Protocol of the Session on April 26, 2018

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! In dieser Frage kommt es zu einer äußerst seltenen Allianz zwischen dem sozialpolitischen Ausschuss und dem Bayerischen Obersten Rechnungshof, um die Schuldner- und Insolvenzberatung am besten auf kommunaler Ebene zusammenzulegen. Sowohl der sozialpolitische Ausschuss als auch der Bayerische Oberste Rechnungshof in seinen Prüfungserinnerungen haben

erklärt, dass der Status quo mit den unterschiedlichen Finanzierungen und Zuständigkeiten nicht optimal ist, da in den Beratungsstellen bereits heute sowohl Schuldner- als auch Insolvenzberatung betrieben werden. Deshalb muss eine Aufteilung erfolgen, obwohl das im Sinne der Synergieeffekte überhaupt nicht sinnvoll ist.

Frau Staatsministerin Schreyer und auch Frau Kollegin Waldmann haben bereits angesprochen, dass wir im sozialpolitischen Ausschuss einstimmig den Beschluss gefasst haben, die Schuldner- und Insolvenzberatung zusammenzulegen. Das soll im Wege der Delegation auf die Landkreise und die kreisfreien Städte erfolgen. Im Zusammenhang mit der angestrebten Delegation soll – und das ist ein wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang – ein bedarfs- und flächendeckender Ausbau der Insolvenzberatungsstellen erfolgen. Auch die Qualitätsstandards in der Arbeit, das wurde angesprochen, sollen weiterentwickelt werden. Die durch diesen Prozess für die Kommunen entstehenden zusätzlichen Aufgaben sind im Rahmen des Konnexitätsprinzips aufgrund der Delegation seitens des Freistaats Bayerns zu leisten. Warum ist dieser Weg sinnvoll? – Ganz abgesehen davon, dass wir eine besondere Verpflichtung für Menschen haben, die sich in einer schwierigen Einkommens- und Schuldensituation befinden, müssen wir immer Beratungsangebote haben; denn sie können lebensprägend und lebensentscheidend sein. Es ist von entscheidender Bedeutung, ob hier der richtige oder auch gar kein Weg gegangen wird.

Mit der Einführung der Verbraucherinsolvenzberatung ist nach deren Zuordnung zur Länderebene ein Weg begangen worden, den wir jetzt mit der Realität in Einklang bringen müssen. Die Realität ist die Zusammenarbeit von Schuldner- und Insolvenzberatung unter einem Dach. Wenn Sie sich den Werdegang von Menschen mit einer Verschuldungsbiografie ansehen, dann werden Sie feststellen, dass diese, wenn nichts passiert, häufig in der Privatinsolvenz landen. Deshalb ist das auch inhaltlich der einzig richtige Weg. Es ist in der Tat so, dass die Zahl der betroffenen Personen, die diese Dienstleistungen unmittelbar in Anspruch nehmen, nicht kleiner geworden ist. Wir diskutieren sehr viel über Armutsbekämpfung. Im Sinne einer präventiven Armutsvermeidung haben aber sowohl die Schuldner- als auch die Insolvenzberatungsstellen eine große Bedeutung. Nachdem sich die Beteiligten einig waren, ist es unter Federführung des Sozialministeriums in den letzten Jahren gelungen, eine Einigung mit den kommunalen Spitzenverbänden und der Landesarbeitsgemeinschaft der öffentlichen und freien Wohlfahrtspflege herbeizuführen. Diese Einigung setzt allerdings voraus, dass das Ausführungsgesetz zu den Sozialgesetzbüchern entsprechend er

gänzt bzw. die Artikel 112 bis 114 des Ausführungsgesetzes neu gefasst werden. An dieser Stelle möchte ich den Haushältern danken; denn das ist möglich geworden, weil wir jetzt einen höheren Ansatz haben. Außerdem haben wir die Zusage der Finanzpolitiker und des Finanzministeriums für die in den kommenden Haushaltsjahren und im kommenden Doppelhaushalt notwendigen Mittel, um die bedarfsgerechte Weiterentwicklung weiter anzupassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Gesetzgebungsverfahren werden wir uns hinsichtlich des Inkrafttretens des Gesetzes noch einigen müssen. Das hat Frau Waldmann angesprochen. Meines Wissens sind die Wohlfahrtsverbände aber auf dem Weg, den Zeitpunkt, der jetzt im Gesetzentwurf steht, als sinnvoll zu akzeptieren. Wir werden das aber noch miteinander beraten. Entsprechend der Geschäftsordnung für den Bayerischen Landtag haben wir die Einbindung der kommunalen Spitzenverbände vorgesehen. Da die Anregung von den kommunalen Spitzenverbänden kam, das Gesetz zum 01.01.2019 in Kraft treten zu lassen, soll so eine positive Lösung im Sinne einer positiven Entwicklung gefunden werden. Insofern ist die Beratung im Sozialausschuss für eine Klärung durchaus sinnvoll. Meine Damen und Herren, wenn wir uns an die Beratungen zum Einsparhaushalt 2004 erinnern, als es um die Diskussion ging, die Insolvenzberatung mit staatlicher Bezuschussung gegebenenfalls ganz abzuschaffen,

(Ruth Waldmann (SPD): Ein Graus!)

hat es sich als richtig erwiesen, dies nicht zu tun. Wir müssen feststellen: Die Verbindung von fachlicher Beratung und sozialpsychologischer Begleitung – wenn ich es einmal unter diesem Überbegriff zusammenfassen darf – ist dringend erforderlich und sinnvoll. Dies ist ein zielgenauer Weg, um dem betroffenen Menschen helfen zu können. Lassen Sie uns dies im weiteren Gesetzgebungsverfahren miteinander tun.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Nächster Redner ist der Kollege Dr. Fahn.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir könnten natürlich sagen: Endlich kommt sie, die Beratung aus einer Hand. Wir sind aber so schnell wie eine Schnecke; das muss man auch sagen. Wir haben nämlich schon Anfang 2015 im Sozialausschuss darüber diskutiert. Wir sind uns eigentlich schon seit 2015 darin einig, dass wir so etwas machen müssen. Immer wieder wurden wir vertröstet, es gab die berühmten Umsetzungsprobleme. Wir wissen: In Bayern gelten 3,4 Millionen

Haushalte als überschuldet. Für diese Menschen brauchen wir eine konkrete Lösung. Jeder weiß: In die Schuldenfalle kann man schneller tappen, als man denkt. Für viele war die Privatinsolvenz die letzte Lösung.

Natürlich treffen wir jetzt eine gute Entscheidung. Dafür werden wohl auch alle sein. Wir haben Gespräche mit den freien Wohlfahrtsverbänden geführt. Von ihnen haben wir immer wieder gehört, dass es ihnen viel zu langsam geht. Auch sie wurden immer wieder vertröstet. Auf der anderen Seite ist es natürlich auch wichtig, dass es durch diese Zusammenlegung nicht mehr zu diesen sogenannten Betreuungsbrüchen kommt, wenn ein Schuldner in die Insolvenz geht. Trotzdem kann man noch einmal über das Datum des Inkrafttretens diskutieren. Zwar hat die Frau Ministerin gesagt, die Kommunen seien dafür. Was bleibt ihnen auch anderes übrig? Sie müssen sich den Gegebenheiten anpassen. Wir haben aber auch immer wieder gehört – und das betone ich hier noch einmal –, dass die Verbände der Wohlfahrtspflege gesagt haben – dem haben wir uns angeschlossen, weil es keinen Grund gab, dagegen zu sein –, dass das Gesetz schon am 01.01.2018 in Kraft treten soll. Jetzt soll es erst am 01.01.2019 sein.

Wir müssen uns natürlich auch die Frage stellen: Kommen auf der Ebene der kreisfreien Städte noch weitere Kosten in diesem Zusammenhang auf die Träger zu? Vielleicht ist es auch gut, dies zu evaluieren: Kommt es vielleicht auch zu einer Kostenerstattung des Freistaats? Das heißt, wir wissen also noch nicht genau, welche weiteren Kosten kommen. Wir wissen aber auch, dass eigentlich alle das wollen. Deswegen halten wir diesen Gesetzentwurf in dieser Form für richtig, aber wir hätten ihn uns noch früher gewünscht. Das darf ich bei dieser Gelegenheit sagen. Ich hoffe auf eine gute Diskussion in den Ausschüssen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Celina.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Es ist schon eine schwere Geburt mit der Zusammenlegung der Insolvenz- und Schuldnerberatung unter dem Dach der Kommunen.

(Joachim Unterländer (CSU): Aber wirklich gut!)

Ja, ich bin auch froh. Aber manche Schwangerschaft geht schneller.

Schon im Jahr 2011 hat dies der Bayerische Landtag auf unseren Antrag hin grundsätzlich beschlossen.

Die Träger sind häufig identisch, und die Aufgabentrennung führt zu unnötiger Bürokratie. Dann kamen die dreijährigen Verhandlungen mit den Kommunen und den freien Trägern. Danach hat das Sozialministerium in einem Bericht vom Januar 2015 eingeräumt, dass eine Zusammenführung von Schuldner- und Insolvenzberatung grundsätzlich sinnvoll und rechtlich möglich wäre. Die Übertragung der Aufgabe – so stand drin – sollte im Wege der Delegation in den übertragenen Wirkungskreis der Landkreise und kreisfreien Städte erfolgen. Unter Anerkennung der Konnexität sollten den Kommunen die Aufwendungen für die übertragenen Aufgaben erstattet werden.

Diesem Vorschlag haben damals sowohl der Bayerische Landkreistag, der Bayerische Städtetag und auch die Landesarbeitsgemeinschaft der öffentlichen und freien Wohlfahrtspflege zugestimmt. Jetzt hat es noch weitere drei Jahre gedauert, in denen Verhandlungen über die Delegation der Insolvenzberatung geführt wurden. Der Fortschritt ist eine Schnecke! Dabei hatten die Kommunen und Träger bereits 2015 nachgewiesen, dass für eine ausreichende Finanzierung der Zusammenlegung und für eine Umsetzung der vereinbarten Qualitätskriterien mindestens acht Millionen Euro bereitgestellt werden müssen. Das Sozialministerium sagte damals zwar eine Vollkostenerstattung zu, zuckte dann aber doch zurück.

Dann gab es noch einen einstimmigen Beschluss vom 16. April 2015, der die Forderung nach einer Zusammenführung von Schuldner- und Insolvenzberatung unter dem Dach der Kommunen noch einmal bekräftigte. Trotz dieses eindeutigen Beschlusses des Landtags und trotz der weitgehenden fachlichen Einigkeit kam es wegen des Streits um die Höhe der staatlichen Forderung jahrelang wieder nicht zu einer Lösung.

Darauf haben wir in einem Dringlichkeitsantrag vom April 2016 hingewiesen und die Staatsregierung aufgefordert, noch im Jahr 2016 einen Gesetzentwurf mit den notwendigen Änderungen des AGSG vorzulegen. Diese Umsetzung sollte zum 01.01.2017 erfolgen. Jetzt – endlich, endlich, endlich, endlich – legt das StMAS einen Gesetzentwurf zur Änderung des AGSG vor. Allerdings hätte der Gesetzentwurf wesentlich früher kommen müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abgeordneten Dr. Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER))

Eine Einigung mit den Kommunen und den Trägern der Insolvenzberatung ist einzig und allein an der hartnäckigen Weigerung der Staatsregierung gescheitert, den für die Einhaltung der Konnexität notwendigen Betrag von acht Millionen Euro zur Verfügung zu

stellen. Angesichts des finanzpolitischen Füllhorns, das der Ministerpräsident bei seiner Regierungserklärung letzte Woche ausgeschüttet hat, ist das im Nachhinein erst recht nicht zu verstehen.

Nun drohen durch die späte Vorlage des Gesetzentwurfs und durch die Verschiebung des Inkrafttretens auf den 01.01.2019 auch die zwei Millionen Euro verloren zu gehen, die bereits im Nachtragshaushalt 2018 für die Delegation der Insolvenzberatung eingestellt wurden; denn, Frau Schreyer, diese zusätzlichen Mittel sind mit einem Sperrvermerk versehen. Ich habe Ihnen vorhin genau zugehört: Sie sagten, die Kommunen möchten die Frist bis zum 01.01.2019. Das ist mir klar, aber diese zwei Millionen Euro werden den Trägern dann fehlen, darum geht es mir. Sollte das Gesetz erst zum 01.01.2019 in Kraft treten, wird das Geld zum Nachteil der engagierten Träger nicht freigegeben. Auch für die Vorbereitung und Umsetzung der Zusammenlegung von Schuldner- und Insolvenzberatung wird der gesamte Betrag dringend benötigt, und zwar so schnell wie möglich. Mit einem Gesetzentwurf, der erst zum 01.01.2019 in Kraft treten soll, schaffen Sie noch die letzte unnötige Verzögerung in dem langen Prozess in dieser fast schon endlos langen Geschichte.

Wir bitten darum, das zu ändern und das Gesetz rückwirkend zum 01.07.2018 gelten zu lassen, eventuell zum 01.12.2018, wenn das noch reicht, sodass diese zwei Millionen Euro den Trägern nicht verloren gehen. Dann wird es endlich ein guter Gesetzentwurf.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Aussprache ist geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jugend, Familie und Integration als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Dann ist das so beschlossen.

Nun rufe ich den Tagesordnungspunkt 7 h auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Prof. Dr. Gerhard Waschler, Ingrid Heckner, Norbert Dünkel u. a. (CSU), Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Dr. Hans Jürgen Fahn u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen Erweiterung der bestehenden Möglichkeiten der offenen Klassen (Drs. 17/21584) - Erste Lesung

Begründung und Aussprache werden miteinander verbunden. Die Redezeit für die CSU-Fraktion beträgt damit 13 Minuten. Die Fraktionen haben ansonsten

24 Minuten Redezeit. Erster Redner ist der Kollege Dünkel.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich glaube, dass wir heute einen weiteren, sehr entscheidenden Schritt zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und der Inklusion für alle Schulen in Bayern auf den Weg bringen und damit einen bundesweit bisher einmaligen Weg einschlagen, nämlich die Öffnung unserer Förderschulen für Kinder mit besonderem Förderbedarf für alle Kinder.

Ich möchte zunächst daran erinnern, dass wir in den letzten Jahren eine interfraktionelle Arbeitsgruppe Inklusion gegründet haben, der auch Kollegin Margit Wild und der Vorsitzende des Bildungsausschusses Martin Güll von der SPD, Thomas Gehring von den GRÜNEN und Dr. Fahn von den FREIEN WÄHLERN angehören. Ich bewerte das als etwas ganz Besonderes, weil diese Arbeitsgruppe, die sich im Jahr zehn- bis zwölfmal trifft, auch außerhalb der Sitzungszeiten in einer sehr guten Kooperation zusammenarbeitet, um dieses wichtige Thema der Unterstützung von Kindern mit Förderbedarf, aber auch Inklusion und damit Zusammenarbeit mit allen Schülerinnen und Schülern auf den Weg zu bringen.

So haben wir in den letzten Jahren Profilschulen Inklusion insbesondere im Bereich unserer Grundschulen gegründet. Die sehr erfolgreiche Arbeit soll jetzt ihre Fortsetzung an den Förderschulen finden. Was mir besonders imponiert hat, war, dass sich insbesondere die Trägerverbände von Schulen, also von Förderschulen und Förderzentren, an den Landtag gewandt und gesagt haben: Wir würden das als eine ganz entscheidende Verbesserung der Situation ansehen.

Im Mai letzten Jahres hat sich eine Projektgruppe mit den Verbänden unter Beteiligung der Beauftragten für Behinderte bei der Bayerischen Staatsregierung, Frau Badura, gefunden und ein, wie ich meine, eindrucksvolles, schlüssiges und ausführliches Konzept vorgelegt, das jetzt in Kooperation mit dem wissenschaftlichen Beirat, in dem Professoren der LudwigMaximilians-Universität in München und der Universität in Regensburg sowie Vertreter des bayerischen Kultusministeriums vertreten sind, zu einem gemeinsamen Konzept geführt hat.

Mit der fraktionsübergreifend erarbeiteten und am 13. Juli 2011 vom Bayerischen Landtag einstimmig beschlossenen Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen haben wir die UN-Behindertenrechtskonvention in Bayern grundsätzlich rechtlich umgesetzt. "Die inklusive

Schule ist ein Ziel der Schulentwicklung aller Schulen"; so heißt es in Artikel 30b Absatz 1 des Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes. Des Weiteren stellen Förderschulen Schulen, schulische Lernorte und Kompetenzzentren zur Unterstützung der allgemeinen Schulen dar.

Ganz, ganz wichtig ist uns, dass die Erziehungsberechtigten ein Wahlrecht haben, welche Schule ihr Kind besuchen soll. Das heißt, Inklusion ist für uns ein Angebot, eine Öffnung, die man für sich wählen kann. Aber sie ist keine Pflicht. Wenn Eltern der Überzeugung sind, dass ihr Kind eine Regelschule besuchen soll, dann müssen wir alle Rahmenbedingungen zur Verfügung stellen, die es braucht, auch im Sinne der Förderung. Und wenn Eltern der Überzeugung sind, dass ein Förderzentrum mit seiner personellen, fachlichen und räumlichen Ausstattung der richtige Lernort für das Kind ist, so hat es die Möglichkeit, eine Förderschule zu besuchen. Förderschulen als Lernorte zeichnen sich durch eine spezialisierte Förderung und Ausstattung aus, die den jungen Menschen mit Behinderung oder mit sonderpädagogischem Förderbedarf möglichst umfassend bilden und zur selbstbestimmten Teilhabe in der Gesellschaft und im Arbeitsleben befähigen soll.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein gemeinsamer Unterricht von Schülerinnen und Schülern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf ist an der allgemeinen Schule rechtlich verankert und längst eingeführt. In der Förderschule ist gemeinsamer Unterricht von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Förderbedarf derzeit nur im Rahmen eines sogenannten Partnerklassenmodells und der offenen Klasse der Förderschule möglich. Das ist in Artikel 30a Absatz 7 Nummer 2 geregelt, und genau hier setzt unser neuer Gesetzentwurf an.

Bei der offenen Klasse ist die personelle Unterstützung nach bisheriger Regelung auf offene Klassen der Förderzentren, das heißt, in der Grund- und Mittelschulstufe mit den Förderschwerpunkten Sehen, Hören, körperliche und motorische Entwicklung, auf 20 % der vom Staatsministerium festgelegten Schülerhöchstzahl je Klasse beschränkt. Förderzentren Geistige Entwicklung können nach derzeitigem Recht keine Schülerinnen und Schüler ohne sonderpädagogischen Förderbedarf aufnehmen. Das ist jetzt der Kern unseres Anliegens. Die Regelung zur offenen Klasse war 2011 ein erster Schritt, der sich in der Praxis bewährt hat. Daran wollen wir jetzt anknüpfen, um Möglichkeiten zur Öffnung der Förderschule im Sinn des gemeinsamen Unterrichts an den Förderschulen maßvoll zu erweitern und im Hinblick auf passgenaue Lösungen zu den verschiedenen Förderschwerpunkten flexibler zu regeln.

Wir stellen heute einen Entwurf vor, der ausweislich der Überschrift als gemeinsamer Antrag der CSU und der FREIEN WÄHLER erscheint. Ich kann sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen in der SPD und bei den GRÜNEN, dass wir eine sehr weitgehende Übereinstimmung haben. Sie hätten nur gerne die Öffnung noch stärker ausgebaut. Wir hatten in den letzten vier Monaten intensive Gespräche mit den Schulträgerverbänden. Das, was jetzt Gegenstand des Gesetzentwurfes ist, ist das, was mit den Verbänden, die letztlich mit der Ausführung befasst sind, abgestimmt worden ist. In Vorgesprächen wurde eine Öffnung von bis zu 30 % in den Förderschwerpunkten Sehen und Hören sowie von bis zu 40 % im Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung in den offenen Klassen als sachgerecht angesehen. Die Öffnung des Förderzentrums Geistige Entwicklung mit dem Profil Inklusion für Schüler ohne sonderpädagogischen Förderbedarf in Form von Klassen mit festem Lehrertandem soll im Hinblick auf die fachlichen und sonstigen Erfordernisse im Rahmen eines Schulversuchs erprobt werden. Auch da freue ich mich über die breite Übereinstimmung mit den Verbänden. Ich habe hier auch noch die Stellungnahme des Landesverbands Bayern der Lebenshilfe dabei, wo dies, glaube ich, in einem sehr schönen Miteinander auf den Weg gebracht wird.

Letztlich möchte ich es natürlich nicht versäumen, auch auf unsere beruflichen Schulen hinzuweisen. Die Öffnung der Berufsschulen zur sonderpädagogischen Förderung soll weiterhin – ich meine, das läuft bereits sehr erfolgreich – in Form von Kooperationen von Berufsschulen und Förderberufsschulen erfolgen.

In diesem Sinne meine ich, dass wir heute einen entscheidenden Schritt vorankommen werden. Ich möchte mich noch einmal bei allen sehr herzlich bedanken, die diesen Weg gemeinsam gegangen sind. Ich habe vorhin darauf hingewiesen und möchte noch einmal betonen, dass wir im Rahmen der Fortentwicklung der Inklusion in einer guten, parteiübergreifenden Weise vorangehen und auch engagiert dabei sind, die Rahmenbedingungen Stück für Stück zu verbessern. Ich freue mich – vielleicht ist dieser Hinweis an dieser Stelle erlaubt –, dass wir an unseren Schulen einen ganz besonderen Förderbedarf sehen, der sich auch ausweitet. Es geht nicht alleine um Kinder mit Handicap, es geht auch um Flüchtlingskinder und -jugendliche, und es geht auch um Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten oder Lernschwierigkeiten, die unsere Regelschullehrer vor große Herausforderungen stellen.

Deshalb wollen wir auch in Bezug auf die Fachlichkeit im Rahmen der sonderpädagogischen Förderung Hilfen anbieten. Dafür brauchen wir Personal, und da

geht es nicht um Stellen, sondern es geht um Köpfe. Ich bedanke mich beim Landtag dafür, dass wir jetzt noch einmal fünf Lehrstühle in Bayern aufbauen können, ganz neu in Regensburg. Wir werden die Vorbereitungen heuer treffen und nächstes Jahr in Regensburg mit drei Lehrstühlen mit einem völlig neuen Fachbereich Sonderpädagogik starten und die vorhandenen Kapazitäten in Würzburg und an der LMU in München jeweils mit einem auf dann fünf Lehrstühle verstärken, sodass wir in Bälde neu ausgebildete Lehrkräfte im Bereich Sonderpädagogik für unsere Regelschulen, aber auch für die Förderschulen zur Verfügung haben.

Selbstverständlich läuft das von der Staatsregierung angestoßene Programm weiter, jedes Jahr 100 neue Stellen für Inklusion an den Schulen zu schaffen. Vom Landtag wurde jetzt angestoßen, noch einmal jedes Jahr 100 Stellen für die Förderschulen ohne zeitliche Begrenzung zu schaffen. 100 und 100 sind bekanntlich 200. Ich meine, dies ist ein starker Aufschlag. Das zeigt, dass wir unsere Schulen nicht alleinlassen. Das zeigt, dass wir die Eltern unterstützen. Das zeigt, dass wir Kinder mit und ohne Förderbedarf zusammenführen und unterstützen wollen. Wir stellen dieses Thema breit auf und senden damit von Bayern aus auch ein starkes Signal in die Bundesrepublik Deutschland. Wir zeigen, dass Wahlrecht auch für Kinder mit und ohne Handicap möglich ist, indem wir zwei Formen anbieten. Dies wird auch eine weitere gute Entwicklung unseres gegliederten Schulsystems auf den Weg bringen.

In diesem Sinne danke ich für die Aufmerksamkeit. Danke für die Unterstützung. Ich bitte um Zustimmung.