trags der SPD unterstützen; denn es ist wichtig, die Ergebnisse des Modellversuchs in der Fläche bekannt zu geben und den befristet angestellten Lehrkräften eine Planungssicherheit zu geben. Zudem müssen zusätzliche Stellen im Haushalt bereitgestellt werden. Dafür ist der Landtag als Haushaltsgesetzgeber zuständig.
Bei den beiden anderen Nummern können wir FREIE WÄHLER allerdings nicht mitgehen. Hier gibt es vernünftige Gründe, sie abzulehnen, Frau Kollegin Petersen. Ich muss schon darauf hinweisen: Es kann nicht sein, dass wir pauschal alle Absolventen eines Studiengangs einstellen, ohne dass irgendeine im Studium erzielte Leistung berücksichtigt wird. Wo kommen wir da hin? – Es wäre mehr als absurd, wenn wir Lehrkräfte einstellen würden, nur weil sie ein bestimmtes Fach studiert haben, und wir keinen Wert auf ihre Ausbildung in Pädagogik und Didaktik legen würden.
Ich komme zu Nummer 3. Das Anliegen, dass an einem weiteren Universitätsstandort ein Lehrstuhl für islamischen Religionsunterricht eingerichtet werden soll, ist durchaus nachvollziehbar. Man muss aber berücksichtigen, dass darüber die Universitäten aufgrund ihrer Autonomie entscheiden. Die Zuständigkeit dafür, einen solchen Lehrstuhl einzurichten, liegt also bei den Universitäten und nicht bei der Staatsregierung. Aus diesen Gründen können wir dem SPD-Antrag leider nicht zustimmen. Ich bedanke mich aber für das Zuhören.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn etwas in diesem angeblich so sicheren Bayern sicher ist, dann ist es der alljährliche Ärger um die Unterrichtsversorgung an den bayerischen Schulen. Man kann die Uhr danach stellen: Im November kommt meistens der erste Aufschrei und im Januar der zweite. Wenn die Grippewelle wie in diesem Jahr besonders stark zuschlägt, kommt im März quasi der Urknall.
Wir wissen genau, woran das liegt. Bei diesem Problem rächt sich einfach die Tatsache, dass die Unterrichtsversorgung schon vom Schuljahresbeginn an auf Kante genäht ist. Irgendwann wird die Blase platzen. Nur weil die mobilen Reserven von Schuljahresbeginn an für den Pflichtunterricht eingesetzt werden, kann das Schuljahr überhaupt starten. Ich möchte einmal einen Vergleich ziehen. Wenn die Reifen schon zu Beginn eines Autorennens einen verminderten Luftdruck aufweisen, kann man sicher sein, das Ende des Rennens nie im Leben zu erreichen.
Das ist genau die Situation im bayerischen Schulsystem: Wir fahren mit vermindertem Personaldruck und haben irgendwann den Urknall, das heißt das Problem, dass das Kartenhaus in sich zusammenbricht und die Unterrichtsversorgung nicht mehr gewährleistet ist usw. usf. Für den Förderunterricht und die Differenzierung gibt es dann natürlich keine Ressourcen mehr.
Wir FREIE WÄHLER haben bereits bei den Haushaltsverhandlungen nicht ohne guten Grund 1.000 zusätzliche Lehrerstellen gefordert. Wir haben auch ein Notprogramm für die zusätzliche Beschulung der Flüchtlingskinder in Bayern in Höhe von 10 Millionen Euro gefordert. Damit hätte man rechtzeitig, kurzfristig und unbürokratisch zusätzliches pädagogisches Personal an den Schulämtern vor Ort einstellen können. Aber die lieben Kollegen von der CSU sehen hierfür keine Notwendigkeit. Ihre Devise lautet: Augen zu und durch. Das aber ist keine verantwortungsvolle Bildungspolitik, das ist ein Fahren auf Sicht. Ein intelligentes Konzept sieht bei Weitem anders aus.
Ich erinnere daran, dass uns das Ministerium am 13. November 2014 im Bildungsausschuss über den Unterrichtsausfall berichtet hat. Sie, Herr Kollege Waschler, haben die Zahlen damals ungefiltert übernommen. Aus ihnen ist im Übrigen ersichtlich geworden, dass wir bei den mobilen Reserven seit Jahren mit der gleichen Gesamtzahl an Stellen fahren. In der gleichen Sitzung wurde von Ihnen oder einem Ihrer Kollegen auch gesagt, dass es in den Regionen keine besonderen Notlagen gibt. Was aber hören wir in diesen Tagen und Wochen? - Da gibt es in Niederbayern, in Mittelfranken und in der Oberpfalz einen Urschrei: Die Unterrichtsversorgung ist nicht gewährleistet.
Sie wollen die Notlagen nicht sehen, Sie schauen nicht genau hin, dass viele Lehrkräfte am Anschlag arbeiten, Klassen mitgeführt werden müssen, also ein Lehrer zwei Klassen unterrichtet, usw. In der Statistik kann man das unwahrscheinlich gut verstecken, und da sieht es immer super aus.
Zu Schuljahresbeginn hat das Kultusministerium bayernweit ein Kontingent von 1.900 Vollzeitkräften für die Grund- und Mittelschulen bereitgestellt. Im November erfolgt regelmäßig immer noch eine Aufstockung um 150 Stellen. Aber bereits da ist immer ersichtlich, dass die Stellen sehr schwer zu besetzen sind. Meinen Sie wirklich ernsthaft, dass die jungen Lehrkräfte, die im Juli oder August auf die Straße geschickt werden, darauf warten, dass sie im November, im Januar oder im Februar gerufen und – auch noch für ein halbes Jahr befristet – ohne Chance auf eine anschließende Übernahme eingesetzt werden? - Wir sollten endlich für bessere Bedingungen sorgen und Planstellen nicht dauerhaft befristet besetzen, sondern Planstellen schaffen. Das wäre fair, einem Land wie Bayern würde das gut zu Gesicht stehen, und es müsste eigentlich die Richtschnur sein.
In der Diskussion wird von Ihnen immer wieder die Geheimwaffe Demografiezuschlag gebracht. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wissen Sie, um wie
viele Stellen es sich handelt? - Es sind bayernweit 80, und davon profitieren lediglich ausgewählte Landkreise. Punktgenau auf die Schulen wird überhaupt nicht zugeteilt. Fakt ist doch, dass wir seit Jahren um diesen Missstand wissen. Wir haben die Erkenntnis. Es fehlt aber Ihr Wille, etwas zu ändern, und es fehlt Ihr Wille, die mobilen Reserven aufzustocken.
Wir sind der festen Ansicht: Wir brauchen hier ein intelligentes Konzept. Wir müssen die mobilen Reserven, die wir seit Jahren nicht aufgestockt haben, um 10 % erhöhen. Wir bitten mit unserem Antrag darum, dass sich die Staatsregierung Gedanken macht, wie eine solche Anpassung haushalterisch umgesetzt werden kann, damit wir bereits zum Schuljahresbeginn ähnlich, wie es übrigens bei den Gymnasien die integrierte Lehrerreserve gibt, ein Mehr an Kapazitäten haben, um flexibel reagieren zu können. Ich bitte deswegen um Zustimmung zu unserem Antrag.
Herr Kollege Hofmann, es ist schon erstaunlich, wie Sie sich hier vorne hinstellen, die Opposition für – ich möchte mal sagen – dumme Lausbuben halten und nach dem Motto "Augen zu und durch" irgendwelche Statistiken vorlesen, die doch in keiner Weise aussagekräftig sind. Gehen Sie doch mal hinaus ins Land, gehen Sie mal an die Schulen, hören Sie sich mal die Probleme der Lehrkräfte, Eltern usw. an.
Die erzählen Ihnen etwas anderes als diese Statistiken, mit denen Sie uns hier meistens etwas weismachen wollen. Suchen Sie doch endlich einmal einen Lösungsvorschlag, wie Sie diese Misere, die seit Jahren die gleiche ist, lösen können! Es kann doch nicht sein, dass wir, wenn wir jedes Jahr die gleiche Erkenntnis haben, immer wieder auf dem gleichen Fehltritt weiterarbeiten. Da muss man doch endlich einmal dazu kommen, eine Verbesserung zu erzielen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Motiviertes und engagiertes Bildungspersonal ist der Motor für ein leistungsstarkes Bildungssystem und der Garant für eine hohe Bildungsqualität. Ich glaube, in dieser Aussage sind wir uns alle einig. Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft – vbw – schreibt in ihrer Zwischenbilanz zum Thema "Burn-out im Bildungssystem" im Dezember 2014 – ich zitiere –: "Die Gesundheitsförderung und Prävention psychischer Belastungen stellen eine dringende und nachhaltig zu verstärkende Aufgabe der Länder dar." Dazu muss
ich sagen: Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, beide Aussagen ergänzen sich. Beide legen zugrunde, dass wir geeignete, motivierte und engagierte Lehrerinnen und Lehrer – die besten Kräfte! – für eine lange Schullaufbahn benötigen. Für dieses Ziel ist es nötig, an verschiedenen Stellschrauben zu drehen, um voranzukommen.
Eignungsdiagnostische Verfahren mit beratendem Charakter für Lehramtsstudenten halten wir FREIEN WÄHLER aufgrund der guten Erfahrungen, die an der Universität Passau und an der Technischen Universität München damit gemacht wurden, für einen wichtigen Baustein, ein wichtiges Puzzleteil, um die besten Kräfte für den Lehrerberuf zu gewinnen.
Wir FREIEN WÄHLER haben bereits im Frühjahr 2014 einen ähnlichen Antrag eingebracht, der zum Ziel hatte, an jeder Universität ein geeignetes Eignungsberatungsverfahren für angehende Lehrkräfte zu schaffen. Wir FREIEN WÄHLER wollen, dass junge Menschen aus Überzeugung Lehrer werden und diesen wichtigen pädagogischen Beruf nicht aus der Not heraus wählen. Wir FREIEN WÄHLER halten diese Eignungsberatungsverfahren für Lehramtskandidaten für ein probates Mittel. Ich will nicht verhehlen, dass im Laufe eines Studiums noch weitere folgen müssen. Junge Menschen können sich nämlich mithilfe solcher Eignungsberatungsverfahren frühzeitig mit den Chancen, aber auch mit den Erwartungen eines Berufsfeldes auseinandersetzen und eine fundierte Studienauswahl treffen.
Immerhin hat das Ministerium der damaligen Forderung unseres Antrags Folge geleistet und einen bayerischen Online-Test "SeLF: Selbsterkundung zum Lehrerberuf mit Filmimpulsen" auf seine Homepage gestellt. Das begrüßen wir sehr. Mit unserem Antrag haben wir jedoch damals bereits gefordert, dass es an jeder Universität auch ein Eignungsberatungsverfahren vor Ort gibt. Wir haben uns nicht explizit für ein Verfahren oder einen bestimmten Zeitpunkt ausgesprochen. Ob das Verfahren zum Einstieg oder nach dem ersten oder zweiten Semester durchgeführt wird, ist durchaus variabel zu handhaben.
Dennoch hat die CSU-Fraktion unseren Antrag abgelehnt, weil sie der Meinung war, diese Eignungsberatungsverfahren seien nicht ausgereift. Kollege Lederer führte in seiner Plenarrede am 8. April 2014 an, dass es in der Wissenschaft noch keinen breiten Konsens über die Kriterien gebe, die einen guten Lehrer ausmachten. Meine Damen und Herren, lieber Kollege Lederer, ich glaube, wir müssen auch noch lange darauf warten, bis es in der Wissenschaft diesen breiten Konsens gibt. Die Kriterien für einen guten Lehrer liegen auf dem Tisch: Das sind überzeugende Selbst
und Fachkompetenzen; der Lehrer muss letztendlich durch seine Persönlichkeit überzeugen.
Dazu brauchen wir keine Langzeitstudien und keine Prognosen. Wir können diese Forderung mit unserem Antrag heute gemeinsam auf den Weg bringen; wir wollen mit unserem Antrag eine Öffnungsklausel für die Lehramtsprüfungsordnung I. Damit könnten die einzelnen Universitäten ermächtigt werden, in einem Modellversuch alle Studierenden, die ein Lehramtsstudium aufnehmen, zur Teilnahme an einem wissenschaftlich begleiteten eignungsdiagnostischen Verfahren mit beratendem Charakter zu verpflichten. Nur so können wir die Erfahrungen gewinnen, um letztendlich Studien auf den Weg zu bringen.
Mit unserer Forderung stehen wir nicht alleine: Der Bayerische Landespersonalausschuss hat in seinem Jahresbericht 2013 die Einführung einer solchen Öffnungsklausel ausdrücklich gefordert. Im Jahresbericht 2013 sind ganz bemerkenswerte Dinge zu lesen. Ich sage deswegen: Die von Ihnen geforderten Studien sind nur vorgeschoben. Auf Seite 45 ist zu lesen, dass der LPA schon 2012 davon ausgegangen ist, dass das Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst erforderlichenfalls die Grundlagen für Regelungen schafft. Auf Seite 46 ist zu lesen: "Im Jahr 2013 legte das Staatsministerium für Unterricht und Kultus … einen geänderten Entwurf einer Verordnung zur Änderung der LPO I vor." – Ich zitiere weiter –: "Die Empfehlungen des Landespersonalausschusses, eine Ermächtigung für einen Modellversuch im Hinblick auf eignungsdiagnostische Verfahren mit beratendem Charakter einzuführen, wurden dabei nicht aufgegriffen."
Meine Damen und Herren, das ist nichts anderes als die Offenlegung der Untätigkeit des Ministeriums. Es hat sich nämlich nichts getan. Liebe Kolleginnen und Kollegen der CSU, wenn Sie wirklich Längsschnittuntersuchungen wollen, dann stimmen Sie unserem Antrag heute zu und treiben Sie das Ministerium endlich zum Handeln an. – Vielen Dank. Ich bitte um Ihre Zustimmung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Als ich den Gesetzentwurf das erste Mal in die Hand bekommen habe, habe ich mich an die Regierungserklärung von Ministerpräsident Seehofer am 12. November 2013 erinnert. Da hieß es:
Wir brauchen … eine Paragrafenbremse… Neue Gesetze und Verwaltungsvorschriften soll es in dieser Legislaturperiode grundsätzlich nicht geben.
Jetzt hat der Staatssekretär den Gesetzentwurf so schön soft vorgestellt, dass es wie eine Lobpreisung der Privatschulen klang. Das eine oder andere, dass man zum Beispiel vielleicht eine stärkere Sicherheit braucht, stimmt durchaus. Aber unter dem Strich bedeutet der Gesetzentwurf eine stärkere Reglementierung der Privatschulen, eine weitere Bürokratisierung
und einen Eingriff in die Privatschulfreiheit nach dem Motto: Was nicht passt, wird passend gemacht.
Dabei lassen doch gerade die Privatschulen dem Ideenreichtum und der Kreativität freien Lauf und leben in einem gewissen Maß die Freiheit der Schulentwicklung und die Eigenverantwortlichkeit der Schule. Sie werden auch von rund 10 % der Eltern für ihre Kinder ausgewählt, weil sie gerade ein anderes Angebot als das staatliche Schulsystem bieten.
Wir FREIEN WÄHLER stehen ganz klar dafür, dass die Wahlfreiheit der Eltern ein hohes Gut ist und deren Entscheidung für alternative pädagogische Bildungsmodelle ernst genommen wird. Wir wollen keine weiteren Reglementierungen und eine Entbürokratisierung. Die richtige Reaktion der Staatsregierung wäre eigentlich herauszufinden, welche Motive die Eltern haben, wenn sie ihre Kinder auf eine Privatschule schicken. Die Staatsregierung müsste also grundsätzlich umdenken, und der richtige Ansatz wäre zu fragen: Was machen denn die privaten Schulen besser, und was können wir davon für das staatliche Schulwesen übernehmen?
Stattdessen wird mit dem Gesetzentwurf vieles, was jetzt schon im staatlichen System ein Problem darstellt, auch den Privatschulen aufgebürdet. Ich nenne das Stichwort Mindestschülerzahl in einer Klasse. Da muss ich sagen, dass die Gesetzesbegründung, die Sie anführen, fast ein bisschen putzig ist. Es heißt hier: "Auftrag der Schule ist neben der reinen Wissensvermittlung in gleichen Teilen auch, die Schülerinnen und Schüler zu sozialem Handeln und respektvollen Miteinander zu erziehen, wofür es den täglichen Umgang in einer gefestigten Gruppe bedarf." Sie tun gerade so, als würden die Schüler in den Privatschulen wie Hühner im Stall herumlaufen und nicht wissen, wohin sie müssen, und als gäbe es dort keine Klassen.
Sie wissen auch ganz genau – da sind wir uns eigentlich fraktionsübergreifend einig –, dass eine stärkere Individualisierung in kleineren, jahrgangsübergreifenden Lerngruppen durchaus Sinn macht. Insofern ruft Ihre Begründung bei mir, ehrlich gesagt, ein Kopfschütteln hervor.
In der Gesetzesbegründung wird immer von einer homogenen Gruppe gesprochen. Wir wissen aber ganz genau, dass immer mehr heterogene Gruppen gebildet werden. Das zeigt mir, dass das Wort Inklusion im Kultusministerium trotz Stabstelle immer noch nicht ganz verstanden worden ist. Wir brauchen also mehr individuelle Gestaltungsmöglichkeiten, anstatt den Schulen davon immer weniger zu geben.
Einen weiteren kritischen Punkt sehen wir durchaus in der Schuldatenverwaltung. Hier wird dem Kultusministerium eine sogenannte Ermächtigungsgrundlage zugebilligt, alles per Verordnung regeln zu können. Alle Privatschulen sollen also verpflichtet werden, die Allgemeine Schuldatenverwaltung zu übernehmen, und zwar auf eigene Kosten. Die ASV funktioniert schon an den staatlichen Schulen technisch nicht einwandfrei und wird von vielen Eltern argwöhnisch betrachtet. Nun wollen Sie das auch noch den Privatschulen auftragen. Wir lehnen dieses Vorhaben ganz klar ab und fordern, dass diese Ermächtigungsgrundlage außen vor bleibt.
Zu dem Gesetzentwurf wäre noch einiges mehr zu sagen. Dafür haben wir sicher in den Ausschüssen noch genügend Zeit. Ich will mit dem französischen Philosophen Montesquieu enden, der richtigerweise feststellt: Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst freue ich mich, dass wir heute im Plenum noch einmal ganz ausführlich über die bayerische Grundschule debattieren. Das ist wichtig und notwendig angesichts der vom Kollegen Thomas Gehring gerade schon vorgetragenen scheinheiligen Grundschulgarantie des Ministerpräsidenten, die nur die rechtlich selbstständigen Grundschulen einbezieht, aber die unselbstständigen oder die Außenstellen außen vor lässt. Das ist nicht mehr als ein Etikett, aber keine Garantie. Deswegen brauchen wir neue Denkweisen.
Es ist erläutert worden: Eine Grundschule vor Ort ist ein Standortfaktor und für kleine Kommunen in den
ländlichen Räumen ganz wichtig. Wenn wir den ländlichen Raum stärken und für junge Familien attraktiv machen wollen, sie dafür sensibilisieren wollen, dort ihr Leben zu verbringen, dann müssen wir diese kleinen Grundschul-Standorte stärken.
Wir FREIE WÄHLER – das sage ich ganz deutlich – sind für den Erhalt aller Grundschulen, nicht nur der rechtlich selbstständigen, sondern auch der Außenstellen, weil wir in ihnen einen wichtigen Standortfaktor, ein wichtiges Merkmal für die Infrastruktur sehen.
Seit Jahren beobachten wir in den ländlichen Räumen verstärkt die Bildung jahrgangskombinierter Klassen. Das ist eine Entwicklung, die aus pädagogischen Gründen durchaus Sinn macht, weil das Argument, dass jüngere Kinder von älteren Kindern lernen, durchaus zutreffend ist. Es ist auch sinnvoll, wenn man dadurch eine Grundschule vor Ort hält. Ungut ist aber, dass die Staatsregierung – das zeigen uns viele Petitionen in der vergangenen Legislaturperiode – dieses Instrument der Kombiklassen leider oft als Sparmodell verwendet. Es geht nämlich um die Zuweisung der sogenannten zwei bis fünf Lehrerwochenstunden. In den meisten Fällen sind das eben keine fünf Stunden, sondern die Zahl liegt weit darunter, weswegen es natürlich nicht unbedingt dazu kommt, dass diese jahrgangskombinierten Klassen auch qualitätsvoll unterrichtet werden können. Deswegen brauchen wir eine verbindliche Zuweisung zusätzlicher Lehrerstunden für jahrgangskombinierte Klassen. Dafür stehen wir FREIE WÄHLER, und dafür werden wir auch weiter kämpfen.
Die heimliche Streichung, das heimliche Sparen ist auch an anderer Stelle festzustellen, nämlich bei der Ausstattung der jahrgangskombinierten Klassen mit Schulsekretärinnen. Darauf geht auch unser Antrag auf Drucksache 17/3717 zurück. Es ist bekannt und, ich meine, Konsens, dass die jahrgangskombinierten Klassen an den Grundschulen jedes Jahr erneut ein erhöhtes Maß an organisatorischem Verwaltungsaufwand erfordern. Deswegen sind wir davon überzeugt, dass es an der Grundschule vor Ort auch eine kompetente Verwaltungskraft, eine Verwaltungsangestellte braucht, die diese Organisation leistet und damit auch die Schulleitung entlastet.
Nun kann die Situation eintreten, dass aufgrund der Bildung kombinierter Klassen eine Klasse weniger zustande kommt und gemäß der Regelung bei Schulen mit weniger als vier Klassen die Verwaltungsange
stellte quasi entfällt. Das ist nicht im Sinne einer funktionierenden Schulverwaltung. Deswegen sagen wir: Wir müssen die jahrgangskombinierten Klassen doppelt zählen, sodass weiterhin ein Anspruch auf eine Verwaltungsangestellte besteht; denn keine Schulsekretärin an der Grundschule zu haben, ist für die Schule ein herber Verlust und für die Organisation der Schulleitung eine erhebliche Mehraufwendung. Deshalb ist es dringend geboten, dass die Staatsregierung einlenkt und darüber nachdenkt. So viele Fälle oder so viele Stunden, wie damit einhergehen, werden es nicht sein, als dass man unbedingt an der Regelung festhalten müsste. Derzeit gibt es eine Übergangsregelung von einem Jahr, aber damit ist das Problem nur um ein Jahr verschoben, dem Problem aber nicht grundsätzlich abgeholfen.
Ich möchte noch einen weiteren wichtigen Punkt im Zusammenhang mit der Grundschulproblematik ansprechen: Das ist die Lehrerzuweisung und die Ausstattung mit mobilen Reserven. Wir alle wissen aus vielen Anschreiben, aus vielen Petitionen, aus vielen Gesprächen mit Lehrkräften und mit Eltern, dass die mobile Reserve meist im September oder Oktober schon verplant ist und dass Schulausfall droht, wenn über den Winter Krankheitsfälle kommen. Wir brauchen eine bessere, eine sorgfältigere und eine frühzeitigere Planung, was die mobilen Reserven betrifft, und vor allen Dingen zusätzliche Stellen. An diesen Stellen geht eben kein Weg vorbei.
An den Grundschulen ist auch Tatsache, dass aufgrund der Flüchtlingsproblematik verstärkt zusätzliche Ressourcen für die Beschulung von Flüchtlingskindern benötigt werden. Wir warten hier, sehr geehrter Kollege Waschler – er ist gerade nicht da -, immer noch darauf, dass auf die von Ihnen verkündeten Versprechen Taten folgen und dass das Notprogramm umgesetzt wird und zusätzliche Mittel in die Beschulung der Flüchtlingskinder fließen.
Ich erinnere insgesamt an die Planstellen. Wir haben einen dringenden Mehrbedarf. Ich möchte auch daran erinnern, dass zum Beispiel im Regierungsbezirk Oberbayern aufgrund des komplizierten Nachrückersystems, wenn zu Schuljahresbeginn Personen die Stelle nicht annehmen, allein 159 Nachrückerverträge geschlossen wurden, die nicht als feste Stellen weiterverfolgt wurden, sondern auf Aushilfsbasis. Wir FREIE WÄHLER sind entschieden gegen die Ausbeutung von Junglehrern und fordern: endlich feste Stellen statt Aushilfsverträge;
denn es ist skandalös, dass im Nachrückerverfahren feste Planstellen stets durch Zeitverträge ersetzt wer
den. Damit spart sich der Staat nämlich jedes Jahr enorme finanzielle Mittel – es geht um einen zweistelligen Millionenbetrag -, was anscheinend aber so gewollt ist.
Das System Grundschule braucht also dringend finanzielle Verstärkung. Wir brauchen mehr finanzielle Ressourcen und auch neue Denkmodelle, um die Grundschulen auf dem Land zu halten.
Frau Kollegin Trautner, Sie haben gesagt, dass mit dem Modell der Zusammenfassung der Jahrgänge 1 bis 4 in einer Klasse das Recht auf Erziehung und Bildung Ihrer Meinung nach nicht gewährleistet wäre. Können Sie mir dann erklären, warum gerade in Österreich, im Besonderen in Tirol und in der Steiermark, die der Bildungsausschuss kürzlich bei einer Delegationsreise besucht hat, dieses Modell erfolgreich ist und von den Eltern nachgefragt und als pädagogisch durchaus sinnvoll erachtet wird?
Sie haben gesagt, dass ich die jahrgangsgemischten Klassen für ein Sparmodell halte. So ist es in der Tat; denn 80 % der jahrgangsgemischten Klassen erhalten nicht die fünf Lehrerstunden, die hier immer wieder im Raum stehen, sondern durchschnittlich nur 2,5 Stunden. Das sage ich nur zu Ihrer Kenntnis.
Sie behaupten, für die Kommunen bedeute es eine erhebliche Mehrbelastung, die Grundschule vor Ort mit nur einer Klasse oder zwei Klassen zu erhalten. Auch hier muss ich Ihnen widersprechen. Die Bürgermeister oder die Stadt- und Gemeinderäte wären sehr wohl bereit, zusätzliche Schulstunden zu gewähren, um ihre Schule vor Ort zu halten. Oft würden sie dafür sogar Geld aus eigener Kasse verwenden.
Herr Staatssekretär, Sie haben gesagt, der Freistaat Bayern handelt. Können Sie mir erklären, warum dann allein im Regierungsbezirk Oberbayern 159 Stellen im Bereich der Grund- und Mittelschulen, die zum Schuljahresbeginn nicht angetreten worden sind, im sogenannten Nachrückverfahren über Zeitverträge besetzt worden sind, obwohl diese Stellen im Haushaltsplan ausgewiesen sind? Finden Sie es menschlich in Ordnung, dass diese Aushilfskräfte mit einem Hungerlohn abgespeist werden, keinerlei Planungssicherheit haben und sich der Freistaat Bayern dadurch zweistellige Millionenbeträge spart?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Bei der Diskussion zum Mindestlohn vorhin hat Kollege Herold von der CSU um Verständnis dafür gebeten, dass man bei einem Gesetz erkannte Fehler auch korrigieren wolle. Genau das, liebe Kolleginnen und Kollegen, fordere ich natürlich auch für die mit unserem vorliegenden Gesetzentwurf angestrebte Änderung des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes.
In der letzten Zeit sind wir im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes regelmäßig mit Petitionen genau zu diesem Problem konfrontiert worden. Aber auch außerhalb von Petitionen treten viele Betroffene an mich, genauso wie an Sie, heran, um dieses Problem zu besprechen. Im Kern geht es um Beamte, die vor ihrer Berufung in das Beamtenverhältnis in der Privatwirtschaft gearbeitet haben und trotz 45 Berufsjahren nicht abschlagsfrei in den Ruhestand gehen können. Es handelt sich dabei in der Regel um Beamte der zweiten Qualifikationsebene, meistens aus dem Bereich des Justizvollzugs und der Vermessungsämter. Diese Beamten haben vor ihrer Berufung in das Beamtenverhältnis meistens einen handwerklichen Beruf erlernt und haben viele Jahre in diesem Beruf sozialversicherungspflichtig gearbeitet, bevor sie sich für die Beamtenlaufbahn entschieden haben. Die meisten kommen im Alter von 64 Jahren dann auf 45 Berufsjahre und mehr. Wenn sie aber diese 45 Berufsjahre nicht im Beamtenverhältnis erbracht haben, können sie nicht abschlagsfrei in den Ruhestand gehen, während Kollegen, die sozusagen immer Beamte waren, abschlagsfrei in den Ruhestand gehen können. Meine Damen und Herren, das ist eine Ungerechtigkeit, die wir, denke ich, korrigieren müssen. Ich bitte Sie um aktive Mitarbeit.
Nach der derzeitigen Rechtslage geht ein Beamter grundsätzlich im Alter von 67 Jahren in den Ruhestand. Sein Ruhegehaltsatz beträgt 1,79 % für jedes Jahr ruhegehaltsfähiger Dienstzeit, maximal 71,75 %. Das ist nach 40 Dienstjahren erreicht. Will der Beamte früher in Ruhestand gehen, muss er einen Abschlag von 3,6 % pro Jahr, maximal aber von 10,8% hinnehmen. Dieser Abschlag für Beamte entfällt dann, wenn die Betroffenen das 64. Lebensjahr vollendet haben und eine Dienstzeit von 45 Jahren vorweisen können. "Dienstzeit" meint in diesem Zusammenhang aber ausschließlich Zeiten im Beamtenverhältnis sowie gewisse anrechenbare Zeiten. Berufsjahre, die in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis geleistet wurden, bleiben bei dieser Berechnung der Dienstjahre außer Betracht. Das führt zu diesem Problem, das ich Ihnen anfangs geschildert habe, dass die Betroffenen nicht abschlagsfrei in den Ruhestand treten können.
Mir stellt sich daher die Frage, was mit dem abschlagsfreien Ruhestand honoriert werden soll: nur die Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst oder die Lebensarbeitsleistung? – Nach der derzeitigen Regelung sind es eindeutig nur die Dienstjahre. In der Begründung zum neuen Dienstrecht hieß es aber, dass es den Beamtinnen und Beamten in Anlehnung an die rentenrechtlichen Bestimmungen ermöglicht werden soll, nach langjähriger Dienstzeit abschlagsfrei in den Ruhestand zu treten. Diese Möglichkeit besteht nach dem derzeitigen Gesetz aber – in Anführungsstrichen – nur für Beamte oder nur für Arbeitnehmer. Wer zwischen den Systemen gewechselt hat, hat das Nachsehen. Meine Damen und Herren, das kann nicht im Sinne einer freien Berufswahl sein.
Für die Betroffenen kommt es aber noch schlimmer: Soweit sie nämlich aufgrund ihrer langjährigen Dienstzeit von 40 Jahren und mehr den Ruhegehaltshöchstsatz bereits erreicht haben, wird ihnen die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung voll auf die Pension angerechnet, sodass sie den Versorgungsabschlag auch nicht über die Zahlungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung ausgleichen können.
Die derzeitige Regelung ist für die Betroffenen schwer nachvollziehbar und wird von ihnen als ausgesprochen ungerecht empfunden. Ich kann das verstehen. Auch in meinen Augen ist die derzeitige gesetzliche Regelung ungerecht und eine Benachteiligung derer mit einer gemischten Erwerbsbiografie gegenüber denjenigen, die immer Beamte gewesen sind.
Welche Lösungsmöglichkeiten bieten sich an? – Entweder muss man den Betroffenen ihre gesetzliche Rente belassen oder, wenn man schon die Pension in der Höhe der gesetzlichen Rente kürzt und somit einen Vorteil aus den Vordienstzeiten zieht, die dem Rentenanspruch zugrundeliegende Arbeitsleistung angemessen berücksichtigen.
Aus unserer Sicht stellt die vorzeitige Rente eine Anerkennung für ein sehr langes Berufsleben dar. So sieht das im Übrigen auch die Staatsregierung im Gesetzentwurf zum neuen Dienstrecht, wenn sie von einer Anlehnung an das Rentenrecht spricht und so die besondere Schutzwürdigkeit von Menschen mit einem langen Berufsleben erkennt. Allerdings muss das gleichermaßen für Beamte, die immer Beamte gewesen sind, wie für diejenigen mit gemischter Erwerbsbiografie gelten.
Aus diesem Grund, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben wir den vorliegenden Gesetzentwurf eingebracht. Nach unserem Gesetzentwurf sollen bei der Frage, ob die erforderlichen 45 Dienstjahre erreicht wurden, auch die Zeiten in
einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis berücksichtigt werden. Insoweit soll dieses Gesetz zukünftig nicht mehr nur auf die Dienstzeit, sondern auf die Lebensarbeitszeit abstellen.
Um den Freistaat Bayern als Versorgungslastenträger nicht über Gebühr zu belasten, sollen die Zeiten in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis nicht versorgungserhöhend wirken. Der Ruhegehaltsatz soll sich auch weiterhin aus den Dienstjahren errechnen.
Meine Damen und Herren, ich bitte um Unterstützung unseres Gesetzentwurfs. Vielen Dank fürs Zuhören.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst bin ich erfreut, dass sich in der CSU etwas bewegt, Herr Kollege Professor Dr. Waschler.